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(1)

Rigveda 4,33,7 und eine homerische Parallele^

Von Hisashi Miyakawa, Saitama

Einleitung

Wenn eine großartige wissenschaftliche Entdeckung allgemein anerkannt ist,

verliert dieses Wissen im Lauf der Zeit seine Großartigkeit und wird kaum

mehr Thema einer Diskussion. Zu solchen großartigen Kenntnissen gehört

wohl auch die Zeitrechnung.^ Bei den alten Indern scheint das Wissen um die

Zeitrechnung eine der großartigsten Erkenntnisse gewesen zu sein. Sie kann¬

ten zumindest zweierlei Verfahren der Zeitrechnung. Als das jüngere gilt in

den Veden das Verfahren, bei dem durch Hinzufügung eines dreizehnten

Monats die Differenz zwischen Sonnen- und Mondjahr reguliert wird:

RV 1,25,8

veda mäso dhrtdvrato

dvädasa prajavatah /

vedä yä upajayate //

[Varuna], der das Gesetz innehält, kennt die zwölf Monate mit ihrem Nach¬

wuchs; er kennt [den], der nachgeboren wird.

Als älter gilt das Verfahren, bei dem durch den Einschub von zwölf Tagen

das 354tägige Mondjahr reguliert wird:

RV 4,33,7

dvädasa dyün ydd dgohyasyä-

-tithye ränann rbhävah sasdntah /

' Die vorhegende Arbeit beruht auf dem Anhang II meiner Dissertation „Die Grund¬

zahlwörter im ältesten indischen Literaturwerk, dem Rigveda", die am 28.8.2001 bei der Philosophischen Fakultät II der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eingereicht wurde. Die Dissertation wurde für die Druckfassung leicht überarbeitet. Sie erschien unter dem Titel „Die altindischen Grundzahlwörter im Rigveda" (MSS, Bei¬

heft 21). Eine ältere Version des Aufsatzes habe ich beim XXVIII. Deutschen Orientalis¬

tentag am 29.3.2001 in Bamberg vorgetragen.

2 Dieses Thema soll hier nicht generell behandelt werden. Das folgende soll aber

erwähnt werden: Generell zur Zeitrechnung (auch Antike, Iran, Indien) liegt nun als

wichtiger Sammelband vor: H. Falk (Hrsg.): Vom Herrscher zur Dynastie. Xum Wesen

kontinuierlicher Zeitrechnung in Antike und Gegenwart. Bremen 2002.

(2)

sukseträkrnvann änayanta sindhün

dhdnvatisthann ösadhir nimndm^ apah //

Als die Rbhu zwölf Tage Urlaub machend an der Gastfreundschaft des Agohya

sich erfreut hatten'', da brachten sie die Felder in guten Stand, leiteten die Flüsse ab. Es zogen die Pflanzen in der Wüstenei ein, in eine Vertiefung [gin¬

gen] die Gewässer.

Hauptsächlich wegen dieser Stelle im RV und wegen des zwölften Tags im

Germanischen scheint die These aufgestellt worden zu sein, nach der schon

die Indogermanen das 354tägige Mondjahr durch den Einschub von zwölf

Tagen regulierten.* Bisher stand ich dieser These voller Skepsis gegenüber.

Doch hat eine Stelle in der Ilias mich gezwungen, darüber noch einmal

nachzudenken. Diese Stelle führe ich zunächst an.

Ilias A 423-425

Zeuq, ya.Q iq, 'Qxsavöv (ist' (i(iu|i.ova(; A!6i07tria(;

^Oii^ög eßr) xaia 5aTia, ösoi 6' 5([i.a Tidtvieg I'tiovto' öojösjtaT-f] 6s TOI ocüuq, ^XsuasTai OöXu(i7iöv8s,

Denn Zeus ist gestern zum Okeanos unter die untadligen Aithiopen gegangen

zum Gastmahl, und die Götter gingen alle mit ihm. Doch am zwölften [Tag]

wird er dir wieder zurückkehren zum Olympos (nach Schadewaldt).

Da stellt sich die Frage, ob der Dichter der Ilias nicht vielleicht doch durch

diese Beschreibung die Jahreswende zwischen dem neunten und zehnten

Kriegsjahr andeutet. Daraus ergäbe sich dann, dass in der Ilias die Zeitrech¬

nung dadurch ausgedrückt wird, dass hier ein Jahr dadurch vollständig wird,

dass Zeus und die anderen Götter in Äthiopien 12 Tage Urlaub machen. Um

diese Ärbeitshypothese von mir geht es im folgenden.

Zur kompletiven Verwendung des Ordinales für die Zahl 10*

Dass die Ordinalia der indogermanischen Sprachen dazu dienen, dasjenige zu

charakterisieren, das durch sein Hinzutreten zu gleichartigen Begriffen diese

zu einer bestimmten Anzahl vervollständigt, ist schon bekannt.'' Darunter

fällt eine spezielle Wendung, bei der die Zahl 10 zu dieser Vervollständigung

dient. Diese Wendung ist im Altindischen, Griechischen und Lateinischen

^ Zu nimndm vgl. Forssman 1965, S. 17.

* Am Jahresende. Vgl. RV 1,161,13.

5 Vgl. Weber 1868, S. 242, Zimmer 1878, S. 366 und Kaegi 1881, S. 152 Anm. 68.

Diesem Teil liegt Miyakawa 1999b zugrunde. Dort finden sich weitere Beispiele.

' Vgl. Wackernagel/Debrunner 1930, S. 400, Haebler 1986, S. 125ff. und Ben¬

veniste 1948, S. 155ff.

