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Härtefall und nachträglicher Rücktritt im Prüfungsrecht

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Academic year: 2022

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VG Ansbach, Urteil v. 23.02.2017 – AN 2 K 16.00438 Titel:

Härtefall und nachträglicher Rücktritt im Prüfungsrecht Normenketten:

VwGO § 42 Abs. 1 BayVwVfG Art. 35 S. 1 GG Art. 12 Abs. 1 Leitsätze:

1. Die Zulassung zu einem weiteren Prüfungsversuch aus Härtefallgründen bzw. die Ablehnung dieser Zulassung sind Verwaltungsakte (Art. 35 S. 1 BayVwVfG), da insofern eine gesonderte behördliche Entscheidung erforderlich ist. Das Gleiche gilt für die Entscheidung über die Genehmigung eines nachträglichen Prüfungsrücktritts. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

2. Es ist verfassungsrechtlich zwingend, dass eine im Studium nicht bestandene Prüfung wiederholt werden kann. Ein genereller Anspruch auf weitere Wiederholungsmöglichkeiten aus Härtefallgründen besteht jedoch nicht. Dass Prüfungen innerhalb eines Studiums nicht endlos wiederholt werden können, dient zum einen dazu, die Eignung des Studierenden für einen bestimmten Beruf festzustellen und zum anderen dem öffentlichen Interesse an begrenzten Studienzeiten. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

3. Nicht jede Verminderung der Leistungsfähigkeit kann zur Bejahung eines prüfungsrechtlichen Härtefalls führen. Bei der Frage, ob ein besonderer Härtefall vorliegt, müssen insbesondere solche Gründe

unberücksichtigt bleiben, die im Wege des Rücktritts von einer Prüfung geltend zu machen sind, wie es etwa bei einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit der Fall ist. Nichts anderes gilt für Dauerleiden, die auch im Rahmen eines Prüfungsrücktritts unberücksichtigt bleiben. (Rn. 25 – 26) (redaktioneller Leitsatz) 4. Der Rücktritt von einer Prüfung wegen Krankheit ist von dem Prüfling unverzüglich nach Erkennen der Prüfungsunfähigkeit zu erklären. Nimmt ein Prüfling an der Prüfung teil und erklärt erst nach deren

Beendigung seinen Rücktritt unter Berufung auf eine zunächst unerkannte Prüfungsunfähigkeit, muss er die Gründe dafür, dass er seine Prüfungsunfähigkeit zunächst nicht erkennen konnte, in gleicher Weise

glaubhaft machen wie die Prüfungsunfähigkeit selbst. Wartet der Prüfling die Bekanntgabe des

Prüfungsergebnisses ab, bevor er eine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit geltend macht, liegt ein Missbrauch des Rücktrittsrechts nahe. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Prüfungsrecht, Wiederholungsmöglichkeit aus Härtefallgründen (verneint), nachträglicher Rücktritt, Missbrauch des Rücktrittsrechts, endgültiges Nichtbestehen, Aufmerksamkeit-Defizit-Syndrom, Schilddrüsenunterfunktion

Rechtsmittelinstanz:

VGH München, Urteil vom 16.01.2018 – 7 ZB 17.783  

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand 1

Der Kläger begehrt die Zulassung zu einem weiteren Wiederholungsversuch der Modulprüfung

„Betriebliches Rechnungswesen“ hilfsweise die Neubewertung seines letzten Prüfungsversuchs.

2

Der Kläger war zunächst ab dem Wintersemester 2012/2013 im Zwei-Fach-Bachelorstudiengang Sinologie und Politikwissenschaft an der … eingeschrieben. Nach einem Fachwechsel zum Wintersemester

2014/2015 studiert der Kläger nun im Zwei-Fach-Bachelorstudiengang Ökonomie und Sinologie.

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Nachdem der Kläger am 29. Juli 2014 die Modulprüfung „Betriebliches Rechnungswesen I“ erstmalig nicht bestanden hatte, meldete er sich im Wintersemester 2014/2015 zur Wiederholungsprüfung an, die er jedoch mit Grund versäumte. Den zweiten Versuch am 16. April 2015 und den dritten Versuch am 8. Juli 2015 bestand der Kläger nicht. Damit war die Prüfung endgültig nicht bestanden.

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Der Kläger beantragte daraufhin einen vierten Versuch für die Ableistung der Modulprüfung „Betriebliches Rechnungswesen I“. Zur Begründung trug er vor, dass bei ihm verspätet im Erwachsenenalter das

„Aufmerksamkeit Defizit Syndrom“ diagnostiziert wurde. Seit dem Beginn des Studiums sei er in psychologischer Behandlung und nehme das Medikament „Ritalin“. Er kämpfe jedoch weiterhin mit Textverständnis, Konzentration, Organisation und Zeitdruck. Insbesondere im Sommersemester habe er Probleme, den Vorlesungs- und Prüfungsstoff in der Vor lesungszeit ausreichend nachzuvollziehen.

Zusätzlich hätte er folgende weitere Belastungen gehabt: Kurz vor dem zweiten Versuch der Prüfung

„Betriebliches Rechnungswesen I“ habe er erfahren, dass er zum dritten Mal durch die Prüfung

„Volkswirtschaftslehre“ gefallen sei. Daher habe er gedacht, er könne nicht weiter studieren und sei

deswegen in eine tiefe Krise gestürzt. Später habe sich herausgestellt, dass es eine Verwechslung gegeben habe. Er habe so dann mitten im Semester sein Studium wieder aufgenommen und aufgeholt, was er aufholen habe können. Während des zweiten Versuchs der Prüfung „Betriebliches Rechnungswesen I“ sei er somit nicht mehr fähig gewesen, die Prüfung zu schreiben, habe aber nicht mehr rechtzeitig zurücktreten können. Während seines zweiten Versuchs der Prüfung „Recht für Wirtschaftswissenschaftler“ sei ihm zudem eine Klausur wegen angeblichen Unterschleifs weggenommen worden. Das Nichtbestehen der Prüfung sei zwar später annulliert worden, dies habe aber sehr lange gedauert und die dadurch entstandene Belastung habe seinen Studienverlauf beeinflusst.

