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Archiv "Pathologie und Diagnostik der arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie" (03.07.1998)

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(1)

ie Häufigkeit der arrhythmo- genen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie wird regional unterschiedlich einge- schätzt; in Europa geht man von ei- nem Erkrankungsfall auf 10 000 Ein- wohner, in den USA von etwa einer Erkrankung pro 100 000 Einwohner aus. In der Region Venetien in Italien ist mit einem Patienten auf 1 000 Ein- wohner zu rechnen, der Anteil dieses Krankheitsbildes an plötzlichen To- desfällen bei jungen Menschen (unter 35 Jahren) dieser Region liegt bei 11 bis 12 Prozent (3). Im Rahmen von Herztransplantationen an der Univer- sitätsklinik Padua findet man die ar- rhythmogene rechtsventrikuläre Dys- plasie-Kardiomyopathie in einer Häu- figkeit von 1 : 300 explantierten Her- zen (3).

Die jährliche Mortalität der Er- krankung wird auf zwei bis drei Pro- zent geschätzt (25), wobei etwa zwei Prozent der Patienten ohne vorausge- hende klinische Diagnose am plötz- lichen Herztod und die restlichen Fälle am therapierefraktären Rechts- herzversagen versterben. Unter ent- sprechender medikamentöser oder

nicht pharmakologischer Therapie kann die jährliche Mortalitätsrate auf annähernd ein Prozent gesenkt wer- den (2).

Das klinische Spektrum der Er- krankung umfaßt asymptomatische Fälle, die fast ausschließlich bei syste- matischem Familienscreening ent- deckt werden, oligosymptomatische Fälle mit Palpitationen und vereinzel- ten ventrikulären Extrasystolen, sym- ptomatische Fälle mit anhaltenden linksschenkelblockartigen Kammer- tachykardien (Grafik 1)oder plötzli- chem Herztod und Fälle mit Rechts- herzinsuffizienz nach einem voraus- gegangenen Intervall mit symptoma- tischen Kammertachykardien (36).

Obwohl die Häufigkeit der Er- krankung insgesamt gering ist, be- trägt der Anteil von Patienten mit arrhythmogener rechtsventrikulärer

Dysplasie-Kardiomyopathie in einem elektrophysiologischen Labor bei ei- nem Kollektiv unter 45 Jahren an- nähernd 35 Prozent (41), so daß davon ausgegangen werden muß, daß dieses Krankheitsbild in relevan- tem Umfang zur Problematik nicht ischämischer Kammerarrhythmien beiträgt.

Pathologie und Ätiopathogenese

Die ersten Krankheitsfälle fielen Anfang der achtziger Jahre im Rah- men geplanter chirurgischer Behand- lungsmaßnahmen an einem französi- schen Patientenkollektiv mit nicht ischämischen Kammertachykardien auf (12). Bereits makroskopisch fiel eine von epikardial nach endokardial fortschreitende Verfettung des teil- weise dilatierten rechten Ventrikels auf. Histologisch dominierte eine rechtsventrikuläre Lipomatose mit einzelnen eingebetteten Myokard- zellinseln, die von einer zusätzlichen feinen Schicht von Fibrose umgeben waren (13). Anhand dieser Befund-

Pathologie und Diagnostik der

arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie

Stefan Peters

1

, Bettina Götting

1

, Heidi Peters

1

, Ludwig Thierfelder

2

Stichwörter: Kardiomyopathie, arrhythmogene Dysplasie, progrediente Atrophie, rechtsventrikulärer Myokard Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie-Kardio- myopathie ist nach dem neuesten publizierten Bericht der WHO zur Definition von Kardiomyopathien in die Gruppe der idiopathischen Formen aufgenommen worden.

Das pathologische Erscheinungsbild umfaßt eine progre- diente Atrophie im rechtsventrikulären Myokard, mit fibro-

lipomatösem Einsatz. Aufgrund der nachgewiesenen morphologischen Va-

riabilität der Erkrankung ist die Diagnostik nur unter Zuhil- fenahme unterschiedlicher technischer Verfahren möglich, wobei neben dem Standard-EKG, der Echokardiographie und der rechtsventrikulären Angiographie auch neuere Me- thoden wie beispielsweise die Kernspintomographie ihren gesicherten Stellenwert haben.