(3)

bezeugt. Es handelt sich möglicherweise um eine bereits urindogermanische

idiomatische Wendung.^ Diese Wendung reflektiert wohl eine bestimmte

Anschauung, nach der etwas Neues (z.B. Abschluss, Ende, Ergebnis, Folge

usw. einer neunmaligen Handlung) in der zehnten Zähleinheit eintritt, nach¬

dem etwas neun Zähleinheiten gedauert hat. Auch diese Anschauung kann

bis in urindogermanische Zeit zurückführbar sein.' Um diese Anschauung

auszudrücken, gibt es etwa drei Möglichkeiten: Die Zahlen 9 und 10 werden

beide ausgedrückt, z.B.: Neun Tage dauert etwas, am zehnten geschieht et¬

was Neues. Dies (Typ 1) gilt im Homerischen als der Haupttyp.

Ilias A 53-54

^vvrjjiag [isv dva aigatöv ^x^'^'^ xfjXa 6soTo, xfi ösxdtfi;] 8' dyogrivSe xaXsaaaTO Xaöv A)(iXXsug'

Neun Tage gingen die Geschosse des Gottes durch das Heer, am zehnten berief

Achilleus jedoch das Volk zur Versammlung (nach Schadewaldt).

Odyssee U14-315

evvriixaQ (j3SQÖp.T]v, Sexdifi 8s [j.s vuxil [jisXai'v^

©EOTiQUTtöv TisXaasv [isya xü[j.a xuXi'vSov.

Neun Tage wurde ich getragen, doch in der zehnten Nacht, der schwarzen,

trieb wälzend mich die große Woge heran zum Land der Thesproten (nach

Schadewaldt).

Nur die Zahl 9 wird ausgedrückt, damit soll auch die Zahl 10 angedeutet

werden, z.B.: Neun Tage dauert etwas, danach geschieht etwas Neues. Die¬

ser Typ soll als Typ 2 a bezeichnet werden.

RV 1,116,24

däsa rdtrir äsivenä näva dyün

ävanaddharn snathitäm apsv antäh /

viprutarn rehhäm udäni prävrktam

ün ninyathuh sömam iva sruvena //

Den Rebha, der zehn Nächte, neun Tage von seinem Feind gefesselt worden ist,

im Wasser durchbohrt, fortgeschwemmt, ins Wasser geworfen, den holtet ihr

hervor, wie Soma mit dem Schöpflöffel.'"

Ilias M 25-31

lvvyi(xaQ 8' kq TtXjoq Vst ^6ov 5s 8' aga Zsug auve3(e(;, ötpga xs öäaaov aXiTiXoa xziyEo. 6st'r].

auTO(; 6' Ivvoaiyaiog l^tüv ^(Ei'gsaai igi'aivav

* Vgl. Miyakawa 1999a, S. 31 f.

' Vgl. Miyakawa 1999a, S. 30.

'° Rebha wurde in der Nacht ins Wasser geworfen, zehn Nächte und neun Tage sind

vergangen, und beim zehnten Tagesanbruch wurde er von den Göttern, nämlich den

Asvin, gerettet. Vgl. Miyakawa 1999a, S. 31.

(4)

■}]ysTx' Ix 6' &Qa Ttdvia 6s[j.siXia xupiaai 7ts|jL7ts (fiTQwv xal Xdwv, id 0eaav (jLoysovTsc; A^aioi', Xeia 8' iTtoi'riasv Ttag' dtydgQoov "EXXriaTtovxov, aÜTtg 8' rjiöva fjiEydXr]v (JjapidöotCTt xocXuil^e,

Und er sandte neun Tage die Strömung gegen die Mauer, und ununterbrochen

regnete Zeus, dass er schneller ins Meer die Mauer schwemme. Und der Erd¬

erschütterer selbst, den Dreizack in Händen führend, ging voran und stieß

heraus alle Grundschichten von Baumstämmen und Steinen mit den Wogen,

die die Achaier mühsam gelegt hatten. Und glatt machte er es beim stark¬

strömenden Hellespontos und bedeckte wieder den großen Strand mit Sand

(nach Schadewaldt)."

Der Nibelunge Nöt 529

Dö si gevarn wären volle niwen tage,

dö sprach von Tronege Hagene:

Nachdem sie neun ganze Tage unterwegs waren, sagte Hagen von Tronje (nach

Grosse).

Der Nachsatz „danach geschieht etwas Neues" kann auch ausgelassen wer¬

den. Dieser Typ soll hier Typ 2b heißen.

RV 5,27,3

eva te agne sumatirn cakänö

ndvisthäya navamdrn trasädasyuh I

yo me giras tuvijätäsya pürvir

yuktenäbht tryäruno grnati II

Auf diese Weise [schenkt] Trasadasyu für das neueste [Loblied], deine Gunst

zum neunten Mal begehrend, o Agni, der wie Tryaruna meine, des gewaltigen,

viele Preislieder mit einem Gespann belohnt.

Videvdäd 13,3

yasca dim janat spitama zaraöustra spämm slidrdm uruulsaram yim

varjhäpardm yim masiiäka auui duzuuacarjhö duzakam nc}ma aojaite

" Phoibos Apollon sandte neun Tage lang die Strömung gegen die Mauer, Zeus regnete

ununterbrochen, Poseidon stieß alle Grundschichten von Baumstämmen und Steinen mit

den Wogen heraus, und am zehnten machte er es glatt beim Hellespontos und bedeckte wieder den großen Strand mit Sand. Möglicherweise ist hier dreimal dieselbe Konstruk¬

tion wie die bei der gesamten Ilias- und Odysseehandlung verborgen. Die Interpretation

wäre dann: Phoibos Apollon sandte neun Tage lang die Strömung gegen die Mauer, am

zehnten war er fertig. Zeus regnete dann neun Tage lang ununterbrochen, am zehnten war er fertig. Poseidon stieß danach neun Tage lang alle Grundschichten von Baumstämmen und Steinen mit den Wogen heraus, und am zehnten machte er es glatt beim Hellespontos und bedeckte wieder den großen Strand mit Sand. Vgl. auch unten nächster Abschnitt.

