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Zusammenfassung

Die Sicht des Patienten und Versicherten als Konsument von Gesundheitsleistungen tritt zu- nehmend in den Vordergrund, da die Entscheidungsfreiheit des Patienten bezüglich des Leistungserbringers, aber auch der einzelnen Leistung international zunimmt. Dies erfordert aber auch entsprechende Schutzmaßnahmen. Der Konsument kann durch passive Informa- tion, durch aktive Unterstützung, durch Beteiligung und durch bloße Vertretung seiner Inter- essen durch befugte Institutionen in seiner Entscheidung gefördert und geschützt werden.

International finden sich für diese vier Aktivitätsbereiche zahlreiche Beispiele, die auch für Österreich interessant sein können, zumal hier hohe Entscheidungsfreiheit einem besonders geringen Informationsangebot gegenübersteht.

Einleitung

Der bisher stark regulierte Bereich des Gesundheitswesens öffnet sich nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Kostendrucks marktwirtschaftlicheren Mechanismen. Doch auch bisher ging der Patient einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag mit jedwedem Erbinger einer Gesundheitsleistung ein. Gerade aufgrund des stark regulierten Charakters führte die Sicht des Patienten als Konsument von Gesundheitsleistungen jedoch ein Schattendasein. Wir haben uns angesehen, welche Bedeutung heute dem Konsumentenschutz im Bereich des Gesundheitswesens zukommt, und einige Länder diesbezüglich verglichen.1

Der Begriff des Konsumentenschutzes

In der Literatur2existiert keine einheitliche Definition vom Begriff Konsumentenschutz oder seinen Methoden, Zielen und Instrumenten. Konsumentenschutz ist international verschie- den ausgeprägt und stark kontextabhängig. In Abhängigkeit von der Art der Waren und Dienstleistungen und in Abhängigkeit von der Art und Weise, wie Konsumenten und Produ- zenten miteinander in Beziehung treten, ist der Konsumentenschutzbegriff einem ständigen Wandel unterworfen. Dennoch lassen sich abstrakt einige wesentliche Merkmale des Konsu- mentenschutzes identifizieren, die das Feld abstecken und in ihrer Gesamtheit den Begriff Konsumentenschutz charakterisieren:

1. Gegenstand des Konsumentenschutzes ist das Verhältnis/die Beziehung zwischen Konsu- menten und Anbietern oder Erzeugern von Waren und Dienstleistungen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass diese Beziehung von Informations- und Machtasymme- trien zu Ungunsten des Konsumenten geprägt ist.

III/Herbst 2007 1

III/HERBST 2007

Konsumentenschutz im Gesundheitswesen – eine internationale Perspektive

Thomas Czypionka, Markus Kraus, Monika Riedel, Gerald Röhrling, Dominik Walch*

* Alle: Institut für Höhere Studien, IHS HealthEcon, Stumpergasse 56, A-1060 Wien, Telefon: +43/1/599 91-127, E-Mail: thomas.czypionka@ihs.ac.at. Unter Mitarbeit von Benjamin Bittschi, Sandra Müllbacher und Sigrid Stix.

Frühere Ausgaben von Health System Watch sind kostenlos abrufbar unter der Internet-Adresse: http://www.ihs.ac.at 1 Siehe auch Czypionka T., Kraus M., Riedel M., Röhrling G., Walch D.: Konsumentenschutz im Gesundheitswesen: Inter-

nationale Betrachtungen für eine neue Rolle der Sozialversicherung, Projektbericht, Institut für Höhere Studien, Juli 2007.

2 Auf genaue Literaturangaben wird hier aus Platzgründen verzichtet, sie können aber dem Endbericht entnommen werden.

Der Begriff des Konsumenten- schutzes

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2. Ziel des Konsumentenschutzes ist es, die negativen Auswirkungen dieser Asymmetrien auf Konsumenten zu vermeiden, aufzuheben oder zumindest zu minimieren. Die beiden Hauptziele des Konsumentenschutzes sind der Schutz der Gesundheit der Konsumenten sowie die Wahrung der ökonomischen Interessen der Konsumenten.

3. Die Methoden des Konsumentenschutzes, die angewendet werden, um die oben genann- ten Ziele zu realisieren, lassen sich idealtypisch zwei verschiedenen Ansätzen zuordnen:

einem paternalistischen Ansatz, der Vorschriften erlässt oder Rahmenbedingen setzt, die den Konsumenten davor schützen, für ihn ungünstige Entscheidungen zu treffen. (Bei- spiele für diesen Ansatz ist etwa das Verbot gesundheitsgefährdender Produkte oder unzulässiger Vertragsklauseln.)

einem informativen Ansatz, der dem Konsumenten Instrumente zur Verfügung stellt, die Asymmetrie selbst zu überwinden oder damit so umzugehen, dass die negativen Aus- wirkungen vermieden oder verringert werden können. Im weitesten Sinne können diese Maßnahmen als „Empowerment“ bezeichnet werden.

Besonderheiten der Konsumentscheidung im Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen weist sowohl aus System- als auch aus Individualperspektive einige Besonderheiten auf, die weitreichende Konsequenzen auf Konsum und Konsumentenschutz haben. Erstens ist der Konsument im Gesundheitswesen sowohl Versicherter als auch Patient. Diese Doppelnatur führt dazu, dass bei der Inanspruchnahme von Gütern Konsum und Finanzierung auseinanderfallen.

Zweitens weist der Konsum im Gesundheitswesen einige Charakteristika auf, die ihn vom Konsum in anderen Branchen unterscheiden. Waren und Dienstleistungen werden hier expli- zit mit dem Zweck konsumiert, den Konsumenten als Versicherten vor ökonomischen Schä- den zu schützen bzw. dem Konsumenten als Patient zur Wiedererlangung oder Verbesserung seiner Gesundheit zu dienen. Bei Gesundheitsgütern ist die Wahrung bzw. Erreichung eines möglichst positiven Einflusses auf die Gesundheit Hauptzweck und damit Ansatzpunkt für den Konsumentenschutz; bei vielen anderen Gütern hingegen ist die Vermeidung von uner- wünschten gesundheitlichen Folgen lediglich eine Nebenbedingung.

Drittens wird das Gesundheitssystem als ein wesentlicher Bestandteil der sozialen Siche- rungssysteme verstanden, weshalb ihm aus sozialer, gesundheitspolitischer und gesell- schaftlicher Sicht besondere Bedeutung zugemessen und eingeräumt wird.

Als Konsequenz dieser Besonderheiten ist die Organisation der Gesundheitssysteme in Euro- pa stark von öffentlichen und staatlichen Eingriffen und Interventionen geprägt. Marktmecha- nismen spielen als Koordinierungsinstrument traditionell eine untergeordnete Rolle. Dies trifft sowohl hinsichtlich Finanzierungsstruktur als auch hinsichtlich Erbringung und Konsum von Waren und Dienstleistungen im Gesundheitswesen zu.

Bedeutung des Konsumentenschutzes im Gesundheitswesen

Aufgrund der oben beschriebenen Besonderheiten ist das Gesundheitswesen in allen ent- wickelten Ländern ein stark regulierter Bereich. Durch dieses hohe Maß an Regulation im Gesundheitswesen werden – zumindest in Europa – implizit die Hauptziele des Konsumen- tenschutzes, nämlich die Wahrung der ökonomischen Interessen sowie der Schutz der Gesundheit des Konsumenten, verfolgt.

