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Abweisung einer Beschwerde gegen den Österreichischen Rundfunk

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Academic year: 2022

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KOA 11.100/11-016

Bescheid

Die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) hat durch Senat II, bestehend aus dem Vorsitzenden-Stellvertreter Dr. Florian Philapitsch, LL.M.

als Senatsvorsitzenden sowie den Mitgliedern Dr. Susanne Lackner und Mag.

Michael Truppe, über die Beschwerde der Eugen Russ Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei GmbH, vertreten durch die Dr. Michael Krüger Rechtsanwalt GmbH, Seilergasse 4/15, 1010 Wien, gegen den Österreichischen Rundfunk wegen Verletzung des ORF-Gesetzes wie folgt entschieden:

I. Spruch

Die Beschwerde wird gemäß §§ 35, 36 Abs. 1 Z 1 lit. a und lit. c iVm § 4 Abs. 1 Z 1, Z 14, Z 16 und Abs. 5 Z 1 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 50/2010, abgewiesen.

II. Begründung

1. Gang des Verfahrens

Mit Schreiben vom 20.04.2011, am selben Tag bei der KommAustria eingelangt, erhob die Eugen Russ Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei Gesellschaft mbH Beschwerde gegen den Österreichischen Rundfunk (ORF) gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a und lit. c ORF-G. Die Beschwerdeführerin begehrte darin die Feststellung der KommAustria, dass der ORF durch Unterlassung jeglicher Berichterstattung über die von den Vorarlberger Nachrichten initiierte, unter der Schirmherrschaft der Anti-Atom-Aktivistin Hildegard Breiner stehende Unterschriftenaktion „Ausstieg aus der Atomkraft“, in der regionalen Fernsehsendung „Vorarlberg heute“ und im Radioprogramm von Radio Vorarlberg in der Zeit von 16.03.2011 bis 19.04.2011 den öffentlich- rechtlichen Kernauftrag gemäß § 4 ORF-G, insbesondere die Bestimmungen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1, Z 14, Z 16 und Abs. 5 Z 1 ORF-G verletzt habe. Der Beschwerde wurden Auszüge aus den Ausgaben der Vorarlberger Nachrichten vom 16.03.2011 bis zum 19.03.2011 und vom 21.03.2011 sowie Ausgaben der

„Heimat Feldkirch“, dem regionalen Supplement der Vorarlberger Nachrichten für den Bezirk Feldkirch vom 24.03.2011 und vom 31.03.2011 beigelegt. Die Beschwerdeführerin begehrte zudem die Anordnung der Veröffentlichung der die Rechtsverletzungen feststellenden Entscheidung der KommAustria gemäß

§ 37 Abs. 4 ORF-G.

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Mit Schreiben vom 19.05.2011 übermittelte die KommAustria die Beschwerde der Eugen Russ Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei Gesellschaft mbH an den ORF zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Mit Mängelbehebungsauftrag vom selben Tag wurde die Beschwerdeführerin seitens der KommAustria aufgefordert, ergänzende Angaben zur Beschwerdelegitimation zu machen.

Mit Schreiben vom 01.06.2011, am selben Tag bei der KommAustria eingelangt, reichte die Beschwerdeführerin ergänzende Ausführungen zur Beschwerdelegitimation nach.

Mit Schreiben vom 06.06.2011 und vom 08.06.2011 nahm der ORF zur Beschwerde der Eugen Russ Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei Gesellschaft mbH Stellung und übermittelte Mitschnitte bzw. Aufzeichnungen einzelner Sendungen des ORF.

Die Stellungnahme und die vorgelegten Aufzeichnungen des ORF wurden der Beschwerdeführerin mit Schreiben der KommAustria vom 14.06.2011 zur Kenntnis übermittelt. Mit Schreiben vom selben Tag wurde dem ORF die ergänzende Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 01.06.2011 zur Kenntnis übermittelt.

Mit Schreiben vom 19.06.2011 äußerte sich die Beschwerdeführerin zu der ihr übermittelten Stellungnahme des ORF und den beigelegten Kopien von Sendungsaufzeichnungen. Diese Äußerung wurde dem ORF mit Schreiben der KommAustria vom 27.06.2011 zur Kenntnis übermittelt.

2. Sachverhalt

2.1. Beschwerdeführerin und Beschwerdevorbringen

Die Beschwerdeführerin ist Medieninhaberin der von Montag bis Samstag erscheinenden Tageszeitung Vorarlberger Nachrichten, deren primäres Verbreitungsgebiet das Bundesland Vorarlberg ist. Für einzelne Bezirke in Vorarlberg werden den Vorarlberger Nachrichten regionale Supplements beigefügt, so etwa die Beilage „Heimat Feldkirch“ für den Bezirk Feldkirch. Der Beschwerde wurden Auszüge aus den Ausgaben der Vorarlberger Nachrichten vom 16.03.2011 bis 19.03.2011 und vom 21.03.2011 sowie Ausgaben der „Heimat Feldkirch“, dem regionalen Supplement der Vorarlberger Nachrichten für den Bezirk Feldkirch, vom 24.03.2011 und 31.03.2011 beigelegt.

Die vorgelegten Ausgaben der Vorarlberger Nachrichten sowie der Regionalbeilage für den Bezirk Feldkirch enthalten jeweils umfassende Berichte über die Atomkatastrophe in Fukushima, darüber hinaus auch zahlreiche Artikel zum Thema Atomausstieg sowie zur Anti-Atominitiative der Vorarlberger Nachrichten, verbunden mit der Möglichkeit die abgedruckten Unterschriftenlisten auszufüllen und an die Redaktion der Vorarlberger Nachrichten zu schicken.