'2 Trasadasyu begehrt neunmal die Gunst Agnis. Beim zehnten Mal schenkt Agni ihm seine Gunst. Vgl. Miyakawa 1999a, S. 33.

(5)

nauuanaptiiaecit he uruuänam para marancaite yaes^m arjhat duzäpim ciniiuat.paratüm yö nöit juHÖ sraosii^m uzuuaraziieiti.

Und wer ihn tötet, o Spitama Zaraöustra, den scheuen spitzschnauzigen Hund,

den Varjhäpara (= Igel), den die übelredenden Leute Duzaka nennen, schädigt

seine Seele selbst noch in der neunten Generation, für die die Cinuuat-Brücke unüberschreitbar sein wird, wenn er nicht lebendig [seine] Strafe abmacht (teil¬

weise nach Bartholomae und Wolff)."

Darius Bagistan 1,9-11 (= DBa 15-18)

astä''' manä taumäyä tay aiy paruvam xsäyadiyä äha adam navama; navä''

duvitäparanam vayam xsäyadiyä amahay}''

Acht [sind es] aus meiner Familie, die früher Könige waren, ich bin der neunte.

Neun (an der Zahl) sind wir nach wie vor'^ Könige'*.

Ilias ü. 107

lvvfi[j.ag Sr] veTxoQ Iv döavdTOiaiv ögwgsv

Neun Tage schon hat sich Streit erhoben unter den Unsterblichen (Schade¬

waldt). '^

Nur die Zahl 10 wird ausgedrückt, damit soll die Vollendung bezeichnet

werden, z.B.: „Nachdem etwas angedauert hat, geschieht am zehnten Tag

etwas Neues" Dieser Typ heißt hier Typ 3 a.

RV 1,117,12

küha yantä sustuttm kävyäsya

divo napätä vrsanä sayutra /

htranyasyeva kaläs'am mkhätam

lid üpathur dasame asvinahan //

Wo [seid ihr], zu schönem Loblied des Kävya gehend, o Himmelsabkömmlinge,

o Zeugungsfähige, ins Bett [gehend]? Ihr habt den Vergrabenen (= Vandana)

wie einen Becher Goldes am zehnten Tag herausgeholt, o Asvin.'^

" Wenn man Igel tötet, muss man sofort (nicht nach seinem Tod) seine Strafe ab¬

machen. Sonst wird die Cinuuat-Brücke, die man nach seinem Tod überschreiten muss,

nicht nur für ihn, sondern auch für seine Nachkommenschaft bis zur neunten Generation unüberschreitbar sein. Auch in der zehnten Generation (d.h. ewig) wird die Cinuuat- Brücke für seine Nachkommenschaft unüberschreitbar sein.

" Der Laut a, in der altpersischen Schrift nicht von a unterschieden, wird hier der Einfachheit halber mit a wiedergegeben.

'5 NachTicHYl983, S.232.

" Bis zu Darius dauerte die Herrschaft der Achämeniden acht Generationen, d.h. sehr lange. Er kommt als neunter dazu, am Ende. Als zehnte blüht dann seine Nachkommen¬

schaft aber noch weiter, und die Herrschaft dauert ewig. Vgl. Miyakawa 1999a, S. 34.

" Schon neun Tage lang hat sich Streit unter den Unsterblichen erhoben, am zehnten hat Zeus deshalb Thetis gerufen (fi 74). Vgl. Miyakawa 1999a, S. 33.

Vandana war neun Tage lang vergraben und wurde am zehnten Tag von den Asvin

gerettet. Vgl. Miyakawa 1999a, S. 31.

(6)

Der vorhergehende Teil „Nachdem etwas angedauert hat" kann auch einge¬

spart werden. Dieser Typ heißt hier Typ 3b.

RV 8,24,23

evd nündm üpa stuhi

vdiyas'va dasamdm nävam /

süvidvämsam carkftyam caränlnäm //

Also preise jetzt aufs neue zum zehnten Mal, du Vyasvasohn, den wohlverstän¬

digen, für die fahrenden Leute Rühmenswerten (nach Geldner).''

Dieser Typ kann noch anders erscheinen, z.B.: „Bis etwas Neues geschieht,

hat es zehn Tage gedauert". Dieser Typ heißt hier Typ 3 c.

RV 5,45,1 lab

dhiyam vo apsü dadhise svarsam

yäydtaran däsa mäsö nävagväh /

Du hast das Gebet verrichtet, das für euch die Sonne im Wasser gewinnt, mit

dem die Navagva die zehn Monate ausdauerten (Geldner).

Der Nibelunge Nöt 715

In disen grözen eren lebt' er, daz ist wär,

und ribte under kröne unz an daz zehende jär,

daz diu vil schane vrouwe einen sun gewan.

In diesem hohen Ansehen lebte Siegfried und übte, gekrönt, die Gerichtsbar¬

keit - das ist uns bezeugt - bis ins zehnte Jahr aus, als die wunderschöne Her¬

rin einen Sohn gebar (Grosse).