ZUSAMMENFASSUNG

Key words: Cardiomyopathy, arrhythmogenic dysplasia, progressive atrophy, right-ventricular myocardium According to the recently published report by the World Health Organization, arrhythmogenic right ventricular dys- plastic cardiomyopathy belongs per definitionem to the group of idiopathic cardiomyopathies. The pathology of this disease includes a progressive atrophy and fibrolipoma-

tous replacement of right-ventricular myocard- ium. Because of the variable morphology, the

diagnosis of this type of cardiomyopathy is complex und re- quires the application of various methods. The value of stand- ard ECG, echocardiography, right ventricular angiography and newer techniques such as nuclear magnetic resonance tomography should be considered.

SUMMARY

D

1Klinikum Dorothea Christiane Erxleben Quedlinburg (Direktor: Priv.-Doz. Dr. med.

Stefan Peters), Akademisches Lehrkranken- haus der Universität Magdeburg, II. Medi- zinische Klinik – Kardiologie, Quedlinburg

2Max-Delbrück-Zentrum (Direktor: Prof. Dr.

med. R. Dietz), Berlin-Buch

(2)

konstellation wurde der Be- griff der Fibrolipomatose ge- prägt.

In den darauffolgenden Jahren wurden zwei unter- schiedliche Formen der Fibro- lipomatose zunächst von der Arbeitsgruppe aus Padua (35), später auch von anderen Ar- beitsgruppen beschrieben (6, 22). Anhand einer größeren Anzahl von Sektionsbefunden wurde eine Fibrolipomatose vom Typ 1 mit überwiegender Lipomatose entsprechend den ersten Befunden aus Frank- reich, daneben aber auch eine Fibrolipomatose vom Typ 2

mit größerem Anteil an Fibrose ent- deckt. Wesentliche morphologische Unterschiede beider histologischer Formen faßt Tabelle 1zusammen. Bei einer derartigen Variabilität wurden lange Zeit unterschiedliche Erkran- kungen mit ähnlicher klinischer Sym- ptomatik diskutiert. Erst nach der Be- schreibung eines einheitlichen Genoty- pus (Chromosom 14q23–24) mit unter- schiedlichen histologischen Befunden innerhalb mehrerer Familien (32) muß bei der arrhythmogenen rechtsventri- kulären Dysplasie-Kardiomyopathie von einer kardialen Entität mit varia- blem Erscheinungsbild ausgegangen werden.

Trotz variabler histologischer Be- funde erscheinen hinsichtlich der

möglichen Ätiologie der Erkrankung einige pathologische Besonderheiten bemerkenswert:

¿Bei allen histologisch aufgear- beiteten Krankheitsfällen fällt eine progrediente Muskelzellatrophie mit zerfallenen oder in Zerfall begriffe- nen Myozyten auf. Es muß bei allen Überlegungen zur Ätiologie der Er- krankung von einem aktiven Prozeß des Zellunterganges ausgegangen werden.

ÀIn etwa zwei Drittel der Fälle lassen sich histologisch entzündliche Infiltrate im rechtsventrikulären Myokard nachweisen. Nach weiterer Differenzierung der infiltrierenden Zellen handelt es sich fast ausschließ- lich um T-Lymphozyten (37). Diese

Infiltrate unterscheiden sich eindeutig von Infiltrationen bei Myokarditis durch das Fehlen von Makrophagen und anderen reaktiv einwandernden Zellen und ähneln am ehesten dem hi- stologischen Bild, das bei der Ab- stoßungsreaktion von transplantier- ten Organen resultiert.

ÁIn den letzten Monaten häufen sich Hinweise auf einen „program- mierten Zelltod“ (Apoptose) im Myokard bei arrhythmogener rechts- ventrikulärer Dysplasie-Kardiomyo- pathie (23, 39). Ist das Phänomen der Apoptose bei einer Reihe von Er- krankungen mit Herzinsuffizienz im Terminalstadium als sekundäres Phä- nomen nachweisbar (26), so wird bei der Apoptose im Rahmen der ar- rhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie immer wieder betont, daß es sich hier um nachweisbare Apoptose in Frühstadi- en der Erkrankung ohne Rechtsherz- insuffizienz handelt. Bereits bekannt ist ein Zusammenhang zwischen ak- tivierten CD45TO+-T-Lymphozyten und fehlender Inhibition der Apopto- se durch das bcl-2-Proto-Onkogen (34).