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Gleichzeitig legte der Kläger Widerspruch gegen die Bewertung seines dritten Versuchs der Prüfung

„Betriebliches Rechnungswesen I“ ein. Ihm sei bei der Klausureinsicht nicht möglich gewesen, den Korrektur Weg nachzuvollziehen. Es sei nicht offen gelegt worden, ob der Lösungs Weg oder das

Endergebnis falsch gewesen seien. Bei einer wiederholten Einsicht sei ihm aufgefallen, dass trotz richtiger Kontenangaben Punkte nicht vergeben worden seien. Zudem habe ein Tutor mitgeteilt, dass der Prüfer die Korrekturvorgehensweise verschärft habe, weil er mit der geringen Anzahl seiner Vorlesungen nicht zufrieden gewesen sei (gemeint ist wohl mit der geringen Besucheranzahl seiner Vorlesungen). Solche Racheaktionen sollten bekannt sein. Die Klausur habe sich auch nicht - entgegen der bisherigen Praxis - an den Übungen orientiert. Der Kläger legte ein nervenärztliches Attest vom 21. September 2015 vor, dass ihm ADHS im Erwachsenenalter diagnostiziert. Als Defizite bestünden vor allem Konzentrationsstörungen, reduzierte Stresstoleranz, Probleme unter Zeitdruck geordnet zu arbeiten und häufige

Stimmungsschwankungen mit vermehrt depressiver Auslenkung.

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Das Prüfungsamt teilte dem Kläger vorab am 19. November 2015 per E-Mail mit, dass sein Antrag auf Viertversuch nicht genehmigt worden und der Widerspruch gegen die Bewertung der Klausur erfolglos gewesen sei. Ein entsprechendes Schreiben werde er noch erhalten.

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Mit Schreiben vom 19. November 2015 wandte sich der Therapeut des Klägers an das Prüfungsamt und bat um erneute Prüfung der Sachlage und Genehmigung eines Viertversuchs, auch um einer psychischen Instabilität entgegenzuwirken.

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Mit Schreiben vom 9. Dezember 2016 ließ der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten Widerspruch gegen die E-Mail einlegen. Zur Begründung wurde ergänzend zu den Darlegungen des Klägers

vorgetragen, dass ein Viertversuch aus Härtefallgründen grundsätzlich möglich sei. Der Prüfer habe zudem den Stoff in der Vorlesung äußerst schnell und in nicht mehr zeitgemäßer Weise vorgetragen. Der Stoff sei nicht, wie in anderen Vorlesungen, komprimiert und übersichtlich aufbereitet worden und eine ausreichende Absprache mit den Übungen sei nicht erfolgt. Der Kläger sei zudem privaten Belastungen ausgesetzt, da sich bei seinen Eltern unerwartet finanzielle Schwierigkeiten aufgetan hätten.

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Mit Bescheid vom 21. Dezember 2015 lehnte der Prüfungsausschuss schließlich den Antrag des Klägers auf Zulassung zu einem vierten Versuch ab. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 29.

Dezember 2015, eingegangen am 7. Januar 2016, Widerspruch eingelegt. Zur Begründung wurde auf das Schreiben vom 9. Dezember 2015 verwiesen.

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Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2016, zugestellt am 24. Februar 2016, zurückgewiesen. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Studien- und Prüfungsordnung für die

Bachelor- und Masterstudiengänge der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie der Universität

…(ABMstPO/Phil) vom 27. September 2007 i.d.F. vom 21. Juli 2014 könne eine nicht bestandene Prüfung zwei Mal wiederholt werden. Ein vierter Versuch sei nicht möglich. Eine Härtefallregelung sehe die ABMstPO/Phil nicht vor. Das Begehren des Klägers sei daher als nachträglicher Rücktritt von der Prüfung vom 8. Juli 2015 wegen Prüfungsunfähigkeit auszulegen. Der Kläger habe allerdings die

Prüfungsunfähigkeit nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 ABMstPO/Phil unverzüglich geltend gemacht. Der Kläger habe sich erst nach Ablegen der Prüfung auf die Prüfungsunfähigkeit berufen, obwohl er sich seinen Ausführungen zufolge bereits seit der Zeit des Abiturs wegen seiner ADS-Sympto-matik in Behandlung befände. Einen Antrag auf Nachteilsausgleich nach § 27 Abs. 1 und Abs. 3 ABMstPO/Phil habe der Kläger nie gestellt. Zudem handle es sich bei der ADS-Symptomatik um ein Dauerleiden, das ungeeignet sei, eine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit zu begründen. Die auf Grund des vorgeworfenen Unterschleifs andauernde Unklarheit der Studiensi tuation des Klägers und die damit verbundene psychische Belastung, die Tatsache, dass der Kläger den zweiten Versuch der Klausur „Betriebliches Rechnungswesen I“ unter der Annahme ablegte, das Studium nicht fortsetzen zu können oder seine belastende familiäre Situation könnten das Begehren des Klägers nicht rechtfertigen. Die Bewertung der Klausur „Betriebliches Rechnungswesen I“ sei nicht zu beanstanden. Die Fehler seien alle eindeutig angestrichen worden. Ein kompletter Vermerk der richtigen Lösung sei aus Zeitgründen nicht möglich. Richtige Kontoangaben führten nicht zwingend dazu, dass die Lösung der Aufgabe ganz oder teilweise richtig werde, zumal eine Liste mit den Kontonummern und -bezeichnungen in der Klausur als Hilfsmittel zugelassen gewesen sei. Der Stoff sei in den dazugehörigen Modulveranstaltungen behandelt worden. Im Übrigen könnten Hochschullehrer auf Grund ihrer Lehrfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG ihre Lehrveranstaltungen inhaltlich und methodisch frei gestalten. Es bestehe kein Anspruch der Studenten auf selbst erstellte Vorlesungsmaterialien oder eine komprimierte und übersichtliche Aufbereitung des Stoffes.

