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Archiv "Empfehlungen zu Fragen einer humanen Krankenversorgung" (04.12.1980)

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Empfehlungen zu Fragen

einer humanen Krankenversorgung

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Das Erfordernis einer humanen, das heißt am einzelnen Menschen und seiner Persönlichkeit orientierten Krankenver- sorgung ergibt sich aus der Verpflich- tung unserer Sozialordnung, die Würde jedes Menschen und sein Recht auf Selbstbestimmung zu achten und zu schützen. Die Gesundheit hat als indivi- duelles und soziales Gut in unserer Ge- sellschaft einen hohen Stellenwert, ihm entspricht der Wunsch des Patienten nach einer bestmöglichen ärztlichen Ver- sorgung unter Wahrung seiner Individua- lität.

Krankheit kann für den Patienten Verun- sicherung, Unterbrechung seiner norma- len Aktivitäten und Abhängigkeit nicht nur von organisatorischen Abläufen, sondern auch von den ihn betreuenden Personen bedeuten. ln dieser Situation besonderer Hilfs- und Schutzbedürftig- keit ist über die medizinische Leistung hinaus ein hohes Maß an menschlichem Verständnis und menschlicher Zuwen- dung erforderlich. Diese menschliche · Zuwendung zu sichern ist eine wichtige Aufgabe unseres Gesundheitswesens.

Sie wird beeinflußt durch die notwendige Technisierung, Rationalisierung und Ökonomisierung. Das erfordert den Ver- such eines ständigen Ausgleichs zwi- schen der Zielsetzung , ,subjektive Zufrie- denheit des Patienten" einerseits und den medizinischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Sachzwängen ande- rerseits. Vorrangig ist dies eine Aufgabe der im Gesundheitswesen Tätigen.

Die aktuelle Diskussion über eine huma- ne Krankenversorgung darf nicht dahin- gehend mißverstanden werden, daß es sich hierbei um ein erst jüngst und hier aufgetretenes Problem handle und daß dies ein Konflikt sei, der vollkommen lösbar wäre.

Die Forderung nach mehr Menschlichkeit tritt auch in anderen Bereichen des ge- sellschaftlichen Lebens auf. Wegen der Situation der besonderen Hilfs- und

Schutzbedürftigkeit in der sich der Pa- tient befinden kann, stellt sich jedoch das Humanitätsproblem im Gesundheitswe- sen besonders vordringlich. Seine Lö- sung ist eine über den Tag hinausrei- chende Daueraufgabe, die stetige und geduldige Bemühungen unabdingbar voraussetzt.

Andererseits darf nicht die Schlußfolge- rung gezogen werden, die Krankenver- sorgung in der Bundesrepublik Deutsch- land wäre inhuman. Wie neuere For- schungsergebnisse zeigen, besteht im Gegenteil ein hohes Maß an subjektiver Zufriedenheit der Patienten. Die Leistun- gen der im Gesundheitswesen Tätigen für die Patienten, auch unter zum Teil schwierigen Bedingungen, müssen aner- kannt werden. Diese Feststellung entbin- det allerdings nicht von der Verpflich- tung, sich noch intensiver als bisher dar- um zu bemühen, Leistungen der Kran- kenversorgung gerade unter den Bedin- gungen des sozialen und technologi- schen Wandels stärker patientenorien- tiert anzubieten.

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Anzusprechen sind insbesondere die Bereiche "Stellung des Patienten", "Pa- tient und Heilberufe", "Patient und Technik" sowie "Patient und Organisa- tion".

Stellung des Patienten

Aus dem Anspruch des Patienten auf Achtung seiner individuellen Würde und Selbstbestimmung ergibt sich, daß ..,. der Patient ausreichend und verständ- lich über seine Krankheit sowie die Mög- lichkeiten und Grenzen der Behandlung einschließlich der Anwendung von Arz- neimitteln unterrichtet wird,

..,. dem Patienten die Möglichkeit gege- ben werden muß, bei der Entscheidung über Untersuchungs- und Behandlungs- maßnahmen und ihre Dauer mitzu- wirken,

Bericht und Meinung Konzertierte Aktion

..,. Untersuchungsverfahren patienten- schonend angewandt und unnötige Mehrfachuntersuchungen vermieden werden,

