Wetter und Klima in Wiesbaden
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2016: Wetterkapriolen und später Sommer
Der Sommer 2016 hat durch Startschwierig- keiten und Unwetter von sich reden gemacht.
Teilweise beherrschten Berichte über heftige Gewitter, lokale Starkregenereignisse und Überschwemmungen die Schlagzeilen, wäh- rend andernorts der Unmut über den fehlen- den Sonnenschein wuchs. Zugleich gewöh- nen wir uns an die Meldung des jeweils wärmsten Monats seit Beginn der Wetterauf- zeichnungen in enger Folge. Aber auch au- ßerhalb der Schlagzeilen bestimmen Wetter und Klima tagtäglich unser Leben.
Was ist „das Klima“?
Das Klima eines bestimmten Ortes ist defi- niert als die Zusammenfassung der Wetter- erscheinungen, die den mittleren Zustand der Atmosphäre charakterisieren. Es wird reprä- sentiert durch seine statistischen Gesamtei- genschaften (Mittelwerte, Extremwerte, Häu- figkeiten usw.) über einen genügend langen Zeitraum, der im allgemeinen 30 Jahre be- trägt (aktuell gültige „Referenzperiode“: 1961 bis 1990), aber auch über kürzere Zeiträu- me.1
1 www.dwd.de/lexikon Schlagwort „Klima“ (08.08.2016)
Große Teile des Stadtgebietes von Wiesba- den, auch die Innenstadt, liegen eingebettet am südlichen Ausläufer des Untertaunus.
Der Schutz durch die Höhenzüge nördlich und westlich der Stadt beschert Wiesbaden seit jeher ein mildes Klima.
Wiesbadener Temperaturen in der Zeitreihe
Für Wiesbaden liegen Temperaturaufzeich- nungen seit dem Jahr 1842 vor.2 Ein Ver- gleich aller Jahresmitteltemperaturen mit der Mitteltemperatur der Referenzperiode 1961 bis 1990 (9,8 °C) ist geeignet, um Klimaver- änderungen aufzudecken. Der Vergleich zeigt die häufigen Unterschreitungen des Wertes im 19. und frühen 20. Jahrhundert sowie sich häufende und zunehmend stärker ausfallende Überschreitungen, die Anfang der 1990er Jahre eingesetzt haben. Die Mit- teltemperatur der Jahre 1991 bis 2015 betrug schließlich 10,9 °C. Die Wiesbadener Jah- resmitteltemperaturen sind also seit Beginn der Wetteraufzeichnungen bis heute ange- stiegen.
2 Klimadaten: Umweltamt Wiesbaden. Die Reihe der Auf- zeichnungen ist unterbrochen in den Jahren 1846 bis 1869 und 1944 bis 1946. Für 2012 fehlen aufgrund einer Um- stellung auf eine neue Messstation die Monatswerte Juli und August, dementsprechend liegt auch kein Jahresmit- telwert vor. Sonnenstunden und Windgeschwindigkeiten werden erst seit Inbetriebnahme der neuen Wetterstation erfasst.
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Der Temperaturanstieg hat über das ganze Jahr verteilt stattgefunden: Für jeden Monat liegen die Monatsmitteltemperaturen der letz- ten 15 Jahre über den Monatsmitteltempera-
turen der Referenzperiode. Lediglich die Mit- telwerte der Monate Februar, September, Oktober und Dezember liegen weniger als 1 °C auseinander.
Abweichung des Jahresmittelwertes gegenüber dem Mittelwert der Referenzperiode 1961 - 1990 (°C)
-3,0 -2,0 -1,0 0,0 1,0 2,0 3,0
1842 1876 1886 1896 1906 1916 1926 1936 1949 1959 1969 1979 1989 1999 2009
Für 2012 fehlen die Monatswerte Juli und August, deshalb liegt kein Jahresmittelwert vor.
Quelle Abbildung: Umweltamt Wiesbaden
Monatsmittelwerte 1961 - 1990 und 1991 - 2015 im Vergleich (°C)
2,3 3,0 6,8
11,1 15,1
18,3
20,3 19,6
15,3
10,3
6,1 3,0 1,0 2,4
5,5 9,4
13,8 17,0
18,6 18,0 14,6
10,0
4,9 0,0 2,1
5,0 10,0 15,0 20,0 25,0
Monatsmittel 1991-2015 Monatsmittel 1961-1990
Für 2012 fehlen die Monatswerte Juli und August, deshalb wurden die Mittelwerte 1991-2015 aus 24 Jahren errechnet.