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Mit Bescheid vom 18. Februar 2016 teilte das Prüfungsamt dem Kläger das endgültige Nichtbestehen des Moduls „Betriebliches Rechnungswesen I“ und damit der Bachelorprüfung mit.

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Mit Schriftsatz vom 17. März 2016, eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag, ließ der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten Klage erheben und beantragen,

1. Der Bescheid der Zentralen Universitätsverwaltung L 6 - Prü-fungsausschuss für die Bachelor- und Masterprüfung an der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie vom 21. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2016 sowie der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen vom 18. Februar 2016 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger erneut zur Wiederholung der Modulprüfung „Betriebliches Rechnungswesen I“ zuzulassen, hilfsweise die Wiederholungsprüfung des Klägers im Modul „Betriebliches Rechnungswesen I“ vom 8. Juli 2015 erneut zu bewerten und sodann über das Ergebnis der Prüfung erneut zu entscheiden.

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Zunächst wurde vorgetragen, dass der Kläger im Wintersemester 2015/2016 die Klausur im Modul

„Betriebliches Rechnungswesen I“ unter Vorbehalt erneut abgelegt und bestanden habe. Die Gewährung eines weiteren Prüfungsversuchs aus Härtegründen sei auch ohne ausdrückliche Regelung in der ABMstPO/Phil möglich. Die vom Kläger vorgetragenen Härtefallgründe seien nicht oder falsch gewürdigt worden. Zum erfolgreichen Abschluss im Studienfach Sinologie fehle dem Kläger nur noch eine mündliche Prüfung. Der Kläger befinde sich weiterhin in psychologischer und psychiatrischer Behandlung, um den gesundheitlichen Zustand zu stabilisieren und zu verbessern. Es sei daher davon auszugehen, dass der

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Kläger sein Studium erfolgreich abschließen werde. Hinsichtlich der Bewertung des Drittversuchs wurde ausgeführt, dass bei Aufgabe 2a) neben den Buchungssätzen 2510 und 2511 zwei durchgestrichene Häkchen zu finden seien, die symbolisierten, dass etwas gefehlt habe. Der Kläger habe jedoch mit Zahlen gerechnet, was daran zu sehen sei, dass ein Endbetrag von 16.800 EUR angegeben worden sei. Es werde davon ausgegangen, dass die Studenten die Buchungssätze auswendig lernten, weshalb es nur Punkte gebe, wenn Geldbeträge daneben stünden. Dieses Bewertungssystem benachteilige die Prüflinge unangemessen. Im Betriebsrechnungswesen hätten die richtigen Geldbeträge nicht absolute Priorität, vielmehr gehe es um die Buchhaltung als Disziplin und ihre Buchungssatzvorgehensweise. Auch bei der Aufgabe 6) (gemeint wohl Aufgabe 2b) hätte für die richtigen Buchungssätze wenigstens die Hälfte der Punkte vergeben werden müssen. Hinzu komme, dass es sich bei dem Modul „Betriebliches

Rechnungswesen I“ um ein solches mit besonders hoher Stoffdichte handle. Zudem sei der Kläger in der Vorbereitung benachteiligt gewesen, da die Übungsleiter jeweils verschiedene Unterlagen benutzt hätten.

Aus seiner Übung seien keine Aufgaben in der Klausur übernommen worden, obwohl der Übungsleiter über eine Aufgabe gesagt hätte, dass diese üblicherweise in der Klausur drankomme. Der Kläger gehe zudem davon aus, dass Aufgaben aus einer anderen Übung in der Klausur drankamen. Eine solche

Vorteilsverschaffung für lediglich einen Teil der Studenten sei rechtswidrig.

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Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 26. April 2016 und beantragte, Klageabweisung.

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Hinsichtlich der Prüfungsbewertung und des nachträglichen Rücktritts wurde auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Im Übrigen wurde ausgeführt, dass zwar grundsätzlich die Mög lichkeit bestehe, dass aus Härtefallgründen eine weitere in der Prüfungsordnung nicht vorgesehene Wiederholungsmöglichkeit eingeräumt werde. Die vom Kläger vorgetragenen Dauerleiden beziehungsweise fortdauernden persönlichen Belastungen könnten jedoch keinen Härtefall begründen. Die vom Kläger geschilderten Gründe und Umstände (generelle Schwierigkeiten im Studium wegen einer ADS-Symptomatik im Erwachsenenalter, Bezichtigung des Unterschleifs in einer anderen Klausur, späte Bekanntgabe der Entscheidung über einen anderen Härtefallantrag, Verunsicherung durch fehlerhaften Noteneintrag) bewegten sich noch im Rahmen von gewöhnlichen privaten Belastungen und reichten daher nicht aus, um eine Abweichung von der in der Prüfungsordnung vorgesehenen Anzahl an Prüfungsversuchen zu rechtfertigen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die für den Kläger positive Entscheidung des

Prüfungsausschusses hinsichtlich des Vorwurfs der Täuschung diesem mit E-Mail vom 16. Juni 2015, also drei Wochen vor dem letzten Prüfungsversuch im Fach „Betriebliches Rechnungswesen I“, mitgeteilt worden sei. Eine positive Prognose in Bezug auf die Leistungen des Klägers sowie seine Eignung für den Studiengang seien schwer ersichtlich. Der Kläger habe bisher lediglich zwei Module im ersten Versuch bestanden. In allen anderen Modulen habe er zwei oder drei Versuche wahrnehmen müssen, um das jeweilige Modul knapp zu bestehen. Auf die Leistungen im Fach Sinologie komme es nicht an, da sich die Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen nicht auf dieses Studienfach beziehe. Die Beklagte legte zudem eine Stellungnahme des Prüfers vor. Dieser gab an, dass bei der Aufgabe 2a) entgegen des

klägerischen Vortrags keine Punkte abgezogen worden seien, obwohl eigentlich ein Punkt hätte abgezogen werden müssen. Aufgabe 2b) sei falsch gelöst, da der Buchungssatz nur einen von vier Beträgen aufweise.