Die Beschwerdeführerin brachte in der Sache vor, dass der ORF durch Unterlassung jeglicher Berichterstattung über die von den Vorarlberger Nachrichten initiierte, unter der Schirmherrschaft der Anti-Atom-Aktivistin Hildegard Breiner stehende Unterschriftenaktion

„Ausstieg aus der Atomkraft“, in der regionalen Fernsehsendung „Vorarlberg heute“ und im Radioprogramm von Radio Vorarlberg in der Zeit vom 16.03.2011 bis zum 19.04.2011 den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag gemäß § 4 ORF-G, insbesondere die Bestimmungen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1, Z 14, Z 16 und Abs. 5 Z 1 ORF-G verletzt habe. Aus Anlass der Atomkatastrophe in Fukushima haben die Vorarlberger Nachrichten beginnend mit der Ausgabe vom 16.03.2011 eine Unterschriftenaktion mit den Forderungen nach einem Ausstieg Europas aus der Atomkraft, einem sofortigen Abschalten von Hochrisiko- Reaktoren und der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien unter der Schirmherrschaft

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der bekannten Anti-Atom-Aktivistin Hildegard Breiner gestartet. Die im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung noch nicht abgeschlossene Unterschriftenaktion sei von allen im Vorarlberger Landtag vertretenen Parteien, von Interessenverbänden wie dem ÖGB, und von nahezu allen relevanten Gruppierungen Vorarlbergs bis hin zu Vertretern der Kirchen unterstützt worden. Es seien von den Vorarlberger Nachrichten bis 19.04.2011 rund 90.000 Unterschriften – somit von rund einem Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung Vorarlbergs – gesammelt worden, welche nach Ende der Aktion der Europäischen Kommission und den Regierungen Österreichs und der Schweiz übergeben werden sollten.

Die Beschwerdeführerin verwies auf die lange Tradition der Vorarlberger Bevölkerung im Kampf gegen Atomkraftwerke und erklärte, dass die Volksabstimmung von 1978 gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf ohne das Votum der Vorarlberger Bevölkerung – welches mit 75,8% Nein-Stimmen weit über dem Bundesschnitt gelegen sei – wohl zugunsten einer Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Zwentendorf ausgegangen wäre. Die Anti- Atomhaltung der Vorarlberger Bevölkerung sei längst zu einem identitätsstiftenden Bestandteil Vorarlbergs geworden.

Die Beschwerdeführerin erklärte weiters, dass der ORF Vorarlberg die Unterschriftenaktion der Vorarlberger Nachrichten seit ihrem Beginn am 16.03.2011 bis zum Tag der Beschwerdeeinbringung zur Gänze boykottiert habe, da weder im Programm von Radio Vorarlberg, noch im regionalen Fernsehprogramm von „Vorarlberg heute“ über die Initiative der Vorarlberger Nachrichten berichtet worden sei. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei dieser Boykott aus sachfremden Motiven erfolgt, weil der ORF und verschiedene Unternehmen des Vorarlberger Medienhauses seit Jahren Konflikte vor Gerichten und Behörden austrügen und der ORF sogar wegen Kreditschädigung gegenüber einem Unternehmen des Vorarlberger Medienhauses verurteilt worden sei.

2.2. Zur Stellungnahme der Beschwerdegegner

Der ORF und der Generaldirektor des ORF (im Folgenden: die Beschwerdegegner) hielten der Beschwerde entgegen, dass es sich bei der seitens der Beschwerdeführerin behaupteten Motivation um eine unrichtige Unterstellung handle, und es zudem unrichtig sei, dass der ORF jegliche Berichterstattung über die gegenständliche Unterschriftenaktion unterlassen habe. Richtig sei vielmehr, dass bereits zu Beginn der Aktion in der Sendung

„Vorarlberg heute“ am 16.03.2011 über eine vergleichbare Unterschriftenaktionen des Landes Vorarlberg einerseits und jene der Vorarlberger Nachrichten andererseits berichtet worden sei. Am selben Tag sei auch auf der Online-Plattform des ORF „vorarlberg.orf.at“

darüber berichtet worden. Ebenso sei in der Landesrundschau vom 21.04.2011, zwar außerhalb des Beschwerdezeitraums, aber in Unkenntnis des Beschwerdevorhabens, über beide Unterschriftenaktionen berichtet worden. Ferner sei am 10.05.2011, ebenfalls außerhalb des Beschwerdezeitraums, jedoch noch vor Zustellung der Beschwerde an den ORF durch die KommAustria in „Vorarlberg heute“ über die Überreichung der Unterschriftenaktion an Bundeskanzler Werner Faymann, unter Nennung der Beschwerdeführerin und deren Chefredakteurs Christian Ortner berichtet worden. In einer Online-Meldung sei auch ein Foto des Chefredakteurs sowie des Vorarlberger Nachrichtenredakteurs Johannes Huber gezeigt worden; ebenso in der Fernsehberichterstattung desselben Tages. Schließlich sei am 25.05.2011 in der Nachrichtensendung „Vorarlberg heute“ um 19:00 Uhr über die Überreichung der Unterschriftenaktion bei EU-Kommissar Günther Oettinger berichtet worden, ebenfalls unter Nennung der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdegegner brachten weiters vor, dass die Vorarlberger Nachrichten den ORF in keiner Weise über ihre Unterschriftenkampagne informiert und sich mit Ausnahme einer Beschwerde seitens des Chefredakteurs nach Beginn der Aktion niemals mit Informationen an den ORF gewandt hätten. Demgegenüber habe es vom Landesdirektor des ORF Vorarlberg ein Angebot an den Chefredakteur der Beschwerdeführerin gegeben,

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ausführlicher über den weiteren Gang der Aktion zu berichten, wofür dieser allerdings weitergehende Informationen benötigt hätte. Obwohl dem ORF in weiterer Folge keine entsprechenden Informationen übermittelt worden seien, habe dieser bei der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Zahl der geleisteten Unterschriften recherchiert.

Demgegenüber sei der ORF durch die Pressestelle des Landes Vorarlberg über die Überreichung der Unterschriften beider Aktionen (Land Vorarlberg und Vorarlberger Nachrichten) in Wien und Brüssel informiert worden, worauf der ORF auch darüber berichtet habe. Entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin habe der ORF somit sehr wohl über die beiden Unterschriftenaktionen und somit auch über jene der Vorarlberger Nachrichten ausführlich berichtet.

