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Akteure des Südens beginnen mit der Gestaltung von Nachhaltigkeitsstandards

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Akteure des Südens beginnen mit der

Gestaltung von Nachhaltigkeitsstandards

Von Thomas Fues und Sven Grimm, Deutsches Institut für

Entwicklungspolitik (DIE)

vom 23.10.2017

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Akteure des Südens beginnen mit der Gestaltung von Nachhaltigkeitsstandards

Bonn, 23.10.2017. In Genf ansässige Internationale Organisationen haben jüngst freiwilligen Nachhaltig- keitsstandards (voluntary sustainability standards, VSS) große Aufmerksamkeit geschenkt. Diese fordern Pro- duktions- und Konsummuster nach bestimmten sozia- len, ökologischen und ethischen Vorgaben auszurich- ten. Auf Konferenzen im vergangenen September, die von der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) und vom Internationalen Handelszentrum (ITC) ausgerichtet wurden, identifi- zierten die Teilnehmer drei Faktoren für die wachsende Bedeutung von VSS: Erstens verlangen Verbraucher in fortgeschrittenen Volkswirtschaften zunehmend nach

„sauberen“ Produkten, sei es nach nachhaltig produ- ziertem Holz, sei es nach fair gehandelten Kakao und Kaffee. Zweitens wenden sich transnationale Konzerne VSS zu, um Reputationsrisiken abzumildern und ihre Waren und Dienstleistungen zu differenzieren. Schließ- lich hat das öffentliche Beschaffungswesen in Europa und in südlichen Ländern wie Brasilien, China und Indi- en angefangen, Nachhaltigkeitskriterien zu berücksich- tigen.

Mit weltweit mehr als 500 Produktbezeichnungen, die Nachhaltigkeit versprechen, hat das schnelle Wachs- tum von VSS einen regelrechten Dschungel an Stan- dards geschaffen, in dem Verbraucher, Produzenten, Händler und Behörden große Orientierungsschwierig- keiten haben. Die objektive Folgenabschätzung und die Vergleichbarkeit konkurrierender VSS-Systeme werden durch mangelnde Transparenz und unvollständige empirische Evidenz beeinträchtigt. Nachhaltigkeitsan- sprüche einzelner Unternehmen, die nicht durch Dritte überprüft werden, erhöhen die Komplexität noch wei- ter.

Historisch gesehen haben Akteure aus dem Süden im Norden konzipierte Standards als protektionistisch und diskriminierend gegenüber kleinen und mittleren Un- ternehmen (KMU) abgelehnt. Die skeptische Haltung ist vor kurzem aktivem Engagement gewichen, da der Süden an der Gestaltung der Entwicklung von VSS entsprechend seiner Prioritäten mitwirken will. Von März 2016 bis Juni 2017 schufen Indien, Brasilien und China nationale VSS-Plattformen, die als Clearingstelle dem Informationsaustausch und der Politikformulie- rung dienen. Der Quality Council of India (QCI), eine gemeinsame Einrichtung des Ministeriums für Handel und Industrie und von Industrieverbänden, fungiert als Sekretariat für die nationale Plattform. In Brasilien ist INMETRO, Teil des Ministeriums für Industrie und Au- ßenhandel, mit dieser Aufgabe betraut. In China arbei- ten die Standardization Administration of China und the China Association for Standardization zusammen, um die nationale Plattform zu koordinieren. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen in Multi-Stakeholder- Umgebungen sondieren Mexiko, Indonesien und

Südafrika als Teil des Managing Global Governance Network derzeit Möglichkeiten, ähnliche Institutionen zu schaffen.

Die Plattformen in Indien, Brasilien und China haben drei Aufgaben gemeinsam: Förderung des Dialogs, Anpassung von Standards und internationale Vernet- zung. Während die Interaktion zwischen mehreren Akteuren zu einer etablierten Praxis geworden ist, stellt die Anpassung von VSS an die nationalen Prioritäten erhebliche Herausforderungen dar. Ambitionierte in- ternationale Labels müssen durch niedrigschwellige Versionen ergänzt werden, die eine schrittweise Höher- stufung heimischer Unternehmen erlauben. In Indien z.B. hat der QCI für Lebensmittelproduzenten BasicGAP als Sprungbrett für das international anerkannte GlobalGAP geschaffen. Ergänzend müssen Regierun- gen KMU bei der Einführung von Standards finanziell und technisch unterstützen.

Die nationalen Plattformen arbeiten jetzt an politi- schen Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass VSS mit den Entwicklungsprioritäten des Landes überein- stimmen und zugleich nachhaltige Ergebnisse errei- chen. Der zugrundeliegende Paradigmenwechsel kann als Gegenmaßnahme zur ungezügelten Liberalisierung des Welthandels verstanden werden, die zu unfairem sozialen und ökologischen Wettbewerb geführt hat. Im Süden werden VSS nicht mehr aus der Perspektive einzelner Unternehmen betrachtet, sondern als In- strumente, die den makroökonomischen Zielen der Transformation und nachhaltiger Entwicklung dienen.

Immer mehr Regierungen wollen die Bedingungen bestimmen, unter denen internationale Regelungen hilfreich sind (eine Art „Betriebsgenehmigung“). Indien und China entwickeln derzeit eigenständig nationale Zulassungsverfahren für VSS („Standard für Stan- dards“). Einmal eingeführt, wird öffentliche Unterstüt- zung von der Einhaltung solcher Anforderungen ab- hängig gemacht werden.

Das zunehmende proaktive Engagement von Entwick- lungsländern für Nachhaltigkeitsstandards ist eine erfreuliche Entwicklung. Ihre Bemühungen, VSS mit nationalen Prioritäten in Übereinstimmung zu bringen und die Perspektiven des Südens auf internationaler Ebene zu artikulieren, werden den Beitrag solcher marktbasierten Instrumente zur Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung stärken. Kurzfristig sollte das UN-Forum für Nachhaltigkeitsstandards unter Führung der UNCTAD einen Multi-Stakeholder-Prozess für den Erfahrungsaustausch, die Schaffung gemeinsamen Wissens und einen Politik-Dialog über VSS unterstüt- zen. Langfristig muss die internationale Gemeinschaft einen einheitlichen globalen Rahmen für VSS schaffen, der den derzeitigen Zustand der Zersplitterung über- winden und nachhaltigen Handel fördern kann.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 23.10.2017

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