Bei dieser Aufgabe sei das Berechnen der Beträge das besonders Anspruchsvolle gewesen.

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Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2017 nahm der Kläger Stellung zur Klageerwiderung. Er trug vor, dass die ADS-Symptomatik kein Dauerleiden mit gleichbleibenden Einschränkungen sei, da sich die Symptomatik besonders im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Modul geäußert habe. Die Beklagte habe durch den unberechtigten Vorwurf des Unterschleifs selbst maßgeblich zur schlechten psychischen Situation des Klägers vor dem letzten Prüfungsversuch beigetragen. Es sei unerheblich, dass dem Kläger drei Wochen vor dem Prüfungstermin mitgeteilt wurde, dass kein Unterschleif festgestellt wurde, da der Kläger durch die gesamte belastende Situation in einen fortdauernden Erschöpfungszustand geraten sei, der sich nicht durch eine positive Entscheidung habe beseitigen lassen. Die Beklagte gehe

interessanterweise nicht auf den Vortrag hinsichtlich der Benachteiligung des Klägers bei der Prüfungsvorbereitung ein.

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Bei dem Kläger sei zudem eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt worden, unter der er voraussichtlich bereits seit längerer Zeit gelitten habe. Folge dieser Unterfunktion sei u.a. fehlende Leistungsfähigkeit. Der Kläger legte ein Attest vom 13. Dezember 2016 vor, das als Diagnose eine „Struma diffusa auf dem Boden einer gering aktiven Autoimmunthyreopathie vom Typ Hashimoto“ feststellt.

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Die Beklagte ergänzte ihre Ausführungen mit Schriftsatz vom 14. Februar 2017: Im Sommersemester 2015 seien im Modul „Betriebliches Rechnungswesen I“ zwei Übungen tatsächlich durchgeführt worden. Der Kläger sei zu keiner der beiden angebotenen Übungen angemeldet gewesen. Beide Übungen seien ausschließlich von einem Übungsleiter abgehalten worden und es seien keine unterschiedlichen

Übungsblätter verwendet worden sondern Power-PointPräsentationen, die allen Studenten gleichermaßen auf StudOn zur Verfügung gestellt worden seien. Auch im Wintersemester 2014/2015 sei der Kläger zu keiner Übung im Fach „Betriebliches Rechnungswesen“ angemeldet gewesen. Die Darstellung des Klägers hinsichtlich der Unterschleifvorwürfe bei der Klausur „Recht der Wirtschaftswissenschaftler“ am 10. April 2015 sei unvollständig. Der Prüfungsaufsichtsführende habe vor der Ausgabe der Klausurbögen den Klausurteilnehmern mitgeteilt, dass die Klausuren erst nach Mitteilung durch die Aufsicht geöffnet werden dürften. Der Kläger habe den Klausurbogen bereits kurz, nachdem er ihm ausgegeben worden sei, geöffnet.

Der Kläger sei daraufhin von der Prüfung ausgeschlossen worden. Die Entscheidung des Prüfungsausschusses, das Ergebnis der Klausur zu annullieren und dem Kläger eine weitere

Wiederholungsmöglichkeit einzuräumen, sei nur im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen, nämlich den Mangel an Impulskontrolle und Aufmerksamkeit, getroffen worden. Der Kläger habe aber objektiv gegen das Prüfungsverfahren verstoßen und die Situation selbstverschuldet. Die damit verbundene Unsicherheit über seinen Studienfortgang könne damit keinen Härtefall begründen. Es sei

verfassungsrechtlich auch nur geboten, bei berufsrelevanten Möglichkeiten eine Wiederholungsmöglichkeit vorzusehen. Nach der ABMStPO/Phil stehe den Studenten bereits überobligatorisch eine zweite

Wiederholungsmöglichkeit zu. Eine Härtefallregelung enthalte die ABMStPO/Phil daher nicht.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten und auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe 20

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO zulässig. Auch die mit dem Hauptantrag begehrte Zulassung zu einem vierten Versuch der Prüfung

„Betriebliches Rechnungswesen I“ aus Härtefallgründen beziehungsweise die Ablehnung dieser Zulassung sind Verwaltungsakte im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, da die Zulassung aus Härtefallgründen eine gesonderte Entscheidung der Beklagten erfordert (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn.

830). § 29 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ABMstPO/Phil, wonach ein im Bachelorstudium Immatrikulierter als zugelassen gilt zur Bachelorprüfung und den Prüfungen, aus denen die Bachelorprüfung besteht, findet im Falle einer Entscheidung über die Zulassung zu einem weiteren, von der Prüfungsordnung nicht regulär vorgesehenen Prüfungsversuch, keine Anwendung. Eine andere Bewertung ergibt sich auch dann nicht, wenn das klägerische Begehren dahingehend ausgelegt wird, dass die erneute Zulassung zur Prüfung wegen nachträglichen Prüfungsrücktritts erfolgen soll. Die Entscheidung über die Genehmigung des Rücktritts ist ebenso ein Verwaltungsakt (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 827). Im Übrigen ist die Klage gegen den Bescheid über das endgültige Nichtbestehen vom 18. Februar 2016 als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO statthaft.

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Die Klage ist jedoch hinsichtlich Haupt- und Hilfsantrag unbegründet, da der Kläger weder Anspruch auf Zulassung zu einem vierten Versuch der Prüfung „Betriebliches Rechnungswesen I“ noch auf

Neubewertung seines dritten Versuchs der Prüfung in diesem Fach am 8. Juli 2015 hat und der Bescheid vom 21. Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2016 und der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen vom 18. Februar 2016 damit rechtmäßig sind, vgl. § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.