Durch den Trend zu stärkerem Wettbewerb und größerer Freiheit bei der Konsumentschei- dung gewinnen bestimmte Aspekte der Konsumentenentscheidung an Bedeutung und las- sen das Gesundheitswesen anderen Branchen ähnlicher werden. Diese Entwicklung bedingt, dass Konsumentenschutz im klassischen Sinn auch im Gesundheitswesen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Zudem spielt Konsumentenschutz im Gesundheitswesen auch eine wichtige begleitende, schützende und unterstützende Rolle beim Finden einer optimalen Balance zwischen kollektiver Koordinierung und individueller Entscheidungsfreiheit.

2 III/Herbst 2007

Bedeutung des Konsumenten- schutzes im Gesundheits- wesen Besonderheiten der Konsum- entscheidung im Gesundheits- wesen

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III/Herbst 2007 3

3 Breyer F., Zweifel P., Kifmann M.: Gesundheitsökonomik. Springer, Berlin; 5. Auflage 2005.

Rolle der Sozial- versicherung im Konsumenten- schutz

Rolle der Sozialversicherung im Konsumentenschutz

Die Sozialversicherung hat bestimmte Eigenschaften, die sie von einem klassischen Konsu- mentenschützer unterscheiden. Der klassische Konsumentenschützer hat weder zum Kon- sumenten noch zum Leistungserbringer eine aktive Beziehung in Hinblick auf die Transaktion.

Er nimmt eine neutrale Stellung ein. Weder der Konsument noch der Leistungserbringer stehen in einem vertraglichen Verhältnis zum Konsumentenschützer (vgl. Abbildung 1a).

Abbildung 1a: Konsumentenschutz auf einem klassischen Markt

Quelle: IHS HealthEcon 2007.

Abbildung 1b: Sozialversicherung als Konsumentenschützer

Quelle: IHS HealthEcon 2007.

Klassischer Konsumentenschützer

Konsument Leistungserbringer

Sozialversicherung

Konsument Leistungserbringer

Agiert jedoch die Sozialversicherung als Konsumentenschützer, steht sie der Transaktion nicht neutral gegenüber. Der Konsument ist in aller Regel Versicherter, steht also in einem Ver- tragsverhältnis zu ihr. Darüber hinaus ist der Versicherte Teil einer Solidargemeinschaft, von der ein gewisses Vertretungsmandat an die Sozialversicherung ausgeht. Der Leistungserbrin- ger wiederum steht ebenfalls in einem Vertragsverhältnis mit der Sozialversicherung. Hier besteht zwar kein Vertretungsmandat, aber es gelten die Rechte und Pflichten einer dauer- haften Geschäftsbeziehung. Zwar nimmt der Patient eine medizinische Leistung in Anspruch, der eigentliche Einkäufer ist aber sein Versicherer, der die Kosten trägt und daher die konsu- mierbaren Leistungen einschränkt (vgl. Abbildung 1b).

Auf Grund dessen hat die Sozialversicherung im Vergleich zu einem klassischen Konsumenten- schützer zum Teil ein stärkeres Mandat, kann sich aber umgekehrt nicht auf eine neutrale Mittlerposition berufen. Sie ist Vertreter der Interessen ihrer Versicherten und kann als Vertrags- partner der Leistungserbringer von diesen auch vertragliche Verpflichtungen einfordern oder diese ändern. Der klassische Konsumentenschützer hat solche Möglichkeiten nicht.

Das Konzept des „ergänzenden Sachwalters“:

Breyer/Zweifel/Kifmann3verweisen in Bezug auf den Gesundheitskonsum auf das Konzept des „ergänzenden Sachwalters“. Der Leistungserbringer, vor allem der Arzt, ist der eigent- liche Sachwalter des Patienten in Hinblick auf die Krankheit. Diese versucht er zu kurieren.

Dabei hat der Patient oft nicht den notwendigen Einblick in die Qualität der Behandlung und

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die Notwendigkeit jeder Maßnahme. Der Arzt kann aus persönlichem Interesse (Einkom- mensinteresse, Freizeitinteresse) motiviert sein, Leistungen zu verordnen, die nicht unbedingt notwendig oder angebracht sind, oder bei der Qualität Abstriche zu machen. Um in diesem Verhältnis den Interessen des Patienten größeres Gewicht zu verleihen, sind mehrere Sach- walter denkbar und finden sich, in unterschiedlichem Ausmaß, auch in den internationalen Gesundheitssystemen wieder.

Der Staat als ergänzender Sachwalter begegnet uns in fast allen Ländern – zumindest im Bereich der Rahmengesetzgebung.

In Ländern mit einem National Health Service (NHS)übernimmt der Staat die Gesundheits- versorgung. Er nutzt dabei seine große Machtfülle und seine quasi-monopolistische Stellung bei der Vertragsgestaltung mit den Leistungserbringern. In solchen Systemen ist allerdings die Dotierung und Gestaltung des Gesundheitssystems den Schwankungen der politischen Landschaft unmittelbar unterworfen, und es entsteht ein Zielkonflikt der Art, dass staatliche Budget- und Beschäftigungspolitik einer effizienten und qualitativ hochwertigen Versorgung gegenüberstehen. Marktmechanismen greifen kaum.

In Ländern mit einer Sozialversicherungunterscheidet man Länder mit und ohne Kassen- wettbewerb. Sozialversicherungen sind prinzipiell durch ihre Beitragsfinanzierung stabiler gegenüber politischen Schwankungen. Je nach Größe unterscheidet sich ihre Machtfülle in den Verhandlungen, während die Tendenz zu Leistungseinschränkungen aufgrund der Gemeinnützigkeit geringer ist als bei privaten Versicherern. Es bestehen auch großteils vor- geschriebene Leistungsumfänge.

Der Trend geht zu einem System mit Versicherungspflicht. In einem System mit Versiche- rungspflicht sind die Kassen aufgrund der Konkurrenz angehalten, Einsparungen an die Ver- sicherten weiterzugeben. Systeme zum Risikostrukturausgleich haben sich aber auf Grund des Phänomens der adversen Selektion als notwendig erwiesen und erhöhen damit wieder den Eingriffsgrad in den Markt. Die Sicht des Versicherten als Konsument ist jedoch stärker geworden. In einem System mit Pflichtversicherung muss die fehlende Konkurrenz aktiv aus- geglichen werden, dies trifft insbesondere auf die Konsumentenorientierung und eine effi- ziente Gebarung zu. Demgegenüber steht die größere Resistenz gegenüber politischen Ent- wicklungen bei gleichzeitig erheblicher Machtfülle in Verhandlungen, die allerdings nicht ebenso groß ist wie die der staatlichen Gesundheitsservices.

Private Versicherungenstehen bezüglich ihrer Prämie selbst im Wettbewerb und sind daher, je nach Marktlage, geneigter, erzielte Vorteile an den Versicherten weiterzugeben. Die Macht- fülle in Verhandlungen hängt aber stark von ihrer eigenen Position auf dem Markt und jener der Leistungserbringer ab.

Das Interesse zur Risikoselektion und zur Leistungseinschränkung ist groß, wenn aus vertei- lungspolitischen Gründen Beschränkungen in der Prämiengestaltung existieren. Hier ist der Staat als ergänzender Sachwalter stark gefragt, um Wettbewerbsverzerrungen hintanzuhal- ten und Marktfehler auszugleichen.

Felder des Konsumentenschutzes im Gesundheitswesen

Die Stärke der österreichischen Sozialversicherung als Quasi-Konsumentenschützer ist ins- besondere in der Konstruktion als Pflichtversicherung zu sehen. In Österreich sind nahezu alle Bürger gleichzeitig Versicherte. Dadurch wird im Gegensatz zu mehreren konkurrierenden Versicherungen eine „kritische Masse“ für viele Aktivitäten, wie beispielsweise die Stärke des Mandats als Vertretung gegenüber anderen Stakeholdern, leichter erreicht. Um Effekte feh- lender Konkurrenz auszugleichen, erscheint es sehr sinnvoll, dass die österreichische Sozial- versicherung von sich aus Maßnahmen setzt, eine aktivere Rolle zum Schutz der Interessen der Versicherten und Patienten zu erarbeiten.