Zum Nachweis der geschilderten Berichterstattung über die beiden genannten Anti-Atom- Initiativen legten die Beschwerdegegner Aufzeichnungen von „Vorarlberg heute“- Sendungen vom 16.03., 10.05. und vom 25.05.2011 vor, drei Mitschnitte der Landesrundschau auf Radio Vorarlberg vom 21.04.2011 sowie Screenshots des Online- Angebotes vorarlberg.orf.at vom 16.03. und vom 10.05.2011.

2.3. Zur Berichterstattung des ORF im beschwerdegegenständlichen Zeitraum und danach

Der ORF veranstaltet gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ORF-G unter anderem neun bundeslandweit empfangbare Programme des Hörfunks und regelmäßige regionale Sendungen in den Programmen des Fernsehens, um die Interessen der Länder zu berücksichtigen. Radio Vorarlberg ist das entsprechende regionale Hörfunkprogramm für das Bundesland Vorarlberg, die Sendung „Vorarlberg heute“ die regionale Fernsehsendung für Vorarlberg.

Darüber hinaus betreibt der ORF im Rahmen des Online-Angebotes oesterreich.orf.at das regionale Teilangebot vorarlberg.orf.at. Der ORF übermittelte der KommAustria mit Schreiben vom 31.03.2011 ein Angebotskonzept gemäß § 50 iVm § 5a ORF-G für das Online-Angebot oesterreich.orf.at. Dieses enthält im Wesentlichen fortlaufend aktualisierte regionale Nachrichten aus allen Bundesländern im Rahmen der Überblicksberichterstattung. Die einzelnen Bundesländerseiten enthalten Berichte über das regionale Geschehen auf Bundeslandebene aus den Kategorien Politik, Wirtschaft, Chronik, Wetter, Kultur, Wissenschaft, Sport, Volksgruppen und Religion, beschränkt auf maximal 80 Meldungen pro Woche und Bundesland. Darüber hinaus begleiten die Teilangebote die Fernseh- und Radiosendungen des jeweiligen Bundeslandes.

Das Online-Angebot oesterreich.orf.at und dessen Teilangebot vorarlberg.orf.at wurde von der KommAustria gemäß § 5a Abs. 2 ORF-G nicht untersagt.

2.3.1. Vorarlberg heute

Der ORF legte eine DVD vor, welche Mitschnitte der Sendungen „Vorarlberg heute“ vom 16.03.2011, vom 10.05.2011 und vom 25.05.2011 enthält.

Der erste Mitschnitt beinhaltet einen rund zweiminütigen Ausschnitt der Sendung

„Vorarlberg heute“ vom 16.03.2011. Der Moderator berichtet darin Folgendes: „Die Landesregierung und der Landtag wollen gemeinsam eine Petition zum Atomausstieg in Europa umsetzen, allerdings wohl ohne Bürger. Gestern noch kündigten Landeshauptmann Sausgruber und Landtagspräsidentin Mennel an, dass die Bürger mit ihrer Unterschrift das Anliegen der Politik unterstützen können. Als Grund für die Nichtberücksichtigung der Bürger nennt Mennel, dass auch Tageszeitungen wie etwa die Vorarlberger Nachrichten eine eigene Unterschriftenaktion starten. Wie eine Umfrage heute zeigt, werden sich die Bürger sehr wohl beteiligen und sie machen sich auch Gedanken über Alternativen zum Atomstrom.“ In der Folge werden Ausschnitte gezeigt, in denen Passanten in der Kaiserstraße in Bregenz am Vormittag des 16.03.2011 dazu befragt werden, wie sehr sie

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die möglichen Folgen in Sachen Atomenergie beschäftigen und ob sie aktiv an Unterschriftenaktionen teilnehmen werden. Dann werden auch noch Sequenzen gezeigt, in denen Passanten danach gefragt werden, wo sie im Haushalt bewusst Strom sparen.

Der zweite Mitschnitt beinhaltet einen ebenfalls knapp zweiminütigen Ausschnitt der Sendung „Vorarlberg heute“ vom 10.05.2011. Darin ist eine Moderatorin zu sehen, die Folgendes berichtet: „Landeshauptmann Herbert Sausgruber war heute zu Besuch bei Bundeskanzler Werner Faymann in Wien. Mit im Gepäck hatte er zehntausende Unterschriften von besorgten Vorarlbergern, die auf Listen im Landhaus und den durch Chefredakteur Ortner vertretenen Vorarlberger Nachrichten unterschrieben haben. Sie alle wollen, dass Europa aus der Atomkraft aussteigt.“ In der Folge werden Aufnahmen der Unterschriftenübergabe gezeigt, die auch Interviews mit Bundeskanzler Werner Faymann und Landeshauptmann Herbert Sausgruber beinhalten. Thema ist hierbei die Sorge der Vorarlberger in Bezug auf die in den Nachbarländern Schweiz und Deutschland bestehenden Atomkraftwerke sowie auch die sich aus der Atomkatastrophe in Fukushima ergebenden Gefährdungspotentiale durch Atomenergie.

Der dritte Mitschnitt zeigt einen Ausschnitt der Sendung „Vorarlberg heute“ vom 25.05.2011 im Umfang von knapp drei Minuten. Darin berichtet die Moderatorin über einen Besuch von Landeshauptmann Sausgruber bei Energiekommissar Oettinger in Brüssel: „Besser hätte der Besuch nicht geplant werden können. Wenige Stunden nachdem sich Europa auf Atomstresstests geeinigt hat, empfing EU-Energiekommissar Günther Oettinger Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber in Brüssel. Im Gepäck hatte der Landeshauptmann die vom Land und den VN gesammelten Unterschriften für eine atomfreie Zukunft. Etwa ein Viertel der Vorarlberger fordern darin den Ausstieg aller europäischer Länder aus der Atomkraft.“ Danach werden Aufnahmen vom Besuch des Landeshauptmanns in Brüssel gezeigt, wobei eine andere weibliche Moderatorin diese Aufnahmen wie folgt kommentiert:

„Der Wunsch von mehr als 80.000 Vorarlbergern nach einer atomfreien Zukunft ist mit im Gepäck. Die Unterschriften der Aktion mit den Vorarlberger Nachrichten durften aber nicht übergeben werden, denn wie Strom oder Wärme produziert wird, ist allein Sache der EU-Staaten und Länder wie Frankreich würden nie aussteigen.“ Es folgt ein Interview mit EU-Kommissar Günther Oettinger, der darin erklärt, dass technisch vieles möglich sei, er aber davon ausgehen, dass Kernkraft in der Welt in diesem Jahrhundert bestehen bleibe und auch in Europa im Energiemix eine Rolle spiele. Daraufhin folgt ein Interview mit Herbert Sausgruber, worin dieser zum Ausdruck bringt, dass er eine gewisse Chance darin sehe, die Meinungsbildung zumindest in den Nachbarstaaten durch Argumente mit beeinflussen zu können. Der Beitrag befasst sich in weiterer Folge mit den seitens Brüssel gelobten Bemühungen Österreichs, Energie zu sparen bzw. zum Energieausstieg beizutragen sowie den europaweit geplanten Atomstresstests. Danach folgt ein Beitrag zum geplanten Ausstieg der Schweiz aus der Atomenergie.

2.3.2. Radio Vorarlberg

Die vorgelegte CD enthält drei Mitschnitte der Landesrundschau auf Radio Vorarlberg vom 21.04.2011 im Umfang von ca. 25 Sekunden; die Meldungen – von unterschiedlichen Moderatorinnen dargestellt – haben folgenden Wortlaut:

1. „Bis heute haben rund 92.000 Menschen die Anti-Atom-Petitionen des Landtags und der Vorarlberger Nachrichten unterschrieben. In beiden wird ein europaweiter Ausstieg aus der Atomenergie, das Abschalten von Schrottreaktoren und ein Ausbau von alternativen Energieträgern gefordert. Die Unterschriften werden im Mai Bundeskanzler Faymann und EU-Energiekommissar Oettinger übergeben.“

2. „Rund 92.000 Personen haben bis heute die Anti-Atom-Petition des Landtags und eine weitere der Vorarlberger Nachrichten unterschrieben. In beiden Schriftstücken wird ein europaweiter Ausstieg aus der Atomenergie, das Abschalten von Schrottreaktoren und der

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Ausbau von alternativen Energieträgern gefordert. Landeshauptmann Sausgruber und VN-Chefredakteur Ortner werden die Unterschriften im Mai an Bundeskanzler Faymann und den Energiekommissar der Europäischen Union, Günther Oettinger, übergeben.“

„Bis heute haben rund 92.000 Menschen die Anti-Atom-Petition des Landtags und der Vorarlberger Nachrichten unterschrieben. In beiden Schriftstücken wird ein europaweiter Ausstieg aus der Atomenergie, das Abschalten von Schrottreaktoren und der Ausbau von alternativen Energieträgern gefordert. Die Unterschriften werden im Mai an Bundeskanzler Faymann und EU-Energiekommissar Oettinger übergeben.“

2.3.3. vorarlberg.orf.at

Ferner legte der ORF zwei Screenshots der Website vorarlberg.orf.at vor, einen vom 16.03.2010 und einen vom 10.05.2010.

Auf dem Screenshot vom 16.03.2011 befindet sich ein der Sendung „Vorarlberg heute“ vom 16.03.2011 vergleichbarer Textbeitrag zum Thema der Anti-Atom-Petitionen:

Anti-Atom-Petition des Landes ohne Bürger?

Die Landesregierung und der Landtag wollen gemeinsam eine Petition zum Atom-Ausstieg in Europa umsetzen. Die erste Ankündigung, dass auch Bürger das Anliegen mit einer Unterschrift unterstützen können, ist nun fraglich.

Am Dienstag klag es noch anders

Am Dienstag noch kündigten Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) und Landtagspräsidentin Bernadette Mennel (ÖVP) an, dass die Bürger mit ihrer Unterschrift das Anliegen der Politik unterstützen können. Das sollte auch im Internet auf der Website des Landes möglich sein. All das scheint nun fraglich zu sein.

Ob und wie die Landtags-Entscheidung zur Unterschrift aufgelegt wird, stehe nun zur Diskussion, so Mennel am Mittwoch. Als Grund dafür nennt sie, dass auch Tageszeitungen wie etwa die „Vorarlberger Nachrichten“ eigene Unterschriftenaktionen starten. Mennel kündigt Gespräche mit den anderen Parteien an.

Textvorschlag der Parteien

Am 23. März wird der energiepolitische Ausschuss des Landtages über die Anti-Atom- Entschließung beraten. Diese soll dann am 6. April im Landtag beschlossen werden.

Der zwischen den Landtagsparteien abgestimmte Textvorschlag steht unter dem Titel

„Ausstieg aus der Atom-Energie – jetzt!“. Er enthält fünf Punkte. Der europaweite Ausstieg aus dem Betrieb von Atomkraftwerken soll mit allen rechtlichen und politischen Mitteln vorangetrieben werden, alte Atomkraftwerke sollen abgeschaltet und neue nicht gebaut werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll auf allen Ebenen forciert werden, mittelfristig soll der vollständige Umstieg auf eine dezentrale nachhaltige Versorgung geschafft werden.

Auf dem Screenshot vom 10.05.2011 befindet sich ein der Sendung „Vorarlberg heute“ vom 10.05.2011 vergleichbarer Textbeitrag zur Übergabe der Anti-Atom-Unterschriftenliste an Bundeskanzler Faymann:

90.252 Anti-Atom-Unterschriften übergeben

Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) hat am Dienstag Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) 90.252 Unterschriften von Vorarlbergern für den Atomausstieg der Nachbarstaaten übergeben.

Übergabe im Bundeskanzleramt in Wien

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90.252 Vorarlberger haben sich an einer vom Land Vorarlberg und den „Vorarlberger Nachrichten“ initiierten Unterschriftenaktion beteiligt und damit den Atomausstieg der Nachbarländer Deutschland und Schweiz gefordert.

Die Unterschriften wurden im Bundeskanzleramt an Bundeskanzler Faymann und Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) von Landeshauptmann Sausgruber sowie Johannes Huber und Christian Ortner (beide von den „Vorarlberger Nachrichten“) übergeben.

