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Durch die Bibel. Nehemia 1,1-6. Einführung in das Buch Nehemia

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Durch die Bibel Nehemia 1,1-6

Einführung in das Buch Nehemia

Die alttestamentlichen Bücher Esra und Nehemia sind eng miteinander verwoben und bilden inhaltlich gesehen eine Einheit. In der hebräischen Überlieferung waren sie zusammen in einer Schriftrolle zu finden. Während sich das Buch Esra schwerpunktmäßig mit dem Wiederaufbau des Tempels nach der Rückkehr der Juden aus der Babylonischen Gefangenschaft beschäftigt, geht es im Buch Nehemia um die Stadt Jerusalem beziehungsweise um den Wiederaufbau der Stadtmauer als ersten Schritt.

Bei der Frage nach dem Verfasser des Nehemiabuches darf man sich von den beiden allerersten Versen nicht in die Irre führen lassen. Vers 1 beginnt mit den Worten: „Dies ist die Geschichte Nehemias …“ Und dann geht es in Vers 2 in der Ich-Form weiter: „Ich fragte einige Männer, wie es den Juden ginge.“ Man bekommt also für einen Augenblick den Eindruck, dass Nehemia der Verfasser des Nehemiabuches sei.

Doch auch Esra kommt dafür in Frage. Dann nämlich, wenn man davon ausgeht, dass er zum Beispiel Tagebucheinträge Nehemias verwendet und sie in seinen Bericht einfügt. Wenn Sie sich an das Buch Esra zurückerinnern, da war das offensichtlich auch schon der Fall gewesen. Da gab es Passagen, die in der Ich-Form verfasst waren. Der Inhalt von Briefen und königlichen Dekreten wurde zitiert. Auszüge aus Registern wurden wiedergegeben, zum Beispiel zwei Verzeichnisse mit den Menschen, die nach

Jerusalem zurückgekehrt sind, und eine Liste mit den Namen der Männer, die sich von ihren

andersgläubigen Frauen trennen sollten. Aus meiner Sicht spricht deshalb einiges dafür, dass die Bücher Esra und Nehemia von ein und demselben Verfasser geschrieben wurden, und wahrscheinlich ist dieser Verfasser der Priester und Schriftgelehrte Esra.

Wie gerade schon erwähnt, lag der inhaltliche Schwerpunkt des Esrabuches auf dem Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels. Ferner ging es um die religiösen, die geistlichen Aspekte nach der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil. Dazu passt eben auch, dass die Hauptperson, nämlich Esra, ein Priester war.

Das Buch Nehemia ist in gewisser Weise das Gegenstück zum Buch Esra, denn hier geht es

schwerpunktmäßig um den Wiederaufbau der Stadtmauer von Jerusalem. Um die politischen Aspekte nach der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil. Und Nehemia als Hauptperson hat offenbar keine religiöse Ausbildung genossen, sondern war ein sogenannter Laie.

Wenn ich an Nehemia denke, stelle ich mir einen Unternehmertyp vor, der einerseits Wert legt auf angemessene Kleidung, der aber andererseits auch mal die Ärmel hochkrempelt, wenn Not an Mann ist.

Sein Büro hat er am persischen Königshof. Von dort aus pflegt er wichtige Kontakte, unter anderem zu König Artahsasta höchstselbst. Aber sein Herz schlägt vor allem für Gottes Volk. Und dafür, was Gott mit den heimgekehrten Juden in Jerusalem noch vorhat. Was mir am Buch Nehemia sehr gut gefällt, ist die persönliche Note, die immer wieder zum Tragen kommt. Nehemias Charakter und sein persönlicher Glaube treten relativ stark in den Vordergrund. Und genau deshalb mag ich dieses alttestamentliche

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Buch so sehr und schlage es häufiger auf als viele andere Bücher des Alten Testaments.

