Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen
von Wolfdieteich Fischee, Erlangen ^
In allen Sprachgemeinschaften herrschen bestimmte, von Sprache
zu Sprache, oft von Mundart zu Mundart unterschiedliche Artikulations¬
gewohnheiten, die die Lautfolgen in bestimmter Weise gliedern und die
theoretisch möglichen Phonemkombinationen einschränken. Die not¬
wendigen Folgen von Öffnung (Explosion) und Schließung (Implosion)
der Ai'tikulationsorgane beim Sprechen gliedern im Arabischen die Rede
in Artikulationseinheiten, die man herkömmlich als Silben bezeiclmet*.
Die zulässigen Silbenstrukturen, d.h. die gewohnheitsmäßig festgelegten
Folgen von Explosion und Implosion, bilden einen wesentlichen Teil
solcher einschränkender Artüvulationsgewohnlieiten, auf Grund derer
nur einige Typen von Lautfolgen möglich sind.
1. Die Silbenstruktur des Altarabischen
Das Altarabische, wie es in der im Klassisch-Arabischen fixierten
Gestalt vorliegt, weist einen außerordentlich einfachen Silbenbau auf.
Er weist folgende Silbenelemente auf:
< = Explosion
> = Implosion
+ = neutrale Öffnung
Das Altarab. kennt nur zwei Arten von Silben, deren Struktur mit diesen
Elementen folgendermaßen dargestellt werden kann :
1. offene Silbe < +
2. geschlossene Silbe < + > i
Bezüglich der Realisation der Silbenelemente < und + und > durch
bestimmte Phonemklassen gelten die Regeln :
< ist immer Konsonant (x).
' Als Artikulationseinheit läßt sich die „Silbe" nicht allgemein, für alle
Sprachen gültig definieren. In den verschiedenen Sprachen sind sehr unter¬
schiedliche Artikulationsmerkmale für deren Gliederung in Silben fest.stell-
bar. Für das Arabische und wohl auch für das Semitische überhaupt erweist
sich die von F. De Saussuee, Cours de linguistique gdnirale (1922), 79 ff.
verwendete Theorie der Öffnungssilbe unmittelbar geeignet. Sie wurde hier
mit einer kleinen Modifikation, der Einführung eines hinsichtlich Explosion
imd Implosion neutralen Silbenelements (-f), übernommen. Insbesondere
im Neuarabischen zeigt sich, daß die Schallfülle für die Silbenbildung völlig irrelevant ist, sodaß Silbentheorien, die auf diesem Artikulationsmerkmal aufgebaut sind, zur Beschreibung der Silbe im Arabischen nicht verwendbar sind.
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 31
-f ist immer Sonant (e).
> ist immer Konsonant (a; oder «)*.
Die im Altarab. möglichen Phonemfolgen sind also auf folgende Typen
eingeschränkt :
1. <+ = xe (offene Silbe)
2. < + > = a) xex (konsonantisch geschlossene Silbe) b) xev (vokalisch geschlossene Silbe)
Bei einer Klassifikation der arab. Phoneme nach ihrer Artikulations¬
art sind a, i, u Sonanten, alle übrigen eiiischließlicli w und y sind Konso¬
nanten*. Aus der Verteilung von ä, i, ü sowie aw und ay auf die Silben¬
elemente + >, ergibt sich, daß sie nur in ihrem ersten Teil als Sonanten,
in ihrem zweiten Teil jedoch als Konsonanten zu werten sind. Bei i und
ay kann der implosive Teil mit y, bei ü und aw mit w bestimmt werden.
Bei ä verhält es sich nicht anders, doch kommt der implosive, konsonan¬
tische Teil nicht außerhalb dieser Verbindung vor : i = iy,ü = uw, ä =
aA*. Im explosiven Silbenelement verhalten sich alle Konsonanten
gleich. Im implosiven Silbenelement verhalten sich die vokalischen
Konsonanten {v = y, w, A) in bestunmten Fällen (s. unt. S. 26) anders
als die nicht-vokalischen {x), weshalb es sich empfiehlt, sie als zwei ver¬
schiedene Phonemklassen zu behandeln. Daß jedoch v wie x die Reali¬
sation des implosiven Silbenelements darstellt, wird durch die morpho¬
logische Gleichwertigkeit von xex und xev erwiesen: yüsal = yuwsal,
d.h. yuf'al zur Wz. w-s-l; Hqäzun = Hyqäzun, d.h. Hpälun zur Wz.
y-q-z; 'ayyämun < *'aywätnun, d.h. 'af-älun zur Wz. y-w-m. Aufschlu߬
reich sind Fälle wie hidun = biydun < *buydun, d.h. fuHun zur Wz.
b-y-d, wo der implosive Vokal {v = y) die Qualität des Sonanten be¬
stimmt*. Für ä als ev in Positionen von ex lassen sich Fälle aufzeigen
wie: 'ämana = 'aAmana < *'a'mawa, d.h. 'af'ala zur Wz. '-m-n.
2 X soll bedeuten = beliebiges konsonantisches Phonem ; e = beliebiges
sonantisches Phonem (o, i, u); v = beliebiges konsonantisches Phonem der
Vokalklasse (y, w, A).
3 Eine Klassifikation der Phoneme ihrem Klang nach in Vokale und
Nichtvokale (Konsonanten) hat für das Arab, ebensowenig Relevanz, wie
das Merkmal der Schallfülle für die Strul^tur der Silbe relevant ist.
* In den neuarab. Mundarten, in welchen aw zu ö und ay zu e geworden
ist, ist ev einheitlich durch Langvokale vertreten.
' üluw und Ijiy bilden kerne Oppositionen. Eine Opposition ü : uw körmte
nur im Perf. Pass, des II. und III. Stammes bei Verben Med. w entstehen:
quwwima = fu'Hla : qüvnma = fü'ila. Es ist jedoch an Stelle einer Opposition
ü: MW eher anzunehmen, daß im Pass, des Perf. der Verben Med. w fu"ila
tmd fü'ila zusammenfallen und lautlich nicht — wohl aber orthographisch ! —
unterschieden werden können.
32 WOLFDIETBIOH FiSCHEB
Die Einführung dreier silbenbildender Elemente (< + >) bedarf einer
Begründung. Man könnte, da bei der Artikulation die beiden Bewegungs¬
richtungen der Explosion und der Implosion im Vordergrund stehen,
nur mit diesen rechnen und die neutrale, ,, stehende" Artikulation mit
De Saussube zur Implosion zählen, was sich auch für die von De Saus¬
sube untersuchten Sprachen empfiehlt. Dann wären die Silbenstruktu¬
ren des Altarab. als 1. <> und 2. als <>> aufzufassen. >> würde
dann fortschreitende Implosion bedeuten, realisiert dureh ex oder ev.
Tatsächlich wird jedoch bei jeder Explosion nur der öfifnungsgrad des
folgenden Sonanten (a, i, u) erreicht und dieser wird seinerseits durch
die vorangehende Explosion beeinflußt, sodaß bei den Sonanten im
Arab, von einer Implosion nicht gesprochen werden kann. Überdies ist
zu beobachten, daß bei der Silbenfolge <+<-{- ... (offene Silben)
nach jedem Sonanten vor der folgenden Explosion eine Implosion statt¬
findet, damit die Explosion ausgeführt werden kann. Anders aber als
bei der geschlossenen Silbe < + > wird bei der offenen Silbe die Implo¬
sion artikulatorisch nicht gewertet, d.h. nicht in einem Phonem reali¬
siert. Es findet also eine Implosion mit der Realisation 0 statt : xexe =
< + (>)< + (>). So erweist sich die Strukturformel <-f > für das
Altarab. als allgemeingültig: Die Unterschiede im Silbenbau erklären
sich als Unterschiede der Realisation des implosiven Elements, das ala
X, als V oder als 0 auftreten kann :
1. <-}-> mit > = x : xex (konsonantisch geschlossene Silbe) 2. < + > mit > — v: xev (vokalLsch geschlossene Silbe)
3. < + > mit > =0: xe (offene Silbe) ^
Das silbensehließende, implosive Element unterliegt also bestimmten,
für die altarab. Silbenstruktur charakteristischen Regeln, die für das
neutrale Silbenzentrum nicht gelten, sodaß -|- und > deutlich geschie¬
dene Silbenelemente sind.
Die generelle Gültigkeit der Silbenstruktur <-}-> im Altarab. be¬
sagt, daß nur ein einziges implosives Element, das nur durch ein einziges
Phonem realisiert werden kann, im Silbenauslaut stehen darf. Wo die
Formenbildung Lautfolgen xexxj oder xevxj^, d.h. Strukturen < + >>,
entstehen läßt, müssen sie der Struktur <-(-> angepaßt werden. Dem
scheinen Ableitungen von Wurzeln Med. gem., wie däbbun, däbbatun,
dawäbbu, duwaibbatun usw. zu widersprechen. Lautfolgen dieses Typs
werden nur geduldet, wenn die auf ev folgende Konsonantengruppe xx
von ein und demselben Phonem, also XjXi, gebildet wird. Die Gruppe
• / soll die Silbengrenze bedeuten, die entweder durch ein folgendes explo¬
sives Silbenelement oder durch Pausa markiert ist.
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 33
XjXi wird in einer einzigen explosiven Artikulation realisiert; es tritt bei
der Realisation von < durch x^x^ lediglich eine Verzögerung der Explo¬
sion, jedoch keine Störung der Silbenstruktur ein. Da im implosiven
Silbenelement eine derartige Verzögerung nicht möglich ist, kann >
niemals durch x^x^ realisiert werden'. Die oben gegebenen Realisations¬
regeln sind also hinsichtlich des explosiven Silbenelements zu erweitern :
< ist immer Konsonant: x oder XjX^.
Daß x^Xi nach ev in derartigen Bildungstypen immer dem explosiven
Silbenelement zugeteilt werden muß, ergibt sich daraus, daß in poeti¬
schen Texten in solchen Fällen x^x^ > x^ reduziert wird, jedoch niemals
ev > e. Man vgl. z.B.: Jümun für lämmun Sammäb 15, 1*. Die Reduk¬
tion x^Xi > «1 tritt in poetischen Texten nur aus rhythmischen Gründen
ein, da die Verzögerung der Explosion den Rhythmus stören würde.
Es liegen dieser Reduktion aber keine Gründe der Silbenstruktur zu¬
grunde.
