Forschung der ADS auf einen Blick:
Diskriminierung aufgrund der islamischen
Religionszugehörigkeit im Kontext Arbeitsleben –
Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen.
Die Expertisen im Überblick
Mit zwei Expertisen gibt die ADS einen Überblick über die Diskriminierung von Muslim*innen im Kontext Arbeitswelt. Die sozialwissenschaftliche Expertise trägt empirische Daten zusammen und identifiziert zentrale Forschungslücken. Die rechtswissenschaftliche Expertise beleuchtet das Spannungsverhältnis zwischen Diskriminierung und dem Schutz öffentlicher und privater Interessen.
Autor*innen, Titel und Erscheinungsjahr der Expertisen
Prof. Dr. Dorothee Frings: Diskriminierung aufgrund der islamischen Religionszugehörigkeit im Kontext Arbeitsleben – Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen. Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen im Arbeitsleben und das AGG (2010).
Mario Peucker: Diskriminierung aufgrund der islamischen Religionszugehörigkeit im Kontext Arbeitsleben – Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen. Erkenntnisse der
sozialwissenschaftlichen Forschung (2010).
Die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Expertise
Verflechtung verschiedener Diskriminierungsgründe als Herausforderung für die Forschung
Empirische Analysen erweisen sich aufgrund der Verflechtung verschiedener
Diskriminierungsgründe als besonders anspruchsvoll. Die Merkmale Religion, ethnische Herkunft, Geschlecht, aber auch Alter und der soziale Status wirken zusammen und verstärken sich wechselseitig. Die islamische Religionszugehörigkeit losgelöst von anderen Faktoren zu untersuchen, ist sehr häufig nicht möglich.
Stand der Forschung zur Arbeitsmarktdiskriminierung von Muslim*innen
Qualitative Daten deuten darauf hin, dass Menschen islamischen Glaubens zunächst meist aufgrund ihrer (zugeschriebenen) ethnischen Herkunft interpersonelle und strukturelle Benachteiligungen erfahren.
Migrant*innen aus bestimmten Herkunftsregionen wird im Bewerbungsverfahren ein unterdurchschnittliches Qualifikationsniveau und eine geringe Leistungsfähigkeit unterstellt.
Arbeitgeber befürchten, dass die Einstellung von muslimischen Bewerber*innen zu ökonomischen Einbußen führen könnte, sei es wegen (antizipierter) negativer Kundenreaktionen oder befürchteten innerbetrieblichen Konflikten.
Insbesondere muslimische Frauen, die ein Kopftuch tragen, sind in besonderem Maße von Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt betroffen.
Am Arbeitsplatz selbst können interne Regelungen und Praktiken die Einhaltung religiöser Gebote unverhältnismäßig erschweren und zu struktureller Benachteiligung führen. Dies ist jedoch bisher kaum Gegenstand der Forschung.
Kontaktdaten: Antidiskriminierungsstelle des Bundes Glinkastraße 24
10117 Berlin
Telefon: 0800 - 546 546 5
Juristische Erstberatung - E-Mail: beratung@ads.bund.de Allgemeine Anfragen - E-Mail: poststelle@ads.bund.de
Rechtlich legitimierte Formen der Ungleichbehandlung, wie die landesrechtlichen
„Kopftuchverbote“ und die „Kirchenklausel“ im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), stellen für Muslim*innen Barrieren dar.
Forschungsbedarf besteht bei der Frage, inwieweit das (negative) Meinungsklima über
„den Islam“ einen Einfluss auf die Diskriminierung von Muslim*innen hat und ob dadurch spezielle Formen antimuslimischer Diskriminierung entstanden sind.
Ergebnisse der rechtswissenschaftlichen Expertise
Abgesehen von nur wenigen Ausnahmenfällen darf in der Privatwirtschaft die
Religionszugehörigkeit bei Entscheidungen über Einstellung, Versetzung, Kündigung etc.
nicht berücksichtigt werden.
Religionsgemeinschaften und religiös ausgerichtete Wohlfahrtsverbände dürfen das Bekenntnis zu ihrer Religion für eine Beschäftigung voraussetzen („Kirchenklausel“), wenn diese in einem Zusammenhang mit dem religiösen Auftrag stehen. Steht die Tätigkeit nicht in einer Beziehung zu dem religiösen Auftrag, sind Ungleichbehandlungen untersagt.
Im Bereich der Schulen sind Einschränkungen der Religionsfreiheit verfassungsrechtlich zulässig, wenn sie auf einem Landesgesetz beruhen, welches die Religionsausübung für alle Religionen gleichermaßen beschränkt. Die Übereinstimmungen der landesrechtlichen Regelungen mit dem AGG und dem Recht der Europäischen Union ist zweifelhaft. Die Übertragung des Verbots religiöser Symbole auf andere Bereiche des öffentlichen Dienstes ist nicht mit dem AGG und dem EU-Recht vereinbar.
Ungleichbehandlungen sind nur dann zulässig, wenn sich die verschiedenen Belange nicht miteinander vereinbaren lassen und das betriebliche Interesse von überwiegender
Bedeutung ist.
Empfehlungen zur Prävention und Beseitigung von Diskriminierung
Die Autor*innen empfehlen eine Überarbeitung der gesetzlichen Regelungen, wie zum Beispiel die Anpassung des § 9 AGG („Kirchenklausel“) an die europarechtlichen Vorgaben, die Einführung eines Verbandsklagerechts, die Erweiterung des SGB II um das Merkmal Religion und einzelfallbezogene Öffnungsklauseln in landesgesetzlichen Regelungen zum Verbot religiöser Symbole.
Darüber hinaus empfehlen die Autor*innen unter anderem Informations- und Sensibilisierungskampagnen zur Bekanntmachung der Gleichbehandlungsrechte, Sensibilisierungsmaßnahmen für Arbeitgeber, die Entwicklung und Umsetzung
umfassender Diversity-Management-Konzepte, innovative Personalrekrutierungskanäle und Bewerbungsaufrufe an Migrant*innen, die Förderung der Vereinbarkeit von
Arbeitsanforderungen und der Einhaltung muslimischer Gebote.
Mehr Informationen
Die sozialwissenschaftliche Expertise steht => hier zur Verfügung.
Die rechtswissenschaftliche Expertise steht => hier zur Verfügung.