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Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Studien- und Prüfungsordnung für die Bachelor-und Masterstudiengänge der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie der Universität … (ABMstPO/Phil) vom 27. September 2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 2. August 2016, können abgesehen von der Bachelorarbeit Prüfungen, die nicht Teil der Grundlagen- und Orientierungsprüfung sind, zweimal wiederholt werden. Der Kläger hat die Modulprüfung „Betriebliches Rechnungswesen I“

insgesamt drei Mal, am 29. Juli 2014, am 16. April 2015 und am 8. Juli 2015, nicht bestanden und damit seine drei Versuche ausgeschöpft.

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Ein Anspruch auf Zulassung zu einer weiteren Wiederholungsmöglichkeit der Prüfung aus Härtefallgründen besteht nicht. Zum einen sieht die einschlägige Prüfungsordnung eine Wiederholungsmöglichkeit aus Härtefallgründen nicht vor. Zum anderen begründen die vom Kläger vorgetragenen Umstände keinen prüfungsrechtlichen Härtefall.

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Die Beklagte ist nicht verpflichtet, eine dritte Wiederholungsmöglichkeit aus Härtefallgründen zuzulassen, da die ABMstPO/Phil eine weitere, dritte Wiederholungsmöglichkeit aus Härtefallgründen nicht vorsieht und sich auch nicht aus der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG oder anderen übergeordneten rechtlichen Gesichtspunkten ein genereller Anspruch auf eine weitere Wiederholungsmöglichkeit aus Härtefallgründen ergibt. Die Beschränkung auf drei Prüfungsversuche nach § 34 Abs. 1 Satz 1 ABMstPO/Phil ist als Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 101 BV verfassungsrechtlich

gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Dass Prüfungen innerhalb eines Studiums nicht endlos wiederholt werden können, dient zum einen dazu, die Eignung des Studenten für einen bestimmten Beruf feststellen zu können und zum anderen dem öffentliche Interesse an begrenzten Studienzeiten. Da durch das erstmalige Nichtbestehen einer Prüfung die Nichteignung für einen Beruf nicht ausreichend gesichert festgestellt werden kann, ist eine Wiederholungsmöglichkeit verfassungsrechtlich zwingend, aber auch ausreichend (vgl. BVerfG, B.v. 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82 - juris Rn. 96; BVerwG, B.v. 12.11.1998 - 6 PKH 11.98 - juris Rn. 6; BVerwG, B.v. 7.3.1991 - 7 B 178.90 - juris Rn. 14; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5.

Aufl. 2010. Rn. 769). Weder das Grundgesetz noch die Bayerische Verfassung gebieten es, dass eine Prüfung unbegrenzt wiederholt werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82 - juris Rn. 96;

BayVerfGH, E.v. 27.1.1994 - Vf. 14 - VII juris Rn. 68). Über diese verfassungsrechtlichen Vorgaben geht die Prüfungsordnung der Beklagten deutlich hinaus. Wenn ein Student die vorgesehenen drei

Prüfungsversuche nicht bestanden hat, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Student die notwendige Eignung für den Studiengang und den später auszuübenden Beruf nicht besitzt (vgl. BayVerfGH, E.v. 27.1.1994 - Vf. 14 - VII -92 - juris Rn. 68). Diese drei

Prüfungsversuche bilden eine hinreichend zuverlässige Grundlage für die Beurteilung, inwiefern ein Student die beruflichen und akademischen Anforderungen erfüllt.

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Die vom Kläger vorgetragenen Umstände begründen allerdings ohnehin keinen prüfungsrechtlichen Härtefall. Eine einen Härtefall begründende Situation liege vor, wenn sich aus den ersten drei Prüfungsversuchen des Klägers nicht mit hinreichender Sicherheit ersehen ließe, dass er für die Fortsetzung des Studiums nicht geeignet ist, und erwartet werden könne, dass er bei einem erneuten Versuch die Prüfung bestehen wird (vgl. BayVerfGH, E.v. 27.1.1994 - Vf. 14 -VII juris Rn. 70; SächsOVG, B.v. 12.12.2007 - 4 B 412/07 - juris Rn. 7). Zweifel an der Beurteilung der Nichteignung können sich insbesondere dann ergeben, wenn Umstände vorliegen, die den Prüfling an der vollen Entfaltung seines Leistungsvermögens gehindert haben könnten (vgl. OVG NRW, U.v. 26.11.1993 - 22 A 3246/92 - juris Rn.

33 ff.). Dabei kann unter dem Aspekt, dass eine weitere Wiederholungsmöglichkeit aus Härtefallgründen die Ausnahme bildet, nicht jede Verminderung der Leistungsfähigkeit zur Bejahung eines Härtefalls führen.

Vielmehr muss der Misserfolg des Prüflings bei der vorausgegangenen Prüfung in außergewöhnlichen, beispielsweise sein Leistungsvermögen erheblich beeinträchtigenden Umständen gründen (vgl. VG Würzburg, Gb.v. 25.11.2015 - W 2 K 15.382 - juris Rn. 33; VG Berlin, B.v. 21.11.2007 - 3 A 617.07 - juris Rn. 7). Bei der Frage, ob ein besonderer Härtefall vorliegt, müssen jedoch solche Gründe unberücksichtigt bleiben, die im Wege des Rücktritts von einer Prüfung geltend zu machen sind (vgl. SächsOVG, B.v.

12.12.2007 - 4 B 412/07 - juris Rn. 7; OVG NRW, U.v. 26.11.1993 - 22 A 3246/92 - juris Rn. 38).