Die möglichen Handlungsfelder des Konsumentenschutzes im Gesundheitswesen können von mehreren Blickpunkten aus betrachtet werden. In einer Querschnittbetrachtung lassen sich jene Handlungsfelder am ehesten entlang einer Achse anordnen, die sich zwischen dem informativen und dem paternalistischen Modell aufspannt (vgl. Abbildung 2).

4 III/Herbst 2007

Felder des Konsumenten- schutzes im Ge- sundheitswesen

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III/Herbst 2007 5

Konsumenteninformation

Konsumenteninformation soll die Basis jeder Konsumentenentscheidung im Gesundheits- wesen sicherstellen. Sie hilft, richtig aufbereitet, Informationsasymmetrien auszugleichen und einen Qualitätswettbewerb anzureizen. Grundsätzlich sind folgende Aspekte der Konsumeten- information im Gesundheitswesen zu unterscheiden:

Informationen über Gesundheit und Krankheit

Zunächst benötigt jeder potentielle Konsument im Gesundheitswesen Informationen zu den Themen Gesundheit und Krankheit. Hierbei wird zwischen Basisinformationen, wie beispielsweise der Beschreibung eines gesunden Lebensstils bzw. von gesundheitsför- dernden Maßnahmen und Krankheitsbildern, und Informationen zu Diagnose und Behand- lung unterschieden.

Informationen über Leistungserbringer

Fällt die Entscheidung zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe, braucht der Konsument Informationen zum Auffinden eines geeigneten Leistungserbringers. Hierzu zählen einer- seits Strukturinformationen und andererseits Leistungs- und Qualitätsinformationen.

Strukturinformationen beinhalten unter anderem Angaben zur Verortung, der Erreichbar- keit und den Konditionen der Anbieter sowie über spezielle Leistungsangebote.

Informationen zu Rechten, Ansprüchen und Services

Als Rahmeninformationen sind für den Konsumenten Informationen zu den Patientenrech- ten, den Serviceleistungen der Sozialversicherung und den Ansprüchen als Versicherter hilfreich.

In der Konsumenteninformation im Gesundheitswesen ist es besonders wichtig, sich mög- licher Störfaktoren bewusst zu werden und diese zu eliminieren, denn Gesundheitsinforma- tion ist einerseits besonders sensibel, andererseits sind alle Menschen mit ihrer Unterschied- lichkeit potenzielle Empfänger der gegebenen Information.

Das Ziel der Konsumenteninformation im Gesundheitswesen muss also sein:

die richtige Information (passend, aktuell);

auf die richtige Weise;

an den richtigen Empfänger zu bringen.

Diesem Ziel steht jedoch entgegen:

Die Fülle an Information ist groß;

ihre Komplexität ist hoch;

die Voraussetzungen der Menschen sind sehr verschieden;

die von diesen genutzten Informationskanäle sind verschieden;

gerade medizinische Information altert rasch.

Felder des Konsumenten- schutzes

Abbildung 2: Felder des Konsumentenschutzes

Quelle: IHS HealthEcon 2007.

Konsumenteninformation informativ

paternalistisch

Konsumentenunterstützung

Konsumentenbeteiligung

Konsumentenvertretung

Qualität und Effizienz durch Konsumenten-

entscheidung

{

Qualität und Effizienz durch Mitentscheidung

Qualität und Effizienz durch System-

entscheidung

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6 III/Herbst 2007

Dem verwendeten Informationsmedium kommt bei der Vermittlung von Konsumenteninfor- mation entscheidende Bedeutung zu. Das „An-den-Mann-Bringen“ der Information wird gemeinhin als die größere Herausforderung gesehen als ihre Generierung. Die wichtigste Möglichkeit der Informationsvermittlung stellt in diesem Zusammenhang das Internet dar.

E-health-literacy wird als wichtige Schlüsselqualifikation des zukünftigen Gesundheitskonsu- menten gesehen. Callcenter und Patientenberatungsstellen sind weitere wichtige Möglich- keiten der Informationsvermittlung. Die Vorteile gegenüber dem Internet sind im persönlichen Gespräch zu sehen; dieses hilft Missverständnisse zu vermeiden. Weitere gängige Medien zur Konsumenteninformation sind Konsumentenzeitschriften, Broschüren und Ratgeber zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Mithilfe von Fernseh-, Kino- und Radiospots sowie Postwurfsendungen kann sekundär auf bereits bestehende Angebote hingewiesen werden, gezielte Themen können angesprochen werden.

Konsumentenunterstützung

Nicht in jedem Fall genügt reine Information als Hilfestellung für den Konsumenten. Konsu- mentenunterstützung hilft dabei, fehlende Bausteine zur richtigen Individualentscheidung zur Verfügung zu stellen. Die Sozialversicherung kann Konsumentenunterstützung betrei- ben, indem sie sowohl ihre Versicherten als auch die unter Vertrag stehenden Leistungs- erbringer dabei unterstützt, im Verhältnis Patient-Leistungserbringer die Bedürfnisse des Patienten verstärkt zu berücksichtigen (Empowerment und Shared Decision Making). Die Grenzen zur reinen Information sind natürlich fließend. So können zum Beispiel Patienten- leitlinien nicht nur als Behandlungsinformation, sondern auch zur besseren Einbindung des Patienten dienen.

Shared-Desicion-Making-Modell:

Eine Reihe von Faktoren im Gesundheitswesen hat die Entwicklung hin zu einer aktiveren Rolle des Patienten gefördert. Zum einen hat die Anzahl der Behandlungsoptionen stark zugenommen, eindeutige Vorteile einer Option lassen sich nicht immer einwandfrei identi- fizieren bzw. stehen Informationen darüber lange Zeit nicht zur Verfügung. Auf der anderen Seite ist der Anteil der Akutkrankheiten gegenüber chronischen, oft alters- und zivilisations- bedingten Erkrankungen zurückgegangen. Die Notwendigkeit der Patientenbeteiligung bei akuten Infektionen wie einer Pneumonie ist in der Regel gering, da das optimale Antibiotikum die nur kurz dauernde Therapie bestimmt. Im Fall chronischer Krankheiten stehen jedoch häufig verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung, aufgrund der Dauer der Behandlung spielen auch deren Nebenwirkungen eine große Rolle. Der Patient wird vom passiven Leis- tungsempfänger zu einem Konsumenten, der (mit)entscheiden muss.

Das Shared-Desicion-Making-Modell (SDM)4ist eine Form der Arzt-Patient-Interaktion, bei der beide Partner aktiv und verantwortlich am Entscheidungsprozess beteiligt sind. Es steht zwischen dem paternalistischen und dem informativen Entscheidungsfindungsmodell.

Paternalistisches Modell:

Im paternalistischen Modell entscheidet der Arzt über die durchzuführenden diagnostischen und therapeutischen Schritte. Die Information des Patienten ist mehr eine Formsache, die dessen Zustimmung und Mitwirken sichern soll. Die Zielfunktion des Arztes wird implizit als die wünschenswerte angesehen, eine Abweichung der Wünsche des Patienten von dieser wird negiert.

Informatives Modell:

Im informativen Modell zieht sich der Arzt weitgehend aus der Entscheidung zurück. Er stellt lediglich alle objektiven Informationen zur Verfügung und führt aus, was der Patient entschei- det. Dieser „verrechnet“ seine subjektiven Empfindungen mit der gegebenen objektiven Information.