ÂMit Hilfe der In-situ-Hybridi- sierung läßt sich bei der arrhythmoge- nen rechtsventrikulären Dysplasie- Kardiomyopathie nach Angaben der Arbeitsgruppe um Kandolf anläßlich der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie im April dieses Jahres keine enterovirale Persi- stenz nachweisen, auch wenn mit der allerdings methodisch nicht verläßli- chen PCR-Methode über den Nach- weis von Enteroviren im Myokard be- richtet wurde (18). Da die In-situ-Hy- bridisierung derzeit beim Nachweis von viralen Infektionen des Myokards als Referenzmethode zu betrachten ist, muß in der Diskussion um die Ätiologie der Erkrankung die virale Infektion angezweifelt werden.

Neben diesen pathologischen Be- sonderheiten, die in der Diskussion um die Ätiopathogenese Berücksich- tigung finden müssen, ist wie bei anderen Formen von Kardiomyo- pathien eine familiäre Häufung der arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie in einem geschätzten Anteil von 30 bis 40 Pro- zent evident. Anhand mehrerer größerer Familien aus dem Raum Tabelle 1

Morphologische Unterschiede der Fibrolipomatose Typ 1 und Typ 2

Besonderheiten Fibrolipomatose Typ 1 Fibrolipomatose Typ 2

Histologie Fibrolipomatose Fibrolipomatose

RV-Dilatation häufig vorhanden seltener vorhanden

RVOT-Dilatation vorhanden selten vorhanden

Aussackungen infundibulär inferior, (apikal)

Wanddicke normal bis erhöht reduziert

linksventrikulärer seltener fast immer vorhanden Befall

Mitralklappen- häufig assoziiert kaum vorzufinden prolaps

Altersspektrum 20–40 Jahre 15–70 Jahre

V1 V2 V3 V4 V5 V6 Grafik 1

Anfalls-EKG bei arrhythmogener rechtsventrikulärer Dysplasie:

Linksschenkelblockartig konfigurierter QRS-Komplex in den Brust- wandableitungen

(3)

Venetien konnten vier unterschiedli- che Genloci, die Tabelle 2 zusammen- faßt, erarbeitet werden. Allerdings steht bislang noch die Identifizierung von Kandidatengenen aus, so daß der genetisch fixierte Pathomechanismus der Erkrankung weiterhin unklar bleibt. Bemerkenswert scheint aller- dings die Tatsache, daß auch bei nach anamnestischen Angaben unauffälli- gen Familien eine Häufung der Er- krankung nachweisbar ist (27), so daß in allen Fällen ein systematisches Fa- milienscreening erforderlich scheint.

Diagnostik

Bei den Versuchen, die arrhyth- mogene rechtsventrikuläre Dyspla- sie-Kardiomyopathie klinisch zu dia- gnostizieren, sind eine Fülle von zum Teil aufwendigen bildgebenden Ver- fahren zum Einsatz gekommen. Kei- nes der genannten Verfahren hat bis- lang so überzeugende Resultate er- bracht, daß es uneingeschränkt als Referenzverfahren betrachtet wer- den kann. Die Schwierigkeiten in der klinischen Diagnostik der Erkran- kung kommen auch in dem Vorschlag zum Ausdruck, die arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie-Kardio-

myopathie anhand von Haupt- und Nebenkriterien (Textkasten Kriterien- plan) ohne Berücksichtigung der Art des bildgebenden Verfahrens zu dia- gnostizieren (25). Da bereits Anfang der achtziger Jahre die rechtsventri- kuläre Angiographie, elektrokardio- graphische Verfahren und die Myo- kardbiopsie zum Einsatz kamen, soll zunächst auf die Wertigkeit dieser Verfahren eingegangen werden.

Selektive rechtsventrikuläre Angiographie

Die rechtsventrikuläre Angio- graphie galt viele Jahre als „Goldstan- dard“ in der Diagnostik der Erkran- kung. Augenscheinlich spezifische Veränderungen, wie rechtsventrikulä- re Dilatation und Einschränkung der Auswurfleistung, globale oder seg- mentale Kontraktionsstörungen, das

„pile d’assiettes“-Phänomen, tiefe ho- rizontale Fissuren und enddiastolisch- endsystolische Aussackungen wurden beschrieben (8, 9, 10). Allerdings muß nach eigenen Ergebnissen (28) die Spezifität einer Reihe dieser angio- graphischen Veränderungen ange- zweifelt werden. Selbst die als patho- gnomonisch geltenden Aussackungen im infundibulären, apikalen oder infe- rioren Segment des rechten Ventri- kels (Abbildungen 1a und 1b)lassen sich bei Präexzitation mit geändertem Erregungsmuster des rechten Ventri- kels, bei Fällen mit Sarkoidose und in seltenen Fällen mit typischer dilatati- ver Kardiomyopathie nachweisen.