2. Wirkungen der Silbenstruktur auf die Wortgestalt
Überall, wo in der Formenbildung Lautfolgen der Typen xexxj oder
xevxj entstehen, nötigt die Silbenstruktur zu einer Umgruppierung oder
Veränderung. Lautfolgen xx oder vx können nur auf die Silbenelemente
> < verteilt werden, d.h. es muß ihnen sowohl ein Sonant vorausgehen
als auch nachfolgen. Ist ein solcher Sonant morphologisch nicht vorge¬
sehen, dann gelten folgende Regeln für die Veränderung oder Umgrup-
pierung der Lautfolge :
1. a) xExxf > xExxe oder xEx
b) EjxExxj > EjxExxe oder ExjxEx
c) xjxExxj > xjxExxe oder xjxExEx
2. a) xEvxj > xEx
b) xEvx > xEvxe
Hierbei soll E einen morphologisch festgelegten, e einen durch die
Silbenstruktur bedingten, beliebigen Sonanten (,, bedingter Sonant") be¬
deuten.
' In Lautfolgen exxe wird x^x^^ wie x^x^ behandelt, d.h. auf die Silben¬
elemente > < verteilt : nazzala = xexjx^exe wie targama = xexjx^exe, wes¬
wegen fa"ala auch morphologisch mit ja'lala identisch ist. Man könnte daher vermuten, daß bei Lautfolgen evx^^x^, wie sie die genannton Typen aufweisen,
ebenfalls die Silbengrenze als evxjxi anzusetzen wäre. Dann müßte jedoch
auch evxjx^ möglich sein, was nicht der Fall ist (vgl. unt. S. 26).
' Weitere Beispiele bietet Nöldeke, Zur Qrammatik des classischen
Arabisch*, 8* und 126f. (Nachträge). Man vgl. noch H. Fleisch, Traiti de
Philologie arabe I, 163 ff.
3 ZDVa 117/1
34 WOLFDSBTRICH FiSCHBB
Wo die Morphologie Formbildungen mit xx im Wortbeginn hervor¬
bringt, muß vor solches x\x immer dann ein bedingter Sonant treten,
wenn im Kontext das vorhergehende Wort mit x schließt:
3. a; — XX > x-e-xx (Anlaut: 'exx)
Die bedingten Sonanten sind ihrer Qualität nach beliebig ; es kann
zwischen o, i und u gewählt werden. Allerdings wird die Wahl durch
Bedingungen der lautlichen Umgebung konventionell eingeschränkt.
Die arab. Orthographie läßt z. B. bei einigen Partikeln, wie hayhät, die
Wahl des bedingten Sonanten frei; für eine Reihe von Formbildungen
schreibt sie bestimmte Sonanten vor und trifift damit wohl zumeist die
konventionelle Norm. Wo keine besonderen lauthchen Bedingungen vor¬
handen sind, wird gewöhnlich i geschrieben, vor und nach u, ü und w
zumeist u, nach t, i und y in gewissen Fällen a.
1. a) Die unter 1. gegebenen Regeln sind an Wurzeln Med. gem. zu
beobachten. Regel a) findet nur am Wortende Anwendung, und zwar
bei einigen Partikeln, wo die Verkürzung .TjXj > x^ nicht stört, weil sie
an kein Morphem gebunden sind : 'uff > 'uffi, 'uffa, 'uffu oder '«/ (etwa ,,pfui!"), qatt > qattu, qatti, qatta „ganz und gar" oder qat (nur in fa-qat)*, Hnn > 'inna oder *m (Satzeinleitungspartikel), 'ann > 'anna oder 'an*', rvbb > ruhba oder rvb^^ \ mundu „seit" > *mund > mud mit x^x^.
b) Die unter b) gegebene Regel wird bei der Verbalflexion der Verben
Med. gem. angewendet. Steht EjxExx am Wortende, dann können die
Gruppierungen xExxe und xjxEx als beliebige Varianten verwendet
werden: *yafirr > yafirri, yaßrra oder yaf rir (Wz. f-rr); *yamudd >
yamuddi, yamuddu, yamudda oder yamdud (Wz. m-dd)**. Steht EjxExxf
• Die Lautung qattu hat sich in der klassischen Hochsprache als Norm¬
form durchgesetzt.
1» Bei den Paaren 'inna imd 'in sowie 'anna und 'an ist sekundär eine
Differenzierung der Funktion eingetreten: 'inna als Einleitungspartikel des
Nonünalsatzes, 'in als Eiiüeitungspartikel des Konditionalsatzes; 'anna
„daß" einen Nominalsatz einleitend, 'an „daß" einen Verbalsatz einleitend.
Diese Differenzierung ist aber erst in der klassischen Hochsprache durchge¬
führt. In der Sprache der altarab. Dichtung kommen 'in tmd 'an auch als
Einleitungspartikeln von Nominalsätzen vor (sog. 'in oder 'an al-muhaffafa).
Primär sind rein lautliche Bedingungen für die Differenzierung verantwort¬
lich : 'in und 'an vor x (Verbalformen), 'inna und 'anna vor xx (Nomina mit
Artikel).
■ i'rui findet sich Imr. 28/1. Formal läßt sich rvbba auch als Akk. eines
Nomens verstehen, doch ist die Auffassung, es liege rubb > rubba zugrunde m.E. wahrscheinlicher.
** Die arab. Orthographie erlaubt in diesen Fällen u als bedingten Sonan¬
ten nur nach u in der vorhergehenden Silbe. Allerdings wird u gewöhnlich
vermieden wegen des Zusammenfallens mit dem Indikativ.
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 35
jedoch nicht am Wortende, so wird nur die Gruppierung xjxExl verwen¬
det: *yafirr-na (3. pl. f.) > yafrima.
c) Regel c) findet sich wiederum bei der Verbalflexion der Verben
med. gem., außerdem noch beim IX. und XI. Stamm sowie beim IV.
Stamm der vierradikaligen Verben in Anwendung. Steht xjxExx am
Wortende, so stehen wiederum zwei Gruppierungen, xExxe und xExEx,
zur Verfügung: *yamtadd > yamtaddi, yamtadda oder yamtadid. Steht
xjxExx nicht am Wortende, so kann nur xExEx verwendet werden:
*madd-tu > madadlu, *maü-tu > maiiltu. Der in xExEx gegenüber xExx
zusätzliche, morphologisch festgelegte Sonant, wird nach dem Vorbild
der dreiradikaligen Flexionsformen eingesetzt: yamtadid = yafta'il,
madadiu = fa'aüu, muliltu = faHÜu. Im IX. und XI. Stamm und ähn¬
lich im IV. Stamm der vierradikaligen Verben, wo kein dreiradikahges
Vorbild für die Vokalisation existiert, wird nach analog gebautem
{'i)fta'ala eingesetzt: *{H)hmurr-tu > (H)hmurartu wie (H)fta'aUu, *yah-
mirr-rui > yahmarirna wie yaftaHlna.
Die dargestellten Regeln für die Gruppierung von xexxj sind im klassi¬
schen Arabisch allgemeingültig. Die arab. Grammatiker erwähnen
einige abweichende Bildungsweisen, die wohl altarab. Dialekten ange¬
hört haben dürften, die aber in der Sprache der altarab. Dichtung nur
vereinzelt auftauchen. Hier sind vor allem Perf.-Formen im I. Stamm
von Verben Med. gem. zu nennen, bei welchen nach Regel 1. a) xExx >
xEx verfahren wird, obwohl xexxj nicht am Wortende steht: *radd-tu >
radtu an Stelle von radadtu (Wz. r-dd), *zaü-tu > zaitu oder ziltu an
Stelle von zaliltu^^. Von solchen Bildungen ist nur ziltu in der altarab.
Dichtung und zaJtu im Qoran geläufig. Eine weitere Umgruppierungs¬
weise, die auf xExx > xExxe beruhen dürfte, wird in folgenden Bildun¬
gen angewendet: *mMdd-tu > maddätu (über *m4idditu), oder *qasif4u
> qa§saytu (über *qas§itu). Bildungen dieser Art finden sich in der alt¬
arab. Dichtung nur ganz vereinzelt; vgl. Kämil 456, 12 (tazannaytu).
Die bei einer Gruppierung xexx > xexxe entstehenden Formen *madditu,
*maddatu waren morphologisch nicht mehr identifizierbar, da sie die
für die 1. und 2. Pers. des Perfekts charakteristische Lautfolge x4u,
x-ta usw. mit Konsonant vor dem Suffix nicht mehr aufwiesen. Sie
wurden daher durch Umformung von e zu ev, d.h. e > ö oder ay, der
morphologischen Norm wieder angepaßt**. Die Umformung e > ay be-
*• Bei *zall-tu > ziltu dürfte der morphologisch festgelegte Sonant i aus
der daneben existierenden Form zaliltu stammen. Vermutlich hat jedoch
auch die Analogie zu den völhg gleichgebauten Formen der Verben med.
inf. eingewirkt: ?ara : ^rtu.
^* Es zeigt sich auch hier, daß ev mit ex morphologisch gleichwertig ist:
maddatu, maddaytu = ja"altu.
8»
36 WOLFDIETBIOH FiSCHER
deutet dabei eine Überfübrung in die Flexion der Wz. III inf., was itn
Neuarab. und z. T. im Aramäischen als einzige Bildungsweise bei Ver¬
ben med. gem. auftritt**.
Diese Gruppierungs- und Verteilungsregeln, welche im wesenthchen]
bei Wurzeln med. gem. auftreten, zeigen eindeutig, daß bei diesen Wur-
zoln die Konsonantengruppen XjXi als Einheit zu betrachten sind : Wz.
f-rr, m-dd usw. (nicht f-r-r, m-d-d). Überall wox^Xi durch einen Sonanten
getrennt wird (xjeXj), ist diese Gruppierung sekundär als Folge der Wir¬
kung der Silbenstruktur eingetreten. Nimmt man mit Beockelmann,
Grundriß I 632 f. an, x^x^ sei erst durch Ausfall eines Sonanten zwischen
den beiden gleichen Konsonanten, also aus x^exi, entstanden, so gelangt
man zu der in sich widersprüchHchen Auffassung, es seien infolge emer
silbengesetzlichen Regel [a:iea;j(e) > a:xa;i(e)] Lautgruppierungen ent¬
standen, die ihrerseits der Silbenstruktur widersprechen. Insbesondere
die z.T. vorhandenen Wahlmöglichkeiten zwischen zwei verschiedenen
Gruppierungen bei der Auflösung von xexixj erweisen die Gruppe XiX^ |
in allen genannten Fällen als ursprünglich.