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(7)

Hiernach müssen die vom Kläger vorgebrachte Aufmerksamkeitsdefizits-Erkrankung und Schilddrüsenstörung bei der Härtefallprüfung außer Betracht bleiben, da eine krankheitsbedingte

Prüfungsunfähigkeit im Wege des Rücktritts von der Prüfung geltend zu machen ist. Andernfalls könnten die besonderen Regelungen, die für den krankheitsbedingten Rücktritt gelten, insbesondere die

Unverzüglichkeit der Rücktrittserklärung, unterlaufen werden. Nichts anderes gilt, wenn man die

Aufmerksamkeitsdefizits- und die Schilddrüsenerkrankung als prüfungsrechtlich unbeachtliche Dauerleiden einstuft, die auch im Rahmen eines Prüfungsrücktritts unberücksichtigt bleiben. Bei einem Dauerleiden, welches das reguläre Leistungsbild des Prüflings bestimmt (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.1985 - 7 B 210/85 - juris Rn. 6), liegen gerade auch keine außergewöhnlichen einen Härtefall begründende Umstände vor, die ausnahmsweise die Annahme rechtfertigten, die abgelegten Prüfungsversuche entsprächen nicht dem eigentlichen Leistungs niveau des Prüflings. Es kann somit offen bleiben, ob es sich bei den Krankheiten des Klägers tatsächlich um auf unbestimmte Zeit andauernde und nicht in absehbarer Zeit heilbare Leiden handelt oder ob diese Erkrankungen mit Medikamenten so weit reguliert werden können, dass die

Leistungsfähigkeit des Klägers ausreichend wieder hergestellt ist. Gegen letzteres spricht, dass der Kläger in seinem Schreiben an die Beklagte angibt, dass er seit seiner Schulzeit und auch während seines Studiums medikamentös behandelt werde und dennoch mit seiner Konzentration sowie mit

Organisationsproblemen zu kämpfen habe.

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Soweit der Kläger geltend macht, er sei durch die irrtümliche Annahme, er habe die Klausur

„Volkswirtschaft“ endgültig nicht bestanden, und durch den Vorwurf des Unterschleifs in einer Weise belastet gewesen, die einen Härtefall begründen, kann dies nicht überzeugen. Die Wertung seiner Prüfung im Fach „Recht für Wirtschaftswissenschaftler“ als nicht bestanden wegen Unterschleifs hat der Kläger mit zu vertreten, da er tatsächlich zu Beginn der Prüfung entgegen der Anweisung des Prüfers seinen

Klausurbogen vorzeitig geöffnet hat. Damit scheitert die Gel-tendmachung dieses Vorfalls im Rahmen einer Härtefallprüfung aus, da nur solche Umstände einen Härtefall begründen können, die der Prüfling gerade nicht zu vertreten hat (vgl. SächsOVG, B.v. 12.12.2007 4 B 412/07 - juris Rn. 7). Des Weiteren handelt es sich bei diesem Zwischenfall nicht um einen außergewöhnlichen Umstand, sondern um eine Situation, die im Bereich dessen liegt, von dem erwartet werden kann, dass es ein durchschnittlicher Student bewältigen kann. Die Verwechslung bei der Notenbekanntgabe zur Prüfung im Fach Volkswirtschaft begründet ebenfalls keinen Härtefall. Zwar hat der Kläger nach eigenen Angaben erst nach dem Ablegen des zweiten Versuchs der Prüfung im Fach „Betriebliches Rechnungswesen I“ erfahren, dass er die Prüfung im Fach

„Volkswirtschaft“ doch bestanden hat und kann die Annahme, sein Studium nicht fortsetzen zu können, aus verständiger Perspektive zu einer Einschränkung der Prüfungsfähigkeit führen. Der Kläger hat jedoch in der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2017 angegeben, dass er selbst letztlich immer an einen Fehler bei der Notenbekanntgabe geglaubt habe. Hinzu kommt, dass die Verwechslung im Rahmen der

Notenbekanntgabe wenn überhaupt die Leistungsfähigkeit des Klägers während des zweiten Versuchs der Prüfung im Fach „Betriebliches Rechnungswesen I“ eingeschränkt haben kann. Die Korrektur des

Ergebnisses der Volkswirtschaftsprüfung wurde dem Kläger nach eigenen, sehr unbestimmten, Angaben spätestens vier bis fünf Wochen nach der Prüfung am 1. April 2015 also deutlich vor dem letzten Versuch am 8. Juli 2015 mitgeteilt. Eine aus besonderen Gründen während des Zweitversuchs eingeschränkte Prüfungsfähigkeit hätte der Kläger jedoch direkt nach dem Zweitversuch geltend machen müssen. Zudem hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, nach § 34 Abs. 2 Satz 3 ABMstPO/Phil zu beantragen, den Letztversuch zu einem späteren Zeitpunkt zu schreiben. Dies hat der Kläger nicht getan. Dass die Eltern des Klägers finanzielle Schwierigkeiten hatten und der Kläger daher unter Druck stand, sein Studium besonders schnell abzuschließen, stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar, da die Finanzierung des Studiums ein Problem darstellt, das viele Studenten gleichermaßen trifft.

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Die Entscheidung, dem Kläger keine dritte Wiederholungsmöglichkeit zu gewähren, ist auch verhältnismäßig im Einzelfall. Ziel der Begrenzung von Wiederholungsmöglichkeiten ist es, nur den

Studenten die Fortsetzung des Studiums zu ermöglichen, die auch die notwendige Eignung besitzen. Dabei muss sich die Beklagte nicht darauf verweisen lassen, dass eine weitere Wiederholungsmöglichkeit ein milderes Mittel gegenüber der Feststellung des endgültigen Nichtbestehens ist, da das Ziel der

Eignungsfeststellung und das öffentliche Interesse an einer zweckmäßigen Nutzung der Studienressourcen auf diese Weise nicht gleich effektiv verfolgt werden können und verfassungsrechtlich die Begrenzung der Wiederholungsmöglichkeiten - wie bereits festgestellt - zulässig ist. Es ist schließlich auch angemessen,

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wenn dem Kläger eine weitere Wiederholungsmöglichkeit nicht gewährt wird. Da die Prüfungsordnung bereits zwei Wiederholungsmöglichkeiten vorsieht, ist der Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers nach Art.