Das Nehemiabuch ist übrigens das letzte der Geschichtsbücher des Alten Testaments. Allenfalls das nachfolgende Buch Ester könnte man noch dazuzählen. Was den geschichtlichen Zeitablauf betrifft, so erreichen wir hiermit auf jeden Fall das Ende der alttestamentlichen Berichterstattung. Die Babylonische Gefangenschaft dauerte siebzig Jahre, danach kehrten rund 50.000 Juden nach Juda und Jerusalem zurück. Schätzungsweise fünfundsiebzig Jahre später machte sich Esra mit weiteren zweitausend Personen auf den Weg in die alte Heimat. Danach dauert es noch einmal rund fünfzehn Jahre, bis Nehemia nach Jerusalem kommt. Während es an der Reihenfolge dieser Ereignisse keine Zweifel gibt, ist die exakte zeitliche Einordnung etwas schwieriger. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie in der

Kommentarspalte Ihrer Bibel oder in einem Nachschlagewerk andere Zeitangaben finden. Wichtig ist mir, die ungefähren zeitlichen Dimensionen aufzuzeigen. Schließlich wird das auch eine Rolle spielen, wenn ich auf die siebzig Jahrwochen zu sprechen komme. Sie erinnern sich: Diese Jahrwochen habe ich neulich schon mal erwähnt. Dabei handelt es sich um eine Vision des Propheten Daniel. Nach Ablauf der siebzig Jahrwochen, so die Prophezeiung, wird „dem Frevel ein Ende gemacht und die Sünde abgetan und die Schuld gesühnt, und es wird ewige Gerechtigkeit gebracht“ (Dan 9,24). Diese Prophezeiung wird von Christen als Ankündigung gedeutet, dass Gott seinen Sohn Jesus Christus auf diese Erde schicken wird. Und die Verbindung zum Buch Nehemia besteht darin, dass hier sozusagen das Startsignal für die siebzig Jahrwochen gegeben wird. Denn der Prophet Daniel bezieht sich genau auf den Zeitpunkt, als der Befehl erteilt wird, die Stadt Jerusalem wieder aufzubauen (vgl. Dan 9,25).

Zwei Bibelverse aus dem Buch Nehemia möchte ich noch gern vorweg zitieren, weil sie uns einen Eindruck vom Charakter der Hauptperson geben. In Kapitel 1, Vers 4, berichtet Nehemia: „Als ich aber diese Worte hörte, setzte ich mich nieder und weinte und trug Leid tagelang und fastete und betete vor dem Gott des Himmels.“ Und aus Kapitel 6 der dritte Vers: „Ich aber sandte Boten zu ihnen und ließ ihnen sagen: Ich hab ein großes Werk auszurichten, ich kann nicht hinabkommen; es könnte das Werk liegen bleiben, wenn ich die Hand abtäte und zu euch hinabkäme.“ In dem zuerst zitierten Vers

begegnet uns Nehemia als ein geistlich sehr sensibler Mann, der sich ganz auf Gott einlässt. Und in dem anderen Vers als der Macher, der am liebsten immer direkt vor Ort ist, damit die Arbeit vorankommt.

Im ersten Kapitel des Nehemiabuches geht es im Kern darum, dass viele der nach Juda und Jerusalem zurückgekehrten Juden sich nicht so verhalten, wie man es von ihnen erwarten könnte. Und daraus ergibt sich eine ziemlich deprimierende Situation. Die Babylonische Gefangenschaft war für alle betroffenen Juden eine bittere Erfahrung gewesen. Gott hatte sie damit für ihre Abgötterei bestraft, aber wohl auch für ihre Geldgier oder ihre übertriebene „Geschäftstüchtigkeit“. Denn entgegen Gottes Weisung hatten sie ihre Äcker fortwährend bewirtschaftet, anstatt sie alle sieben Jahre brach liegen zu lassen, damit der Boden sich regenerieren kann. Als die Babylonische Gefangenschaft vorbei war, machten sich einige Zehntausend nach Juda und Jerusalem auf – mit guten Vorsätzen und großen Plänen in der Tasche. Doch bald wurde die Abgötterei schon wieder zu einer konkreten Gefahr, weil einige zu enge Kontakte zu den Nachbarvölkern knüpften. Auch mit dem Wiederaufbau Jerusalems wollte es nicht so recht vorangehen. Selbst Jahrzehnte nach der Einweihung des neuen Tempels hatte sich in dieser Hinsicht noch nicht viel getan. Und was die politischen Verhältnisse betrifft: Wirklich frei

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war das jüdische Volk auch jetzt nicht. Der persische König hatte das Sagen. Er war es auch gewesen, der den Priester Esra dazu auffordert hatte, unter den Heimgekehrten eine Art Gemeinwesen zu etablieren – mit Richtern, Rechtspflegern und Gesetzeslehrern (vgl. Esr 7,25). Nach den Persern kamen andere Machthaber. Und im Neuen Testament schließlich begegnen uns an jeder Straßenecke römische Soldaten und die Landesteile Judäa und Galiläa sind römische Provinzen.