2. a) Regel 2. a) trifft für die geläufigen Fälle zu, wo xevxj bei der j
Flexion von Verben Med. w und y entsteht. Dieselbe Regel kann darüber :
hinaus noch bei einigen Partikeln beobachtet werden :
uw {ü) > u: yaqülu : *yaqül-na > yaquina iy (i) > i : yasiru : *yasir-na > ya§ima aA {ä)> a : 'aqärna: *'aqäm-tu > 'aqamlu
ay > a: laysa : *lay8-tu > lastu
aw > a: sawfa : aawf^* > saf (> sa-)"
Bei der Flexion der Verben III inf. : ramä : ramat liegt wahrscheinlich
keine Verkürzung -ät > -cU vor, sondern morphologischer Wechsel -ä :
-at nach fa'cU-a : fa^cd-at. Ein Fall für aw> a findet sich noch in qawsun :
*qaws-t(un) > ä.th.qast, hebr. q6Set (<*qaSt) „Bogen"*«. Zu ay > a ist vielleicht 'ay/Mi ,,wo" :*'ayn-nä > 'annä ,,wo" zu stellen, nachdem der
Auslaut von 'ayna ein bedingter Sonant sein dürfte {'ayn > 'ayna a.
unt.) und die Erweiterung durch -mi in Anlehnung an hunä ,,hier" ein¬
getreten sein kann. Eine abweichende Behandlung hat der Sonant bei
*» Vgl. hierzu Wright I 69 und Fleischer, Kleinere Schriften I 137 f.
*» Bbockelmann, GvG I 466 faßt sawfa als Akk. ohne Indeterminations-
zoichen -n auf. Wahrscheinlich ist jedoch endungsloses aawf anzusetzen und
sawfa ist als Fall von xevx > xevxe, wie miter 2 b gezeigt wird, anzusehen.
»' Zu saf vgl. Wright II 19.
" *qastun, möglicherweise zu *qasatun weiterentwickelt, dürfte einst auch
im Arab, vorhanden gewesen sein. Es wurde als Ableitung einer Wz. q-s-w
interpretiert, zu der dann der belegbare PI. qusiyyun, qisiyyun {fu'iUun) ge¬
bildet wurde.
»
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabiscben ST
Verkürzung von ay in folgendem Fall erfahren : **a«/w > 'in „nicht" (vgl.
hebr. 'dyin < 'ayn), wo die Verkürzung nach der Regel ev > e„ anstatt e vor sich gegangen ist.
Aus der Regelmäßigkeit der Verkürzung e« > e vor a;/ innerhalb der
Flexionsbildung geht hervor, daß der im Grundstamm der Verben med.
inf. auftretende Wechsel ä : u, bzw. ä : i, nicht als Verkürzung infolge
der Silbenstruktur erklärt werden kann. Bildimgsformen, wie qumtu,
firtu, können nicht von *qünUu, *särtu (nach qäma, §ära), sondern nur
von *qüniiu, *sirtu hergeleitet werden. In ihnen erscheint also der stabile
Wurzelvokal (w, i) wie im Imperf., während qäma, sära usw. analog
nach fa'ala gebildet ist.
b) Wörter und Bildungsformen, in denen Regel 2. b) evxj > evxe
wirksam ist, sind außerordentlich zahlreich. Sie tritt zumeist am Wort¬
ende auf, wo morphologisch begründetes evx erhalten bleiben soll und
dann durch Erweiterung mit einem beUebigen, bedingten Sonanten der
Silbenstruktur eingefügt werden muß. Hierher gehören zahlreiche Aus-
und Anrufe, schallnachahmende Rufe u.a.m., bei welchen ev aus ex¬
pressiven Gründen bewahrt bleiben soll. Einige Beispiele** : 'ih oder hih
(Anruf im Sinne von „nur zu!") > 'ihi, hihi; düh oder dawh (Lockruf
für das Kamelfüllen) > dühu, dawhi, dawhu ; hawb (Zuruf an den Kamel¬
hengst) > hawbu, hawbi, haidta; gäq (Ruf des Raben) > gäqi; hayhät
(etwa ,,weg damit!") > hayhäia, hayhäti, hayhätu^. Die arab. Philologen
interpretieren diese bedingten Sonanten im Auslaut z.T. als Flexions¬
endungen. Indem sie -i mit der Gen.-Endung identifizieren, geben sie ala
Vokalisationsvarianten bei solchen Partikeln Formen wie hawhin, 'ihin
usw. Die Umdeutung von bedingten Sonanten im Auslaut zu Flexions¬
endungen kommt in anderer Art jedoch aueh im Altarab. vor : hat (Aus¬
ruf im Sinne von „her damit!, gib her!") > häti wurde zum Imp. um¬
gedeutet und durch Flexionsformen f. häti, pl. hätü, f. hätiva ergänzt.
Die Anrufinterjektion hä, bzw. die Pausalform Aä'**, wurde infolge einer
typischen Verwendungsweise imperativiseh im Sinne von ,,da nimm!"
oder „da hast du ...!" interpretiert. Die Pausalform hä' geriet auf diese
Weise in den Kontext und mußte daher als hä'a, hä'i in die Silbenstruk¬
tur eingeordnet werden. Nach dem Vorbild der Personalsuffixe der 2.
Pers. -ka, f. -ki wurden die auslautenden, bedingten Sonanten auf Mask,
und Fem. verteilt und dann dementsprechende Plur.-Formen gebildet:
sg. m. hä'a, f. hä'i, pl. m. hä'um, f. fiä'unna.
*• Vgl. Wbight I 294ff. Zahlreiche Beispiele dieser Art finden sich bei
F. Schulthess, Zurufe an Tiere im Arabischen (Berlin 1912).
2» Da solche An- und Ausrufe gewöhnlich in Pausalsteilung auftreten, ist
der auslautende Sonant dann zumeist enttont und nicht hörbar (Hh, hih,
düh, hawb, gOq usw.); vgl. imt. S. 38. *' Vgl. hierzu unt. S. 39.
38 Woudixtbich Fisohxb
Bei deiktischen Partikehi und Demonstrativpronomina werden Pausal-
formen häufig zur Normalfonn und werden dann in den Kontext über¬
nommen**. So erklärt sich hä^uläH < hä'ulä' (Pausalform) = hä'ulä (ur¬
sprüngl. Kontextform). Indem pausales hä'ulä' in den Kontext über¬
nommen wurde, mußte es durch einen bedingten Sonanten der Silben¬
struktur angepaßt werden. Der auslautende Sonant fungiert als fester
Bestandteil des Worts, so daß neben 'ulä-lca ,,jene" auch 'uläHka ,,jene"
gebildet wurde. Die Neigung zur Dissimilation von Folgen ' ... ' führte
bei 'ulä'ika unter Nachwirkung des l zu der Variante 'uWlilca^. Gemäß
dem Verhältnis von 'vM ,, diese" zu 'ulä-ka ..jene" konnte aus 'viälika
die Endung -liica isoliert werden, die mit -ka gleicher Funktion war und
daher zur Ausbildung einer neuen Serie von Demonstrativen fährte:
dälika neben däka „jener" zu dä ,, dieser", f. Hllika > tilka neben tika oder tälika neben täka „jene" zu ti oder tä „diese", hunälika neben hunäka ,,dort" zu hunä ,,hier"**.
Zahlreiche Partikeln und Anruf-Formen weisen im Auslaut bedingte
Sonanten auf; so z.B. der Imperativische Infinitiv fa'äi, der auf Grund
der Regel xevx > xevxe die Lautung fa'äli oder fa'äla aufweisen muß :
nazäli „Absteigen!", kasäbi ,, Zupacken !"**. Da solche Ausrufe gewöhn¬
lich in Pausa stehen, kommt der auslautende Sonant nur enttont zur
Geltung: fa'äi' (s. unt. S. 38). Andere Partikeln, die hierher zu stellen
sind, sind noch: kayt ,,so" > kayta, kayti, kaytu; gayr , .gewiß" >
gayri, gayra; kayf ,,wie" > kayfa; 'ayn ,,wo" > 'ayna;^' vielleicht
auch sawf > sawfa (Futurpartikel)*'; hayt ,,wo" > haytu; 'ayy-hä
„ei he!" (Vokativpartikel) > 'ayyu-hä. Die qualitative Festlegung
des bedingten Sonanten in der arab. Orthographie scheint willkür¬
lich zu sein. Wie die angeführten Beispiele zeigen, sind alle Sonanten
möglich.
22 So verdanken auch die Demonstrativa tihi, dihl neben tt, dt ihre Ent¬
stehimg der Übemahme von pausalen tih, dih in den Kontext.
23 Zur dissimilatorischen Neigung von *... * vgl. man Bbockelmann,
GvG I 239f. und Fleisch, Traitö I 108ff.
2* Die lautliche Erklärung der demonstrativen Serie auf-lika ist derjenigen, die in -Ii- ein eigenes deiktisches Element sehen will (vgl. Bbockelmann,
GvG I 318), vorzuziehen, weil solches -li nirgends sonst nachweisbar ist.
Die im Altarab. häufigsten Formen dieser Serien sind sg. m. dälika, f. tilka, im pl. jedoch meist die ursprüngliche Form 'ulä'ika.
2' Die arab. Grammatiker führen fa'äli gewöhnlich als Normalförm an.
fa'äla gilt als Dialektvariante und wird den Asad zugeschrieben. Den Tamim
wird noch die Form fa'älu zugeschrieben. Da diese Form, wenn sie als
Eigeimame gebraucht wird, Nom. zu sein scheint, darf sie nach den Regeln
der Grammatiker flektiert werden.
2« Vgl. über 'ayn noch ob. S. 26.
" Vgl. hierzu auch ob. S. 26.
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 39
Im Arab, wie auch im Aram. wurde auslautendes -to, sofern es nicht
Wz.-bestandteü ist, zu -n**. Die akkad. auf -m auslautenden nominalen
Plur.-Endungen -üm, -im müssen im Arab, daher -ün, -in (aram. -in)
lauten. Eine Verkürzung dieser der Silbenstruktur widersprechenden
Endungen nach Regel 2. a) (zu -un, -in) muß vermieden werden, um die
Differenzierung von Sg. und Plur. zu erhalten. Sie werden daher nach
Regel 2. b) behandelt und lauten -üna, -ina*'. Das gleiche gilt für die
Dualendungen -än, -ayn, die ebenfalls unter Vermeidung einer Verkür¬
zung nach Regel 2. b) zu -äni, -ayni werden. Die bedingten Sonanten im
Auslaut dieser Endungen sind orthographisch festgelegt: a kontrastie¬
rend nach ü, i und i kontrastierend nach ä, ay. Ursprünglich sind sie
jedoch variabel gewesen, wie sich aus vereinzelten Belegen ergibt, wo
am Versende abweichende Sonanten erhalten sind, z.B.: 'abiyyini und
'arbaHni Kämil 293, 4ff.'". Die Dualendung -ayna, wird in einem Lis. V
19 = 3. 486b, 13—14 zitierten Vers überliefert«.
Auch die Verteilung der beiden Formen -i und -ya des Suffixes der 1.
sg. wird durch die SUbenstruktur bestimmt. Das Suffix kann nur nach e
(a, i, u) oder ev (ä, i, ü, ay, aw) auftreten, weil in der Nominalflexion und
bei den Präpositionen keine anderen Auslaute vorkommen. Geht man
von -y als primärer Lautgestalt aus**, so treten die Lautfolgen -ey und
-evy auf: 1. -ey > -iy = i, 2. -ein/ nach Regel 2. b) > -evye = -ev-ya.