..,. Patienten bei einem schweren Eingriff mit bleibenden körperlichen und seeli- schen Folgen besondere Hilfestellungen erhalten,

..,. Patienten, die von einer Trennung aus ihrer gewohnten und sie umsorgenden Umgebung besonders betroffen sind (z. B. Kinder, alte Menschen, Ausländer) oder die sich um ihre Familie oder ihre Angehörigen sorgen, verstärkte Zuwen- dung und Hilfe erhalten,

..,. sterbenden Menschen in den letzten Stunden ihres Daseins ermöglicht wird, in Würde von ihren Angehörigen und von ihrem Leben Abschied zu nehmen.

Patient und Heilberufe

Eine zeitgerechte, zweckmäßige und wirtschaftliche medizinische Versorgung auf der Grundlage freier Wahlmöglichkei- ten und menschlicher Zuwendung hat zur Voraussetzung

..,. zum einen ein hohes Maß an persönli- cher Verantwortung des Arztes und des Pflegepersonals für den Patienten, ..,. zum anderen das Vertrauen des Pa- tienten, das er dem Arzt und dem Pflege- personal in Hinsicht auf ihre menschliche und fachliche Qualifikation entgegen- bringt.

Um dies zu erreichen, sind insbesondere notwendig

..,. eine verstärkte Vorbereitung, auch während der Aus- und Weiterbildung, der im Krankenhaus und in der ambulan- ten Praxis tätigen Heilberufe auf die menschlichen Anforderungen,

..,. eine durch praxisbezogene Aus-, Wei- ter- und Fortbildung erworbene Qualifika- tion zu hochwertiger Krankenversor- gung, einschließlich des gegenseitigen Informationsaustausches und der Fähig- keit zur ppsönlichen Verantwortung und zur Teamarbeit,

..,. eine gesundheitliche Betreuung, in der bei aller notwendigen Spezialisierung

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 49 vom 4. Dezember 1980 2889

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zu beachten ist, daß Gesundheit und Krankheit den Menschen in seiner Ge- samtheit von Körper und Psyche sowie seiner sozialen Existenz betreffen, ..,. eine ausreichende Ausstattung mit qualifiziertem Personal sowie Arbeitsbe- dingungen sowohl im ärztlichen als auch im nichtärztlichen Bereich, die menschli- che Zuwendung ermöglichen,

..,. eine verstärkte Förderung der haus- ärztlichen Versorgung mit einem ausge- wogenen Verhältnis zwischen Allgemein- und Fachärzten.

So kann eine medizinische Betreuung ge- währleistet werden, bei der die Bedürf- nisse des Patienten, die individuelle Be- urteilung des Einzelfalles, der jeweilige medizinische Wissensstand und die ent- stehenden Kosten unter Berücksichti- gung der Interessen der Beschäftigten in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden.

Patient und Technik

Der Einsatz der Technik in Diagnostik und Therapie ist unverzichtbarer Be- standteil einer modernen Medizin. Die medizin-technische Entwicklung hat an- erkanntermaßen zur Verbesserung der Krankenversorgung beigetragen und auch Möglichkeiten geschaffen, sie hu- maner zu gestalten. Allerdings darf die wachsende Bedeutung der Medizintech- nik nicht dazu führen, daß die für den Heilerfolg erforderlichen persönlich zu erbringenden Dienstleistungen zurückge- drängt werden. Eine am Patienten orien- tierte Krankenversorgung erfordert, daß Medizintechnik gezielt und ohne unnötige Belastung für den Patienten eingesetzt wird. Um dies zu erreichen, sind insbe- sondere notwendig

Patient und Organisation

Das gesamte Gesundheitssystem wie auch die Organisation der betrieblichen Abläufe innerhalb seiner einzelnen Berei- che müssen so gestaltet sein, daß sie die individuellen Bedürfnisse des Patienten im Rahmen des medizinisch und wirt- schaftlich Gebotenen berücksichtigen.

Administrativ-organisatorische Struktu- ren sind auch im Gesundheitswesen nicht Selbstzweck, sondern lediglich Mit- tel, um die patientennahe Versorgung menschengerecht durchzuführen.