Zur Zeit Nehemias war die Stimmung unter den heimgekehrten Juden wahrscheinlich nicht die beste.

Eben weil sich bestimmte Hoffnungen, die man mit der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil verknüpft hatte, nicht erfüllten. Gut, dass mit Nehemia ein Mann auf der Bildfläche erschien, der den

Wiederaufbau Jerusalems mit Entschiedenheit vorantrieb. Aus meiner Sicht war er dafür weit besser geeignet als der Priester und Schriftgelehrte Esra. Ich betone das hier ausdrücklich, obwohl ich sonst diese klassische Unterscheidung zwischen „Priestern“ und „Laien“ überhaupt nicht mag. Ich weiß noch, wie ich als junger Pastor zum ersten Mal eine sehr traditionelle Amtstracht trug. Ein Freund von mir konnte sich das Lachen kaum verkneifen und sagte mir doch tatsächlich nach dem Gottesdienst: „Du hast auf der weiß getünchten Kanzel ausgesehen wie ein Maultier, das über einen weißen Zaun guckt.“

Von diesem Tag an habe ich, wann immer es irgendwie möglich war, einen ganz normalen Anzug im Gottesdienst getragen.

Aber auch sonst lege ich keinen gesteigerten Wert darauf, dass man zwischen mir als dem „Herrn Pastor“ und anderen „normalen“ Gemeindegliedern einen Unterschied macht. Als ich mal von ein paar Freunden zu einer Runde Golf eingeladen wurde, traf ich dort auf einen Mann, den ich nur flüchtig kannte. Gleich kam er auf mich zu, schüttelte mir die Hand und sagte dann: „Na, wenn der Herr Pastor anwesend ist, werde ich mich mit gewissen Kraftausdrücken wohl zurückhalten müssen.“ – „Brauchen Sie nicht“, gab ich ihm zur Antwort. „Ich werde das schon verkraften. Aber wenn Sie vorhaben zu fluchen, dann will ich Ihnen mal was sagen: Gott hört Sie, egal ob ich dabei bin oder nicht.“ Soviel also zur traditionellen Unterscheidung zwischen Priestern oder Geistlichen auf der einen Seite und

sogenannten Laien auf der anderen Seite.

Dass Laien manchmal sehr geistliche Dinge tun, wird gelegentlich übersehen. Ein Laie war es, und dazu werden wir gleich noch kommen, der für den Wiederaufbau der Jerusalemer Stadtmauer sorgte. Aber es war auch ein Laie, der knapp fünfhundert Jahre später Geldwechsler und Händler aus dem Tempel vertrieben hat. Ja, ich meine damit den Zimmermannssohn Jesus von Nazareth. Und ich muss Ihnen sagen, ich freue mich immer wieder darüber, wenn junge Frauen und Männer ganz gewöhnliche

„weltliche“ Berufe ergreifen und dann im Rahmen ihrer Tätigkeit treue Zeugen für Jesus Christus sind.

Manche von ihnen bewirken damit mehr als diejenigen, die jahrelang Theologie studieren und dann sonntags auf der Kanzel stehen. Da ich selbst einer aus dieser zweiten Gruppe bin, darf ich das hoffentlich einfach mal so sagen.