Mit anderen Worten: Sonanten werden an y assimiliert: *baytu-y.
Vgl. hebr. Hm ,,wenn", aram. 'en, arab. 'in.
2* Es besteht also kein Anlaß, im Ugaritischen *-üma, *-ima, *-ämi, *-emi
nach dem arab. VorbUd anzusetzen, wie es Gordon, Ugaritic Manual 43f.
und 223 vorschlägt. Ob auch im Ugarit. nach -üm, -im, -äm, -Sm ein bedingter
Sonant eintreten mußte, hängt allein von der Silbenstruktur ab, die nicht
festgestellt werden kann.
" Mubarrad interpretiert das auslautende -i als Kasusmorphem imd kon¬
struiert dementsprechend Formen wie HSrinun, 'arba'inun an Stelle von
'iSrüna, 'arba'üna, die natürlich keinerlei Realität haben.
Vgl. die Belege Schawähid-Lidices 16b (taglbu). Die arab. Philologen
betrachten -ayna als dialektische Form. Wahrscheinlicher ist, daß -ayna
und -ayni, bzw. -äna und -äni freie Varianten waren, von denen sich die
häufigere, -äni, -ayni, als Norm durchgesetzt hat. Es ist wohl nur Zufall, daß
in einem einzigen Vers die Variante -ayna erhalten ist. Es besteht m.E.
kein Anlaß, die echte Überlieferung dieses Verses zu bezweifeln wie Kofleb,
WZKM 49, S. 20.
ä' Von -y aus läßt sich im Arab, sowohl -t als auch -ya erklären. Doch
darf hier -y nur als strukturell primäre Gestalt, nicht als historisch ältere Form verstanden werden. Ob historisch gesehen -i, -ya oder -y als ursprüng¬
liche Form angesetzt werden muß, ist vom Arab, her nicht zu entscheiden;
vgl. Moscati, Introduction 13.22. Bbockelmann, GvG I 307 nimmt -ya als
ältere Form an. Er ist jedoch im Unrecht, wenn er aimimmt, daß in Fällen,
wo im Arab, vor xx -iya anstatt -i (baytiy-a Uadi) auftritt, dieses älteste -ya erhalten sei. Auch hier ist a bedingter Sonant, der nach Regel 3 eintritt.
40 WOUDEBTBICH FlBCHBB
*bayti-y, *bayta-y > bayti (t = iy^), während nach ev- die Form -ya elo-
treten muß, um die Bedingungen der Silbenstmktur zu erfüllen: haytä-y
> baytä-ya, *musliinü-y > muslimi-y > muslimiya usw.**. Auch das
Akkadische kennt dieses Suffix in beiden Gestalten -i und -ya mit ähn¬
licher Verteilung. Vermutlich ist auch da die Silbenstruktur für die Ver¬
teilung maßgebend; allerdings läßt die Orthographie eine exakte Be¬
stimmung der im Akkad. geltenden Strukturregeln nicht zu.
3. Konsonantenfolgen xx müssen immer implosiv-explosiv realisiert
werden. Dies gilt auch da, wo xx im Wortbeginn auftritt. Das dann im
Anlaut stehende implosive Silbenelement > muß zu einer vollen SUbe
ergänzt werden, indem ein bedingter Sonant e vortritt und dieser wieder
durch ein explosives Element, den festen Stünmeinsatz *, eingesetzt
und auf diese Weise zu < + > ergänzt wird: amun „Name" >
'ismun. Geht im Kontext dem mit xx beginnenden Wort ein Sonant
voraus, so ist der bedingte Sonant nicht nötig, geht jedoch x voraus,
so muß zwischen x-xx ein bedingter Sonant e treten. Im Anlaut wird e,
bzw. 'e nach den Regeln der arab. Orthographie gewöhnlich als i ('»),
nur vor u in der folgenden Silbe als u ('tt) realisiert. Bei x-xx > x-e-xx
hängt die Qualität von e meist von dem Sonanten der vorhergehenden
Silbe ab. Die arab. Orthographie gibt hierfür im einzelnen Regeln an,
die unter dem Stichwort Hamxat cd-vxial behandelt werden (vgl. Wright
I 19 ff.): nkasara > Hnkasara, im Kontext nach Sonant fa-nkasara,
nach Konsonant Hn nkasara > Hn-i nkasara ; ktub > 'uktub, im Kon¬
text fa-ktvb, qui ktub > qul-iju ktub.
Für ev vor xx gelten Sonderregeln. Ist ev in solchen Fällen homogen,
nämlich aA, iy, uw (ä, i, ü), so tritt vor xx die Verkürzung c« > c (Regel 2. a) ein : katabü l-kitäba > katabu l-kitäba^. Dagegen wird heterogenes
ev, nämlich ay, aw, wie ex behandelt: 'aw nkasara > 'aw-i nkasara,
ra'aw tnayni > ra'aw-u tnayni^.
33 Während uy und iy im Arab, regelmäßig als i (iy) erscheinen, bleibt ay
gewöhnlich erhalten. Man kömite hier mit Analogie rechnen. Doch haben
diese hier strukturell gemeinten Formen haytu-y, hayti-y, bayta-y vermutlich
rüemals existiert, weil die Personalsuffixe ursprünglich wohl direkt an den
Stamm ohne Kasusmorpheme traten. Die im Altarab. mit Kasusmorphomon
gebildeten Formen, wie bayt-u-ka, bayt-i-ka, bayt-a ka usw. dürften eine
Neuerung darstellen, die darauf zurückzuführen ist, daß die vor solchen
Suffixen zumeist notwendigen bedingten Sonanten (a, i, u) zu Kasusmor¬
phemen umgedeutet wurden: *bayt-ka > *bayt-e-ka = baytuka, bayfika,
baytaka. " Vgl. Wright I 252 f.
" In der Orthographie wird diese Verkürzung ev > e am Wortende nicht berücksichtigt.
" Die Verkürzung ev> e würde bei ay, aw zu a führen (s. ob. S. 26). Sio
wird am Wortende aus morphologischen Gründen vermieden, weil w und y
in dieser Position immer morphologisch merkmalhaft (Plur.-, Fem.- oder
Dual-Morpheme) sind.
Silbenstmktur und Vokalismus im Arabischen 41
Die Tatsache, daß die Formenbildung Worttypen entstehen läßt, die
mit XX im Wortbeginn den Silbenstrukturgesetzen widersprechen, wirft
die Frage auf, wie diese Bildungsformen entstanden sind. Es handelt
sich um drei Gruppen von Bildungen : a) den Imperativ des Grundstamms :
ful, fil, fai, b) Perfekt, Imperativ und Infinitiv einiger abgeleiteter Stäm¬
me, c) eine Beihe von Nomina : ('t)smMW, {H)8tun, (H)tn{at)-äni, ('i)bn(at)un,
Ci)mru'un und (H)mra'cUun, sowie d) um den bestimmten Artikel {'a)l-.
&) Der Imperativ ist, morphologisch gesehen, bei allen Verben ein
endungsloses Imperfekt (Jussiv) ohne Personalpräfixe: ta-quJ, : qui, ta-
firr(i) : firrii), ta-qif : qif usw. Nach demselben Prinzip lautet der Imp.
im Grundstamm zu ta-fvl : ful, zu ta-fil : fil, zu ta-fal : fed, d.h. =
(»«)/•«/, (H)fil, (H)fal. Damit soll nicht gesagt sein, daß der Imp.,
historisch gesehen, vom Imperf. abgeleitet sei. Es ist hiermit mu- das
im Altarab. gültige Verhältnis gekennzeichnet. Allerdings dürfen die
gleichen morphematischen Verhältnisse bereits für das Gemeinsemiti¬
sche vorausgesetzt werden, da in allen Einzelsprachen der Imp.-Bildung
fvl, fü, fai zugrunde liegt : akkad. *prus > purus (zu iprus)'^, hebr.
qtol (q9tol) zu yiqtol, syr. qtol zu neqtol, äth. qt^l (qitü) zu yyqldl.
b) Für die Imperative der mit xx beginnenden Verbalstämme gilt das
gleiche wie für den Imp. des Grundstamms: ta-nfaHl : {H)nfaHl wie
tu-fa"il : fa"il. Doch auch Perfekt und Infinitiv haben im Imperfekt
ihr morphematisches Vorbild, entsprechend der späteren Entstehung
des Perfekts aus dem Stativ. Das Perfekt der abgeleiteten Stämme ent¬
spricht dem Imperf. ohne Personalpräfixe; an die Stelle der Imperf.-
Endungen treten natürlich die des Perfekts. Ursprünglich wurde auch
die Sonantenfolge a-i und a-a des Imperfekts im Perfekt beibehalten,
wie das Aramäische zeigt**. Im Arabischen wurde jedoch nach dem Vor¬
bUd von yaf ilu : fa'ala die Sonantenfolge im Perf. generell zu a-a um-
gebUdet: yu-fa"ilu : *fa"ilu > fa"ala, yu-fäHlu : *fäHla > fä'ala, ya-
tafa"alu : tafa"ala. Dementsprechend mußten bei einer Reihe von Ver¬
balstämmen im Perf. Formen mit xx im Anlaut entstehen: ya-nfa'ilu :
('i)nfa'ala, ya-ftaHlu : {H)fta'ala, ya-stafilu : ('i)stafala usw. Die Bil¬
dung der Infinitive hat ihren Ausgangspunkt offensichtlich im Perfekt.
Nach dem im Grundstamm häufigen Inf. fi'älun wurden die Infinitive
der abgeleiteten Stämme überall da gebildet, wo das formale Vorbild
fa'ala : fi'älun anwendbar war: fa"ala : fi"älun^*, fä'ala : *fl'älun >
s' Vgl. VON Soden, GAG § 87 e.
'* Vgl. im S5T. n-qaft€l : Perf. qattel, n-etqUl : Perf. e/9<el, ebenso n-etqattal : Perf. etqattal.
fi"Cdun als Inf. zum II. Stamm fa"ala ist außerordentlich selten ; es
findet sich z. B. kid40bun zu kaddaba Sm-e 78/28 und 35. ffdlun konnte sich
gegenüber dem älteren taf'ilun nicht durchsetzen.