12 Abs. 1 GG bereits abgemildert. Besondere Umstände, die die Beschränkung auf drei Prüfungsversuche gerade gegenüber dem Kläger als schweren, im Verhältnis zum Ziel der Maßnahme unangemessenen, Eingriff darstellen, liegen nicht vor. Hier gilt das im Rahmen der Prüfung des Härtefalls Gesagte. Die Unverhältnismäßigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger die in Streit stehende Prüfung mittlerweile unter Vorbehalt bestanden hat. Der Kläger hat diese Prüfung im Bewusstsein des Risikos geschrieben, dass das Ergebnis bei Erfolglosigkeit der Klage nicht anerkannt wird. Dass der Kläger die Prüfung erneut ablegen konnte, ist allein eine Konsequenz der aufschiebenden Wirkung seiner Klage nach

§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es wäre bereits ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit, die Prüfung nun als bestanden zu werten, obwohl der Kläger letztlich keinen Anspruch auf den erneuten Prüfungsversuch hat.

29

Ein Anspruch des Klägers auf eine weitere Wiederholungsmöglichkeit der Prüfung im Fach „Betriebliches Rechnungswesen I“ ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger von seinem dritten Prüfungsversuch am 8. Juli 2015 nachträglich wegen krankheitsbedingter Prüfungsunfähig keit zurückgetreten ist, da der Kläger den Rücktritt nicht unverzüglich, sondern erst circa zweieinhalb Monate nach dem Prüfungstermin und insbesondere erst nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erklärt hat. Die Beklagte hat zu Recht geltend gemacht, dass das Aufmerk-samkeits-Defizit-Syndrom ebenso wie die Schilddrüsenfehlfunktion als Krankheiten - wenn überhaupt - nur im Wege eines Prüfungsrücktritts geltend gemacht werden können.

Dabei muss der Prüfling nicht nur das Vorliegen einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit als solche darlegen, sondern den Rücktritt auch unverzüglich nach Erkennen der Prüfungsunfähigkeit gegenüber dem Prüfer erklären (vgl. BVerwG, U.v. 7.10.1988 - 7 C 8/88 - juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 6.9.1995 - 6 C 16/93 - juris Rn. 47; vgl. § 10 Abs. 3 Satz 3 ABMstPO/Phil). Für beide Tatsachen trägt der Kläger die materielle Beweislast (vgl. BVerwG, U.v. 7.10.1988 - 7 C 8.88 - juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 4.3.2013 - 7 CE 13.181 - juris Rn. 14). Nimmt der Prüfling an der Prüfung teil und erklärt erst nach deren Beendigung seinen Rücktritt unter Berufung auf eine zunächst unerkannte Prüfungsunfähigkeit, muss er die Gründe dafür, dass er seine Prüfungsfähigkeit zunächst nicht erkennen konnte, in gleicher Weise glaubhaft machen wie die

Prüfungsunfähigkeit selbst. Ein Attest muss die krankhafte Beeinträchtigung des Prüflings und ihre Auswirkungen auf dessen Leistungsvermögen in der konkreten Prüfung so beschreiben, dass die Prüfungsbehörde in die Lage versetzt wird, auf der Grundlage des Attests zu entscheiden, ob ein ausreichender Grund nachgewiesen ist. Macht der Prüfling geltend, er habe seine Prüfungsunfähigkeit krankheitsbedingt nicht frühzeitig erkennen können, muss er hierfür ausreichende Nachweise in Form einer ärztlichen Bescheinigung erbringen, in der anhand konkreter Feststellungen nachvollziehbar dargelegt wird, dass er bis zum Abschluss der Prüfung nicht in der Lage war, die Beeinträchtigung seines

Leistungsvermögens zu erkennen (BayVGH, B.v. 4.3.2013 - 7 CE 13.181 - juris Rn. 15). Dem Prüfling ist seine Prüfungsunfähigkeit bereits dann bekannt, wenn ihm im Sinne einer Parallelwertung in der

Laiensphäre bewusst wird, dass seine Leistungsfähigkeit durch sein gesundheitliches Befinden

eingeschränkt ist (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1993 - 6 C 28/92 - juris Rn. 32; BVerwG, U.v. 7.10.1988 - 7 C 8/88 - juris Rn. 12; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 288). Es liegt in der Verantwortung des Prüflings, sich vor und während der Prüfung seiner Prüfungsfähigkeit zu vergewissern (vgl. BVerwG, B.v. 17.1.1984 - 7 B 29/38 - juris Rn. 7). An die Unverzüglichkeit der Rücktrittserklärung sind dabei hohe Anforderungen zu stellen, um einem Missbrauch des Rücktrittsrechts mit dem Ziel der Verbesserung der Prüfungschancen entgegenzuwirken (vgl. BVerwG, U.v. 7.10.1988 - 7 C 8/88 - juris Rn. 12). Wartet der Prüfling, so wie der Kläger, die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ab, bevor er eine Erkrankung geltend macht, die seine Leistungsfä higkeit während der Prüfung eingeschränkt haben soll, liegt ein Missbrauch des Rücktrittsrechts nahe (vgl. BVerwG, U.v. 7.10.1988 - 7 C 8/88 - juris Rn. 12)

beziehungsweise kann sogar der grundsätzliche Ausschluss des Rücktritts angenommen werden (vgl.

BVerwG, U.v. 6.9.1995 - 6 C 16/93 - juris Rn. 48).