Ähnliches gilt für tiefe horizontale Tabelle 2

Molekulargenetik der ARVD

ARVD 1 Chromosom 14q23–24 ARVD 2 Chromosom 1q42–43 ARVD 3 Chromosom 14q12–22 ARVD 4 Chromosom 2q31–35

Abbildungen 1a und 1b: Selektive rechtsventrikuläre Angiographie in diastolischer (a) und systolischer Phase (b) bei ARVD mit umschriebenen Aussackungen apikal und inferior

Kriterienplan in der Diagnostik der arrhythmogenen rechtsventri- kulären Dysplasie-Kardiomyopa- thie (McKenna et al., 1994) Von der Diagnose ist auszugehen bei:

2 Hauptkriterien oder 1 Hauptkriterium und 2 Nebenkriterien oder 4 Nebenkriterien

Task-force-Kriterien der ARVD lGlobale und/oder regionale Dysfunktion des rechten Ventrikels Hauptkriterium:

schwere Ausprägung Nebenkriterium:

milde Ausprägung

lGewebecharakterisierung Hauptkriterium: Fibrolipomatose lRepolarisationsstörungen Nebenkriterium:

re.-präkordiale T-Inversionen lDepolarisations-/

Leitungsstörungen:

Hauptkriterien: Epsilonpotential oder QRS >110 msec

Nebenkriterium: positive Spätpotentiale im SA-EKG lArrhythmien:

Nebenkriterium:

VT oder gehäufte VES lFamiliengeschichte:

Hauptkriterium: familiäre ARVD mittels Autopsie gesichert Nebenkriterium:

klinische Diagnose einer ARVD in der Familie

a b

(4)

Fissuren, die im Rahmen von Krank- heitsbildern mit erheblicher rechts- ventrikulärer Hypertrophie, zum Bei- spiel Mitralstenosen, zu finden sind.

Das „pile d’assiettes“-Phänomen fällt sogar bei einzelnen Fällen eines herz- gesunden Kontrollkollektivs auf.

Die Sensitivität angiographischer Veränderungen erscheint bei arrhyth- mogener rechtsventrikulärer Dyspla- sie-Kardiomyopathie sehr hoch, aller- dings muß die Spezifität angezweifelt werden. In nahezu 40 Prozent aller Fälle mit rechtsventrikulärer Dyspla- sie-Kardiomyopathie fallen bei ge- nauer Auswertung linksventrikulärer Angiogramme auch Kontraktions- anomalien des linken Ventrikels auf, wobei hier überwiegend apikale oder auch inferiore Abschnitte betroffen sind (29).

Standard-Ruhe-EKG

Bereits bei der Erstbeschreibung dieses Krankheitsbildes durch Fon- taine und Mitarbeiter 1977 wurden Veränderungen des Ruhe-EKG als typische Merkmale benannt. Es wur- den Potentiale in der ST-Strecke dicht hinter dem QRS-Komplex rechtsventrikulärer Ableitungen als sogenanntes Epsilonpotential be- schrieben. Die Häufigkeit des Nach- weises des Epsilonpotentials ist von der Technik der EKG-Ableitung ab- hängig; bei standardisierter Technik ist das Vorkommen mit bis zu 20 Pro- zent gering (24).

Seit 1993 wird das Phänomen der lokalisierten rechtspräkordialen QRS-Prolongation, definiert als QRS- Breite in den rechtspräkordialen Ab- leitungen V1, V2 oder V3 >110 msec, als bedeutsames diagnostisches Krite- rium dieser Erkrankung beschrieben (14) mit Sensitivitäten von 60 bis 70 Prozent in französischen und von mehr als 80 Prozent in italienischen und griechischen (Insel Naxos) Pati- entenkollektiven (15). Allerdings um- faßt diese Definition des erwähnten Phänomens auch Fälle mit inkomplet- tem oder komplettem Rechtsschen- kelblock und erfüllt durch Nicht- berücksichtigung der QRS-Breite linkspräkordialer Ableitungen im ei- gentlichen Sinne nicht den Begriff der lokalisierten rechtspräkordialen QRS-Prolongation.