42 WOLTOIBTBICH FiSOHjEB
fi'älun*'*, 'af'aJa : Hf'älun und so auch {H)nfa'aia : {'i)nfi'älun, (H)fta'dla : {'i)fti'älun, (H)8taf'ala : (H)stif'älun, (H)f'alla, (H)f'cdcUtu (!) : {'i)f'imun
usw. In Fällen, bei welchen das Vorbild fa'ala : fi'älun nicht anwendbar
ist, wie bei tafa"ala und tafä'ala (Sonantenfolge a-a-a) wurde der Inf.
unmittelbar aus dem Perf. durch Anfügung der nominalen Flexions¬
endungen gebildet: *tafa"alun, *tafä'alun > tafa"vlun, tafä'ulun. Der Wechsel a > « in der letzten Stammsilbe erklärt sich durch vokalharmo¬
nische Alternation, folgend dem Sonanten der Flexionsendung : tafa"ulun
*lafa"ilin, *tafa"alan*^. Die «-Variante des Nominativs wurde dann ver¬
allgemeinert : tafa"ulun, tafa"ulin, tafa"ulan usw.
c) Die den arab. Nomina {H}smun, {H)atun, {H)tnäni (tTiatäni), {H)bnun
{bnatun), {H)'mru'un (mra'atun) in anderen semit. Sprachen entsprechen¬
den Wörter weisen im Anlaut nicht die Konsonantenfolge xx- auf** ; vgl.
hebr. Sem, Set, Sndyim < *Sinaym, ben, syr. märä. Nachdem diese Nomina
auch im Arab. Varianten mit xex- an Stelle von xx- haben, müssen die
Formen mit xx- als innerarabische Neuerung angesehen werden, zumal
die Annahme sonantenloser Wortstämme, wie sm-un, st-un usw. sehr
unwahrscheinlich ist. Neben smun kennt das Arab, auch simun, sumun,
neben bnun, bnatun auch bintun, neben tnäni, truUäni auch tintäni, neben
stun auch salhun, sithun, suthun*^, neben mru'un und mra'atun auch
mar'un und mar'atun**. Die Entstehimg dieser Wortformen hängt mit
einer im Altarab. voll lebendigen, im klass. Arab, aber nicht mehr wirk¬
samen Lauteigentümlichkeit zusammen, die nur bei {^i)mru'un, ('i)mri'%n,
{'i)mra'an und ('i)mra'atun deutlich erhalten ist. Vor allem bei Nomina
der Form xex-, die aus dem Rahmen der dreiradikaligen Formschemata
fallen, gleicht sich der Sonant des Stamms dem der folgenden Silbe, dem
Sonanten der Flexionsendung, an : san-atun, pl. sunüna, sinina*^ ; bur-
*' Da *fi'älun zu fi'älun verkürzt wurde, lautet der Inf. zu fa'ala mit dem
des Grundstamms gleich und wird deshalb häufig durch mufä'alatun ersetzt.
*i Vgl. über diese Lauterscheinung ün folgenden Abschnitt c.
*2 Auch syr. 'eita geht gemäß dem cstr. äet auf *Ht-a zurück. Der vor zu
erwartendem *Ma im Syr. mögliche bedingte Sonant, wurde in diesem Fall,
wie auch bei 'eikah < Skah, 'eäti < Mi, ausnahmsweise orthographisch fest¬
gehalten; s. unt. S. 65.
*3 < *satun, *situn, sutun; das h, wodurch die Wz. s-t zur dreiradikaligen
Norm erweitert wurde, entstammt dem PI. 'astähun {'af'alun zu s-t); vgl.
Sifahun zu äaf-atun u.a.m.
" Nach Artikel ('a)l- gewöhnlich mar'u, mar'atu, indeterminiert oder vor
Gen. gewöhiüioh {'i)mru'un, {H)mra'atun. Bei Antritt des Artikels soll die
Folge bedingter Sonanten: x-i l-i-mru'u vermieden werden (Beockelmann,
GvG I 268 unt. trifft nicht zu). Diese Vorteilung der Varianten {H)mru'un,
mar'un hat mit der Entstehungsgeschichte der Form nichts zu tun.
*' Im Klass. -Arab, hat sich sinina und danach sinüna eingebürgert. Die
im Neuarab. allein noch vorhandene Form sinln wirkte hier normierend oin.
SUbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 43
atun, pl. burüna, birina u.a.m.**. Die in den Lexika bewahrten Formen
simun, sumun und scUhun < *satan, sithun < *sitin, svthun < *sutun
sind noch ein Reflex dieser Lauterscheinung. Somit können für diese
Wörter folgende Formen als voraltarab. angesetzt werden :
*8imun „Name" > *sumun, *simin, *saman oder * siman*''
*situn „Hinterer" > *sutun, "^sitin, *satan oder *sitan
*binun „Sohn" > *bunun, '*binin, *banan oder *binan
*mir{')un „Mann"> *mur(')un, *mir{')in, *marC)an oder *mir{')an Hinäni „zwei" > *tanäni, *tanayni oder Hinäni, *tinayni
Infolge der Altemation der Sonanten konnten diese mit beliebigen
bedingten Sonanten gleichgesetzt werden und daher im Kontext nach
offener Silbe ausfallen : *bi-simi-M > bi-smi-hi. So entstanden die Kon¬
textformen: smun, stun, bnun, *mr{')un, tnäni, die sich im Altarab. als
ausschließlich verwendete Formen durchsetzten. Folgte der Stammsilbe
xex- die Fem.-Endung -t, so konnte der Sonant nicht ausfallen, zumal
er dann auch keiner Alternation ausgesetzt gewesen sein dürfte. Des¬
halb sind bintun und tintäni in ihrer ursprünglichen Form erhalten,
während sich {'i)bnatun und (H)tnatäni als Neubildungen zu {H)bnun
und (H)t'näni erweisen. Folgte der Stammsilbe xex- die Fem.-Endung -at,
so war kein Gmnd zur Sonantenalternation gegeben und der Sonant der
Stammsilbe wurde nicht als bedingter Sonant interpretiert. Er blieb
daher unverändert erhalten : §il-atun, bur-atun, 'id-atun usw.**. Wörter,
wie damun, yadun zeigen, daß a in der Stammsilbe stabil blieb und nur
i und eventuell auch u von der Sonantenalternation ergriffen wm-de**.
Demgemäß muß als Vorform von {H)mru'un : *mir{')un und nicht
mar'un angesetzt werden; mar'un ist erst aus mar'atun rückgebildet,
wo das a der Stammsilbe sich durch Alternation, entsprechend dem a
der Fem.-Endung -at, erklärt**. Altarab. ('i)mru'un setzt *mur'un, *mir'in,
" Vgl. Bbockelmann, GvG I 180.
" Beim Imperat. steht der bedingte Sonant i sowohl vor a als auch vor i
der folgenden Silbe : ('i)ftah, ('i)ksir. Demgemäß dürfte vor der Endung -on
sowohl o als auch i in der Stammsilbe möglich gewesen sein.
Bei den ob. angeführten Pliu-.-Formen sunüna, sinina, burüna, birina
usw. verhinderte die morphematische Bindung an die Sg.-Formen sanatun,
buratun den Ausfall des Stammsonanten, d.h. die Entstehung von *snüna,
"snlna, *brüna, *brina.
*^ Bei der alternierenden Reihe sanatun, sunüna, sinina wurde o infolge
seiner Position vor dem o der Fem.-Endimg ausnahmsweise in die Alter¬
nation einbezogen. Heb. Sänä, aram. iattä < *sant-ä und akkad. äattum <
*SantUm erweisen das o als alt.
^ Syr. mar(y)a kann zur Beurteilung der ursprünglichen Qualität des
Stammaonanten nicht herangezogen werden, weil das Wort hier sekundär
in die Nominalform qOfd = füHl überführt wurde.
44 Wolfdietbich Fischeb
*mar'an voraus, das im Kontext zu *mr'un {-in, -an) wurde, wobei die
Folge mr' wiederum durcb einen bedingten Sonanten aufgelöst wurde,
der dann die Alternation der Stammsilbe fortführte : > mru'un, mri'in,
mra'an. Solches *mur'un, *mirHn, *mar'an entspricht jedoch nicht den
BecHngungen, die für das Auftreten der Sonantenalternation festgestellt
wurden, da es nicht xix- im Stamm aufweist. ' als dritter BadUial muß
also erst sekundär eingedrungen sein, ähnlich wie h in *süun > suthun,
sithin, sathan ; die älteste Form muß *mirun gelautet haben**. In syr.
märyä neben märä ,,Herr", das auf *märiy-ä < *märi' zurückgeführt
werden kann, zeigt sich dieselbe Wurzelerweiterung. Umgekehrt setzt
arab. kilä- ein älteres *kil'ä voraus, wo xx vor der Endung die Sonanten¬
alternation verhinderte und so die Umbildung kUä > *Mä unterblieb.
' kann also erst geschwunden sein, als diese Umbildung, wie sie bei dem
gleichbedeutenden *tinä{ni) > tnäni vorliegt, abgeschlossen war. Die
etymologischen Entsprechungen äth. kdVe < *kil'ay und hebr. kiVdyim
< *kil'aym bezeugen die Altertümlichkeit des '.
d) Schließlich tritt xx im Wortbeginn jedesmal dann auf, wenn ein
Substantiv durch den Artikel l- determiniert wird. Im Kontext muß
vor Ix- ein bedingter Sonant, gewöhnlich i, eintreten, wenn ein Konso¬
nant vorhergeht: *harag<U l-bintu > haragat-i Ibinlu. Im Anlaut lautet
der Artikel jedoch nicht 'il-, wie nach den bisher besprochenen Fällen
zu erwarten wäre, sondern 'a^-**. Demnach kann 'a- nur ein alter, stabiler
Bestandteil sein, der erst sekundär im Kontext, zunächst nur nach So¬
nanten, geschwunden ist. Die ursprüngliche Form des Artikels dürfte
*h(d- gewesen sein**. Der Verlust des a im Kontext ist durch den Schwund
des anlautenden h verursacht: *daraba (h)al-giUänm > daräba Iguläma,
*bi-{h)al-bayti > bilbayti. Nach Konsonant dürfte a auch nach dem
Schwund von h zunächst noch erhalten gewesen sein : *'atat (h)al-bintu,
so daß aus solchen Kontexten die Anlautforra 'al- restituiert werden
konnte. Schließlich setzte sich die häufigere Form l-, die zunächst nur
nach Sonanten berechtigt war, als generelle Kontextform durch : 'atat-i
Ibintu.
** Eine Parallele mit ' bieten die Formen 'uJfü-ka „dein Bruder" und
('i)bnu'ü-ka „dein Sohn" an Stelle von 'ahü-ka und (H)bnu-ka. Sie werden
Lis. VI 343 = 5. 38 a, 22 ohne Nennung der Quelle zitiert und sind somit
sehr imsicher bezeugt.
" Die Kontextform (x) il- hat in den meisten neuarab. Dialekten die alte
Form 'al- verdrängt. Die zu erwartende Form Hl- steht im Anlaut.