LH: „Deutliches Zeichen der Ablehnung“

„Die Vorarlberger setzen damit ein deutliches Zeichen der Ablehnung der Nutzung der Kernenergie,“ so Landeshauptmann. Trotz des österreichischen Verzichtes auf die Nutzung von Kernkraft, ist Vorarlberg von zahlreichen Atomkraftwerken umgeben, sowohl in Deutschland wie auch in der Schweiz.

Mit der Unterschriftenaktion wird die österreichische Bundesregierung, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament sowie die Schweizer Bundesregierung aufgefordert, im Sinne einer sicheren und zukunftsfähigen Energieversorgung auf die Nutzung der Kernenergie zu verzichten.

Bundeskanzler bedankte sich

„Ich bedanke mich bei allen, die diese Aktion unterstützt haben, im Namen der Bundesregierung“, sagte Faymann. Es sei wichtig, dass die Menschen in der Demokratie eine aktive Rolle übernehmen. Diese Stimmen würden in der Schweiz und in Deutschland sicher gehört.

„Je lauter wir unseren Standpunkt vertreten und unsere Argumente vorbringen, desto deutlicher hören sie uns. Ich kann jedenfalls allen versichern, dass ich mich auf allen Ebenen weiter gegen den Ausbau der Kernenergie und für den Ausstieg aus der Atomkraft einsetzen werde“, so der Bundeskanzler.

„Atomlobby nicht unterstützen“

Er wisse aus Gesprächen in vielen europäischen Ländern, dass der Widerstand gegen die Atomenergie in der Bevölkerung stärker werde, so Faymann, aber man dürfe die Atomlobby nicht unterschätzen.

„Die Atomlobby wird alles daran setzen, dass man sich in Europa an die Risiken gewöhnt, dass man den Mantel des Schweigens über die Gefahren legt. Diesen müssen wir gemeinsam durchbrechen. Deswegen freut es mich außerordentlich, wenn Menschen ihre Stimme erheben, so wie die fast 90.000 Vorarlberger es mit dieser Aktion getan haben. Es ist auch für mich ein Auftrag, meinen Weg gegen die Atomkraft fortzusetzen“, so der Bundeskanzler.

3. Beweiswürdigung

Die Feststellungen über die Durchführung einer Anti-Atom-Initiative bzw. einer Unterschriftenaktion der Vorarlberger Nachrichten beruhen auf dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Beschwerdeführerin, insbesondere den der Beschwerde beigelegten Ausgaben der Vorarlberger Nachrichten und den regionalen supplements

„Heimat Feldkirch“.

Die Feststellungen hinsichtlich des Inhaltes und Umfangs der Berichterstattung durch den ORF in der Bundeslandsendung „Vorarlberg heute“, in der Landesrundschau von Radio Vorarlberg sowie auf der regionalen Website vorarlberg.orf.at gründen auf dem Vorbringen des ORF vom 01.06.2011, insbesondere den vorgelegten Sendungsmitschnitten bzw. den

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beigelegten Screenshots. An welchen konkreten Tagen die jeweilige Berichterstattung erfolgte, ergibt sich ebenfalls aus dem Vorbringen des ORF vom 01.06.2011. Hinsichtlich der Sendetage bzw. jener Tage, an denen die Berichterstattung durch den ORF erfolgte, wurde das Vorbringen der Beschwerdegegner seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Unbestritten blieb auch, dass einige Beiträge außerhalb des beschwerdegegenständlichen Zeitraums ausgestrahlt wurden.

4. Rechtliche Beurteilung 4.1. Zuständigkeit der Behörde

Gemäß § 35 ORF-G iVm § 13 Abs. 3 Z 13 KommAustria-Gesetz (KOG), BGBl. I Nr. 32/2001 idF BGBl. I Nr. 111/2010, obliegt die Rechtsaufsicht über den Österreichischen Rundfunk der Regulierungsbehörde. Gemäß § 35 Abs. 3 ORF-G ist die Regulierungsbehörde die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria).

4.2. Beschwerdevoraussetzungen

§ 36 ORF-G lautet auszugsweise:

„Rechtsaufsicht

§ 36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen – soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist – über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a.

Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilten Auflagen

1. auf Grund von Beschwerden

a. einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

[...]

c. eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden.

[...]

(3) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. Offensichtlich unbegründete Beschwerden und Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

(4) Der Österreichische Rundfunk hat von allen seinen Sendungen und Online-Angeboten Aufzeichnungen herzustellen und diese mindestens zehn Wochen aufzubewahren. Im Falle einer Aufforderung der Regulierungsbehörde hat er dieser die gewünschten Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Überdies hat er jeder Person, die daran ein rechtliches Interesse darzutun vermag, Einsicht in die Aufzeichnungen zu gewähren.“

4.2.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde wurde am 20.04.2011 erhoben bzw. bei der KommAustria eingebracht und bezieht sich auf den Zeitraum vom 16.03.2011 bis zum 19.04.2011. Dieser Zeitraum liegt zur Gänze innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist gemäß § 36 Abs. 3 ORF-G, so dass die Beschwerde rechtzeitig erhoben wurde.

4.2.2. Zur Beschwerdelegitimation

Die Beschwerdeführerin stützt ihre Beschwerdelegitimation sowohl auf die Behauptung einer unmittelbaren Schädigung gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G, als auch auf die

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Bestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G, wonach durch die behauptete Verletzung ihre rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Interessen berührt würden.