Durch diese Vorführung kann man wohl erkennen, wie wichtig es für den

Dichter der Ilias war, die Jahreswende zwischen dem neunten und zehn¬

ten Jahr anzudeuten, und warum eine solche Andeutung den Hörern des

Dichters zum Verständnis ausreichte. Die in den oben zitierten Beispielen

versteckte Anschauung, nach der etwas Neues in der zehnten Zähleinheit

eintritt, nachdem etwas neun Zähleinheiten gedauert hat, verbirgt sich auch

hinter der ganzen bei Homer erzählten bzw. angedeuteten Geschichte. So

vergehen neun Jahre, nachdem Helena nach Troja gekommen ist, wahr¬

scheinlich beschließen die Achäer im zehnten Jahr, einen Kampf mit den

Trojanern zu führen. Neun Jahre kämpfen die Achäer in Troja, im zehnten

Jahr erobern sie die Stadt. Neun Jahre schweift Odysseus herum, im zehn¬

ten Jahr kehrt er heim. Die Rettung durch die Götter Asvin im RV geschieht

ebenfalls in der zehnten Zähleinheit, deshalb bezogen vedische Dichter dies

auch auf die Schwangerschaft. Dadurch, dass die Götter Asvin Menschen

aus einem verschlossenen Raum herausholen, besteht in diesem Punkt eine

" Der Vyasvasohn hat schon neunmal Indra gepriesen. Jetzt wird er aufgefordert, ihn zum zehnten Mal zu preisen, um die Gunst Indras zu erlangen.

(7)

Übereinstimmung mit Schwangerschaft und Geburt. Wir können also se¬

hen, wie wichtig es für den Dichter der Ilias war, die Jahreswende zwischen

dem neunten und zehnten Jahr anzudeuten, und warum schon allein eine

solche Andeutung für die Hörer des Dichters ausreichend war. Dass auch

bei den frühen Römern die Zahl 10 eine besondere Zahl gewesen war, hat

Ovid in den Fasti 3,121 ff. festgehalten.^"

annus erat, decimum cum luna receperat orbem:

bic numerus magno tunc in honore fuit, seu quia tot digiti, per quos numerare solemus, seu quia bis quinto femina mense parit,

seu quod adusque decem numero crescente venitur, principium spatiis sumitur inde novis.

Hatte der Mond seinen zehnten Kreislauf geschlossen, dann galt als voll ein

Jahr. Diese Zahl war sehr geschätzt seinerzeit, sei's, weil es so viele Finger gibt,

mit denen wir zählen, sei's, weil nach zweimal fünf Monaten Frauen gebären,

oder weil bis zur Zehn man mit wachsenden Zahlen gelangt und dann für den

neuen Bereich wieder von vorne beginnt (nach Holzberg).

Dreimal und das vierte Mal

Wir haben gesehen, dass die Anschauung, nach der etwas Neues in der

zehnten Zähleinheit eintritt, nachdem etwas neun Zähleinheiten gedauert

hat, hinter der ganzen bei Homer erzählten Geschichte verborgen ist, des¬

halb war es wichtig, die Jahreswende zwischen dem neunten und zehnten

Jahr anzudeuten. Diese Anschauung ist vielleicht die Abwandlung einer

2° Ovid verwendet sogar selber das Ordinale für die Zahl 10 kompletiv. Vgl. Metamor¬

phoses 12,95-97:

dixit et haesurum clipei curvamine telum misit in Aeaciden, quod et aes et proxima rupit terga novena boum, decimo tamen orbe moratum est.

Er spricht es und wirft den Spieß auf Achilleus, der den Schild treffen sollte, der das Erz und von den folgenden Rinderhäuten neun durchbrach, doch stecken blieb in der zehnten (nach Rösch).

Auch Typ 2a findet sich bei Ovid, Ars amatoria 1,647-650:

dicitur Aegyptos caruisse iuvantibus arva imbribus atque annos sicca fuisse novem, cum Thrasius Busirin adit monstratque piari hospitis adfuso sanguine posse lovem.

Ägypten soll neun Jahre trocken geblieben sein - ohne Regen, der die Felder nährt.

Da kommt Thrasius zu Busiris und zeigt ihm, dass Jupiter durch das Blut eines

Fremden versöhnt werden kann (nach Albrecht).

(8)

Anschauung,^' nach der etwas Neues in der vierten Zähleinheit eintritt,

nachdem etwas drei Zähleinheiten gedauert hat. Auch diese Anschauung ist

in der ganzen bei Homer erzählten Geschichte verborgen. Diese Anschau¬

ung können wir zumindest in den Mythen und Sagen in altindogermani¬

schen Sprachen deutlich erkennen, vor allem im Griechischen, Avestischen,

Altindischen und vielleicht auch im Germanischen.^^ Ich führe einige Bei¬

spiele für diese Anschauung aus meiner Sammlung'^* an.

Die Zahlen 3 und 4 werden ausgedrückt. Dies gilt im Homerischen^'' als

der Haupttyp.

Ilias E 436fr.

igli; [xev Itisit' iTiögouae xaTaMTd(isvat |jievsai'vü)v, xgii; 6s oi laiutpeXi^s ipasivriv damtö' AtiöXXwv.

&XX' ÖTS 8r] TÖ Tsiagtov iTtsaauio Sai(xovi laoQ, ösivd 6' ö|jioxXriaac; TigoastpT] IxdsQyo? A7töX,XwV

„tfQdCso, Tu6sT8r], xai x'^Ceo, \i.r\6£ 6soTaiv Ta' eQeXs (fgovssiv, inel oö tiots ifüXov ö(xoTov döavdtwv TS Sswv xa[iai ig^^ofjievwv x' dvOgwTtwv."

