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Mindestanforderungen
an die Haltung von Turakos (Musophagidae)
zur Umsetzung von Art. 4(2)b) der EG-VO 338/97
August 2009
Erarbeitet vom Bundesamt für Naturschutz, FG Zoologischer Artenschutz, Bonn, mit Unterstützung von Herrn Bernd Marcordes
2 1. Einleitung
Turakos sind endemisch für den afrikanischen Kontinent. Es handelt sich bei der Gruppe um baumbewohnende Vögel. Lebensraum sind die Baumkronen von Wald- und Savannengebieten südlich der Sahara (FRY et al.1988).
Die Familie der Musophagidae wird insgesamt in vier Gattungen unterteilt.
Tabelle 1: Von der EG-VO 338/97 erfasste Arten der Familie Musophagidae:
Gattung: Corythaeola: Crinifer: Musophaga: Tauraco:
Art: C. cristata C. piscator M. porphyreolopha M. violacea
T. bannermanni T. corythaix T. erythrolophus T. fischeri T. hartlaubi T. leucolophus T. leucotis T. livingstonii T. macrorhynchus T. persa
T. ruspolii T.schalowi
Es handelt sich um eine recht einheitliche Vogelgruppe, deren Größe zwischen 35 und 75 cm variiert (PAGEL 1992).
Die der Lebensweise entsprechenden typischen körperlichen Anpassungen an das Baumleben sind kennzeichnend für die Familie: Im Verhältnis zur Körpergröße kurze, abgerundete Flügel; relativ lange, ebenfalls abgerundete Schwanzfedern und eine speziell an die Fortbewegung im Geäst angepasste Zehenstellung.
Das Gefieder ist häufig sehr auffällig metallisch grün und blau gefärbt, die Schwung- federn häufig leuchtend rot. Eine Besonderheit dieser Vogelfamilie sind die Farbstof- fe Turacin und Turakoverdin, die nirgends sonst im Tierreich vorkommen. C. piscator als Bewohner vorwiegend offener Lebensräume wie Baumsavannen und Steppen, zeichnet sich durch ein eher schlichtes, nicht glänzendes Federkleid in braun, weiß und schwarz aus (FRY et al.1988).
Die Vögel suchen den Boden nur selten und ungern auf. Meist legen sie fliegend nur kurze Distanzen zwischen einzelnen Baumkronen zurück. Ihre Nahrung besteht aus Früchten, Samen, Knospen, Blättern und Insekten (PAGEL 1992).
Kleine Familiengruppen bilden die natürliche Sozialstruktur. Alle Arten dieser Familie bauen, ähnlich wie Tauben, grobe, flache Zweignester. Brutpaare nisten einzeln und verteidigen ihre Brutreviere. Am Ausbrüten und Füttern der Brut sind beide Altvögel beteiligt (FRY et al.1988).
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Turakos werden in Zoologischen Gärten und von Vogelliebhabern gehalten. Am häu- figsten sind Vertreter der Gattungen Musophaga und Tauraco anzutreffen. Zuchter- folge sind je nach Art mehr oder weniger häufig (PAGEL 1992).
2. Mindestanforderung für die dauerhafte Haltung (mehr als 3 Monate) für die von der EG-VO 338/97 erfassten Arten
2.1 Raumbedarf
Dem Bewegungsbedürfnis dieser lebhaften Vögel ist im Raumangebot Rechnung zu tragen. Zur Haltung eines Turakopaares ist eine Voliere mit einer Grundfläche von mindestens 12 m2 und einer Mindesthöhe von 2 m notwendig (SCHÖTTGEN 1989).
2.2 Gehegeeinrichtung
Turakos halten sich als Baumbewohner vorwiegend in der oberen Hälfte ihrer Volie- ren auf(GÜRTLER 1999). Es ist notwendig, bei der Gehegegestaltung darauf Rück- sicht zu nehmen.
Gemäß ihrem natürlichen Lebensraum müssen Turako - Volieren den Tieren genü- gend Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten bieten. Besonders bei den waldbewoh- nenden Arten ist auf eine üppige Bepflanzung der Gehege zu achten. Um der bevor- zugten, von Ast zu Ast hüpfenden und laufenden Fortbewegung der Vögel gerecht zu werden, ist es notwendig, die Voliere zusätzlich mit zahlreichen, vor allem waage- rechten Kletter- und Laufästen auszustatten.