4 Anmerkung: „Shared Decision Making“ wird im Deutschen oftmals als „Partizipative Entscheidungsfindung“ bezeichnet.

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III/Herbst 2007 7 Das paternalistische Modell erscheint heute als Anachronismus, es dürfte aber dennoch

durchaus verbreitet sein. Dies liegt einerseits in der normativen Kraft des ärztlichen Alltags, und damit in organisationskulturellen Faktoren, begründet, andererseits aber auch in den doch hohen Ansprüchen des Shared-Decision-Making-Modells an die kommunikativen Fähigkeiten des Arztes, welche in der Ausbildung vielfach zu wenig vermittelt werden, und des Patienten.

Diverse Befragungen in mehreren europäischen Ländern5bestätigen, dass der Wunsch nach partizipativer Entscheidungsfindung gegenüber den anderen beiden Modellen überwiegt (51–58 Prozent Range der Studien bzgl. Schnitt über die ganze Population), aber von Alter, Bildung und sozialer Schicht abhängig ist. Das paternalistische Entscheidungsmodell und das informative werden jeweils nur von einer Minderheit favorisiert (26–28 Prozent bzw.

14–23 Prozent). Mit sinkendem Alter, steigender Bildung und Zugehörigkeit zu höherer so- zialer Schicht steigt die Zahl derer, die SDM wünschen. Interessanterweise hatte der Gesund- heitszustand kaum Einfluss.

Konsumentenbeteiligung

Um die Wünsche der Konsumenten im Gesundheitswesen zu berücksichtigen, werden in einigen Ländern teils recht umfangreiche Surveys durchgeführt. Außerdem hat sich teilweise ein umfassendes System der Patientenbeteiligung entwickelt. Die Gestalter können so schneller und besser auf Wünsche und Probleme eingehen, geben dem Patienten das Gefühl eingebunden zu sein, und eröffnen durch das Feedback Chancen der Qualitätsentwicklung.

Konsumentenvertretung

Eine Reihe von Maßnahmen kann nur der Systemgestalter treffen und den Konsumenten dabei auch nicht wesentlich daran beteiligen. Empfehlenswert ist in diesem Fall jedoch immer die Kommunikation solcher Entscheidungen. Die Sozialversicherung kann hier auf Makro-, Meso- und Mikroebene tätig werden oder ist es bereits.

5 Anell A., Rosen P., Hjortsberg C.: Choice and participation in the health services: a survey of preferences among swedish residents. Health Policy. 1997 May;40(2):157–68. Bertelsmann Gesundheitsmonitor 2004: Die ambulante Versorgung aus Sicht von Bevölkerung und Ärzteschaft. Bertelsmann Stiftung Gütersloh 2004. Coulter A., Magee H. (eds.): The European Patient of the Future. Maidenhead: Open University Press; 2003.

Quelle: Charles C., Whelan T., Gafni A.: What do we mean by partnership in making decisions about treatment?

BMJ. 1999 Sep 18;319(7212):780-2.

Übersicht über die Modelle

Abbildung 3: Übersicht über die Modelle Analytical stages Paternalistic

model

Intermediate approaches

Shared model

Intermediate approaches

Informed model

Information exchange

Deliberation Who decides what treatment to implement

One way (largely)

Doctor patient Medical

Legal requirement

Doctor alone or with other

doctors

Doctors

Two way Doctor patient Medical and

personal Anything relevant for decision

making Doctor and patient (plus

potential others) Doctor and

patient

One way (largely)

Doctor patient Medical Anything relevant for decision

making Patient (plus

potential others)

Patient Flow

Direction

Type

Minimum amount

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Im Folgenden werden zu jedem Feld internationale Beispiele aus Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und den USAbeschrieben.

Dänemark

Mit der hochintegrierten Internetplattform sundhed.dk6hat Dänemark ein Vorzeigeprojekt der Konsumenteninformationgeschaffen. Das Portal vereinigt Gesundheits- und Navigations- information, Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Bürger und e-health-Services. Sämt- liche Krankenanstalten und Apotheken, die Mehrheit der niedergelassenen Ärzte, medizini- schen Fachkräfte und Labore arbeiten somit über eine gemeinsame Plattform.

Der Informationsbereich beinhaltet eine Übersicht über die Struktur der Gesundheitsservices, Gelbe Seiten für den gesamten Gesundheitssektor, Informationen über Krankenanstalten und Arztpraxen, medizinische Informationen (Krankheiten, Prävention, Behandlungen) und phar- mazeutische Informationen. Der Kommunikationsbereich dient der elektronischen Terminver- einbarung (über ein Online-Formular wird ein Termin beim Hausarzt angefordert, der Eintrag wird über das Netzwerk an den Hausarzt geschickt, der Patient erhält eine Benachrichtigung, ob der Terminvorschlag bestätigt oder abgelehnt wurde) und der E-Mail-Beratung, die dem Patienten die Möglichkeit bietet, eine elektronische Anfrage an den Hausarzt zu schicken. Es können auch anonym Fragen gestellt werden. Weiters gibt es für chronisch kranke Patienten die Möglichkeit, über ein Online-Formular ein Rezept bewilligt zu bekommen. Die elektroni- sche Patientenakte ist das dritte Kernstück des Portals. Der Patient, mit seiner Zustimmung auch die behandelnden Ärzte, kann über das Portal auf seine elektronische Patientenakte zugreifen, in der Diagnose- und Medikamentenlisten sowie Labor- und Röntgenuntersuchun- gen gespeichert sind.

Das Gesundheitsportal erfreut sich einer hohen Akzeptanz im dänischen Gesundheitswesen.

100 Prozent der Krankenhäuser und Apotheken, 95 Prozent der niedergelassenen Allgemein- ärzte sowie 62 Prozent der niedergelassenen Fachärzte sind vernetzt. 70 Prozent der gesam- ten intra- und extramuralen Kommunikation läuft über das Portal, und nahezu 100 Prozent aller Rezepte werden elektronisch an die Apotheken übermittelt.

Weniger internetversierte Personen haben bei Fragen zum Krankenhaussektor die Möglich- keit, sich innerhalb des Kreises oder innerhalb des Krankenhauses an einen Patientenweg- weiser (Patientvejleder) zu wenden. Hierbei handelt es sich um direkte Ansprechpersonen für Patienten, die auf Nachfrage solche Informationen anbieten und den Patienten in einem per- sönlichen Gespräch informieren. Die Patientenwegweiser fungieren in einem sehr ausgereif- ten Beschwerdesystem zudem als Anlaufstellen und Mediatoren bei Servicebeschwerden und als Berater und Vermittler bei Fachbeschwerden. Behandelt werden Fachbeschwerden jedoch von der offiziellen Patientenbeschwerdekommission7. Für Entschädigungsansprüche ist die Patientenversicherung zuständig.8

Ein weiteres bemerkenswertes Projekt im Bereich der Konsumenteninformation verfolgt die dem Gesundheitsministerium unterstellte dänische Arzneimittelagentur9. Auf ihrem Internet- portal werden detaillierte und auf die jeweilige Benutzergruppe abgestimmte Informationen zur Verfügung gestellt, die auf die Gewährleistung von Qualität, Sicherheit und zufriedenstel- lender Wirkung der in Dänemark verwendeten Arzneimittel abzielen. Im für Konsumenten bestimmten Abschnitt werden unter anderem Warnungen über fehlerhafte Produkte veröf- fentlicht, die Produktcharakteristika sämtlicher zugelassener Produkte zusammengefasst, es kann nach Preisen und der vergangenen Preisentwicklung bestimmter Produkte sowie nach möglichen Ersatzprodukten gesucht werden.