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Klimatologische Kenntage
Auch klimatologische Kenntage3 (heiße Ta- ge, Sommertage, Frost- und Eistage4) cha- rakterisieren das Klima: Über die sechs De- kaden von 1951 bis 2010 hat sich die durch- schnittliche Zahl von Frost- und Eistagen verringert. Waren es zwischen 1951 und 1960 im Durchschnitt jährlich noch 69 Frost- tage, darunter 13 Eistage, gab es in den fol- genden Jahrzehnten oft deutlich weniger. In den ersten Jahren des aktuellen Jahrzehnts wurden bisherige Niedrigmarken noch einmal deutlich unterboten.
3 Daten zu klimatologischen Kenntagen liegen seit 1947 vor.
4 Heißer Tag: maximale Lufttemperatur ≥ 30 C; Sommer- tag: maximale Lufttemperatur ≥ 25 °C; Frosttag: minimale Lufttemperatur < 0 °C; Eistag: maximale Lufttemperatur
< 0 °C. Ein heißer Tag ist immer auch ein Sommertag, ebenso wie ein Eistag immer auch ein Frosttag ist.
Umgekehrt entwickeln sich heiße Tage und Sommertage: Waren es zwischen 1951 und 1960 durchschnittlich 40 Sommertage, da- runter 8 heiße Tage, haben sich diese Werte seit dem sprunghaften Anstieg in den 1980er Jahren deutlich erhöht bzw. verdoppelt. Die ersten Jahre der aktuellen Dekade lassen keinen Rückgang erwarten. Der Anstieg der Jahresdurchschnittstemperaturen wird also bestätigt durch eine Zunahme der Sommer- und heißen Tage.
Durchschnittliche Anzahl der klimatologischen Kenntage je Dekade 1951 - 2015
Für 2012 fehlen aufgrund einer Umstellung auf eine neue Messstation die Monatswerte Juli und August, dementsprechend wurde die durchschnittliche Anzahl der Sommertage und heißen Tage der Jahre 2011 - 2015 aus vier Jahren errechnet.
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66
49
61
51
54
38
13
19
9 13
10
12
6
40 42
43
44
58
61
60
8 7 9 8
16 17 18
- 10 20 30 40 50 60 70 80
1951-1960 1961-1970 1971-1980 1981-1990 1991-2000 2001-2010 2011-2015 Frosttage darunter: Eistage Sommertage darunter: heiße Tage
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Niederschläge in der Zeitreihe
Menge und Verteilung des Niederschlags sind von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich und zeigen deutliche Schwankungen zwi- schen den Jahrzehnten.5 Entsprechend stel- len sich die Wiesbadener Niederschlags- mengen im Zeitverlauf dar: Eine kontinuier- lich zunehmende Über- oder Unterschreitung des langjährigen Mittelwertes 1961 bis 1990 (636,79 l/m²) ist nicht zu erkennen. Auch die Mittelwerte der Jahressummen je Dekade zeigen deutliche Schwankungen, jedoch kei- nen Trend zu einer Zu- oder Abnahme der Gesamtniederschlagsmenge.6
Abweichung des Jahresmittelwertes gegenüber dem Mittelwert der Referenzperiode 1961-1990 (l/m²)
-300 -200 -100 0 100 200 300
1930 1934 1938 1942 1946 1950 1954 1958 1962 1966 1970 1974 1978 1982 1986 1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014
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Niederschläge nach Jahreszeiten
Aufgrund der starken Schwankungen ist auch bei den Daten zur Verteilung der Jah- reszeitenniederschläge eine vorsichtige In- terpretation geboten. Die Abbildung zeigt,
5 Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie Fach- zentrum Klimawandel Hessen (2013): Beobachteter Klimawandel, S. 10.
6 Niederschlagsdaten liegen seit 1930 vor.
dass die Sommerniederschläge der drei jüngsten Dekaden geringer ausfielen als in den Jahrzehnten zuvor. Die in früheren Jahr- zehnten deutlich niederschlagsreichste Jah- reszeit hat sich damit an Frühling, Herbst und Winter angenähert. Gleichzeitig ist die Ge- samtniederschlagsmenge in den übrigen Jahreszeiten gestiegen, so dass Frühling, Herbst und Winter in den drei jüngsten De- kaden teilweise niederschlagsreicher waren als zuvor. Auch wenn die Sommernieder- schläge insgesamt niedriger ausfallen, birgt ihr Auftreten in Form von Starknieder- schlagsereignissen in den letzten Jahren hinsichtlich Häufigkeit, Unberechenbarkeit und Intensität ein problematisches Scha- denspotenzial. Hinzu kommt, dass lokale Starkniederschläge oftmals messtechnisch nicht nachzuweisen sind, da kleinräumige Gewitterzellen u.U. nicht den Standort einer Messstation passieren.