Dreimal sprang er (= Diomedes) da an, ihn (= Aineias) zu töten begierig; drei¬

mal stieß ihm gegen den schimmernden Schild Apollon. Doch als er nun das

viertemal anstürmte, einem Daimon gleichend, da sprach mit schrecklichem

Zuruf zu ihm der Ferntreffer Apollon: „Besinne dich, Tydeus-Sohn, und wei¬

che! und wolle nicht Göttern gleich gesonnen sein, da niemals vom gleichen

Stamm die unsterblichen Götter sind und die am Boden schreitenden Men¬

schen" (nach Schadewaldt).

RV 10,85,40

somah prathamo vivide

gandharvd vivida üttarah I

trtiyo agnis te pdtis turiyas te manusyajah II

^' Nach dieser Anschauung sollte ursprünglich etwas Neues in der vierten Zähleinheit eintreten, nachdem etwas drei Dreiheiten gedauert hat. Dabei ist „in der vierten Zähl¬

einheit" tatsächlich „in der zehnten". Vgl. die Formel beim Eintritt in die buddhistische

Gemeinde: (Zum I.Mal) buddham saranam gacchämi (I.Formel) - dharnmarn saranarn

gacchämi (2. Formel) - sangharn saranarn gacchämi (3. Formel) - (zum 2. Mal) dutiyarn buddharn saranarn gacchämi (I.Formel) - dutiyarn dhammarn saranarn gacchämi (2. For¬

mel) - dutiyarn sangharn saranarn gacchämi (3. Formel) - (zum 3. Mal) tatiyarn buddharn

saranarn. gacchämi (I.Formel) - tatiyarn dhammarn sarariarn gacchämi (2. Formel) -

tatiyarn sangharn saranarn gacchämi (3. Formel). Vgl. auch im Avestischen die typische Steigerung 3-6-9.

" Vgl. z.B. Beowulf 59ff.

Diese habe ich für meine Untersuchung zur Etymologie des lateinischen testis ange¬

legt und versuche noch weiter zu sammeln.

Zu .Dreimal' als Szenenmarke vgl. Bannert 1988, S. 40ff.

(9)

Soma hat [sie (= Braut)] als erster bekommen, der Gändharva hat [sie] als

Nächstfolgender bekommen. Dein dritter Gatte war Agni, dein vierter ist der

Menschgeborene.

Rämäyana 2,61,24

gatir ekä patir näryä dvitiyä gatir ätmajah I trtiyä jnätayo räjarns caturthi naiva vidyate //

Eine Verpflichtung besteht für die Frau gegenüber dem Gatten, die zweite ge¬

genüber dem Sohn, die dritte gegenüber den Verwandten, o König; eine vierte

aber wird nicht gefunden (Winter^*).

Die Zahl 4 konnte dabei ausgespart werden.

Ilias Z 433f?.

Xaöv 8s aTrjaov Tiocg' Igiveöv, Iv0a [läXiaxa.

a[i.ßaTÖ(; lau TtöXig xat I7h'8qo(j.ov etiXsto zelyoz;

Tgl? ydg xfj y' IX0övte<; lTceigriaav6' o! agiaiot Ai'avTE 8uw xai dyaxXuTÖv 'ISoixEvrja 1^8' d(ji(j)' ÄTgsiSag xai TuSloq aXxi(iOv i)!6v

Ttou Tl'? aipiv IviaTtE ÖEOTtgoTci'wv lu efSwg,

•f] vu xai auTwv 0u[a.ö(; Itiot^uvei xai dvwYEi."

Stelle das Volk beim Feigenbaum auf, wo die Stadt am leichtesten ersteigbar

und die Mauer berennbar ist. Dreimal kamen dort schon und versuchten es die

Besten um die beiden Aias und den hochberühmten Idomeneus und um die

Atreus-Söhne und den streitbaren Sohn des Tydeus: Ob es ihnen einer gesagt

hat, der die Göttersprüche gut weiß, oder wohl auch ihr eigener Mut sie treibt und anweist (nach Schadewaldt).^^

Bevor die Braut mit dem Bräutigam zusammen schläft, musste sie vielleicht dreimal mit anderen Männern symbolisch oder tatsächlich zusammen schlafen. Erst als vierter Mann konnte danach der Bräutigam mit seiner Braut zusammen schlafen. Dies bezieht sich möglicherweise auf das spätere caturthikarman. Zum caturthikarman vgl. Mylius 1995, S.

66: „der rituelle Vollzug einer Ehe; er erfolgt nach drei Tagen der Enthaltsamkeit, die der Hochzeit folgen (also am vierten Tag, daher der Name)." Wenn meine Vermutung richtig ist, hat dreitägiger Geschlechtsverkehr mit drei Männern (als Soma, Gändharva und Agni) sich zu dreitägiger Enthaltsamkeit gewandelt. Wenn ich mich recht erinnere, referiert Sig¬

mund Freud in seinem Buch einige Parallelen dazu. Des Titels des Buches kann ich mich leider nicht erinnern. Hier wird über das caturthikarman nicht weiter diskutiert. Die fol¬

genden sollen aber erwähnt werden: Zu den 4 Nächten im Zusammenhang mit der Hoch¬

zeit und dem Gändharva äußert sich Oberlies 1998, S. 230, 317, 323. - Eine Neudeutung des caturthikarman sowie Erklärung der Zahl 4 bei den .weiblichen Fruchtbarkeitsnächten' findet man bei: W. Slaje: „Zur Erklärung der sog. .Tobiasnächte' im vedischen Indien." In:

U. Roesler (Hrsg.): Aspekte des Weiblichen in der indischen Kultur. Swisttal-Odendorf 2000, S. 103-144. - W. Slaje: „Rtü, rtviya, ärtavä-. Weibhche .Fertilität' im Denken vedi¬

scher Inder." In: Journal of the European Ayurvedic Society 4 (1995), S. 109-148.