Zur Konsumentenunterstützunghat die dänische Gesellschaft für Patientensicherheit ein Patientenhandbuch verfasst. Es dient dem Patientenempowerment und richtet sich vor allem an erwachsene Patienten, die kurz vor einem Krankenhausaufenthalt stehen. Das Handbuch

8 III/Herbst 2007

6 URL: http://www.sundhed.dk/

7 Patientklagenaevn. URL: http://www.pkn.nl/

8 Patientforsikring. URL: http://www.patientforsikringen.dk/

9 Laegemiddel Styrelsen. URL: http://www.dkma.dk/

Dänemark

(9)

III/Herbst 2007 9

ist als ein Führer durch die Gesundheitsleistungen gedacht. Zudem kann es aber auch als eine Art eigenes Logbuch durch die Gesundheitsleistungen mit Informationen und Auf- zeichnungen über den Gesundheitszustand, Behandlungen und Untersuchungen verstanden werden.

Das dänische Gesundheitswesen ist auch im Bereich der Konsumentenbeteiligungnicht untätig. Im Zwei-Jahres-Rhythmus findet eine zentrale, unabhängige Patientenbefragung im Auftrag der dänischen Regierung statt. Die Ergebnisse werden in Form des „National Danish Survey of Patient Experiences“ veröffentlicht. Der Survey wird auf Basis einer schriftlichen poststationären Befragung erstellt, es werden jeweils 26.000 Patienten befragt. Ziel ist es einerseits, die Performance auf der Krankenhausebene, andererseits auf Ebene der medizini- schen Fachkräfte zu erheben, um so Qualitätsverbesserungen durchführen zu können.

Im Bereich der Konsumentenvertretung hat Dänemark unter anderem ein nationales Berichtssystem für Behandlungszwischenfälle etabliert, das medizinische Fachkräfte, die in einen Behandlungszwischenfall direkt involviert sind beziehungsweise einen solchen beo- bachten, verpflichtet, diesen zu melden. Alle Meldungen Behandlungszwischenfälle betref- fend werden in der dänischen Patientensicherheitsdatenbank (Dansk Patient-Sikkerheds- Database) zentral gesammelt.

Deutschland

Seit 1996 besteht in Deutschland Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Im Zuge dessen stieg die Patienten- beziehungsweise Konsumentenorientierung und somit auch das Angebot an patientengerechter Information sowohl zu medizinischen Themen als auch zu den Ange- boten verschiedener Leistungsträger.

Die gesetzlichen Krankenkassen bieten im Bereich der Konsumenteninformationein umfang- reiches Angebot an Broschüren, Konsumentenmagazinen und Ratgebern an. Meist wird sowohl zu Leistungen der jeweiligen Kasse als auch zu allgemeinen Gesundheitsthemen infor- miert. Die AOK11, deren Veröffentlichungen zu den am ansprechendsten gestalteten zählen, gibt beispielsweise auch Broschüren zu individuellen Gesundheitsleistungen – vom Patienten selbst zu bezahlende Leistungen – und zu alternativen Behandlungsmethoden heraus. Zudem unterhalten die gesetzlichen Krankenkassen, aber auch andere Netzwerke und Institutionen Online-Informationsportale zur Konsumenteninformation. Besonders hervorzuheben sind die Internetportale der AOKs, die über eine benutzerspezifische Aufteilung verfügen und sich inter- aktiver Methoden bedienen. So gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, sich als registrierter Benutzer in ein Coaching-Programm einzuschreiben und von einem virtuellen Fitness-Coach durch einen achtwöchigen Trainingsplan begleiten zu lassen. Auch interaktive Impf- oder Vor- sorgemanager mit Erinnerungs- und Informationsfunktionen können eingerichtet werden. Inter- netplattformen dienen zudem auch der Navigationsinformation. So bietet die IKK12online eine Krankenhaussuche nach Spezialisierungen oder die Stiftung Gesundheit ein Arztsuchservice13, das mit einer kontinuierlichen Patientenbefragung zu deren Zufriedenheit mit dem Arzt und somit mit anonymem und aggregiertem Feedback für den Arzt verbunden ist. Das Arztsuch- service ist, um es nicht nur Internetbenutzern zugänglich zu machen, auch über eine kosten- lose Telefonnachfrage nutzbar. Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen werden zum Bei- spiel auf einer Seite des medizinischen Wissensnetzwerks der Universität Witten/Herdecke angeboten. Auf der Patienteninformationsplattform14werden Patientenleitlinien – patientenver- ständlich gestaltete medizinische Leitlinien – angeboten. Arzneimittelinformationen werden auf den schon erwähnten Plattformen, darüber hinaus auch auf dem Arzneimittel im Fokus-Portal15 oder über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte16geboten.

Deutschland

10 URL: http://www.patientoplevelser.dk/

11 AOK-Bundesverband; URL: http://www.aok-bv.de/AOK-Portal, URL: http://www.aok.de 12 IKK-Bundesverband, URL: http://www.ikk.de/

13 Arztsuchservice der Stiftung Gesundheit (www.stiftung-gesundheit.de), URL: http://www.arzt-auskunft.de/

14 URL: http://www.patientenleitlinien.de/

15 URL: http://www.kbv.de/amfo/

16 URL: http://www.bfarm.de/

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10 III/Herbst 2007

17 URL: http://www.unabhaengige-patientenberatung.de/

18 URL: http://www.azq.de/

19 URL: http://www.bqs-online.de/

20 GGD Nederland, URL: http://www.ggd.nl/

21 URL: http://www.medicinfo.nl/

Um auch den Bedarf von Patienten ohne Internetzugang nach leicht verständlicher und leicht zugänglicher Information zu decken, betreiben manche Krankenkassen Callcenter, in denen Navigationsinformation, aber auch genauere Erläuterungen zu Diagnose und Therapie- möglichkeiten angeboten werden. Die Unabhängige Patientenberatung17betreibt zudem seit Jänner 2007 Walk-in-Zentren.

Mit dem Förderschwerpunkt des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung

„Der Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess“ unternimmt Deutschland den Versuch, im Bereich der Konsumentenunterstützung an die internationale Spitze aufzuschließen. Für unterschiedliche Erkrankungen wurden medizinische Entscheidungs- hilfen entwickelt, aber auch die Aufklärung über Patientenrechte nimmt einen wachsenden Stellenwert ein. Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (AZQ)18hat Patientenleit- linien und Schulungsprogramme entwickelt und mit dem Internetauftritt http://www.patienten- information.de/ eine Einrichtung geschaffen, in der Gesundheitsinformationen hinsichtlich ihrer Qualität und Unabhängigkeit gemeinsam von Patienten und Experten überprüft werden.

Hier können Patienten Checklisten abrufen, so zum Beispiel jene mit dem Inhalt „Woran erkennt man eine gute Arztpraxis?“. Die Ziele der dargestellten Checkliste richten sich darauf, Patienten über Qualitätskriterien zu informieren und somit Patienten bei der Wahl eines guten Arztes zu helfen. Die Qualitätskriterien sollen darüber Auskunft geben, welche Richtlinien für Ärzte und Praxen gelten und somit auch eingefordert werden können.

Außerdem hat das AZQ das Patientenforum gegründet, welches sich als Zusammenschluss verschiedener Organisationen versteht, die entweder Interessen von Patienten oder von Leis- tungserbringern und Versicherern vertreten. Es dient als Plattform für einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch zwischen Ärzteschaft und Patienten. Patienteninformation soll gemein- sam bewertet werden, vor allem aber sollen Patienten und interessierte Laien für Qualitäts- aspekte medizinischer Informationen im Internet sensibilisiert werden. Durch Patientenselbst- hilfe soll eine stärkere Einbeziehung von Patientenvertretern in Entscheidungsprozesse des Gesundheitswesens sowie eine Verbesserung der Arzt-Patienten-Kooperation gelingen. Das Patientenforum ist u. a. in die Entwicklung der Patientenleitlinien eingebunden.

