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Gesalzene Irrtümer

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ie winzigen weißen Körn- chen sorgen immer wie- der für rege Diskussionen.

Für die einen Experten gehört der Salzstreuer schlichtweg verboten, die anderen halten die große Angst vor Salz für übertrieben.

Wie so oft, helfen uns Studienergeb- nisse aus der Wissenschaft in diesem Wirrwarr weiter. Hier die wichtigs- ten Erkenntnisse aus dem aktuellen Forschungstreiben.

Salzarm ist nicht gesünder Eine ganze Reihe von Studien weltweit ergab, dass die gesundheitlichen Vor- teile einer salzarmen Ernährung ganz erheblich überschätzt werden.

Denn von salzarm profitieren weder Menschen mit normalem Blutdruck noch solche mit erhöhten Blutdruck- werten. Im Gegenteil konnte festge- stellt werden, dass eine starke Salzbe- schränkung bei Menschen mit einer bestehenden Herzschwäche das Sterblichkeitsrisiko erhöht. Auch bei Gesunden birgt der Versuch, so wenig Salz wie möglich zu sich zu nehmen, Risiken.

Zu wenig Salz kann sogar scha- den Streng salzarme Diäten können die Gesundheit sogar schädigen, an- statt sie zu fördern. Beispielsweise war in einer Untersuchung das Ri- siko, an einer Herz-Kreislauf-Er- krankung zu versterben, in der Teil- nehmergruppe mit dem niedrigsten Salzkonsum am höchsten.

Angesichts dieser und anderer Be- funde warnen Ernährungswissen- schaftler übereinstimmend vor einer zu starken Salzeinschränkung. Be- sonders bei Senioren, denen wegen des Blutdrucks oft Salzverzicht emp- fohlen wird, kann dieser zu einer ge- fährlichen Dehydrierung beitragen.

Denn ältere Menschen trinken viel- fach deutlich zu wenig. Nehmen sie kein oder kaum noch Salz zu sich, gehen der Durst und damit die Flüs- sigkeitszufuhr noch mehr zurück.

Salz einschränken bei Bluthoch- druck? Auch dies wurde inzwischen

Gesalzene

Irrtümer

Salzarm oder noch besser gar kein Salz? Wenn salzen, dann wie viel? Fragen, die nicht nur Ihren Kunden, sondern vielleicht auch Ihnen Kopfzerbrechen bereiten. Höchste Zeit also, mit den salzigen Irrmeinungen aufzuräumen.

© HandmadePictures / iStock / Getty Images

ERNÄHRUNG

138 DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2021 | www.diepta.de

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relativiert. Zwar bewirkt weniger Salz längerfristig tatsächlich eine Sen- kung des erhöhten Blutdrucks, doch der Effekt ist nur minimal. So sinkt der obere, der systolische Blutdruck- wert unter salzarmer Ernährung im Durchschnitt nur um 1,27 mmHg.

Der untere, der diastolische Blut- druckwert geht lediglich um 0,05 mmHg zurück.

Das Institut für Qualität und Wirt- schaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz IQWiG, in Köln kam deshalb bereits im Jahr 2009 zu dem Schluss:

„Der Nutzen einer kochsalzreduzier- ten Diät bei Bluthochdruck auf Basis randomisierter kontrollierter Stu- dien ist bislang nicht belegt“.

Die Salzsensitivität Mitte der 1990er Jahre machten Wissenschaft- ler eine interessante Entdeckung. Sie stellten fest, dass es Menschen gibt, die empfindlicher auf Salz reagieren als andere. Sie vermögen das Salz in der Niere zu konservieren, oder an- ders ausgedrückt, zu horten. Damit verbleibt es im Körper und wird nicht wie vorgesehen mit dem Urin ausgeschieden. Diese Salzsensitivität genannte Besonderheit entpuppte sich alsbald als Grund dafür, warum nicht jeder von einer salzarmen Er- nährung profitiert und jeder unter- schiedlich viel Salz vertragen kann.