Ein Quotient aus der Summe rechts- und linkspräkordialer QRS- Breiten von >1,2 (Textkasten De- finition) erscheint nach eigenen Da- ten eher geeignet, das genannte EKG-Phänomen zu charakterisieren.

Mit Hilfe dieser Definition lassen sich Ruhe-EKG von Patienten mit idiopa- thischen rechtsventrikulären Aus- flußtrakttachykardien (30), ander- weitigen Kardiomyopathien und Normalkollektive mit hoher stati- stischer Signifikanz abgrenzen (31).

Mit Hilfe des beschriebenen Quo- tienten läßt sich das Phänomen der lokalisierten rechtspräkordialen QRS- Prolongation auch bei augenschein- lich „normaler“ QRS-Morphologie ohne rechtspräkordiale T-Inversio- nen (Grafik 2a), bei inkomplettem (Grafik 2b)und komplettem Rechts- schenkelblock (Grafik 2c) im Rah- men einer arrhythmogenen rechts- ventrikulären Dysplasie-Kardiomyo- pathie nachweisen.

Signalmittelungs-EKG

Das spezielle elektrokardiogra- phische Verfahren der Signalmitte- lung von QRS-Komplexen weist bei konventioneller Time-domain-Analy- se in 70 bis 80 Prozent positive Ergeb- nisse bei der rechtsventrikulären Dys- plasie-Kardiomyopathie auf, wobei das Signalmittelungs-EKG überwie- gend zur Differenzierung von sympto- matischen Patienten beiträgt (43). Die Sensitivität kann durch die Kombina- tion mit Frequency-domain-Analysen (zum Beispiel Spektralturbulenzana- lyse) auf Kosten der Spezifität erhöht werden (44). Bislang ungeklärt ist die Häufung positiver Befunde bei Fibro- lipomatose vom histologischen Typ 2 mit vermehrter Fibrose (38) und bei Formen der Erkrankung mit linksven- trikulärem Befall (47).

Grundsätzlich erscheint die Wer- tigkeit des Signalmittelungs-EKG in der Primärdiagnostik der arrhythmo- Grafik 2

V1

V2

V3

V4

V5

V6

V1

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V3

V4

V5

V6

V1

V2

V3

V4

V5

V6

Grafik 2a: Typisches EKG bei ARVD mit unauffälliger Repolarisation, lokalisierter QRS-Verbreiterung rechts- präkordial und Epsilonpotential in Ableitung V3. Grafik 2b: Inkompletter Rechtsschenkelblock mit lokalisierter rechtspräkordialer QRS-Verbreiterung bei ARVD. Grafik 2c: Atypischer kompletter Rechtsschenkelblock mit lo- kalisierter rechtspräkordialer QRS-Verbreiterung bei ARVD

a b c

(5)

genen rechtsventrikulären Dysplasie- Kardiomyopathie zweifelhaft, da mit Hilfe der Signalmittelung überwie- gend Potentiale des muskelstärkeren linken Ventrikels aufgezeichnet wer- den. Vielleicht ist diese Überlegung per se eine Erklärung der Häufung positiver Befunde bei Formen mit linksventrikulärem Befall und bei Fibrolipomatose Typ 2, die fast aus- schließlich mit linksventrikulärem Befall einhergeht.

Endomyokardbiopsie

Keines der angewandten diagno- stischen Verfahren wird so kontrovers diskutiert wie die Endomyokardbiop- sie. Da die Erkrankung nach vorlie- genden pathologischen Befunden von epikardial nach endokardial voran- schreitet und in etwa 80 Prozent der Fälle das interventrikuläre Septum ausspart, ist der prädiktive Wert der transkutanen Endomyokardbiopsie in üblicher Technik gering. Bei der ge- ringen Größe der entnommenen Biopsate geben unterschiedliche For- men der Fibrolipomatose Anlaß zu kontroversen Diskussionen über das diagnostisch verwertbare Ausmaß der Lipomatose von vier Prozent (1) bis hin zu > 40 Prozent (17). Auch der diagnostisch verwertbare Anteil der nachweisbaren Fibrose wird sehr un- terschiedlich betrachtet.