Zur behaupteten unmittelbaren Schädigung gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G führte die Beschwerdeführerin aus, dass eine dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag des ORF entsprechende Berichterstattung das Interesse der Seher und Hörer des ORF Vorarlberg an einer Unterstützung der Initiative der Vorarlberger Nachrichten und ihrer dazu korrespondierenden Berichterstattung geweckt hätte. Dies wiederum hätte dazu geführt, dass auch jene Personen, deren Interesse nicht direkt durch die Vorarlberger Nachrichten, sondern erst durch die dem ORF gesetzlich aufgetragene Berichterstattung über die Initiative der Vorarlberger Nachrichten geweckt worden wäre, sich zumindest teilweise durch den Kauf von Ausgaben der Vorarlberger Nachrichten in die Unterschriftenliste eingetragen hätten. In die Unterschriftenliste konnte man sich entweder direkt im Foyer des Vorarlberger Medienhauses eintragen oder in den Unterschriftenlisten, die in den Ausgaben der Vorarlberger Nachrichten abgedruckt waren. Indem der ORF die Anti-Atom-Initiative der Vorarlberger Nachrichten in seiner Berichterstattung gezielt boykottierte, habe er auch unmittelbar die Ertragslage der Beschwerdeführerin als Medieninhaberin der Vorarlberger Nachrichten geschädigt, da bei rechtmäßigem Alternativverhalten des ORF eine höhere Anzahl von Ausgaben der Vorarlberger Nachrichten abgesetzt worden wäre. Zudem hätte eine angemessene Berichterstattung des ORF über die Anti-Atom-Initiative der Vorarlberger Nachrichten eine Reichweitensteigerung für die Vorarlberger Nachrichten bewirkt, weil die Hörer und Seher des ORF bei rechtmäßigem Alternativverhalten des ORF ein verstärktes Interesse an der Berichterstattung der Vorarlberger Nachrichten über die von ihr getragene Initiative gezeigt hätten. Auch darin erblickt die Beschwerdeführerin eine unmittelbare materielle Schädigung, da Werbeerlöse unmittelbar mit Leserreichweiten korrespondieren.

Neben einer unmittelbaren materiellen Schädigung machte die Beschwerdeführerin auch eine unmittelbare immaterielle Schädigung geltend, welche sie darin begründet sieht, dass der durchschnittliche Leser der Vorarlberger Nachrichten davon ausgehe, dass sachliche Gründe für das Totschweigen der Initiative der Vorarlberger Nachrichten durch den ORF Vorarlberg vorlägen, während in Wahrheit sachfremde Motive für den Nachrichtenboykott verantwortlich wären. Somit werde die Glaubwürdigkeit der Vorarlberger Nachrichten geschwächt.

Darüber hinaus begründete die Beschwerdeführerin ihre Beschwerdelegitimation mit der Schädigung ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen als Konkurrentin des ORF am Markt der Medienkonsumenten, auf dem bundesweiten Werbemarkt sowie auf dem regionalen Werbemarkt. Es könne ihrer Auffassung nach keinem Zweifel unterliegen, dass die Beschwerdeführerin zum ORF in einem scharfen Wettbewerbsverhältnis stehe und auch im Sinne des § 14 UWG klagslegitimiert wäre. Der gezielte Boykott der Beschwerdeführerin durch den ORF fiele nach dem UWG unter die Kategorie

„Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“. Der Rechtsbruch liege in der unsachlich motivierten Nichterfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags des ORF. Die Verletzung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags des ORF durch planmäßiges Verschweigen der Anti-Atom-Initiative der Beschwerdeführerin in der Berichterstattung des ORF sei vor allem durch die scharfe Wettbewerbssituation zwischen der Beschwerdeführerin und dem ORF motiviert. Wäre die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin nicht bereits gemäß

§ 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G gegeben, wäre sie jedenfalls nach § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G erfüllt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Boykotts der Beschwerdeführerin durch den ORF seien evident, zumal die gesetzwidrig unterlassene Berichterstattung bei jenen Kundenkreisen des ORF, die ihren Bedarf an Nachrichten überwiegend durch den Konsum der ORF Programme abdecken, erst gar nicht das Bedürfnis aufkommen lasse, sich einem Thema wie der Anti-Atom-Initiative durch die Lektüre der Vorarlberger Nachrichten zu widmen. Das durch die Beschwerde inkriminierte Vorgehen des ORF berühre daher die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin nachhaltig. Die

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Beschwerdeführerin erhob die Ausführungen zur unmittelbaren Schädigung auch zum Vorbringen hinsichtlich ihrer Legitimation für die Konkurrentenbeschwerde.

Zwar ist nach Ansicht des BKS (vgl. BKS 19.04.2010, GZ 611.980/0003-BKS/2010) die Beschwerdelegitimation gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G lediglich subsidiär und komme bei einer Beschwerde, die sich auch auf § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G stütze, die Beschwerdelegitimation nach lit. c nicht mehr in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr allerdings in zwei Erkenntnissen jüngeren Datums (VwGH 17.03.2011, Zlen. 2011/03/0022 und 2011/03/0031) ausgesprochen, dass, wenn ein Beschwerdeführer seine Beschwerde auf die Beschwerdelegitimation nach mehreren Tatbeständen des

§ 36 Abs. 1 Z 1 ORF-G stützt und die Beschwerdelegitimation nach einer dieser Bestimmungen unzweifelhaft vorliegt, die Beschwerdelegitimation nach der anderen gesetzlichen Norm nicht weiter geprüft werden muss. Es liege in diesem Fall nämlich nur eine Beschwerde (gestützt auf mehrere die Beschwerdelegitimation vermittelnde Tatbestände) vor, mit der dasselbe Ziel, nämlich eine Feststellung nach § 37 Abs. 1 ORF-G, erreicht werden soll und kann.

Aus den nachstehenden Erwägungen geht die KommAustria davon aus, dass sich die aktive Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren auf die Bestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G stützen lässt:

Während die Beschwerdemöglichkeit der lit. a sich auf Fälle beschränkt, in denen jemand durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet, kann aufgrund der lit. c auch bei bloß mittelbarer Schädigung (entgangener Gewinn, Ausbleiben eines Vorteils) oder selbst dann, wenn noch kein Schaden eingetreten ist, Beschwerde erhobenen werden.

Beschwerdevoraussetzung ist – zusätzlich zum Nachweis des spezifischen Wettbewerbsverhältnisses – die Darlegung der Auswirkungen rechtlicher oder wirtschaftlicher Art. Als denkbare Varianten rechtlicher und wirtschaftlicher Betroffenheit könnten etwa die Behauptung eines Printunternehmens, durch die Verletzung des Regionalwerbeverbots im Fernsehen wirtschaftliche Einbußen erlitten zu haben, oder die Behauptung einer (gesetzwidrigen) Berichterstattung, mit welcher die Absatzmöglichkeiten eines Konkurrenten gefördert bzw. die eigenen gemindert werden, in Frage kommen (vgl.

Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze3, S. 327f).

Der BKS hat zur mit § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G idgF gleichlautenden Bestimmung des

§ 36 Abs. 1 Z 1 lit. d ORF-G idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 50/2010 ausgesprochen, dass für die Beschwerdelegitimation nach dieser Bestimmung die Behauptung des durch die Rechtsverletzung bedingten Eingriffs in wirtschaftliche oder rechtliche Interessen eines Unternehmens genüge. Auf Grund dieser Bestimmung könne eine Beschwerde auch bei mittelbarer Schädigung (entgangener Gewinn, Ausbleiben eines Vorteils) oder selbst dann, wenn noch kein Schaden eingetreten sei, erhoben werden. Voraussetzung sei die Darlegung der Auswirkungen rechtlicher oder wirtschaftlicher Art (vgl. BKS 12.12.2004, GZ 611.933/0003-BKS/2004).

Für das Vorliegen einer Beschwerdelegitimation nach § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G reicht die Darlegung von zumindest im Bereich des Möglichen liegenden Berührungen rechtlicher oder wirtschaftlicher Interessen des beschwerdeführenden Unternehmens aus (vgl. BKS 29.01.2007, GZ 611.956/0002-BKS/2007, ebenfalls zu § 36 Abs. 1 Z 1 lit. d ORF-G idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 50/2010).

Voraussetzung dafür, dass durch eine behauptete Verletzung des ORF-G wirtschaftliche Interessen eines gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G beschwerdeführenden Unternehmens berührt werden, ist das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem beschwerdeführenden Unternehmen und dem ORF (vgl. etwa BKS 25.09.2006, GZ 611.933/0006-BKS/2006, wiederum zu § 36 Abs. 1 Z 1 lit. d ORF-G idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 50/2010).

(11)

Die Beschwerdeführerin ist Medieninhaberin der Zeitung „Vorarlberger Nachrichten“, deren primäres Verbreitungsgebiet das Bundesland Vorarlberg ist. Wie eingangs dargestellt, sieht die Beschwerdeführerin ein Wettbewerbsverhältnis zum ORF auf drei Märkten gegeben.

Dabei handelt es sich ihren Ausführungen zufolge um den Markt der Medienkonsumenten, den bundesweiten Werbemarkt und den regionalen Werbemarkt. Wie der BKS schon festgestellt hat (vgl. dazu BKS 25.09.2006, GZ 611.933/0006-BKS/2006), ist ein Wettbewerbsverhältnis zum ORF etwa auch dann anzunehmen, wenn sich beschwerdeführende Unternehmen auf einem vor- oder nachgelagerten Markt in einer Wettbewerbssituation zum ORF oder Tochtergesellschaften befinden. Daraus kann geschlossen werden, dass ein Wettbewerbsverhältnis nicht erst dann vorliegt, wenn das beschwerdeführende Unternehmen selbst als Hörfunk- oder Fernsehveranstalter tätig wäre.

Es erscheint daher plausibel, von einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Vorarlberger Nachrichten und dem ORF – zumindest auf dem regionalen Werbemarkt (Radio Vorarlberg und Vorarlberg heute) – auszugehen, zumal Rundfunkveranstalter und Printunternehmen gleichermaßen um Erlöse aus Werbung konkurrieren.

Angesichts dieses Wettbewerbsverhältnisses und im Sinne der zuvor zitierten Judikatur des BKS (29.01.2007, GZ 611.956/0002-BKS/2007), wonach es ausreiche, wenn die Berührung rechtlicher oder wirtschaftlicher Interessen des beschwerdeführenden Unternehmens im Bereich des Möglichen liege, erscheint es weiters nicht gänzlich ausgeschlossen, dass ein – nach dem Beschwerdevorbringen den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag verletzendes – Unterlassen jeglicher Berichterstattung über die Anti-Atom-Initiative der Vorarlberger Nachrichten deren Chancen mindert, eine höhere Anzahl an Zeitungsexemplaren zu verkaufen bzw. die Leserreichweite und folglich die hierzu korrespondierenden Werbeerlöse im Zuge dieses Themenschwerpunktes bzw. dieser Initiative zu steigern.

Es ist somit davon auszugehen, dass die aktive Beschwerdelegitimation nach § 36 Abs. 1 Z 1 lit. c ORF-G im gegenständlichen Fall gegeben ist. Vor dem Hintergrund der oben zitierten Erkenntnisse des VwGH (VwGH 17.03.2011, Zlen. 2011/03/0022 und 2011/03/0031) erübrigt sich daher die Prüfung, ob auch eine Beschwerdelegitimation nach

§ 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G vorliegt.

4.3. Behauptete Verletzung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags

Die Beschwerdeführerin machte die Verletzung einzelner Bestimmungen des vom ORF zu erfüllenden öffentlich-rechtlichen Kernauftrags, konkret § 4 Abs. 1 Z 1, Z 14, Z 16 und Abs. 5 Z 1 ORF-G geltend. § 4 lautet auszugsweise wie folgt:

„Öffentlich-rechtlicher Kernauftrag

§ 4. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme und Angebote zu sorgen für:

1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen;

14. die Information über Themen der Gesundheit und des Natur-, Umwelt- sowie Konsumentenschutzes unter Berücksichtigung der Förderung des Verständnisses über die Prinzipien der Nachhaltigkeit.

16. die Information über die Bedeutung, Funktion und Aufgaben des Bundesstaates sowie die Förderung der regionalen Identitäten der Bundesländer;

(2) In Erfüllung seines Auftrages hat der Österreichische Rundfunk ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Das Angebot hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und

(12)

Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen. Die Anteile am Gesamtprogramm haben in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu stehen.