Niederschlagsmittelwerte der Jahreszeiten (l/m²)
0 50 100 150 200 250
1931- 1940
1941- 1950
1951- 1960
1961- 1970
1971- 1980
1981- 1990
1991- 2000
2001- 2010 Winter Frühling Sommer Herbst
Winter = Dezember des Vorjahres, Januar, Februar Frühling = März, April, Mai
Sommer = Juni, Juli, August
Herbst = September, Oktober, November
Die Dekade 1941 bis 1950 ist wegen fehlender Werte der Jahre 1945 und 1946 nur eingeschränkt vergleichbar.
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5 Mittelwert der Jahresniederschläge je Dekade (l/m²)
1931-1940 1941-1950 1951-1960 1961-1970 1971-1980 1981-1990 1991-2000 2001-2010
671,9 583,4 613,6 635,2 594,8 680,4 629,7 662,4
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Sonnenstunden
Auch die Sonnenscheindauer wird in Wies- baden gemessen7 und als Summenwert für den ganzen Monat dargestellt. In den drei bisher vollständig gemessenen Jahren unter- schieden sich die Sonnenstunden in den Herbstmonaten nur geringfügig, während insbesondere Frühlings- und Sommermonate durchaus Unterschiede zeigen.
Sonnenscheindauer (Monatssummenwert in h)
0 50 100 150 200 250 300 350
2013 2014 2015
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Mittlere Windgeschwindigkeit
Die mittleren monatlichen Windgeschwindig- keiten der Jahre 2013 bis 2015 nehmen ten- denziell in der ersten Jahreshälfte höhere Werte an als in den übrigen Jahreszeiten.
7 Daten zur Sonnenscheindauer liegen seit September 2012 vor.
Die höheren Windgeschwindigkeiten im Frühling und Frühsommer entstehen durch Konvektion, bei der aufgeheizte (Stadt-) Flä- chen Luft erwärmen und aufsteigen lassen.
Diese kühlt sich in der Höhe wieder ab und sinkt zu den Seiten nieder. Hierbei entstehen Winde, die bei insgesamt stärker aufgeheiz- ter Luft im Sommer wieder seltener werden.
Mittlere Windgeschwindigkeiten (m/sec)
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3
2013 2014 2015
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Bei der Darstellung monatlicher Mittelwerte sind extreme Windereignisse nicht sichtbar und ähnlich wie lokale Starkniederschläge sind lokale, schadensträchtige Sturmböen messtechnisch nicht immer nachweisbar. Der höchste an der Wetterstation Süd gemesse- ne Stundenwert der Jahre 2013 bis 2015 beträgt 11m/sec bzw. 39,6 km/h (28. Oktober 2013). Das entspricht Stufe 6 („starker
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Wind“) auf der Beaufort-Skala8, der mit dem Schwanken starker Äste einhergeht und Re- genschirme nahezu unbrauchbar macht. Die kurze Zeitreihe kann jedoch nur einen klei- nen Einblick in die Wiesbadener Wind- Phänomene geben.
In den viele Jahrzehnte umfassenden Zeit- reihen lässt sich erkennen, dass sich einige Parameter des Wiesbadener Klimas verän- dern. Klimageschichtlich gesehen liegen die Veränderungen in der allerjüngsten Vergan- genheit: Insbesondere seit Beginn der 1990er Jahre lassen sie sich feststellen. Ne- ben gestiegenen Temperaturmittelwerten sind für Wiesbaden auch Veränderungen bei der Zahl der klimatologischen Kenntage ein- getreten. Neben außergewöhnlichen, schlag- zeilenträchtigen Wetterereignissen sind es auch weniger extreme Wettererscheinungen, die dazu beitragen, das Wiesbadener Klima im Laufe der Zeit zu verändern.
Bearbeiterin: Ricarda Schäfer-Etz
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8 Die Beaufort-Skala wurde 1806 von dem englischen Admi- ral Sir Francis Beaufort erarbeitet. Sie reicht von Stärke 0 („Windstille“) bis Stärke 12 („Orkan“). Mit ihrer Hilfe kann anhand der Auswirkungen des Windes die Windstärke ge- schätzt werden (www.dwd.de/lexikon Schlagwort „Beau- fort-Skala“, 06.10.2016).