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Stefan Ritter, Hercules in der römischen Kunst von den Anfängen bis Augustus

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564

LITKRATURKRITIK, Besprechungen und Anzeigen

K L I O 80 1998 5 6 4 - 5 6 5

R A L F VON DEN HOFF ( Mü n c h e n )

Stefan Ritter, Hercules in der romischen Kunst von den Anfängen bis Augustus, Heidelberg (Verlag Archäo­

logie und Geschichte) 1995 (Archäologie und Geschichte 5) 248 S., 16Taf., ISBN 3­9801863­2­4 (brosch.) D M 8 2 , ­

Die weitgehend bekannten archäologischen Zeugnisse archaischer bis augusteischer Zeit zum römischen Her­

cules behandelt die hier vorzustellende, bei T. Hölscher in Heidelberg abgeschlossene Dissertation. In einer

„historisch ausgerichteten Auswertung" (15) verfolgt sie Wandlungen und Nuancen im „Wesen des Hercules"

(16) in ihrem historischen Kontext.

Chronologisch vorgehend und gestützt auf Bilddarstellungen unterschiedlichster Gattungen sowie epigraphisch und literarisch überlieferte Stiftungen, gelingt es R(itter), Vorstellungswandlungen im Bild des Gottes nachzu­

zeichnen: zunächst (18—55) vom archaischen „Patron des individuellen Handels" (31) über den i'ic/or, den „ G o t t des triumphierenden Staates" (31), im späten 3. Jh. zum facettenreicheren „vitalen Patron der Hellcnisierung und des Machtzuwachses" (55) der Potentaten des 2. Jhs. D e r folgenden quellenreicheren Zeit zwischen Sulla und Augustus ist der Hauptanteil des Textes gewidmet (56—230). Hier gewinnt die Untersuchung durch die T r e n n u n g der Denkmäler nach Funktionsbereichen (Politik, Kult, private Welt) auch an Differenziertheit. Als Siegesgott wird Hercules im l . J h . zum exklusiven Leitbild einzelner, zum „Spielball der Parteipolitik" (85). Durch die Nie­

derlagen des Pompeius und des M. Antonius, deren Anhänger sein Bild propagiert hatten (61—81), diskreditiert, verliert er unter Octavian/Augustus seine Rolle als bedeutender Staatsgott und ist in Bildern kaum noch präsent (129—148). Schnell aber erhält er neue Bedeutung als entpolitisierter I leid der römischen Frühgeschichte und des griechischen Mythos. R. entgeht der Versuchung, die propagandistische Glcichsctzung zwischen M. Antonius und Hercules überall wirksam zu sehen. F,r zeigt vielmehr, wie im G e w a n d des Hercules­Omphale­Mythos

M. Antonius zwar unter Octavian in der Literatur bloßgestellt (81—85), in der Glyptik und Keramik, in der priva­

ten Vorstellungswelt also, dieselbe Frzählung aber zum positiven Beispiel für ot'mm und Lebensgenuß werden kann, das sie in augusteischer Zeit bleibt ( 1 0 1 ­ 1 0 8 , 1 7 1 ­ 1 8 1 ; vgl. auch 136 f.). Auch wird deutlich, daß sich die Rolle des Hercules nicht in individueller politischer Vereinnahmung durch die Feldherren des Späthellenismus erschöpft. Im Kult bleibt er als Garant wirtschaflichen

Erfolges

durchgängig präsent (87 — 100, 157 — 161, 170), in der Welt der Villen und Häuser wird er zum Vorbild für Vitalität, Lebensfülle und ­genuß (120—125, 198—220).

Unter die Räder der zügig nachgezeichneten Fjitwicklungslinic1 geraten einzelne Forschungsprobleme: Die archaische G r u p p e von S a n O m o b o n o als Ausdruck der Machtlegitimation der Tarquinier (21f.) zu deuten,

1 Vgl. schon T. Hölscher, Die Anfänge römischer Repräsentationskunst, MDAI(R) 85, 1978, 3 1 5 ­ 3 5 7 ; ders., Staatsdenkmal und Publikum, Konstanz 1984, 12—19; H. G. Martin, Römische Tcmpclkultbildcr, Rom 1987;

P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, München 1987.

Originalveröffentlichung in: Klio 80, 1998, S. 564-565

(2)

K L I O 80 (1998) 2 5 6 5

dafür fehlen Hinweise im Bild. Allzu abstrakt ist die Parallelisierung zwischen politischer Situation und Bild, wenn die Strenge archaistischer Reliefs frühaugusteischer Zeit als Zeichen für die Bewältigung der Unruhen des Bürgerkrieges gedeutet wird (131), obwohl R. andernorts vorsichtiger stilistische Eigenheiten als Bestand­

teile von Darstellungsintcressen zu verstehen sucht (117 f., 190 ff.). Der als Programm gedeutete Hindruck

„melancholischen Sinnens" (215) bei der augusteischen Kopie des polykletischen Herakles beruht möglicher­

weise auf der modernen Sockelung.2

Insgesamt aber zeigt die Arbeit, daß archäologische Quellen Wandlungen der Erscheinungsformen eines Gottes als kulturelle und politische Prozesse erhellen und damit für die historische Forschung nutzbar werden können und zwar differenziert, ohne allzu einseitig als Propagandainstrument mißverstanden zu werden, und nicht allein illustrierend.

2 D. Kreikenbom, Bildwerke nach Polyklet, Berlin 1990, 100 Taf. 2 1 8 ­ 2 2 0 .

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