Zur Gefiederpflege ist eine Bademöglichkeit in Form einer flachen Badewanne oder eine regelmäßige Berieselung mit Wasser anzubieten.
Es ist darauf zu achten, dass Außengehege über Schutz vor Sonne und Witterung verfügen (BOETTICHER 1955). Nisthilfen wie Körbe oder Schalen sind in einem ruhi- gen, geschützten Bereich des Geheges anzubringen. Als Nistmaterial werden kleine Zweige und belaubte Äste angeboten.
2.3 Klimatische Bedingungen
Den Turakos muss bei der Haltung in Außenvoliren ein beheizbarer Innenraum zur Verfügung stehen, der im Winter eine Mindesttemperatur von 10°C, allenfalls kurz- fristig niedrigere Temperaturen bis 5°C, aufweist ( Pers. Mitt. B. Marcordes).
2.4 Sozialgefüge
Turakos werden in menschlicher Obhut vorzugsweise paarweise gehalten. Unter be- grenztem Platzangebot verhalten sich die Vögel während der Brutsaison nicht selten aggressiv innerhalb der Familiengruppe. Das Zusammenhalten von Familienverbän- den ist daher nur bis zu einem bestimmten Alter der Jungvögel möglich.
Aggressionen können sich auch gegen das Weibchen richten. Insbesondere wäh- rend der Brutzeit ist es notwendig, das Verhalten der Tiere regelmäßig zu beobach- tet, um eventuell eingreifen zu können.
Die Vergesellschaftung von Turakos mit anderen Vogelarten in Gemeinschaftsvolie- ren ist prinzipiell möglich und unproblematisch (PAGEL 1992).
2.5 Ernährung
Drei Hauptbestandteile bestimmen die Futterzusammenstellung:
Fruchtsalat, Weichfutter und animalische Kost in Form von Insekten, eingeweichtem Hundefutter oder Ei (PAGEL 1992).
Futterbehälter sind im oberen Volierenbereich anzubringen.
4 2.6 Hygienemaßnahmen
Für hygienisch einwandfreie Futter- und Wasserstellen ist stets zu sorgen. Die Aus- scheidungen von Fruchtfressern stellen einen guten Nährboden für Pilze und Bakte- rien dar. Die Gehege, insbesondere die Sitz- und Kletteräste, sowie die Futterplätze sind daher von Exkrementen und Futterresten rein zu halten. Besonders bei warmer Witterung verderben liegengebliebene Obstreste schnell. Das Futter soll daher vor- zugsweise in zwei Fütterungen über den Tag verteilt angeboten werden.
3. Mindestanforderung für die vorübergehende Haltung (bis zu 3 Monate) für die von der EG-VO 338/97 erfassten Arten
Für die vorübergehende Haltung von Turakos ist für ein Paar eine Innenvoliere von 2-3 m² Grundfläche bei einer Höhe von 2 m erforderlich, Jungtiere können auch zu viert darin gehalten werden. Bei dieser beengten Haltung muss verstärkt auf Unver- träglichkeiten geachtet werden. (Pers. Mitt. von B. Marcordes)
4. Quellen:
BOETTICHER,H. VON (1955):Die Lärmvögel, Turakos und Pisangfresser (Musophagi- dae). Wittenberg
FRY, C.H.,KEITH, S. & E.K.URBAN (1988):The Birds of Africa. Vol III. London. Seiten:
26-57
GÜRTLER, W.D. (1999): Zur Zucht des Schildturakos. Gefiederte Welt 123: 102-105
PAGEL,T.(1992):Über die Haltung und Zucht von „Pisangfressern“- im Zoo Köln. Ge- fiederte Welt 116: 330-334
PAGEL,T.(1992):Über die Haltung und Zucht von „Pisangfressern“- im Zoo Köln. Ge- fiederte Welt 116: 374-376
SCHÖTTGEN, U. (1989): Haltung und Zucht von Turakos und Lärmvögeln. Gefiederte Welt 113:6-8
Pers. Mitteilungen von Herrn Bernd Marcordes (8.11.2008), Kurator für Vögel im Zoo Köln