Konsumentenvertretung findet im deutschen Gesundheitswesen unter anderem mittels gesetzlich verpflichtendem Qualitätsmanagement für Krankenhäuser seine Berücksichti- gung. Diese müssen einen Qualitätsbericht erstellen und der Bundesgeschäftsstelle Quali- tätssicherung (BQS)19Daten für ein nicht der Öffentlichkeit zugedachtes Benchmarking zur kontinuierlichen Verbesserung der Qualität zukommen lassen.

Niederlande

Die Niederlande stehen in der Tradition umfangreicher Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung, indem schon im gesetzlichen Rahmen sichergestellt wird, dass die Position des Patienten und Konsumenten im Gesundheitssystem und dessen Einfluss auf Entscheidungen gestärkt werden.

Konsumenteninformationwird den niederländischen Bürgern und Patienten auf vielfältige Weise zur Verfügung gestellt. Von den Gemeinden werden regionale Informationszentren (Gemeentelijke en Gewestelijke Gezondheisdiensten GGDs)20betrieben, durch die, abhängig von der jeweiligen Region, über vielfältige Kommunikationswege – Internet, Telefon, Broschüren, Walk-in-Zentren – Struktur-, Navigations- und Gesundheitsinformationen weiter- gegeben werden. Private Versicherungen publizieren Zeitschriften und informieren auf ihren Homepages. Manche Versicherungen bieten ihren Kunden auch kostenlos die Leistungen unabhängiger Internetportale, wie zum Beispiel von Medicinfo, an.

Medicinfo21bietet auf einem gut strukturierten Internetportal allgemein zugängliche Informa-

Niederlande

(11)

tionen zu Krankheiten, Behandlungsmöglichkeiten, Medikamenten und allgemeinen Gesund- heitsthemen. Zusätzlich gibt es interaktive Tools, wie kurze Fragebögen zu bestimmten Beschwerden, durch deren Auswertung abgeschätzt werden kann, ob ein Arztbesuch not- wendig ist oder ob mit Hilfe von gegebenen Tipps die Beschwerden auch zu Hause behan- delt werden können, oder einen SymptomenScan, der ebenfalls mit Hilfe eines Fragebogens mögliche Ursachen eines Symptoms eruiert. Für Abonnenten, oder eben für Versicherte bei bestimmten Unternehmen, gibt es auch das Service einer virtuellen Sprechstunde, durch das über ein Online-Formular Fragen an verschiedene Fachärzte gestellt werden können. Die ein- flussreiche Niederländische Patienten- und Konsumentenföderation (NPCF)22bietet vielfältige Information zu Patientenrechten und Beschwerdemöglichkeiten, es werden aber auch ver- mehrt Informationen zur richtigen Behandlung, wie zum Beispiel im MedijcinenKompas, zur Verfügung gestellt.

Neben den sachlichen Arzneimittelinformationen auf dem Internetportal der Niederländi- schen Arzneimittelagentur CBG23präsentiert die Königliche Niederländische Gesellschaft zur Förderung der Pharmazie auf ihrem Internetportal24 patientenorientierte Informationen zu Arzneimitteln. Qualitätsinformation wird für den Krankenhausbereich in der Datenbank Kwaliteit25zur Verfügung gestellt. Für den niedergelassenen Bereich existiert das BIG-Regis- ter26, ein Verzeichnis über das gesamte Gesundheitspersonal, in dem Qualifikation und Re- zertifizierung kontrolliert werden können.

Die Konsumentenunterstützung ist im niederländischen Gesundheitssystem auf unter- schiedliche Art und Weise ausgestaltet. Um zu gewährleisten, dass der Patient einer Behand- lung, wie im Gesetz vorgeschrieben, vollinformiert zustimmen kann, steht nicht niederlän- dischsprachigen Patienten für Arztbesuche ein kostenloses Dolmetschservice zur Verfügung.

Die NPCF bemüht sich durch ein umfangreiches Angebot an Empowermentmaterialien (Checklisten, Tipps für den Arztbesuch), den Patienten im System zu unterstützen. Das Beschwerdesystem ist gesetzlich geregelt, 27 regionale Informationsstellen (Informatie-en Klachtenbureau Gezondheidszorg IKG)27 unterstützen Patienten bei der Formulierung ihrer Beschwerde und begleiten sie bis zu einer zufriedenstellenden Lösung.

Die Konsumentenbeteiligung ist im Gesundheitssystem der Niederlande stark ausgeprägt.

Vom Gesetz her müssen alle Institutionen im Gesundheitswesen Patientenräte einrichten. Die NPCF formuliert die Konsumenteninteressen gegenüber den Gestaltern im Gesundheits- system, in mehrjährigem Abstand findet auch ein nationaler Patientenkongress statt. Außer- dem erstellt sie aus den Informationen der Mitgliedsorganisationen regelmäßig Broschüren für die Leistungserbringer unter dem Titel „Die Qualität der Gesundheit aus Patientensicht“.

Die Meinung der Bürger zum Gesundheitssystem wird regelmäßig im Consumentenpanel28 erhoben. Die gesammelten Informationen der IKGs zu den häufigsten Beschwerden werden ebenfalls weitergegeben und verarbeitet.

Konsumentenvertretungfindet in den Niederlanden unter anderem über ein umfassendes Qualitätssicherungssystem statt. Krankenhäuser müssen, wie schon erwähnt, Qualitätsdaten veröffentlichen, darüber hinaus unterziehen sich viele Krankenhäuser einem Zertifizierungs- prozess. Das am weitesten verbreitete System wird von NIAZ29 angeboten. Wie auch die gegenseitigen Visitationen und Qualitätszirkel im niedergelassenen Bereich erfolgen diese Zertifizierungen zwar freiwillig, die starke öffentliche Wahrnehmung erzeugt aber einen gewis- sen Druck, sich einer Visitation oder Akkreditierung zu unterziehen.

Die Medikamentensicherheit wird durch die zwei Institute CBG (prüft die Erstzulassung auf dem niederländischen Markt) und LAREB30(sammelt Daten zu schon auf dem Markt befind- lichen Medikamenten) gewährleistet.

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22 Nederlandse Patienten Consumenten Federatie, URL: http://www.npcf.nl/

23 College ter Beoordeling van Geneesmiddelen. URL: http://www.cbg-meb.nl/

24 URL: http://www.apotheek.nl/

25 Databank kwaliteit. URL: http://www.ziekenhuizentransparant.nl/

26 URL: http://www.bigregister.nl/

27 Plattform zur Suche nach einzelnen IKGs. URL: http://www.klachtenopvangzorg.nl/

28 URL: http://www.nivel.nl/consumentenpanel/

29 Nederlands Instituut voor Accreditatie van Ziekenhuizen. URL: http://www.niaz.nl/

30 Nederlands Bijwekingen Centrum. http://www.lareb.nl/

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Vereinigtes Königreich

In Großbritannien wird die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung durch das National Health Service (NHS)31, ein großteils steuerfinanziertes System, das jedem Einwohner Groß- britanniens offensteht, gewährleistet. Qualitätsprobleme der Vergangenheit haben unter anderem zu groß angelegten Reformen geführt, die das System grundlegend modernisieren sollen. Das einst sehr paternalistische NHS will sich zunehmend zu einem patientenorientier- ten Gesundheitsservice entwickeln, der Patient soll an seiner Behandlung aktiv teilnehmen und über mehr Wahlfreiheit verfügen.