Zurück zu Nehemia. Was ich bisher noch gar nicht erwähnt habe: Nehemia gehörte zu den Leidtragenden der Babylonischen Gefangenschaft. Doch er hatte sich das Vertrauen von König Artahsasta erworben und diente ihm als Mundschenk. Er musste also darauf achten, dass dem König keine vergifteten Speisen und Getränke aufgetafelt wurden. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die

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vermuten lässt, dass König Artahsasta ihn als seinen Vertrauten betrachtete. Für Nehemia hätte es sich bestimmt gelohnt, für immer in Persien zu bleiben. Aber damit hätte er sich dem entzogen, was Gott mit ihm in Jerusalem vorhatte. Wahrscheinlich hätten wir niemals etwas über ihn erfahren. Und das wäre wirklich schade gewesen. Denn Nehemia war ein Mann, der einerseits ganz aufmerksam bestimmte Dinge wahrnahm und dafür betete. Der aber auch Dinge wahrnahm und sie anpackte. Eine gute

Kombination! Eben typisch Nehemia. – Hier nun die beiden ersten Verse aus Kapitel 1. Dort ist zu lesen:

NEHEMIAS TRAUER ÜBER DEN ZUSTAND JERUSALEMS

„Dies ist die Geschichte Nehemias, des Sohnes Hachaljas. Es geschah im Monat Kislew des zwanzigsten Jahres, als ich in der Festung Susa war, da kam Hanani, einer meiner Brüder, mit einigen Männern aus Juda. Und ich fragte sie, wie es den Juden ginge, den Entronnenen, die aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren, und wie es Jerusalem ginge“ (Neh 1,1-2).

Nehemia hält sich gerade in Susa auf, einer der Hauptstädte des persischen Reiches, als eine jüdische Delegation aus Juda bei ihm auftaucht. Sofort ist sein Interesse geweckt und er will wissen, wie es den

„Entronnenen“ geht, also denen, die nach der Babylonischen Gefangenschaft in ihre Heimat

zurückgekehrt sind. Warum er selbst diesen Schritt bisher nicht gewagt hat, bleibt offen. Aber vielleicht ist er als Mundschenk des persischen Königs ja genau der richtige Mann an der richtigen Stelle. Weil er dem König ein positives Bild von der jüdischen Bevölkerung vermitteln kann. Dass sich Nehemia trotz seiner Vertrauensstellung am Hof des Königs auch noch für die Situation in Jerusalem interessiert, sollten wir auf jeden Fall zur Kenntnis nehmen. In Vers 3 wird wiedergegeben, was die Männer aus Juda ihm erzählen:

„Und sie sprachen zu mir: Die Entronnenen, die zurückgekehrt sind aus der Gefangenschaft, sind dort im Lande in großem Unglück und in Schmach; die Mauern Jerusalems liegen zerbrochen und seine Tore sind mit Feuer verbrannt“ (Neh 1,3).

Neu ist diese Nachricht nun wirklich nicht. Schon seit den Tagen Nebukadnezars ist Jerusalem eine zerstörte Stadt. Verwunderlich ist allenfalls die Tatsache, dass sich an diesem Zustand noch nicht viel verändert hat. Angesichts dieser Tatsache wäre es für Nehemia ein Leichtes gewesen, gegenüber den Besuchern sein Bedauern auszudrücken und ihnen zu versichern: „Ich werde das auf jeden Fall in meine Gebetsliste aufnehmen. Also, macht’s gut und der Herr segne euch!“ Aber glücklicherweise kennt Nehemia solche frommen Sprüche nicht, sondern reagiert mit echter Anteilnahme. In Vers 4 berichtet er:

„Als ich aber diese Worte hörte, setzte ich mich nieder und weinte und trug Leid tagelang und fastete und betete vor dem Gott des Himmels“ (Neh 1,4).

Nehemias Reaktion ist nicht nur heftig, sondern in mehrfacher Hinsicht auch bemerkenswert.

Gleichgültig ist ihm die ganze Sache jedenfalls nicht. Und Kritik an dem zögerlichen Vorgehen der

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zurückgekehrten Juden äußert er auch nicht. Aber er ist zutiefst bekümmert. Ich wünschte mir, dass mehr Christen in unseren Gemeinden genauso reagieren würden, wenn ihnen etwas Trauriges oder Ärgerliches zu Ohren kommt. Statt zu kritisieren und mit den Fingern auf die vermeintlich Schuldigen zu zeigen – erst mal tief Luft holen! Wenn’s etwas Schwerwiegendes ist, auch mal eine Runde weinen. Und dann die ganze Angelegenheit im Gebet vor Gott ausbreiten! Esra hat übrigens ganz ähnlich reagiert wie Nehemia, als er damals die Nachricht bekam, dass sich einige Juden heidnische Frauen genommen hatten (vgl. Esr 9,3-6). Und doch sehe ich einen gewissen Unterschied zwischen den beiden Männern.