Erschwerend kommt hinzu, daß eine Fettzellinfiltration ohne Muskel- zellatrophie und Fibrose durchaus ei- nen Normalbefund im rechtsventri- kulären Myokard darstellen kann (16). Bei allen kontroversen Gesichts- punkten der Wertigkeit der En- domyokardbiopsie wäre eine Biopsie in angiographisch betroffenen Area- len des rechten Ventrikels zu fordern (46), was allerdings aller Voraussicht nach mit einer höheren Komplikati- onsrate einhergehen wird.

Echokardiographie

Die echokardiographische Dar- stellung des rechten Ventrikels wird methodisch durch die anatomische Lage der Herzkammer erschwert.

Zieht man eher unspezifische Befun- de wie Verdickung des Moderator- bandes oder methodisch schwierig zu beurteilende Aussackungen des Apex

in der Diagnostik heran, so ist die Sen- sitivität der transthorakalen Echo- kardiographie in der Diagnostik der arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie sehr hoch (33), die Spezifität allerdings un- befriedigend.

Finden quantitative Daten zum Durchmesser des Ein- und Aus- flußtraktes und zum Längs- und Querdurchmesser des rechten Ventri- kels, wo betreffende Daten an einem Normalkollektiv vorliegen (11), An- wendung, so ist die diagnostische Empfindlichkeit etwa 70 Prozent (5), eine hohe Spezifität läßt allerdings mit großer Sicherheit anderweitige Kollektive abgrenzen. Der wesentli- che echokardiographische Befund der arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie sind bei

diesem methodischen Vorgehen loka- lisierte Dilatationen (Abbildung 2) des Ein- oder Ausflußtraktes oder ei- ne globale Dilatation des rechten Ventrikels mit Vergrößerung des Längs- und Querdurchmessers im api- kalen Vierkammerblick. Unberück-

sichtigt bleibt bei der quantitativen rechtsventrikulären Echokardiogra- phie die apikale Region des rechten Ventrikels, wo ebenfalls nach angio- graphischen Befunden gehäuft Verän- derungen zu erwarten sind. Die Beur- teilung der apikalen Region wird durch Artefakte, die durch die metho- disch schwierige Abgrenzung von Kammervolumen und -wand zustan- de kommen, erschwert. Diese Proble- matik wird in Zukunft durch die routi- nemäßige Anwendung von Echokon- trast sicher zu lösen sein.

Abbildung 2: Echokardiographischer rechtsventrikulärer Befund bei einem Normalbefund (links) und einem Patienten mit ARVD (rechts) mit umschriebener Dilatation des rechtsventrikulären Einflußtraktes (siehe Pfeil von links) und Aussackungen der apikalen Region (siehe Pfeil von rechts).

Abbildung 3: Typisches NMR-Bild bei ARVD mit transmyokardialer Fetteinlagerung im Bereich der gesamten freien Wand des rechten Ventikels und lipomatösem Wandverdickungs- (apikal und mittventrikulär) und Wandverdünnungsphänomen (basisnah).

(6)

Die multiplane transösophageale Echokardiographie ist in der Diagno- stik der arrhythmogenen rechtsventri- kulären Dysplasie-Kardiomyopathie bislang nur selten angewandt worden, so daß keine systematischen Erfah- rungen vorliegen. Theoretisch ergibt sich ein gewisser Vorteil in der Dar- stellung des rechtsventrikulären Aus- flußtraktes, der allerdings auch in der transthorakalen Technik bei entspre- chenden Projektionen ausreichend beurteilbar erscheint.

Magnetresonanztomographie

Hatte man mit Einführung der Magnetresonanztomographie in die klinische Diagnostik gehofft, das überwiegende pathologische Substrat – die Lipomatose – besser nachweisen zu können (Abbildung 3), so mußte doch zunächst der Stellenwert dieser Technik bei Nachweis von intramyo- kardialem Fettgewebe in nur bis zu 50 Prozent der Fälle als enttäuschend angesehen werden (40). Zum Teil me- thodisch schwierig abgrenzbar ist ei- ne in vielen Fällen nachweisbare epi- kardiale Lipomatose, die überwie- gend basisnah im Verlauf der rechten Koronararterie und im apikalen Bereich des rechten Ventrikels zu finden ist.