Die Plattform NHS Direct32steht im Zentrum dieser Ausrichtung und ist ein europäisches Paradebeispiel für Konsumenteninformation.Die Serviceeinrichtung umfasst drei Schwer- punkte: 24-Stunden-Telefonservice, interaktives TV-Angebot, Internetportal.

Über das Telefonservice werden von Krankenpflegekräften Handlungsanweisungen im Krankheitsfall, Auskünfte bei spezifischen Gesundheitszuständen und Informationen über lokale Gesundheitsdienstleister zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, den Patienten zu unterstüt- zen und zu beraten, so dass leichte Beschwerden zu Hause behandelt werden können. In ernsteren Fällen wird ein Arzt- oder Krankenhausbesuch empfohlen, in sehr schweren direkt mit der Rettung/dem Notarzt verbunden. Bei den Anrufen wird auch eine Datenbank zu der anrufenden Person, die zu Beginn des Telefonats dazu aufgefordert wird, persönliche Anga- ben und den Namen des Hausarztes bekanntzugeben, angelegt, so dass bei einem späteren Anruf auf die persönliche Krankengeschichte eingegangen werden kann.

Das NHS Direct Interactice digital TV33bietet ein interaktives Informationsservice über das Fernsehen, die Beiträge können aber auch online abgerufen werden. Dabei werden verschie- denste Gesundheitsthemen (Ernährung, Rauchen, sexuelle Gesundheit etc.) behandelt, Infor- mationen werden durch Tipps, wie etwa Rezeptvorschläge, und interaktive Quiz ergänzt.

Über die NHS-Direct-Online-Plattform34wird der Bevölkerung ebenfalls umfangreiche Infor- mation zu Gesundheitsthemen angeboten. Sie enthält unter anderem die folgenden Ange- bote: ein Gesundheitslexikon, ein Verzeichnis häufig gestellter Fragen, einen Selbsthilfe- leitfaden, der es ermöglichen soll zu entscheiden, ob Krankheitssymptome zu Hause bewäl- tigt werden können, eine Suchfunktion, um den passenden Gesundheitsdienstleister zu finden und die Möglichkeit, online Fragen zu stellen.

Zusätzlich zu diesen interaktiven Angeboten gibt es – meist täglich geöffnete – Walk-in-Zen- tren, in denen Beratung und, bei leichten Erkrankungen, Behandlung durch Krankenpflege- kräfte angeboten wird.

Auf der Seite des NHS35 wird ein Internet-Navigationsdienst angeboten, mit dessen Hilfe Patienten Leistungsanbieter nach verschiedenen Aspekten suchen können. Zusätzlich zu Strukturinformationen wird auch Qualitätsinformation geboten, so werden die für die ausge- wählte Institution erfolgte Bewertung der Healthcare-Commission, die gesetzliche Überprü- fungsinstanz für das NHS, und Patientenbewertungen veröffentlicht.

Ein besonderes Tool für Sprachminderheiten und Personen mit Sehbehinderung bietet die Seite SoundsHealthy36, über die man sich Informationen in verschiedenen Sprachen vorlesen lassen kann.

Auch im Bereich der Konsumentenunterstützung ist Großbritannien nicht untätig. Neben den Hilfe-zur-Selbsthilfe-Anleitungen durch das NHS Direct und die Walk-in-Zentren ist ein umfangreicher persönlicher Gesundheitsmanager, der „HealthSpace“37, im Entstehen. Bisher ist nur die Anwendung „Choose and Book“38implementiert, über die Patienten, nach Abstim- mung mit dem Hausarzt, eine Auswahl an Krankenhäusern treffen oder Termine mit Fach-

12 III/Herbst 2007

31 URL: http://www.nhs.uk/

32 URL: http://www.nhsdirect.nhs.uk/

33 URL: http://www.nhsdirect.tv/

34 URL: http://www.nhsdirect.nhs.uk/

35 URL: http://www.nhs.uk/

36 URL: http://www.soundshealthy.nhs.uk/

37 URL: https://www.healthspace.nhs.uk/

38 URL: http://www.chooseandbook.nhs.uk/

Vereinigtes Königreich

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ärzten vereinbaren können. In Zukunft soll auch die elektronische Gesundheitsakte voll ein- fließen, und persönliche Präferenzen für den Krankheitsfall sollen angegeben werden können.

Bei schwierigen Behandlungsentscheidungen führen Patient Care Advisers Beratungs- gespräche mit dem Patienten und Angehörigen und machen auf Behandlungsoptionen auf- merksam. Hervorzuheben ist auch das Expert Patients Programme39, eine Empowerment- Initiative für Patienten mit chronischen Krankheiten, das Kurse zur Verfügung stellt, in denen Strategien für das Leben mit der Krankheit und notwendige Selbstmanagementfertigkeiten vermittelt werden.

Die Konsumentenbeteiligungim britischen System erfolgt über die Commission for Patient and Public Involvement in Health40 (CPPIH), deren Aufgabe es ist, der Öffentlichkeit die Mög- lichkeit zu geben, sich an Entscheidungsprozessen im Bereich Gesundheit zu beteiligen.

Dazu gibt es mehr als 400 Patient and Public Involvement Forums (PPI). Informationen der einzelnen PPIs werden vom CPPIH gesammelt und die erarbeiteten Berichte an die Regie- rung weitergegeben.

Im Rahmen der Konsumentenvertretung hat Großbritannien unter anderem die National Patient Safety Agency (NPSA)41geschaffen. Diese Gesundheitsbehörde koordiniert alle Betei- ligten im Gesundheitsbereich, fungiert als Anlaufstelle für Problembereiche und Vorfälle und erhöht somit die Patientensicherheit. Die Healthcare Commission42führt umfangreiche Quali- tätsprüfungen aller Gesundheitsdienstleister durch und veröffentlicht entsprechende Infor- mationen.

USA

In den USA findet sich eine gänzlich andere Haltung zum Gesundheitsmarkt, medizinische Leistungen gelten als Dienstleistungen wie alle anderen auch. Daher wird auch der Konsu- mentenschutz im Gesundheitsbereich wie der in anderen Wirtschaftsbereichen betrachtet.

Daher spielen zum einen Fragen der Wettbewerbspolitik eine wichtige konsumentenschütze- rische Rolle. Dies drückt die zentrale Bedeutung der Federal Trade Commission43aus, deren Bureau of Competition aktiv die Einhaltung von Wettbewerbsregeln, zum Beispiel bei Fusio- nen von Krankenhäusern oder bei Fragen der Preisfindung im Gesundheitsbereich, über- wacht. Zweitens kommt vor allem der Verminderung von Informationsasymmetrien zwischen Anbieter und Konsument eine wichtige Rolle zu, wobei die Übergänge zwischen reiner Kon- sumenteninformation und Patientenempowerment oft fließend sind.

Mit MedlinePlus44stellen die öffentlich-rechtlichen National Institutes of Health ein hochinte- griertes Informationsportal zur Verfügung, das sich auch multimedialer Elemente bedient und Gesundheits- wie Navigationsinformation in vielfältiger Weise zugänglich macht.