" Vgl. h- als Artikel in den altarab. (den sog. thamudischen, ^afatenischen
imd hhyanischen) Inschriften, Bbockelmann, Handb. der Orientalistik 3,
S. 210f. u. 213. Schwund von anlautendem h liegt auch im sog. IV. Verbal¬
etamm 'af'ala < *haf'ala vor; vgl. noch hebr. hinne = arab. Hnna „voici", hebr. lUipak „wenden" = arab. 'ajdka.
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 46
3. Anaptyktische Sonanten
Die eben behandelten, durch die dem Altarab. spezifische Silbenstruk¬
tur bedingten Sonanten, sind hinsichtlich ihres Auftretens von den
Qualitäten der sie umgebenden Konsonanten unabhängig. In der semi¬
tistischen Literatur werden sie gewöhnhch unter dem Terminus ,,Anap-
tyxe" oder „Sproßvokale" behandelt. Es empfiehlt sich jedoch, diesen
Terminus einer anderen Art von Sonanten vorzubehalten, für deren
Entstehung nicht die Silbenstruktur, sondern die Qualität bestimmter
Konsonanten verantwortlich ist. Anaptyktische Sonanten dieser Art
treten im Altarab. nach r und l sowie nach * und h auf. Die artikulatori¬
schen Eigenheiten dieser Phoneme widersetzen sich der Einordnung in
das implosive Silbenelement. Werden sie aber explosiv artikuliert, so
muß ein Sonant auf Grund der Silbenstruktur folgen, der morphema¬
tisch oder etymologisch nicht vorgesehen war. Die Silbenstruktur ist
also auch bei der Entstehung anaptyktischer Sonanten beteiligt, sie ist
jedoch nicht die primäre Ursache dieser Erscheinung. Die arab. Ortho¬
graphie notiert solche anaptyktischen Sonanten nicht durchwegs, weil
sie morphologisch orientiert ist. In vielen Fällen waren Formen mit und
ohne anaptyktischen Sonanten in Gebrauch, wodurch den Dichtern die
Möglichkeit gegeben war, zwischen der einen und der anderen Form
nach Maßgabe des Metrums zu wählen. Der häufigste und sicherste Fall,
wo anaptyktische Sonanten notiert sind, findet sich bei der Nominalform
fa'lun, wenn an Stelle von morphematisch gefordertem fa'lun die Form
fa'alun allein oder neben fa'lun vorkommt. Der anaptyktische Sonant
wird meist als a, seltener als » oder u notiert. Das Vorherrschen von a
dürfte bei fa'lun > fa'alun durch Angleichung des anaptyktischen So¬
nanten an den Sonanten des Stamms zu erklären sein. Für anaptykti-
sches a nach ' und h vgl. man folgende Beispiele : Sa'arun neben äa'run
,,Haar", da'afun neben da' fun (Inf. I), Sa'afun (Inf. I anstatt Sa' fun) ; —
nakarun neben nahrun ,,Fluß", mahalun neben mahlun (Inf. I), fahamun
neben fahmun (Inf. I). Beispiele für anaptyktischen Sonanten nach r
und l sind verhältnismäßig häufig: taradun neben tardun (Inf. I), falatun
neben faltun (Inf. I), halakatun neben halkalun ,, Verderben", talabun
(Inf. I anstatt tallrun), galabun (Inf. I anstatt gaibun), salafun ,, Ahnen"
anstatt salfun, mala'un ,, Publikum" anstatt mal'un^. Bei uxdadun
,, Knabe" und waraqun ..Blätter" zeigen die hebr. Entsprechungen yiled < *wald und ydr^q < *uxirq, daß a nach l, bzw. r als anaptykti¬
scher Sonant aufzufassen ist. Neben yireq < *warq hat das Hebr. auch
yäräq < *waraq wie arab. waraqun mit anaptyktischem a nach r. Bei-
" salafun und mala'un gehören zu den Personalkollektiven des Bildimgs-
Bchemas fa'lun, wie rakbun, iarbun, qaiemun, jalsun, hayyun usw.
46 WOLFDIBTRICH FiSCHEB
spiele für anaptyktisches i und w nach r oder l liegen in folgenden Wör¬
tern vor: daru'un neben dara'un und dar'un (Inf. I), sariqun neben
saraqun anstatt sarqun (Inf. I) sowie nudikun „König" anstatt *malkun
entsprechend hebr. mMek < *malk. Anaptyktische Sonanten sind aber
nicht auf fa'lun beschränkt; als Beispiel einer anderen Nominalform sei
dila'un neben dil'un „Rippe" genannt**.
Die angeführten Beispiele zeigen, daß der anaptyktische Sonant
seiner Qualität nach grundsätzlich beliebig ist. Die orthographische
Festlegung hängt von Bedingungen sekundärer Natur ab. Man könnte
geneigt sein, die häufigsten Fälle, wo fu'lun und fu'ulun oder auch fa'lun
und fa'ilun, fa'ulun nebeneinander vorkommen, als Fälle anaptyktischer
Sonanten zu deuten. Dem steht entgegen, daß der jeweilige zusätzliche
Sonant nicht beliebig ist, daß aber der vor diesem stehende Konsonant
beliebig ist und somit nicht die Ursache des folgenden Sonanten sein
kann. Da diese Nominalformen auch nicht im Widerspruch zur Silben¬
struktur stehen, kann die Entstehungsursache dieser Doubletten nicht
ohne weiteres auf der lautlichen Ebene gesucht werden.
4. Die Silbenstruktur in Pausa
Im Altarab. werden die Wortgrenzen lautlich nicht markiert. Die
Strukturregeln des Silbenbaus erstrecken sich über die ganze Artikula¬
tionseinheit. Besonderheiten treten ma bei Unterbrechung der Artiku¬
lation, in Pausa auf. Die oben behandelten Fälle von xx- im Wortbeginn
müssen am Anfang einer Artikulationseinheit, d.h. im Redebegirm oder
nach Pausa, als 'exx- erscheinen. Weitere Besonderheiten treten am
Artikulationsende auf. Zur Bestimmung der pausalen Artikulations¬
gewohnheiten des Altarab. sind in erster Linie die Texte der altarab.
Dichtung heranzuziehen; da am Versende immer Pausa eintritt, spie¬
geln sich die Besonderheiten der Pausa in der Orthographie dieser
Texte. Erst in zweiter Linie sind die zahlreichen Angaben der arab.
Philologen zu berücksichtigen. Ihre Angaben beruhen einerseits auf der
Beobachtung der traditionellen, schulmäßig gewordenen Rezitations¬
kunst, die für den Vortrag der alten Texte, Poesie und Qoran, die Lesung
von Pausalformen lehrte, und andererseits zu einem guten Teil auf Spe-
" Die Ursache, daß sich bei fi'lun imd fu'lun kaum weitere Fälle anaptyk¬
tischer Sonanten nach r und l finden, liegt darin, daß fi'älun und fu'clun
Wortbüdungsmorpheme sind, die auf bestimmte Bedeutungsklassen festge¬
legt sind. Bei fa'lun und fa'alun liegen die Verhältnisse anders, weil beide
als Morpheme des Inf. I möglich sind und fa'alun statt fa'lun daher kaum
als Abweichung von der morphematischen Norm angesehen werden muß.
Silbenstruktur imd VokeJismus im Arabischen 47
kulation**. Nach den Lehren der arab. Grammatiker dürfen in Pausa
keine Sonanten vorkommen: sie werden entweder apokopiert oder ge¬
längt. Ebenso werden die Flexionsendungen -un, -in, -an behandelt,
indem sie entweder schwinden oder als -ü, -i, -ä auftreten. Die Dehnung
von -u, -i, -a und -un, -in, -an ist nur in der Poesie üblich ; in Prosa ist
dagegen Apokope dieser Flexionsendungen in Pausa die Regel*'. Solche
Pausalformen, wie etwa qawm an Stelle von qaumi-un/in oder ('a)l-qabr
an Stelle von {'a)l-qabr-ujila, scheinen der Silbenstruktur des Altarab.
zu widersprechen. In Wirklichkeit handelt es sich bei allen Erscheinungen
der Pausa um die Folge einer mechanisch wirkenden Artikulationsge¬
wohnheit, die nur eine Veränderung des Klangbilds hervorruft, die Sil¬
benstruktur aber nicht betrifft.
Alit der Artikulation stimmhafter Konsonanten und mit der Artiku¬
lation der Sonanten ist immer Stimmton verbunden. Die Besonderheit
der pausalen Artikulation besteht darin, daß der Stimmton früher ab¬
bricht als die Aktionen der beteiligten Artikulationsorgane. Das bedeu¬
tet für die betroffenen Laute eine Enttonung, die insbesondere bei den
Sonanten so weit gehen kann, daß sie nicht mehr hörbar sind, obwohl
sie artikuliert werden. Diese besondere Artikulationsgewohnheit in Pausa
hat sich im Arab. z.T. bis heute erhalten und kann z.B. bei Sprechern
der Kairiner Mundart noch gut beobachtet werden**. Erst sekundär hat
die pausale Enttonung auch eine gewisse Reduktion der Artikulation
zur Folge. Den Mitteilungen der arab. Grammatiker und den Schreibun¬
gen am Versende ist zu entnehmen, daß die pausale Enttonung und Re¬
duktion in verschiedenen Ausmaß eintreten koimte. Es lassen sich vier
Grade der Reduktion feststellen. Die beiden ersten, schwächeren Grade
erfassen nur das letzte Silbenelement, das im Auslaut steht. Der dritte
Grad erfaßt die beiden letzten Silbenelemente. Der vierte Grad stellt
eine afifektische Reduktion dar, die nur im Ausruf eintritt und mitunter
die drei letzten Silbenelemente erfaßt.
1. Grad: Das letzte, im Auslaut stehende Silbenelement wird in
Pausa stimmlos, jedoch voll artikuliert. Bei stimmhaften Konsonanten
" Die Angaben der arab. Grammatiker über die Veränderungen in Pausa
hat H. BraKBLAND, Altarabische Pausalformen, Oslo 1940, zusammengestellt;
vgl. auch H. Fleisch, Traitö 172ff.
" Da die von pausalen Veränderungen betroffenen Auslaute immer die
Flexionsendungen enthalten, behandeln die arab. Grammatiker die Pausal¬
formen unter morphematischen Gesichtspunkten. Daher glaubt BraKELAND,
a.a.O. 9f. und mit ihm auch andere Arabisten, es handle sich bei den Pausal¬
formen nicht um eine mechanische Lauterscheinung, sondem um eine Tat¬
sache des morphologischen Systems. Daß einige Flexionsendungen in Pausa
schwinden, hat jedoch keine grammatikalischen Gründe, sondem ist allein
lautlich bedingt. Vgl. W. Fischer, Demonstrative Bildungen 73fif.