Allerdings läßt die Kernspinto- mographie Aussagen zur Wanddicke des rechten Ventrikels, zur Größe der Herzkammer und zur globalen und regionalen Kontraktilität in der Be- wegungsanalyse zu, so daß in der Summe aller Befunde (Dilatation, ge- störte Wandbewegung, Wandverdün- nungsphänomen) der Magnetreso- nanztomographie mit einer Sensiti- vität positiver Befunde von 80 bis 90 Prozent eine erhebliche Bedeutung zukommt (4).

Alternative bildgebende Verfahren

Neben der Magnetresonanzto- mographie sind bislang die ebenfalls methodisch aufwendige Elektronen- strahltomographie (20), die Radionu- klidventrikulographie und seit neue- ster Zeit die Magnetokardiographie zum Einsatz gekommen. Die Elektro- nenstrahltomographie bietet – ähn- lich wie die Magnetresonanztomo-

graphie – in der Summe der zu analy- sierenden Befunde (Wandbewegung, Wandbeschaffenheit, Dichtemessun- gen, Größe des rechten Ventrikels) umfangreiche Möglichkeiten, zur Diagnose der arrhythmogenen rechts- ventrikulären Dysplasie-Kardiomyo- pathie beizutragen. Die Darstellung des rechten Ventrikels mit Hilfe der Radionuklidventrikulographie ist zu- meist aufgrund der Position des rech- ten Ventrikels schwierig; bei geeig- neter Technik und bei geeigneten Projektionen lassen sich mit hoher Genauigkeit quantitative Aussagen zur Größe des rechten Ventrikels, zur globalen Pumpleistung und zu segmentalen Kontraktionsstörungen machen (19). Lediglich morphologi- sche und strukturelle Veränderungen sind mit Hilfe dieser Technik nicht er- faßbar.

Die jüngste Methode, die zur Diagnostik der arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kar- diomyopathie in ersten Pilotstudien zum Einsatz gekommen ist, ist die Magnetokardiographie. Diese Tech- nik wird es zukünftig ermöglichen, das bereits bekannte Phänomen der re- gionalen Kammerkomplexverbreite- rung zu lokalisieren und einen weite- ren Beitrag zur Morphologie rechts- ventrikulärer QRS-Komplexe zu lei- sten.

Therapie

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt konzentriert sich die Therapie der ar- rhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie-Kardiomyopathie auf die symptomatische Behandlung der Herzrhythmusstörungen. In der The- rapie der zum Teil lebensbedrohli- chen Arrhythmien spielen Antiar- rhythmika, Katheterablationstechni- ken und die Implantation eines Kar- dioverter-Defibrillators eine wesentli- che Rolle. Die Wirksamkeit von un- terschiedlichen Gruppen von Antiar- rhythmika ist bislang nicht systema- tisch untersucht worden, nach der Er- fahrung unterschiedlicher Arbeits- gruppen haben sich der Einsatz von Sotalol (42) und Amiodaron (even- tuell in Kombination mit einem Beta- blocker) bewährt (7). Gerade bei asymptomatischen, aber eindeutig be-

troffenen Familienmitgliedern scheint aus prophylaktischen Gründen der Einsatz unspezifischer Betablocker sinnvoll zu sein (7). Bei ganz um- schriebenen morphologischen Verän- derungen als Ursache ventrikulärer Arrhythmien können in ausgewählten Fällen Katheterablationstechniken herangezogen werden (41), auch wenn der Nutzen einer derartigen Therapie durch erneut auftretende Arrhythmien in Frage gestellt wird (21).

Die Implantation eines Kardio- verter-Defibrillators sollte nach Erar- beitung von Therapiealgorithmen an- hand eines großen Patientenkollek- tivs der Universitätsklinik Münster

(45) Fällen mit dokumentierter an- haltender Unwirksamkeit antiar- rhythmischer Behandlungen oder Katheterablationen und Fällen mit einem überlebten plötzlichen Herz- tod ohne auslösbare Kammerar- rhythmien im Rahmen der elektro- physiologischen Untersuchung vor- behalten bleiben.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1998; 95: A-1726–1731 [Heft 27]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser

Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Peters Klinikum Dorothea Christiane Erxleben gGmbH Quedlinburg Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Magdeburg

II. Medizinische Klinik – Kardiologie Ditfurter Weg 24

06484 Quedlinburg

Neue elektrokardiographische Definition der ARVD:

Lokalisierte rechtspräkardiale QRS-Prolongation

ñ

ñQRS-Breite in V1 –V3 / V4 –V6 >>1,2

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