Da in den USA wesentlich mehr Medikamente nicht verschreibungspflichtig sind und diese auch in Supermärkten angeboten werden dürfen, kommt der Arzneimittelinformation und Gebrauchshinweisen besondere Bedeutung zu. Diese Informationen zu OTC-Medikamenten werden vor allem von der Food and Drug Administration45(FDA; Regulierungsbehörde für den Medizin- und Tierarzneimittelbereich) und dem National Council on Patient Information and Education46(NCPIE; nicht gewinnorientierte Organisation, die das Ziel verfolgt, den Patienten so weit zu fördern und zu informieren, dass er selbst an der Behandlungsentscheidung teil- haben kann) zur Verfügung gestellt. Die Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ)47 hat einen ihrer Aktivitätsschwerpunkte in der Patienteninformation und dem Vermitteln ihrer Qualitätssicherungsmaßnahmen. Zur Erreichung dieses Zieles bedient sie sich diverser

III/Herbst 2007 13

39 URL: http://www.expertpatients.co.uk/

40 URL: http://www.cppih.org/

41 URL: http://npsa.nhs.uk/

42 URL: http://www.healthcarecommission.org.uk/

43 URL: http://www.ftc.gov/

44 URL: http://medlineplus.gov/

45 URL: http://www.fda.gov/

46 URL: http://www.talkaboutrx.org/

47 URL: http://www.ahrq.gov/

USA

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Medien und Informationskanäle wie etwa Broschüren, TV-Spots oder Internetportalen. Die AHRQ leitet ein eigenes Forschungsnetzwerk mit dem Schwerpunkt der Vermittlung medizi- nisch-klinischer Erkenntnisse.

Aber nicht nur staatliche oder Non-Profit-Organisationen stellen Informationen zur Verfügung.

Auch private, gewinnorientierte Unternehmen werden in jenen Bereichen, in denen sich das Gewinninteresse mit der Schutzwürdigkeit deckt, konsumentenschützerisch aktiv. So kann durch Information die nicht notwendige Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen ver- ringert und die Posititon des Versicherungskunden gegenüber dem Leistungserbringer gesteigert werden. Auch zu Marketingzwecken – wie zum Beispiel im Bereich von Qualitäts- informationen – werden diese Unternehmen konsumentenschützerisch aktiv. Ein Beispiel dafür ist das Informationsangebot der United Health Group48.

Conclusio

International finden sich bemerkenswerte Aktivitäten in den einzelnen Bereichen des Konsu- mentenschutzes. Es fällt dabei auf, dass die Tradition des Landes ganz wesentlich die Aus- formung prägt. Während Deutschland durch den Kassenwettbewerb eine zunehmende Kon- sumentenorientierung aufweist und verstärkt auf Information und Shared-Decision-Making setzt, haben die Niederlande schon von vornherein eine stark verankerte Konsumentenbe- teiligung vorzuweisen. Das Vereinigte Königreich und Dänemark stellen zwei verschiedene Vertreter der steuerfinanzierten Gesundheitsservices dar. Im Vereinigten Königreich führen die Finanzierungs-, Effizienz- und Qualitätsprobleme der Vergangenheit zu massiven Umwälzun- gen, welche eine starke Ausrichtung auf den Patienten als Konsumenten enthalten und seine Beteiligung massiv fördern. Dänemark kann mit relativ hoher Zufriedenheit der Bürger mit dem Gesundheitswesen einen paternalistischeren Kurs fahren, aber auch hier ist erkennbar, dass die Einzelentscheidung durch umfangreiche Information und hohen Servicegrad geför- dert wird. Die USA mit einem viel marktorientierteren Gesundheitswesen zeigen, wie Infor- mation aufbereitet und an den Mann gebracht werden kann. Die privaten Versicherer sehen sich ebenfalls dem Problem des moral hazard gegenüber und versuchen, dieser auch durch vermehrte Information zu verringern.

Für Österreich lässt sich insbesondere erkennen, dass bei hoher Wahlfreiheit des Patienten das Informationsangebot vergleichsweise gering ist. Dasselbe gilt vor allem auch für die Bereiche der Konsumentenunterstützung und -beteiligung. Aus ökonomischer Sicht könnte hier durch verstärkte Aktivitäten eine Pareto-Verbesserung realisiert werden.

14 III/Herbst 2007

48 URL: http://www.unitedhealthgroup.com/

Conclusio

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Konsumenten- beteiligung

Schriftliche Patientenbefragung im Zwei-Jahres-Rhythmuns, Ergebnisse sind Anknüpfungs- punkte für Qualitätsverbesse- rungsmaßnahmen

anonyme Datenbank zur Zufrie- denheit der Patienten wird erstellt

Zusammenschluss von Ärzte-, Versicherungs- und Patienten- organisationen

Konsumenten- vertretung

Datenbank zur Erfassung von Behandlungszwischenfällen

verpflichtendes Qualitäts- mnagement in Krankenhäusern- Qualitätsbericht an das BQS, Benchmarking für zukünfigte Qualitätsverbesserungen

URL

http://www.sundhed.dk

http://www.pkn.dk http://patientforsikringen.dk http://www.dkma.dk http://www.patientsikkerhed.dk

http://www.patientoplevelser.dk

http://dpsd.dk

http://www.aok-bv.de/

http://www.aok.de/

http://www.ikk.de/

http://www.arzt-auskunft.de/

http://www.unabhaengige- patientenberatung.de/

http://www.kbv.de/amfo http://www.bfarm.de/

http://www.patientenleitlinien.de/

http://www.azq.de/

http://www.patienten- Information.de/

http://www.bmg.bund.de/

http://www.bqs-online.de/

http://www.ggd.nl/

http://www.medicinfo.nl/

III/Herbst 2007 15

Konsumenten- information

Onlineplattform mit Gesundheits- und Navigationsmöglichkeiten, Kommunikationsmöglichkeiten und E-Health-Services

Einrichtungen/Ansprechpersonen zur Hilfe bei der Suche nach einem Krankenhaus bzw. fungieren im Krankenhaus als zentrale Ansprechstelle

Arzneimittelinformation

Broschüren, Ratgeber Onlineportale Call Center Ärztesuche Walk-in Zentren Arzneimittelinformation Arzneimittelinformation

regionale Informationszentren Strukturinformation, Gesundheits- information, Broschüren Onlineplattform

Konsumenten- unterstützung

Anlaufstelle und Mediator bei Servicebeschwerden, Berater und Vermittler bei Fachbeschwerden Anlaufstelle bei Fachbeschwerde Anlaufstelle bei der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen

Verfassung eines Patientenhand- buchs zum Patientenempowerment

Checklisten

Coaching-Programme auf dem AOK-Portal

Patientenleitlinien erstellt von der Universität Witten/Herdicke Patientenleitlinien Schulungsprogramme patienten-Information.de:

Überprüfung der Gesundheits- information hinsichtlich Qualität und Unabhängigkeit Förderschwerpunkt „Der Patient als Partner im medizinischen Ent- scheidungsprozess“ (medizinische Entscheidungshilfen, Aufklärung über Patientenrechte)

SymptomenScan, Selbsthilfeleitfäden, Online-Sprechstunde Dänemark

sundhed.dk

Patientvejleder (Patientenwegweiser)

Patientklagenaevn

(Patientenbeschwerdekommission) Patientforsikring

Laegemiddel Styrelsen (Dänsiche Arzneimittelagentur)

Dansk Selskab for Patientsikkerhed (Dänische Gesellschaft für Patientensicherheit) Enheden for Brugerundersøgelser (Institut für Verbraucherforsuchung)

Dansk Patient-Sikkerheds- Database (Dänsiche Patienten- sicherheitsdatenbank) Deutschland Gesetzliche Krankenkassen (AOK, IKK etc.) Stiftung Gesundheit Unabhängige Patientenberatung Arzneimittel im Fokus Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Patientenleitlinien.de Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (AZQ)

Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung

Patientenforum

Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung

Niederlande GGD

Medicinfo

Abbildung

Abbildung 1b: Sozialversicherung als Konsumentenschützer
Abbildung 2: Felder des Konsumentenschutzes
Abbildung 3: Übersicht über die Modelle Analytical stages Paternalistic

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