2' Vgl. Winter 1954, S. 6f.

Andromache macht sich um den vierten Ansturm große Sorgen, bei dem Troja er¬

obert werden könnte.

(10)

Auch die Zahl 3 konnte ausgelassen werden.

RV 10,95,16

ydd virüpdcaram mdrtyesv

dvasam ratrih sarddas cdtasrah / ghrtdsya stokdrn sakfd ahna äsnärn

tad eveddm tätrpäna carämi II

Als ich (= Urvasi) in anderer Gestalt zu den Sterblichen ging, vier Jahre lang

[alle] Nächte [bei dir (= Purüravas)] wohnte, da genoss ich einmal des Tages

einen Tropfen Schmalz. Nur davon bin ich [auch] jetzt satt.^^

Die Zahlen werden nicht genannt. Aber die Anschauung, nach der etwas

Neues in der vierten Zähleinheit eintritt, nachdem etwas drei Zähleinheiten

gedauert hat, ist dabei oft durchsichtig.

RV 4,33,4

yät samvdtsam rhhdvo gam draksan

ydt samvdtsam rhhdvo ma dpimsan I

yät sarnvdtsam dhharan hhaso asyäs

tdhhih sdmihhir amrtatväm äsuh 1/

Als die Rbhu ein Jahr die Kuh (= die Erde) gehütet hatten, als die Rbhu ein

[zweites] Jahr ihr Fleisch zerlegt, als sie ihr (= der Kuh = der Erde) ein [drittes]

Jahr Futter (= Kot = Dung) gebracht hatten, erlangten sie durch diese Dienste die Unsterblichkeit.'^'

Die in den oben zitierten Beispielen verborgene Anschauung, nach der

etwas Neues in der vierten Zähleinheit eintritt, nachdem etwas drei Zähl-

Nachdem UrvasT mit Purüravas 3 Jahre zusammen gewesen war, ging sie im vierten weg. Diese Interpretation stützt sich auch auf eine Stelle im Vädhüla-Anväkhyäna. Vgl.

VA 1,1,1,3 (Nach Gotos provisorischer Numerierung): sa ha purüravä mrgayän carann

apsaraso ,dhijagäma. täsäm horvasim eväbhidadhyau. tän jäyän cakre. sä garhhan dadhe.

tarn paraiväsa. sä dvitiyan dadhe. tarn paraiväsa. [sä trtijyan dadhe. tarn paraiväsa. sä

caturthan dadhe. sä hoväcäyam ubhayesän devamanusyänäm annädo bhavisyati. pitrsv

iman janayäniti. sä horvasi pitfn vijanitum iyäya „... Als Purüravas Jagd machte, wohnte er den Apsaras bei. Unter denen begehrte er eben UrvasT. Die machte er zu seiner Frau. Sie empfing ein Kind. Sie warf es weg. Sie empfing ein zweites. Sie warf es weg. Sie empfing ein drittes. Sie warf es weg. Sie empfing ein viertes. Sie sagte: .Dieses wird ein Speiseesser beider sein, [nämlich] der Götter und der Menschen. Bei meinen Eltern will ich dieses gebären.' UrvasT ging zu den Eltern, um es zu gebären."

Die Rbhu haben also im vierten Jahr die Unsterblichkeit erlangt, nachdem sie drei Jahre lang Opferdienst geleistet hatten. Im ersten Jahr hatten die Rbhu die Kuh gehütet,

d. h. die Felder wurden ein Jahr lang nicht bebaut. Im zweiten Jahr hatten sie das Fleisch zerlegt, d.h. die Felder wurden bestellt. Im dritten Jahr hatten sie der Erde Essen gebracht, d.h. die Felder wurden gedüngt. Im vierten Jahr kommt es zum folgenden Ergebnis: Die Ernte ist gut ausgefallen, die Erde hat ihre Fruchtbarkeit wiederhergestellt, und wegen dieser Leistung erhalten sie den Rang von Göttern. Uber diese Interpretation spreche ich in einer anderen Arbeit „Vedisch bhäsas- .

(11)

einheiten gedauert hat, steht auch hinter der ganzen bei Homer erzähhen

bzw. angedeuteten Geschichte. So vergehen neun Jahre, nachdem Helena

nach Troja gekommen ist, wahrscheinlich im zehnten Jahr beschließen die

Achäer, einen Kampf mit den Trojanern zu führen. Neun Jahre kämpfen die

Achäer in Troja, im zehnten Jahr erobern sie die Stadt. Neun Jahre wandert

Odysseus herum, im zehnten Jahr kehrt er heim und besiegt die Freier

seiner Frau. So sind drei Geschichten'" abgeschlossen. Danach wollen die

Anverwandten der getöteten Freier sich noch gegen Odysseus erheben.

Doch versöhnt Athene die Streitenden. Die Versöhnung geschieht also in

der vierten Zähleinheit.

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Dichter der Ilias durch die Be¬

schreibung in A 423-425 die Jahreswende zwischen dem neunten und zehn¬

ten Jahr andeutet.^' Daraus ergibt sich dann tatsächlich, dass die Griechen

in der vorhomerischen Zeit dieselbe Form der Zeitrechnung wie die alten

Inder kannten, nach der man das 354tägige Mondjahr durch den Einschub

von zwölf Tagen regulierte. Ob diese Form der Zeitrechnung wirklich eine

urindogermanische Form war, können wir aber nicht mit Sicherheit ausma¬

chen. Einen Schlüssel dafür könnte uns immerhin ein verhältnismäßig klarer

Mythos um die Rbhu bieten.