Ob jemand nun salzsensitiv ist oder nicht, lässt sich einzig klären, indem er mindestens zwei Wochen lang kein oder nur sehr wenig Salz zu sich nimmt. Werden danach die Blut- druckwerte gemessen und haben sich diese reduziert, besteht offen- sichtlich eine erhöhte Empfindlich-

keit auf das Würzmittel. Bleibt der Blutdruck jedoch unverändert, macht auch salzarme Ernährung kei- nen Sinn – eine Senkung der Blut- druckwerte wird damit nicht er- reicht.

Besser Himalaya-Salz? Seit ge- raumer Zeit bereits findet es sich in den Regalen – zunächst in Natur- kostläden, nun auch in vielen Super- märkten: Salz aus der Region der monumentalen Bergriesen des Hi- malayas. Dieses sei, so dessen Ver- käufer und Anhänger, wesentlich ge- sünder als das übliche Speisesalz.

Denn dank besonderer molekularer Zusammensetzung oder anders aus- gedrückt im Sinne der Befürworter

„besonderer Schwingungen“, mache es sich um unser Wohlbefinden sehr verdient.

Das hat sich bislang bestens für den Verkauf dieses wundersamen Salzes gemacht, ist jedoch wissenschaftlich gesehen schlicht und einfach Unsinn.

Denn das Salz von den höchsten Berg regionen unseres Planeten be- steht ebenso aus Natriumchlorid wie herkömmliches Speisesalz. Sein zu- sätzlicher Gehalt an wertvollen Mi- neralstoffen und Spurenelementen ist jedoch entgegen der Marketing- sprüche sehr gering.

Meersalz ist nicht gesünder als normales Speisesalz Meersalz enthält nicht mehr Jod als übliches Speisesalz. Auch geschmacklich gibt es meist keine Unterschiede. Denn Speisesalz besteht immer aus Natri- umchlorid, entsprechend schmeckt Speisesalz und Meersalz auch gleich.

Wenn ein Meersalz ein bestimmtes Eigenaroma besitzt, dann liegt das an kleinen Anteilen von Algen oder Tonteilchen. Natürlich kann es auch sein, dass ihm gezielt Gewürze oder Kräuter zugesetzt wurden. Mögli- cherweise ist auch Mikroplastik darin enthalten.

Vorsicht vor verstecktem Salz Ebenso wie versteckte Fette ist auch verstecktes Salz im wahrsten Wort- sinn mit Vorsicht zu genießen. Denn gut getarnt steckt eine Menge der weißen Würze in zahlreichen Le- bensmitteln: Achtzig Prozent des täglichen Salzkonsums stammen aus verarbeiteten Lebensmitteln. Am üp- pigsten damit ausgestattet sind Fer- tigprodukte und Konserven. Doch auch selbst im täglichen Brot ist Salz enthalten.  n

Birgit Frohn, Diplombiologin und Medizinjournalistin

PRAXISTIPPS

Wenn Ihr Kunde auf seinen Salzkonsum achten soll:

+auf Konserven und Fertiggerichte möglichst verzichten,

+wenig Salzgebäck,

+wenig geräuchertes oder gepökeltes Fleisch,

+am besten mit nur wenig Salz ko- chen und erst bei Tisch nachwürzen, +nur Mineralwasser mit weniger als

zwanzig Milligramm Natrium pro Liter trinken.

Trotzdem nicht übertreiben

Trotz der neuen Erkenntnisse ist weiter Maßhalten angesagt.

Die Ernährungswissenschaftler haben sich darauf geeinigt, generell nicht mehr als sechs Gramm Salz täglich zu emp- fehlen. Das gilt sowohl für Menschen mit einem zu hohen wie auch für Menschen mit normalem Blutdruck.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2021 | www.diepta.de

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