30

Der Kläger weiß nach eigenen Angaben seit seiner Schulzeit, dass er am Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom leidet und dort bereits Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit auf Grund der Erkrankung gegeben waren. Dem Kläger muss bewusst gewesen sein, dass diese Krankheit Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit haben kann, da er sich seit Beginn seines Studiums in psychologischer Behandlung befindet und Medikamente nimmt. Der Kläger macht keinerlei Angaben, warum ihm trotz Kenntnis der

(9)

Diagnose gerade im dritten Versuch der Prüfung im Fach „Betriebliches Rechnungswesen I“ der von ihm behauptete Zusammenhang zwischen der Krankheit und seiner Prüfungsfähigkeit nicht bewusst war, sondern erst im Zeitpunkt der Mitteilung des Ergebnisses bewusst wurde.

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Dem Kläger gelingt es nicht nachzuweisen, dass er durch eine Fehlfunktion seiner Schilddrüse in seiner Leistungsfähigkeit während des dritten Versuchs eingeschränkt gewesen war. Das von ihm im

Klageverfahren vorgelegte Attest vom 13. Dezember 2016 trifft keine Aussage darüber, inwiefern und in welchen Zeiträumen der Kläger tatsächlich durch die festgestellte Erkrankung in seiner Prüfungsfähigkeit eingeschränkt war. Ebenso wenig finden sich in dem Attest Feststellungen dazu, dass der Kläger die Symptome der Krankheit und deren Auswirkungen auf seine Prüfungsfähigkeit im Sinne einer

Parallelwertung in der Laiensphäre nicht erkennen konnte. Schließlich bleibt festzustellen, dass ausweislich des Attestes die Schilddrüsenfehlfunktion lediglich „gering aktiv“ ist.

32

Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Neubewertung seines dritten Prüfungsversuchs vom 8. Juli 2015 hat. Bewertungsfehler wurden nicht substanti-iert gerügt und sind auch nicht ersichtlich.

33

Soweit der Kläger vorträgt, die Klausur sei erneut zu bewerten, da er den Korrektur Weg nicht

nachvollziehen könne, kann dies nicht überzeugen. Dem Kläger gelingt es nicht substantiiert vorzubringen, bei welcher Aufgabe genau er durch unvollständige oder sonst mangelhafte Korrekturbegründung daran gehindert ist, die Bewertung nachzuvollziehen und begründete Bewer tungsrügen zu erheben. Zudem finden sich an der Klausur des Klägers jeweils Häkchen, Auslassungszeichen und Fehlerzeichen, so dass durchaus erkennbar ist, welche Aufgaben der Kläger falsch, richtig oder unvollständig beantwortet hat.

Teilweise sind Kontenangaben korrigiert worden und andere Korrekturbemerkungen ersichtlich. Ebenso ergibt sich die Punktevergabe auf die einzelnen Teilaufgaben aus der Korrektur.

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Die Behauptung des Klägers, die Korrektur der Klausur sei verschärft worden, da sich der Prüfer über die geringe Besucherzahl seiner Vorlesung geärgert habe, ist eine nicht substantiierte und haltlose

Unterstellung und damit unbeachtlich.

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Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass eine Universitätsklausur Aufgaben aus Übungen zu Vorlesungen übernimmt oder sich in sonstiger Weise an der Übung orientiert. Geprüft wird in Universitätsklausuren das Fach als solches und nicht etwa ein bestimmter Stoff einer Übung oder

Vorlesung. Es liegt dabei in der Verantwortung des Studenten, sich gegebenenfalls auch selbstständig auf eine Prüfung vorzubereiten. Dies gilt auch, wenn der Student der Ansicht ist, die Vorlesung bereite ihn nicht ausreichend auf die Prüfung vor. Der Vorwurf des Klägers, die Teilnehmer einer bestimmten Übung seien gegenüber den Teilnehmern anderer Übungen auf Grund unterschiedlicher Unterlagen bevorzugt worden, erweist sich wiederum als haltlos. Nach Angabe der Beklagten gab es in der Vorlesungszeit vor dem letzten Prüfungsversuch des Klägers nur zwei Übungen zum Fach „Betriebliches Rechnungswesen“, die beide von demselben Übungsleiter abgehalten und in denen dieselben Arbeitsunterlagen verwendet wurden.

36

Der Kläger bemängelt, dass teilweise auf richtige Kontenangaben in der Prüfung keine Punkte vergeben wurden. Zum einen bleibt dies jedoch zunächst eine pauschale Aussage, ohne dass der Kläger angibt, bei welcher Aufgabe er konkret Punkte auf die richtige Kontobezeichnung hätte erhalten müssen. Zum anderen ist dieses Vorgehen aus gerichtlicher Sicht unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des Prüfers nicht zu beanstanden. Es liegt im Beurteilungsspielraum des Prüfers, die einzelnen zu erbringenden Prüfungsleistungen zu gewichten (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2004 - 6 B 25/04 - juris Rn. 11). Da dem Kläger in der streitigen Prüfung eine Liste mit den Kontonummern und -bezeichnungen als Hilfsmittel zur Verfügung stand, ist es vertretbar, auf bloße Kontenangaben keine Punkte zu vergeben. Die Beklagte hat

nachvollziehbar dargelegt, dass es im Fach „Betriebliches Rechnungswesen“ nicht allein auf die Buchhaltung als Disziplin, sondern auf konkrete Rechnungen ankommt.

37

(10)

Soweit der Kläger bei der Teilaufgabe 2a) rügt, dass er die Korrektur nicht nachvollziehen kann, führt dies nicht zu einem Anspruch auf Neubewertung, da der Kläger auf diese Teilaufgabe die volle Punktzahl erhalten hat.

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Der Kläger bleibt auch mit der Rüge gegen die Bewertung der Teilaufgabe 2b) erfolglos. Die Bewertung mit 0 Punkten ist unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des Prüfers nicht zu beanstanden, da der Kläger nur einen von vier Beträgen berechnet hat und nach Angabe der Beklagten, die Berechnung der Beträge der wesentliche Prüfungsteil war.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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