Die Rbhu haben ihre Eltern, nämlich Himmel und Erde, jung gemacht.

Dass Himmel und Erde alt werden, heißt, dass es nicht regnet und eben des¬

halb die Erde ihre Fruchtbarkeit verliert. Was sie jung zu machen bedeutet,

können wir aus der oben zitierten Stelle RV 4,33,7 leicht erkennen. Es ist au¬

genscheinlich, was Himmel und Erde jung zu machen bedeutet, nämlich es

regnet, und die Folge ist: Die Rbhu brachten die Felder in guten Stand und

leiteten die Flüsse ab, es zogen die Pflanzen in der Wüstenei ein und die Ge¬

wässer gingen in eine Vertiefung. Das heißt: Die Erde hat ihre Fruchtbarkeit

wiederhergestellt, also ist sie wieder jung. Dies ist die Folge der Einführung

der Zeitrechnung.

Daher kann man folgendes vermuten: Dass die Rbhu für die Asvin ihren

Wagen geschaffen haben, bezieht sich auf die Erschaffung des Honigs. Dass

sie die Kuh für Brhaspati geschaffen haben, bezieht sich auf die Erschaffung

'° Zwei Geschichten werden erzähh, eine ist verborgen. Auch diese Weise ist wohl

indogermanisch. Vgl. Miyakawa 2000.

Die Odyssee beginnt wohl am ersten Tag im zehnten Jahr.

(12)

der Milch. Nach mythologischer Darstellung'^ im RV wird Regen aus Honig und Milch hergestellt.

RV 4,57,8c

sunäm parjänyo mädhunä päyobhih

Glück (= Regen) soll Parjanya durch Honig (= Strahl) [und] reichlich Milch"

(= Gewölk) [bringen].

Nach der Erschaffung des Materials für den Regen sollte der Vrtrakampf

stattfinden. Dass die Rbhu für Indra das Falbenpaar geschaffen haben, diente

dem Vrtrakampf, denn Indra kann ohne Pferde nicht zum Kampf herbeieilen.

Somit ist es vielleicht nicht zu kühn, wenn ich vermute, dass diesem Mythos

die Einführung der Zeitrechnung zugrundeliegt, durch deren Einführung

der Anführer die Leute aus der Wassernot gerettet hat und danach als ein

Gott verehrt wurde. Wenn wir den Namen der Götter Rbhu direkt mit dem

Namen der in diesem Mythos verborgenen Urpersönlichkeit verbinden dür¬

fen, dann ergibt sich, dass der Einführer der Zeitrechnung ein urindoger¬

manisches Genie '''s^rbheus/s^rbhuds bzw. ''g^erbhus/g^rbheus sein kann. Ich

verbinde dabei den Namen Rbhu mit dem griechischen Namen Dgtpeug.'''

Zum Schluss stelle ich zusammenfassend eine Hypothese für die weitere

Forschung auf: ''g^rbheus war vielleicht ein fahrender Sänger, der durch Weis¬

heit oder durch Wundertaten als ein Begnadeter unter den Indogermanen

bekannt gewesen ist.'' Ich stelle ihn mir dabei als ein Genie wie Empedokles

vor, der wegen der Rettung vor der Seuche in einer Stadt Siziliens dort als ein

Gott verehrt wurde.'^ ''''3,rbheus hat durch seine Weisheit Leute aus der Was-

A Jo

sernot gerettet. Ihn verehrten die Leute als den Sohn des urindogermanischen

Wettergottes, ''g^rbheus konnte mit Hilfe von Beinamen seines Vaters be¬

nannt werden. Solche Beinamen sind , Keulenträger' (vgl. gr. Dl'aYgoq'^ ,Vater

Dies ist allerdings nicht typisch. Da diese Darstellung mit dem Somakuh überein¬

stimmt, habe ich angenommen, dass diese Anschauung archetypisch ist. Der Somakuh ist ja eine Imitation des Regenvorgangs. Auch Lommel ist einer ähnlichen Meinung: „Soma ist eine Pflanze und der daraus beim Opfer gewonnene Saft. Dessen Bereitung ist eine kultische Darstellung des Regenvorgangs: beim Herausschlagen des Saftes aus den Pflanzenschossen wird em Donnerpolter hervorgerufen, beim Filtern desselben durch ein Wolltuch tritt das tropfende Herabfließen des heiligen Naß aus dem himmlischen Filter in Erscheinung. ..."

Vgl. Oberlies 1998, S. 165.

Hier liegt ein poetischer Plural vor. Vgl. Miyakawa 2001, S. 14.

Der Name Rbhu wurde seit 1840 wiederholt mit dem griechischen Namen Ogtpeug

verbunden. Zuletzt versuchte Estell 1999, S. 327ff., Rbhu und Orpheus als , Archer' und ,Cudgel-Bearer' zu charakterisieren.

Seine Taten werden mit 'netk- .erzeugen, herstellen' (LIV Lipp, S. 580) charakteri¬

siert. Vgl. Estell 1999, S. 331 ff.

^' Vgl. Diogenes Laertios VIII 70.

