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Predigt Christmette im Hauptbahnhof Hannover vom 24.12.2017

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Landessuperintendentin für den Sprengel Hannover Brandestr. 19 30519 Hannover

Manuskript

Predigt vom 24.12.2017

Gottesdienst „Musik und Worte zur Heiligen Nacht“

im Hauptbahnhof Hannover

Es gilt das gesprochene Wort.

Das ist Josefs Hose. Naja, zum ersten Christfest gab es noch keine Jeans, doch Jo- sefs Hose war mal berühmt. Seine Hose wurde sogar wie eine Reliquie verehrt.

Auf manchen Weihnachtsbildern aus dem Mittelalter steht Josef nämlich ohne Beinkleid da. Josef, die berühmteste Nebenfigur der Welt, mit nackten Knien ne- ben Mutter und Kind. Die beiden bekommen alle Aufmerksamkeit und goldene Heiligenscheine, er steht leicht versetzt im Schatten und schweigt. Manchmal wird er zu einem uralten Mann, der an der Seite seiner wunderschönen Verlobten steht. Nein, dieser Alte kann nicht der Vater von Jesus sein, sollten die Runzeln und der weiße Bart wohl sagen. In manchen Krippenbildern findet man ihn sogar schlafend, als hätten ihn die Strapazen der Flucht und der Geburt so erschöpft, dass er das Beste verpasst hat. Josef wird verspottet oder vergessen oder so weit an den Rand gestellt, als hätte er mit dem Wunder der Weihnacht nur zufällig zu tun. In der Tat: in der heiligen Familie hat er die Hosen nicht an. Wer heute Krip- penspiele aufführt, weiß, dass die Rolle des Josef nur schwer zu vergeben ist. Wer will schon stumm neben der ewigen Klassenbesten stehen, während hundert Erwachsenenaugen leuchten bei so viel Marienglanz.

Ich mag den Josef. Er hat mit uns Weihnachtschristen ziemlich viel gemeinsam. Er begegnet keinem Engel, wie es seiner Verlobten geschehen ist. Er wird nicht von einem Stern durch ferne Länder geleitet, der den Fernreisenden aus dem Mor- genland den Weg zur Krippe zeigt. Er hört nicht die Bigband von der Himmels- bühne wie die Hirten, die mit dem Engelssound aus der nächtlichen Ruhe geris- sen werden. Josef hat nichts, ihm begegnen keine Wunder, nichts Verzauberndes oder Verstörendes. Er hat nur die Erzählungen der anderen. Er muss sich auf ihre Erlebnisse verlassen. Er kann nur zuhören, als Maria aufgeregt von der furchter- regenden Erscheinung berichtet und dass Gott sich mit ihrem Kind verbunden hat. Er muss glauben, was ihm nicht selbst widerfahren ist. Er kann sich nur wundern, als es plötzlich eng im Stall wird, weil lauter Fremde vor dem Wochen- bett des Neugeborenen auf die Knie fallen, Schäfer aus der Nachbarschaft mit Tiergeruch in den Kleidern und Fernreisende mit entzückten Gesichtern und kostbaren Geschenken. Dein Sohn, Gottes Kind? Irgendwie denkt das natürlich jeder Vater. Aber dass über diesem Schreihals eine große Verheißung liegt, muss er den anderen glauben. So wie wir die Geschichte nur glauben können, in dieser

Dr. Petra Bahr Dienstgebäude Brandestr. 19

30519 Hannover Sekretariat Annette Witte

Telefon 0511 833119 Telefax 0511 8386193

www. sprengel-hannover.de E-Mail lasup.hannover@evlka.de

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heiligen Nacht: der ferne Gott, der Gott der Väter und Mütter, verbindet sich auch mit unserem Leben. Deshalb soll Josef heute die Hauptfigur sein. Von ihm können wir uns anschauen, dass es für das Wunder der Weihnacht keine Verzückung braucht und keinen gigantischen Wow-Effekt, keine religiöse Überwältigung oder eine besonderes Weihnachtsgefühlsbegabung. Wir können uns das Geschehen mit Josef vom Rand ansehen, skeptisch, abwartend, zweifelnd, fragend und nur verhaltend staunend über den Gedanken, dass Gottes Wesen sich in einem Kind zeigen könnte.

Josef hat sich auf seine Weise in die Geschichte verwickeln lassen. Er bleibt bei Maria, als alles dafür spricht, sie zu verlassen. Und er reißt sich die Beinkleider vom Leib, als es nach der letzten Wehe ein knautschig rotes Menschlein im Stroh liegt. Man sieht ihn förmlich auf einem Bein hüpfend, weil das Hosenloch nicht schnell genug über den Fuß will. Josef, eine lächerliche Figur? Ist ihm doch egal.

Er zeigt auf seine Weise, was Hingabe und Liebe ist. Er tut das Selbstverständ- lichste. Er wartet nicht auf ein besonderes Zeichen, das nur für ihn vorgesehen ist. Er fühlt sich nicht gekränkt oder übersehen oder in seiner Rolle unterschätzt, weil weder Engel noch Sterne noch himmlische Chöre ihn seiner Großartigkeit versichern. Er fordert nicht mehr Aufmerksamkeit oder ein paar anerkennende Worte für sich. Er bleibt an der Krippe stehen, staunend, zaudernd, schweigend und mit nackten Beinen. Die alten Worte aus dem berühmten Weihnachtslied von Paul Gerhardt sind Josefworte:

„Ich steh an deiner Krippe hier, o Jesu, Du mein Leben;

ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.

Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin

und lass dir‘s wohlgefallen.“

(EG 37,1) Amen

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