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Drei kleine Wörter

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Academic year: 2022

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Drei kleine Wörter

Fuck the EU. Mal ehrlich, wer hat das noch nie gedacht?

Ich glaube nicht, dass Victoria Nu- land das einfach rausgerutscht ist. Es muss etwas tief in ihr drin sein. In uns drin. „Fuck the EU!“ hatte die Abteilungsleiterin Europa im US-Au- ßenministerium ihren Botschafter in der Ukraine angewiesen.

Sofort habe ich in der größten Enzyklopädie unserer Zeit das Stich- wort „Projektion“ nachgeschlagen.

„Der Begriff Projektion“, steht da,

„umfasst das Übertragen und Verla- gern eines innerpsychischen Kon- flikts durch die Abbildung eigener Emotionen, Affekte, Wünsche und Impulse, die im Widerspruch zu eige- nen und/oder gesellschaftlichen Nor- men stehen können. Eine solche Pro- jektion richtet sich auf andere Perso- nen, Menschengruppen, Lebewesen oder Objekte der Außenwelt.“

Zu ergänzen wäre im letzten Satz dringend der Zusatz: „ … insbeson- dere auf die Europäische Union“. Po- litisch kann man lange darüber strei- ten, was die EU ist, gut, schlecht, Staatenbund, Staatenverbund, zu- kunftsverheißend oder dem Ende nah. Psychologisch ist die Sache völ- lig klar: Die EU ist die breiteste Pro- jektionsfläche aller Zeiten. All das, was wir an uns oder anderen hassen, lässt sich auch ihr anhängen. Träg- heit, Risikoaversion, ständiges Sich- Befragen …

Hören wir nochmal Nuland:

„Fuck the EU!“ Hach, ist das nicht das kürzeste Gesamtverzweifeln an der Menschheit, das sich denken

lässt? Es funktioniert von links wie von rechts, in schier endlose Klagen lassen sich diese drei kleinen Wörter entfalten, von der Genmais-Angst bis zur Einwanderung.

Fuck nicht den deregulierten Fi- nanzmarkt, dessen Derivat-Exzesse sich mit überbordender Staatsver- schuldung vermischt und die Schul- denkrise ausgelöst haben, für die der kleine Mann jetzt blecht, nein: Hey, fuck doch einfach die EU! Fuck auch nicht die Kluft zwischen Anspruch der Europäer als Ordnungsmacht und ihrem eher halbherzigen Engagement für ihre Anrainer, nein, sag’s einfach mit einer bekannten US-Diplomatin.

Wäre Victoria Nuland ein biss- chen mehr Dichterin, sie hätte es ausdrücken können wie Friedrich Schiller in seiner „Jeremiade“:

„Alles in Deutschland hat sich in Prosa und Versen verschlimmert, Ach, und hinter uns liegt weit schon die goldene Zeit!“

Was folgt daraus? Nun, dass wir gnädig sein sollten gegenüber jedem, der die EU in unflätiger Weise anruft.

Was Frau Nuland wahrscheinlich ei- gentlich sagen wollte, war: „Ist es nicht bitter, dass Europa der Ukraine im Moment kein Beitrittsangebot ma- chen oder auch nur Gaslieferungen verbilligen kann – und dass wir Ame- rikaner, wenn wir ehrlich sind, im Grunde genauso machtlos sind?“ Klar.

Nur klingt das nicht halb so cool.

Jochen Bittner ist Redakteur der ZEIT.

144 IP März /April 2014

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