(13)

von Orpheus, eine Keule tragend' zu otow ,werde tragen' suppletiv mit ipsgcü <

''bherö .trage') und , einen guten Bogen führend (nämlich um einen Regenpfeil

zu schießen)'. Vgl. RV 6,75, 15cd parjdnyaretasa hvai devydi ,dem göttlichen

Pfeil aus Parjanyasamen (= Regenpfeil)'. Er wurde also der Sohn des , Keulen¬

trägers' und des , einen guten Bogen führenden' genannt. Vgl. Rbhus Beinamen

saudhanvand- ,Sohn des Sudhanvan' und dessen Basis sudhdnvan- , guten

Bogen führender' (Beiname von Rudra und den Marut im RV). Nachdem er

Götterrang erreicht hat, wird er als ein Mann, der seinen Status gewechselt

hat und vom Menschen zum Gott geworden ist, ''g^rbheus ,Uberwechsler'

genannt. Vgl. die Grundbedeutung der Wurzel ''g^erbh- , change membership

from one group / social class to another' (Watkins).'^ Nachdem die Macht

des alten Wettergottes untergegangen ist, hat auch '•'d^rbheus allmählich den

Götterrang verloren. Er lebte aber in indoiranischen Götterwelt dadurch

weiter, dass er - nämlich Rbhu - mit dem neuen mächtigen Wettergott Indra

verbunden wurde (vgl. Indras Beinamen vajra-bhft- ,eine Keule tragend' <

'^uagro-bhr-t-): RV \,\\0,7 zrbhürna indrah sdvasä ndv iyän „Rbhu ist uns mit

Kraft ein neuer Indra". Im ältesten indischen Pantheon nahm er einen Platz

als eine Gottheit für die Wiederherstellung des Regenvorgangs ein. Der Zahl

von drei himmlischen Filtern entsprechend, ist aus ihm ein Trio geworden:

rbhdvah PL; im RV werden zuweilen drei Namen genannt (4,33,3) rbhävah

könnte daher auch ein elliptischer Plural sein: ,Rbhu und die anderen'.

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Analogiebildung nach laXaatifgtüv : xa^.dcipga)v :: ''oist-uagros > oisiagros''' : X. X = Oraveog. Vgl. Estell 1999, S. 330.

Herr Prof. Dr. C. Melchert hat am 3.5.2001 in Erlangen einen Vortrag gehahen.

Dort habe ich diese Idee seines Lehrers (im Unterricht um 1968) erfahren.

(14)

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(15)

in der zoroastrischen Literatur

Von Götz König, Berlin

I. Uber Figur und Herkunft des mard i ahlaw

1. In Hinblick auf die Pursisn 1-3 des Dädestän i denig (im ff. DD) hat Mole

(1963, S. 469ff .) in dem Kapitel „UHomme Parfait" des Buches Culte, mythe et

cosmologie dans iTran ancien zwei Bedeutungsniveaus des Ausdrucks mard

i ahlaw festgestellt. Das erste - „wahrhaftiger Mensch" - liegt vor in DD

2.19. 3.3', mit Geltung für eine - begrenzte (s. DD 1.6 ne har mardöm „nicht

jedermann") - Vielzahl wahrhaftiger Menschen, das zweite - „Der Wahr¬

haftige Mensch" - in DD 1.1,3,6,12, 2.1(?)^, 3.4, das Mole mit „UHomme

Juste" und „UHomme Parfait" (in der Kapitelüberschrift) wiedergibt.'

' In DD 3.3 sagt der Text, daß er aus der den stamme (Awesta bzw. dessen PÜ), „ciyön- is nimüd pad den". Er stellt eine Verbindung von mard i asö und dem Guten/Schlechten

Denken-Sagen-Tun her. Diese Verbindung ist auch im Awesta häufig (der DD-Satz ist

jedoch im Awesta nicht zu identifizieren). Es handelt sich um den .wahrhaftigen Men¬

schen' (als Bezeichnung irgendeines Menschen, der asö ist). In DD 3.4 hingegen wird dann jener wahrhaftige Mensch als .Wahrhaftiger Mensch' (Gayömard etc.) gedeutet.

^ In DD 2.1 wird nach dem Sinn der Schöpfung des mard i asö gefragt, in der folgen¬

den Antwort DD 2.3 aber von -män „uns", nämlich den (menschlichen) Schöpfungen Ohrmazds, geredet, der Terminus scheint hier also doch allgemein gebraucht zu sein.

' Eine semantische Diskussion des aw. Wortes asauuan- findet sich bei Mole auf den Seiten 481 ff. Ich übersetze das semantisch komplexe Wort bzw. das im wesentlichen damit

übereinkommende Pahlawiwort ahlaw hier als gegensätzlich zu druuarit ►druwand

„trughaft". Dabei scheint mir das Wort in der Verbindung mit mard {*— nar-) ethischen, nicht eschatologischen Sinn zu besitzen. Letzterer ist für ahlaw auch in der Pahlawi-

Literatur zu erkennen (s. etwa PRDD 17bl ahlaw ud garödmänig ..wahrhaft und dem

Garödmän wert"; MX 44.34 ka mirend ahlaw hend ..wenn sie sterben, sind sie ahlaw", dazu Bailey 1943. S. 87 Fn. 4; s.a. das Kolophon zu K ^"i pad getlg tan husraw pad menög ruwän ahlaw bawäd „Im Getlg sei der Leib famos, im Menög die Seele ahlawl"), doch steht er wohl weder in dieser noch in der awestischen Literatur im Vordergrund, die sich damit abheben von altpersischen (XPh 54-56; vgl. mit V 5.61; dazu Kuiper 1960, S. 185)

und auch von manichäischen Quellen (vgl. Sundermann 1971, S. 374, der für das Ap.

und teilweise man.Parth. eine Bedeutungsnähe zu ved. rtavan- feststellt und vermutet,

„daß beide auf Vorstellungen der arischen Periode zurückgehen.") Im Manichäischen ist desweiteren mp./parth. 'rd'w, sogd. 'rt'w auch eine Bezeichnung für den Electus, im

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