48 WourontTBiCH Fischer
bedeutet dies Stbumlosigkeit: yaUvb -> in Pausa yaktu'> {yaklup)^*,
yaqyl -> in Pausa yaqu^ usw.*". Für Sonanten bedeutet die Enttonung,
daß bei u die Lippenrundung, bei i die dorsopalatale Engebildung ausge¬
fiihrt wird, sodaß noch etwa ein stimmloses w oder y gehört werden kann.
Bei enttontem o ist nur noch ein kaum vernehmbarer Hauch, etwa *
zu hören. Diesen Grad pausaler Enttonung bezeichnen die arab. Gram¬
matiker als 'iSmäm und rotpm**.
2. Grad: Das letzte, im Auslaut stehende Silbenelement wud in
Pausa stimmlos. Darüber hinaus wird die Artikulation reduziert. Für
auslautende Sonanten bedeutet dies, daß die qualitative Differenzierung
zwischen -u, -i, -a aufgegeben wird und nur stimmloses ' artikuliert
wird. Solches » ist praktisch nicht mehr hörbar; doch bleibt, und das ist
für die Silbenstruktur wesentlich, die explosive Artikulation des vorher¬
gehenden Konsonanten erhalten**: kataba -> katab', ('a)t-talabu {'a)t-
talab', nazäli nazal'. Die auslautende Silbe wird trotz der Reduktion
des Sonanten explosiv <(+) artikuliert. In Fällen wie -> kaiab' und
('a)t-talab' kann der enttonte Sonant völlig schwinden, weil die dann
entstehenden Pausalformen katab und {'a)t-talab mit der Struktur
<-f > in der letzten Silbe der Silbenstruktur nicht widersprechen. Da¬
gegen muß in FäUen wie ('a)l-kitäbu ('a)l-kitäb' und ('a)l'qabru ->
('a)l-qabr' der letzte Konsonant im explosiven Silbenelement verbleiben:
<(+), weil die sonst entstehende Gruppierung <-|->> zur SUbenstruk¬
tur in Widerspruch steht**.
Für auslautende Langvokale (ei;) sowie für die Endungen -un, -in, -an
bedeutet die Enttonung und Reduktion des letzten Silbenelements ge¬
wöhnlich, daß in Pausa nur noch der Sonant hörbar ist: -fl -> -««»>,
-i -> Uv), -ä -> -a<^>, -un -> -«<»', -in -> -»(»», -an -a(»>. Am Versende
»• Die pausale Enttonung wird im folgenden durch hochgestellte Buch¬
staben ausgedrückt. Der Pfeil ->• bedeutet „erscheint in Pausa ala". Die
übor dem Pfeil stehenden Ziffern (i., £ usw.) weisen auf den Grad der
pausalen Enttonung imd Reduktion hin.
Die Stimmlosigkeit infolge pausalor Enttonung wird orthographisch
weder in den Texten noch von den Grammatikem bezeichnet. Man vgl.
dazu Sibawaih II 310f. imd Schaadb. Sibawaihis Lautlehre lOff.
" Vgl. Birkeland. Pausalformen 22ff.
•2 Der so entstehende phonetische Effekt dürfte dem des französischen e
must ähnlich gewesen sein. Auch e muet kennzeichnet nur die explosive
Artikulation dos vorhergehenden Konsonanten.
*ä Dementsprechend findet sich konsonantisches Versende in der altarab.
Poesie nur dann, wenn dem Reimkonsonanten ein Sonant vorhergeht. Nur
im Ragaz kommen Reime wie -Ob, -ün usw.. also -evx/ vor. Sie gehören je¬
doch wahrschoinlich einer Periode an. in der die altarab. Silbenstruktur
bereits dahingehend modifiziert war, daß xei'xj am Wertende wie im Neu¬
arab. geduldet wurde. Vgl. noch unt. S. 42.
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 49
wird daher mit Recht -ev und -en äquivalent behandelt und nur der
Sonant geschrieben: katabu^"'^ reimt mit tahbu^^K Bei ä, seltener bei i
imd ü, kann bei stärkerer Artikulation der enttonte Esxpirationsstrom
als stimmloser Hauch, d.h. etwa als h, bei ä auch als ' hörbar sein und
wird so auch in der Orthographie notiert: mä ma^ = muh, lä ^ la',
di dih, ti tih, *qi (Imp. zu waqä) > qi-^ qih usw. Das auslautende
h oder ' hat in Pausa keinen Phonemwert ; h und ' sind dann nur Reali¬
sationen des enttonten A, y oder w. Dringen solche Pausalformen in den
Kontext ein, werden h und ' als konsonantische Phoneme gewertet:
dih, tih > im Kontext dihi, tihi^* ; mahmä < mä-mä.
Trägt ein auslautender Langvokal den Akzent, dann bleibt die Länge
auch in Pausa erhalten. Trotzdem tritt pausale Enttonung ein und der
enttonte Exspirationsstrom kann als h oder ' hörbar sein: 'i, hi 'ih,
hih; lahfd lahfäh, sabähd sabähdh; 'uld 'uld'. Auch in diesen
Fällen sind h und ' keine Phoneme, so daß also keine der Silbenstruktur
Avidersprechenden Lautfolgen xevxl vorliegen. Erst wenn solche Formen
in den Kontext geraten, wird h oder ' als Phonem gewertet. Die Laut¬
gruppen -xevx müssen dami durch einen bedingten Sonanten als -xevxe
der Silbenstruktur eingefügt werden: 'ih > im Kontext 'ihi, hih > im
Kontext hihi, 'idä' > im Kontext 'vlä'i (s. ob. S. 28).
3. Grad: Die pausale Enttonung und Reduktion kann auch die
beiden letzten Silbenelemente (+>) ergreifen. Dies tritt bei auslauten¬
dem -ev und -en ein: -xev -> -.r«*"' und -xen -> -a^("', z.B.: yarmi ->
yarm'^, talabun talab' oder taiab, kitäban kitäb'. Auch in diesem
Grad pausaler Reduktion tritt keine Störung der altarab. SUbenstruktur ein .
4. Grad: Die stärkste pausale Reduktion tritt im aflfektischen An-
oder Ausruf ein. Sie bewirkt zunächst völligen Schwund des auslauten¬
den Sonanten. Da nun der vorhergehende Konsonant, der ebenfaUs
durch Enttonung bereits reduziert ist, nicht mehr im explosiven Silben¬
element stehen kann, schwindet auch er. Die Silbenstruktur bleibt
stets gewahrt: sähibu *sähi'' > aähi, mäliku -> *mäli^ > viäli,
mu'äwiyatu *mu'äunya^ > mu'äwiya, mansüru *mansif > mansu^^.
°* Der an dih, tih angetretene Sonant ist durch die gewöhnliche Stellung
des Demonstrativpronomens vor dem Artikel, d.h. also vor xx, bedingt:
*dih l-mar'atu > dihi l-mar'atu. Sekundär wurde der bedingte Sonant dann
als fester Bestandteil des Worts interpretiert.
" Einige Beispiele dieser Art behandelt Birkeland, Pausalformen 8 Iff.;
vgl. auch Wright II 371 (§ 288 Rem. b).
" Die arab. Grammatiker bezeichnen diese affektische Verkürzvmg als
tarhim. Vermutlich wurden die auslautenden Sonanten solcher Tarhim-
Formen häufig noch von der Enttonimg ergriffen : ?äh', mal' usw. Die arab.
Grammatiker schwanken nämlich bei der Schreibung zwischen -i und -m,
wobei sie -u als Vokativendung interpretieren. Vgl. hierzu Wright II 88 f.
und Fleischer, Kleinere Schriften I 581 f.
4 ZDUQ 117/1
50 Wolfdietbich Fischeb
Für XjXi im Auslaut bedeutet die pausale Enttonung Vereinfachung
der Doppelkonsonanz : -x^x^ £ -x{''^ > -Xj^. Der sonst in Kontextformen
nach -x^Xi notwendige bedingte Sonant (s. ob. S. 24) kann also in Pausa
entfallen : yafirr, im Kontext yafirri, yafirra, 1. yafir' > yafir. Die glei¬
che Behandlungsweise tritt auch bei -x^^fi ein, sofern solche Auslaute
dem 3. Enttonungsgrad unterworfen werden: -aTi^je i. -«jX^t«) > -ar^,
z.B.: \arra 1. far'i'^ > far. Die auslautenden Sonanten der Kontext¬
formen köimen natürlich in beiden Fällen auch in Pausa enttont erhal¬
ten bleiben, so daß die Doppelkonsonanz nicht reduziert wird: yafirri
yafirr", farra £. farr'.
Die in der altarab. Poesie am Versende auftretenden Pausalformen
entsprechen solchen des 2. Grades, zuweilen auch solchen des 3. Grades.
Um den in der Poesie vorgeschriebenen einheithchen Reim zu erzielen,
müssen in vielen FäUen am Versende lautliche Veränderungen eintreten,
wodurch die Wirkungen der pausalen Artikulationsreduktion indirekt
aufgehoben werden. Folgende lautliche Veränderungen sind am Vers¬
ende möghch :
a) Längung auslautender Sonanten -e > -ev, d.h. a > ä, i > i, u > n,
zur Vermeidung der Pausalreduktion. Unter Beachtung der Enttonung
ö -> oder ah, i-^iy,ü->u^ bleiben die auslautenden Sonanten auch
am Vei-sende erhalten. Diese sekundäre Verstärkung der Artikulation
ermöghcht es, bei Reim auf -u Formen auf -u, -ü und -un zu verwenden,
da sie in Pausa gleichlautend werden: -u > ü -u^; -ü -u">; -un ->
.«(«). Der letzte hörbare Laut, in diesem FaUe u, bUdet den Reim. Ent¬
sprechendes gUt für Reime auf -i oder auf -a, bei welchen -i > i, -i und
-in oder -o > ä, -ä und -an nebeneinander im Reim verwendet werden
können. Trotz der Reduktion von ö, i, ü, bzw. -un, -in, -an in Pausa
werden diese SUben metrisch lang gewertet. Die Orthographie schreibt
jedoch entsprechend der tatsächlichen Lautung gewöhnhch nur i und
u, bei -a aus traditioneUen Gründen aber ä".
Auslautendes -ä kann, wie ob. S. 42 bemerkt, auch -ah klingen
und orthographisch so notiert werden. Das gUt auch für sekimdär ge¬
längtes a > ö am Versende. Diese Erscheinung findet sich häufig bei den
Endungen -iya, -niya (Pers.-Sufifixe der 1. sg.), die am Versende als
" Die Untersuchung der pausalen Lautverhältnisse hat ergeben, daß
-ü, -i, -a sowie -un, -in, -an gleichmäßig behandelt werden. Die Schreibimg 33iit Alif bei Reim auf o = o-^ oder a("> hat also keine lautlichen Gründe,
sondem beruht auf orthographischen Traditionen. Wahrscheinlich rührt
sie daher, daß die Akk.-Endimg -an auch im Kontext gewöhnlich durch
Alif markiert wird. Von denjenigen Fällen, bei denen -on o(»> im
Reim stand, wurde die Schreibung mit Alif auf sämthche a-Reime über¬
tragen.