Um dies zu erzielen, sind insbesondere notwendig

..,. ein breitgefächertes Angebot an Kran- kenversorgung und Gesundheitssiche- rung unter Wahrung der Pluralität der Trägerschatten,

..,. eine im Rahmen des medizinisch Möglichen patientenorientierte Organisa- tion in Krankenhaus und Arztpraxis sowie eine enge Zusammenarbeit der niederge- lassenen Ärzte und zwischen Praxis und Krankenhaus,

..,. eine Organisation der Krankenversor- gung, die den Beschäftigten ausreichend Zeit und Möglichkeiten gibt, auch auf persönliche und soziale Probleme der Patienten einzugehen,

..,. eine Organisation der Krankenversor- gung und der sozialen Dienste, die die stationäre Versorgung auf das medizi- nisch notwendige Maß beschränkt und den Patienten - soweit medizinisch und menschlich vertretbar - in seiner sozia- len Umwelt beläßt.

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Die Konzertierte Aktion geht davon aus, daß die derzeitige Krankenversor- gung in der Bundesrepublik Deutschland nicht inhuman ist, sieht jedoch die Not- wendigkeit, sie ständig zu überprüfen und an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.

Sie erkennt an, daß die in der Gesund- heitsversorgung tätigen Heilberufe mit ihrem Bemühen, den wachsenden Druck vor allem wirtschaft~ch-technischer Not- wendigkeiten im Gesundheitswesen mit menschlicher Zuwendung zu dem kran- ken Menschen zu verbinden, eine schwierige Aufgabe zu bewältigen haben.

Die Konzertierte Aktion stellt fest, daß ein Mehr an Humanität primär nicht gleich- bedeutend ist mit einem größeren Einsatz an finanziellen Mitteln. Soweit jedoch in einzelnen Bereichen für eine humane Krankenversorgung zusätzlich finanzielle Mittel bereitgestellt werden sollen, kann dies nur im Rahmen der gesamtwirt- schaftlichen Leistungsfähigkeit ge- schehen.

Die Konzertierte Aktion weist auf die hier bestehende ständige Verantwortung hin und appelliert an die an der Gesundheits- versorgung Beteiligten,

..,. in dem Bemühen um menschliche Zuwendung nicht nachzulassen, ..,. Hindernisse - auch im personellen und organisatorischen Bereich-, die die menschliche Zuwendung zum Patienten erschweren, abzubauen,

..,. alle Maßnahmen, die jetzt schon zu einer weiteren Verbesserung der patien- tennahen Krankenversorgung beitragen können, zu verstärken.

D

.... ein Angebot an Medizintechnik, das

Empfehlungen zum Bereich Heil- und Hilfsmittel

auch das Ziel einer bedarfsgerecht pa- tientennahen Versorgung berücksichtigt,

..,. verständliche und ausreichende Infor- mationen an den Patienten über den not- wendigen Einsatz und die Sicherheit der Medizintechnik für seine Behandlung, ..,. die Gewährung der Sicherheit medizi- nisch-technischer Geräte,

..,. eine Förderung der Entwicklung pa- tientenfreundlicher Geräte und Verfahren zur Untersuchung und Behandlung.

Die Entwicklung der Ausgaben der ge- setzlichen Krankenversicherung für Heil-·

und Hilfsmittel ist in den letzten Jahren gegenüber der allgemeinen Grundlohn- summenentwicklung deutlich überpro- portionaL Bei einem Anteil der Heil- und Hilfsmittel an den Gesamtausgaben von inzwischen rund 5 Prozent beeinflußt ei- ne solche Entwicklung die Beitragsstabi- lität Es deutet alles darauf hin, daß sich dieses bei unveränderten Rahmenbedin- gungen fortsetzt.

2890 Heft 49 vom 4. Dezember 1980 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Diese Ausgabenentwicklung ist zwar teils auf Gesetzesänderungen und gewollte Leistungsverbesserungen insbesondere im Bereich der Rehabilitation zurückzu- führen; dadurch und durch die jährlichen Preisänderungen allein läßt sich jedoch diese Entwicklung nicht erklären. Zu ver- muten ist, daß die steigende Zahl der Leistungserbringer diese Ausgabenent- wicklung wesentlich mitverursacht hat.

Auch bei der Entwicklung der Ausgaben für Heil- und Hilfsmittel darf die allgemei-

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