Esra war ein alter Mann, der sich möglicherweise noch daran erinnern konnte, wie er zusammen mit seiner Familie in die Babylonische Gefangenschaft geführt wurde. Die Erinnerung daran könnte ihn schier überwältigt haben, als er erfahren musste, dass die heimgekehrten Juden inzwischen wieder auf ähnliche Weise sündigten wie vor der Babylonischen Gefangenschaft. Nehemia dagegen scheint mir wesentlich jünger zu sein als Esra. Ich denke, er ist ein Mann im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte, geboren irgendwo in der Fremde während der Zeit der Babylonischen Gefangenschaft. Ihm könnte man es also gar nicht übel nehmen, wenn ihn die zerstörte Stadt Jerusalem und das Schicksal ihrer Bewohner eher kaltlassen würden.

Auf eine Formulierung in Vers 4 möchte ich Sie gern nochmals hinweisen: Nehemia betete zu dem „Gott des Himmels“, heißt es dort. Zu Anfang des Esrabuches hatte ich bereits erwähnt, dass dieser Ausdruck,

„Gott des Himmels“, nur im Esrabuch, im Nehemiabuch und im Buch des Propheten Daniel zu finden ist.

Der Grund dafür dürfte sein, dass die festen Bezugspunkte, mit denen man den Gott Israels umschreiben konnte, nicht mehr existierten. Der ursprüngliche Tempel: zerstört. Das Volk Israel: gespalten und zerstreut. Das Nordreich Israel war schon lange zuvor von den Assyrern erobert worden, das Südreich Juda wiederum fiel an die Babylonier.

Früher hatte man Gott beispielsweise als „den HERRN Zebaoth“ bezeichnet, „der über den Cherubim thront“ (vgl. 1 Sam 4,4). Und zwar weil sich auf der Bundeslade im Allerheiligsten des Tempels zwei Cherubim, zwei Engelsgestalten befanden. Jetzt, in der Zeit nach der Babylonischen Gefangenschaft, ergab eine solche Umschreibung keinen richtigen Sinn mehr. Deshalb die Formulierung: „Gott des Himmels“. Auch in Vers 5 taucht dieser Ausdruck wieder auf. Nehemia verwendet ihn als Anrede in seinem Gebet. Hören Sie nun davon den ersten Teil:

„Und [ich] sprach: Ach, HERR, Gott des Himmels, du großer und furchtbarer Gott, der da hält den Bund und die Treue denen, die ihn lieben und seine Gebote halten! Lass doch deine Ohren aufmerken und deine Augen offen sein, dass du das Gebet deines Knechtes hörst, das ich jetzt vor dir bete Tag und Nacht für die Israeliten, deine Knechte, und bekenne die Sünden der Israeliten, die wir an dir getan haben; und ich und meines Vaters Haus haben auch gesündigt“ (Neh 1,5-6).

Ähnlich wie Esra identifiziert sich auch Nehemia voll und ganz mit seinen jüdischen Glaubensgenossen.

Obwohl er fern der Heimat lebt und für den persischen König arbeitet, betet er: „Ich bekenne die Sünden der Israeliten, die wir an dir getan haben.“ Und er fügt sogar noch ausdrücklich hinzu: „Ich und meines Vaters Haus haben auch gesündigt.“ Solche Worte gehen uns heute nicht leicht über die Lippen.

Ehrlich gesagt würde ich auch nichts davon halten, eine solche Ausdrucksweise einfach zu übernehmen

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und nur noch gebetsmühlenartig von „unserer Sünde“ zu sprechen, die wir in unserer Familie, in unserer Gemeinde oder in unserem Land begangen haben. Aber das Bewusstsein, dass auch ich ein Sünder bin, der kein Quäntchen besser ist als die anderen, dieses Bewusstsein kann mir dabei helfen, mein

Verhältnis zu Gott besser einzuschätzen. Ich bin vor Gott ein Sünder. Und ich blicke auf zu dem „großen und furchtbaren Gott“, wie Nehemia es ausdrückt. Aber dennoch ist er derjenige, „der da hält den Bund und die Treue denen, die ihn lieben und seine Gebote halten!“

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