Silbenstmktur imd Vokalismus im Arabischen Sl
-iyä -> -iyah und -niyä -> -niyah auftreten können und so mit anderen Formen auf -iyah reimen**.
Die auf Grund der Pausalenttonung möglichen Auslaute -i -ih und
-ü -> -uh werden in der Poesie im Reim kaum verwendet. Sie werden
vermieden, weil -ih, -uh gewöhnhch Pausalform für -iht, -uhä ist, so daß
mehrdeutige Formen entstehen würden, wenn auch -i -> -ih und -ü ->
-uh im Reim verwendet würde.
b) In Gedichten, die gemäß der überlieferten Orthographie auf -i
reimen, können auch auf Konsonant auslautende Wortformen verwen¬
det werden, die durch Anfügung eines Sonanten, nämlich -i, dem Reim
angepaßt werden. Es darf angenommen werden, daß auslautende So¬
nanten im 2. Grad pausaler Enttonung als ' auftreten oder ganz schwin¬
den (s. ob.) : yaktubu yaktub' oder yaktub. Der Unterschied zwischen
beiden Pausalformen besteht nur darin, daß in yaktub' der letzte
Konsonant explosiv, in yaktub implosiv artikuliert wird. Nimmt man
an, daß in Gedichten, die durch -i erweiterte Formen aufweisen, diese
Art der Auslautbehandlung am Versende eintritt, so bedeutet die Ver¬
wendung von -x' (geschrieben x-i) keine morphematische Veränderung
der Wortform: yaqul-i -> yaqvl' unterscheidet sich von morphematisch
geforderten yagul nur durch die explosive Artikulation des l. Hinter
altarab. Gedichten, die der Orthographie nach auf -i reimen, verbergen
sich demnach zwei verschiedene Arten des Reims, nämlich -xi = -xif
oder -a;t<"> und -x'. Die letztere Reimform dürfte immer dann vorliegen,
wenn im Reim Fälle von Anfügung eines -i an konsonantisch auslautende
Formen vorkommen. Da dieses -i als behebiger Sonant nur den Sinn
haben kann, den pausalen Auslaut -x' im Reim herzustellen, kann die
Möglichkeit der Längung -i > i (-> -iv) für solche Fälle nicht zugegeben
werden. Allerdings finden sich in solchen Gedichten mit -x-i (i = be¬
liebiger Sonant) auch Reimformen mit grammatisch langem i, z.B.:
Näh. 5/39 yadi neben 5/19 lam yasid-i. Formen mit grammatischem -i
konnten der pausalen Reduktion des 3. Grades unterworfen werden:
yadi — yad', und so ein einheitlicher Reim auf -x' hergestellt werden.
Der hier dargestellten Theorie, daß in Gedichten mit -x-i der Beim als
— -x' zu lesen sei, entspricht die herkömmliche Orthographie, die in
solchen Gedichten grammatisch berechtigtes -i im Reim ziuneist nur als
-» (d.h. ohne yä' geschrieben) notiert.
Pausale Auslaute -x', die auf Grund der Enttonung in Pausa im Alt¬
arab. vorhanden gewesen sein müssen, lassen sich mit dem Mitteln der
arab. Schrift nicht eindeutig fixieren. Bei den arab. Grammatikem
•8 Vgl. Wbight II 371 (§ 228 Rem. b). Beispiele für diesen Reim sind sehr
selten, z.B.: ^imähiya -* ^mäfiiyah Ham. Marz. III 644/4 und 'aqwäliya -»
'aqwaliyah eb. IV '8 29/1.
4»
52 Wolfdietrich Fischer
findet sich die Schreibung von Pausalformen mit Taädid über dem letz¬
ten Konsonantenzeichen*'. Bei dieser Schreibung kann es sich nur um
einen Versuch handeln, die pausale Artikulation -x', d.h. Enttonung des
auslautenden Sonanten unter Beibehaltung der explosiven Artikulation
des vorhergehenden Konsonanten, darzustellen: 'Ahmadu 1. 'Ahmad',
geschrieben 'ahmadd. Da xx gewöhnlich implosiv-explosiv {> <) artiku¬
liert wird, konnte durch die Setzung des TaSdid auf die explosive Arti¬
kulation des d in 'Ahmad' hingewiesen werden. Daß tatsächlich artiku-
latorische Verdoppelung von Konsonanten in Pausa vorgekommen sein
soll, ist nicht denkbar™.
Die Besonderheiten der pausalen Artikulation bedeuten, wie gezeigt,
keine Veränderung der altarab. Silbenstruktur. Somit dürfen auch am
Versende in der altarab. Poesie keine Silben auftreten, die der Silben¬
struktur widersprechen. Tatsächlich kommen jedoch bei zwei Versmaßen,
nämlich im Ragaz und im Sari', Gedichte mit -xevx im Reim vor. Solche
Reime setzen eine Veränderung der für das Altarab. als gültig festge¬
stellten Silbenstruktur dahingehend voraus, daß xevxj zumindest am
Wortende geduldet wird. Im Gegensatz zum Altarab. duldet das Neu¬
arab. xevxl am Wortende (s. unt. S. 51). Gedichte mit xevx im Reim wei¬
sen also eine für das Neuarab. tjrpische Silbenstruktur auf und sind so¬
mit einer Zeit zuzuweisen, in der das Altarab. nur noch als poetische
und religiöse Hochsprache traditionell verwendet wurde, in der die ge¬
sprochene Sprache jedoch bereits typisch neuarab. Strukturen aufwies.
Nur am Versende unter den da herrschenden pausalen Artikulations¬
bedingungen konnten neuarab. Strukturen in die altarab. Hochsprache
eindringen. Hier, in den Reimen auf xevx sowie den im Reim vorkom¬
menden Fem.-Formen auf -ah (s. unt. S. 48), haben wir die frühesten
Belege neuarab. Strukturen. Die Zeit, in der die altarab. Sprachperiode
unterging und neuarab. Formen und Strukturen begannen, läßt sich
nicht bestimmen, da die wenigen sprachlichen Zeugnisse vor der litera¬
rischen Überlieferung des Arabischen infolge der Besonderheiten ihrer
Orthographie kaum Eindeutiges über den in ihnen fixierten Sprachzu¬
stand aussagen. Gewiß ist wohl nur soviel, daß der Beginn des Neuarabi¬
schen, als dessen charakteristische Merkmale der teilweise Verlust aus¬
lautender Sonanten und die damit zusammenhängende Veränderung der
Silbenstruktur anzusehen sind, wesentlich früher angesetzt werden muß,
als es die einheimische Tradition zugeben will. Reime auf xevx kommen
«• Vgl. Birkeland, Pausalformen 26 f.
Hiervon sind andere Fälle von Konsonantenverdoppelung zu scheiden,
die im Reim gelegentlich vorkommen, die jedoch nichts mit pausaler Ent-
tommg zu tim haben, sondem aus metrischen Gründen gebildet werden, wie
Birkeland, Pausalformen 27 zutreffend feststellt.
Silbenstruktur und Vokalismus im Arabischen 53
schon in Gedichten vor, die vorislamischen Dichtern zugeschrieben
werden, z.B. Imr. Nr. 61 (Reim -ün), Tar. App. Nr. 3 (Reim -ih) und
Tar. App. Nr. 4 (Reim -üh). Ob die Datierungen allerdings zu Recht be¬
stehen, ist sehr zweifelhaft.
5. Pausalformen und Orthographie — Die qoranischen
Reimformen
Die Darstellung des Systems der altarab. Pausalartikulation, wie es
sich am Versende der Dichtung manifestiert, gibt noch Anlaß zu einigen
Bemerkungen, die nicht unmittelbar mit den Problemen der Silbenstruk¬
tur in Zusammenhang stehen. Von arab. Grammatikern wird die Auf¬
fassung vertreten, daß die Orthographie des Klassischen Arabisch eine
Wiedergabe der altarab. Pausalformen darstelle. Die em-opäische Ara¬
bistik hat diese Theorie weitgehend übernommen'*. Setzt man voraus,
die arab. Orthographie sei eine mit ihren Mitteln konsequente Wieder¬
gabe altarabischer Lautbilder, so soll mit Hilfe dieser Theorie erklärt
werden, daß 1. das n der nominalen Endungen -un, -in, -an nicht ge¬
schrieben wird, daß 2. die Endung -an durch Alif ('), jedoch nicht -un
und -in dementsprechend durch Wäw und Yä' markiert werden, und
daß 3. die nominalen Fem.-Formen auf -aJtunjinjan einheitlich als h ge¬
schrieben werden. Es ist hier nicht beabsichtigt, die Problematik der
arab. Orthographie in extenso zu behandeln und auf ihre Entwicklung
einzugehen; es sollen nur einige kritische Gresichtspunkte, die bei der
Beurteilung dieser Probleme berücksichtigt werden müssen, dargestellt
werden.
Würden der arab. Orthographie Pausalformen zugrundeliegen, wie
sie in der alten Poesie am Versende bezeugt sind, so würde dies ohne
Zweifel erklären, daß bei den nominalen Endimgen -un, -in, -an das n
nicht geschrieben wird: -i(«>, -«(«'. Für eine abweichende
Schreibweise von -an läge jedoch kein Grund vor. Konsequenter Weise
müßte dann allerdings auch auslautendes -ä, -i, -ü bei der Schreibung
unberücksichtigt bleiben, da sie in Pausa ebenfalls reduziert werden:
-w«*, -iy, -o^'*. Nach der Darstellung arabischer Grammatiker sollen -un,
'1 Vgl. BiBKELAND, Pausalformen 10 imd 19f., Nöldeke, Oeschichte des
Qoräns III 27 sowie auch Nöldeke, Beiträge 7f. Hinweise auf die diesbezüg¬
lichen Darlegungen arabischer Grammatiker gibt Buhl, Sproglige og histo¬
riske Bidrag til den arabiske Qrammatik, Leipzig 1878, S. 112ff.
'2 Die am Versende der altarab. Poesie auftretenden Pausalformen behan¬
deln -an, -in, -un einheitlich, wie oben gezeigt wurde. Auch bei totaler Re¬
duktion dieser Endungen, wie talabun ^ talab, nimmt die Akk.-Endung -an
keine Sonderstellung ein. Sie kann wie -un und -in total reduziert werden:
talaban ^ talab. Belege für solche Fälle bietet Geyer, Gött. gel. Anz. 1909,
53.