DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Hämatologie und Onkologie
Prozent komplette Remissionen;
auch ältere Leute können so (mit Reduktion der Daunorubicin-Do- sis) behandelt werden. Nach Er- zielung einer Vollremission erga- ben sich für die Prinzipien „no further treatment" — Erhaltungs- therapie — „Re-cycling" keine si- cheren Unterschiede. In Betracht kommt in dieser Phase nach der Münsteraner Gruppe (Wien) vor allem die Immunstimulation mit Neu raminidase-vorbehandelten leukämischen Zellen nach dem Verfahren von Bekesy und Clark- son.
Von Riehm's/Hannover (Wien) 483 Kindern seiner ersten und zweiten kooperativen Studie mit früher in- tensiver Polychemotherapie wa- ren 76 Prozent nach acht Jahren noch am Leben. Von den rund 25 Prozent Versagern mußten etwa 5 Prozent als iatrogen angesehen werden. Henze/Berlin (Wien) be- richtete über die Behandlung von Rückfällen (Knochenmarkrezidi- ve, ZNS-Rezidive, je etwa hälftig).
Die ungünstigere Situation der Er- wachsenen, vor allem mit akuter myeloischer Leukämie, ging aus dem Referat von Hoelzer/Frank- furt (Wien) hervor: Rund 9 Prozent primäre Resistenz, rund 25 Pro- zent Aplasie des Knochenmarks ohne Regeneration (leukämischer Genese? therapiebedingt?). Kri- tisch sind die ersten vier bis acht Behandlungswochen. Eine große Zellmasse sollte vor der Induk- tionsbehandlung, etwa mit dem TAD-Schema, reduziert werden (zum Beispiel durch Vincristin und Prednisolon).
Aus den Wiener Referaten zum Multiplen Myelom (Bartl/Mü n- chen, Löffler/Kiel, Ludwig/Wien, Deicher/Hannover, Barlogie/Hou- ston) ging die schwierige Abgren- zung zum Immunocytom der Kie- ler Klassifikation hervor. Für die Diagnose eines Multiplen Mye- loms (nicht der meist auf einen Schleimhautteil beschränkten lo- kalisierten Plasmocytome!) müs- sen mindestens zwei der drei Kri- terien (Knochenmark über 20 Pro-
zent Plasmazellen, monoklonales Immunglobulin, Knochendefekte) erfüllt sein. Serumproteine und Zelltyp, 62-Mikroglobulin, Serum- kalzium geben die prognosti- schen Parameter. Am wichtigsten bleibt aber die mit mehreren Me- thoden zu prüfende Nierenfunk- tion, besonders das Serumkreati- nin (Löffler/Kiel). Die Überlebens- zeit im günstigsten Stadium A liegt bei sieben Jahren, in den Stadien B und C um zwei bis drei Jahre im Median.
Schmerzen am Schädel (40 bis 60 Prozent Befall!) sind selten, um so häufiger in der Wirbelsäule (Akti- vierung der Osteoklasten? Ludwig
— Wien).
Die moderne Kombinationsbe- handlung nach Durie und Salmon bringt in 30 bis 60 Prozent „kom- plette" Remissionen mit Vermin- derung der Tumormasse von 1 bis 2 log. Ob das Schema von Lee mit BCNU, Vincristin, Alkeran, Predni- solon mehr leistet als das bekann- te Salmon-Schema, blieb offen.
Extrem hohe Melphalan-Dosen (genannt wurden 1 x 140 mg/m 2 + Prednisolon) sind sehr wirksam, aber gefährlich (Deicher/Hanno- ver).
Auch Barlogie/Houston sprach sich für ein (relativ toxisches) ag- gressives Vorgehen aus (Vincri- stin + Adriblastin + Dexametha- son = VAD, Wiederholung alle vier Wochen). Er erzielte damit rund 65 Prozent „komplette" Remissio- nen gegenüber 33 Prozent mit ho- hen Dosen von Dexamethason al- lein. Nach einer (noch kleinen Zahl von Fällen) führt Interferon bei etwa 50 Prozent der Kranken zu einer Remission.
Zahlreiche Vorträge, über die hier nicht berichtet werden kann, gal- ten den malignen Lymphomen in Klassifikation, Prognose und The- rapie.
Den Abschluß soll eine Tabelle von Hossfeld/Hamburg (Wien) zum Hauptthema „Vertretbare Ri- siken bei Malignomen" machen.
Hossfeld schätzte die derzeitigen 5-Jahres-Überlebensquoten wie folgt ein (zu den Leukämien der
Kinder siehe oben):
• Chorionkarzinome rund 80 Prozent
> Hodenkarzinome rund 70 Pro- zent
• M. Hodgkin (alle Stadien) rund 50 Prozent
• Non-Hodgkin-Lymphome rund 40 Prozent
• Osteosarkome rund 40 Pro- zent
• Ewing-Sarkome rund 40 Pro- zent
• Akute lymphatische Leuk- ämien der Erwachsenen rund 35 Prozent
> Akute myeloische Leukämien der Erwachsenen rund 15 Pro- zent
• Ovarialkarzinome rund 10 Pro- zent
• Kleinzellige Bronchialkarzino- me rund 5 Prozent
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Rudolf Gross Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41
NOTIZ
Wo man AIDS-Hilfe bekommt
Die Bundesvereinigung für Ge- sundheitserziehung e. V. hat eine
„AIDS-Adressenkartei" zusam- mengestellt. Die Kartei — tatsäch- lich eine Liste — nennt alle Stellen, die auf Bundes-, Länder- oder Kreisebene Informationsmaterial abgeben, ferner alle Stellen, die ärztliche Beratung und Hilfe an- bieten, sowie die zur Zeit existie- renden AIDS-Selbsthilfegruppen.
Insgesamt sind es fast hundert Adressen; damit ist eine konti- nuierliche Veröffentlichung in die- ser Zeitschrift nicht mehr möglich.
Die „AIDS-Adressenkartei" kann bezogen werden bei der Bundes- vereinigung für Gesundheitserzie- hung e. V., Bernkasteler Straße 53, 5300 Bonn 2, Telefon 02 28/
31 78 10. EB 3850 (46) Heft 51/52 vom 20. Dezember 1985 82. Jahrgang Ausgabe A