(5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen und Angebote weiters für

1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;

…“

In rechtlicher Hinsicht führte die Beschwerdeführerin aus, dass der ORF in Befolgung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags unter anderem verpflichtet sei, gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ORF-G die Allgemeinheit umfassend über alle wichtigen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen zu informieren. Dazu zählen auch Informationen über Themen der Gesundheit und des Umweltschutzes gemäß § 4 Abs. 1 Z 14 ORF-G, sowie die Förderung der regionalen Identitäten der Bundesländer gemäß § 4 Abs. 1 Z 16 ORF-G. Das Angebot habe sich ferner an der Vielfalt der Interessen der Hörer und Seher zu orientieren und diese ausgewogen zu berücksichtigen. Gemäß § 4 Abs. 5 Z 1 ORF-G habe der ORF bei der Gestaltung seiner Sendungen für eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen zu sorgen. Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestehe gemäß dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin kein Zweifel, dass die Unterlassung jeglicher Berichterstattung über die Unterschriftenaktion der Vorarlberger Nachrichten, die in ganz Vorarlberg ein bestimmendes Thema sei und zumindest von jedem dritten Wahlberechtigten unterstützt werde, in der Sendung „Vorarlberg heute“ und im Programm von Radio Vorarlberg, einen massiven Verstoß gegen die Verpflichtungen des ORF aus dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag gemäß § 4 ORF-G bedeute.

Die Beschwerdegegner hielten dem entgegen, dass die Beschwerdeführerin aus der dem ORF gemäß § 4 Abs. 5 ORF-G gebotenen objektiven Auswahl und Vermittlung von Informationen bei der Gestaltung seiner Sendungen und Angebote, sowie aus der gemäß

§ 4 Abs. 2 ORF-G gebotenen Bereitstellung eines differenzierten Gesamtprogramms von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle, und dem sich aus § 4 Abs. 1 Z 1 ORF-G ergebenden Auftrag zur umfassenden Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen, eine Verpflichtung des ORF zu einer Berichterstattung über die von ihr initiierte Anti-Atomkraft-Unterschriftenaktion ableiten wolle. Dies sei insofern völlig verfehlt, als es sich im Kern bei dieser Unterschriftenaktion jedenfalls auch um eine Werbeaktion der Beschwerdeführerin in eigener Sacher handle, wobei die hehren Motive dieser Unterschriftenaktion auch vom ORF anerkannt würden. Über diese sei auch in den Medien des ORF berichtet worden.

Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg. 13.338/1993, führten die Beschwerdegegner schließlich aus, dass der Forderung nach einer Berichterstattung bestimmten Inhalts und Umfangs entgegen gehalten werden müsse, dass die Frage der Auswahl und Gewichtung der Berichterstattung über bestimmte Ereignisse, Vorkommnisse oder Meinungen bei Sendungen, die der ORF selbst gestalte, Sache des ORF sei. Im Sinne dieser Judikatur habe der ORF nicht ausschließlich über die Unterschriftenaktion der Beschwerdeführerin berichtet, sondern dem Gebot der Objektivität folgend auch darüber berichtet, dass sowohl das Land Vorarlberg als auch die Vorarlberger Nachrichten eine Anti-Atomkraft-Unterschriftenaktion gestartet hätten und dass diese Unterschriften in weiterer Folge politischen Vertretern übergeben worden seien. Da diese Unterschriftenaktion jedenfalls auch ein Unterfangen darstelle, das Medium der Beschwerdeführerin zu bewerben, habe sich die Berichterstattung des ORF – schon um die werberechtlichen Schranken des ORF-Gesetzes nicht zu überschreiten – auf den wesentlichen Kern beschränkt und auf diese landespolitisch relevante Initiative und deren Beginn hingewiesen und in weiterer Folge darüber berichtet, wie viele Unterschriften

(13)

insgesamt eingelangt seien und was mit den Unterschriftenlisten passiert sei. Die Beschwerdegegner beantragen daher die Abweisung der Beschwerde, da in dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt keine Verletzung des ORF-Gesetzes erkannt werden könne.

Die Beschwerdeführerin erwiderte auf die Äußerung der Beschwerdegegner im Wesentlichen, dass ausschließlich der Beschwerdezeitraum 16.03. bis 19.04.2011 entscheidungsrelevant sei. Innerhalb dieses Zeitraums sei im Radioprogramm des Landesstudios Vorarlberg mit keiner einzigen Silbe über die Initiative der Vorarlberger Nachrichten berichtet worden, der sich bis 19.04.2011 bereits fast 90.000 Personen angeschlossen hätten. Der Beitrag in der Fernsehsendung „Vorarlberg heute“ vom 16.03.2011 beziehe sich auf eine von der Vorarlberger Landesregierung und dem Vorarlberger Landtag geplante Unterschriftenaktion, wohingegen die Initiative der Vorarlberger Nachrichten – genauso wie auf dem Online-Portal – nur mit einem Halbsatz erwähnt worden sei. Innerhalb des Beschwerdezeitraums seien somit keinerlei eigenständige Berichte über die Initiative in den Medien des ORF Vorarlberg erfolgt.

Auf die weitere Behauptung der Beschwerdegegner, der ORF wäre von den Vorarlberger Nachrichten nicht entsprechend kontaktiert worden, erwiderte die Beschwerdeführerin, dass es selbstverständliche Pflicht des ORF sei, sich durch Anfragen oder Recherchen über aktuelle Ereignisse entsprechend kundig zu machen. Obwohl kein Ereignis die Menschen in Vorarlberg mehr mobilisiert habe, als die Unterschriftenaktion der Vorarlberger Nachrichten, räumte der ORF Vorarlberg selbst Berichten über Eröffnungen von Veranstaltungen mit beschränktem Interesse auf Gemeindeebene üblicherweise mehr Raum in der Berichterstattung ein, als einer Aktion, die ein Drittel der wahlberechtigten Vorarlberger bewegte. Weiters brachte der Beschwerdeführerin vor, dass Initiativen wie die gegenständliche Mosaiksteine seien, die langfristig zum Umdenken der politischen Instanzen führen, sodass der Boykott durch den ORF ein besonderer Akt der Verantwortungslosigkeit sei. Auch sei der Handlungsspielraum des ORF in der Berichterstattung nicht grenzenlos, vielmehr sei dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ORF-G verpflichtet, die Allgemeinheit umfassend über alle wichtigen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen zu informieren, wozu auch Informationen über Themen der Gesundheit und des Umweltschutzes und die Förderung der regionalen Identitäten der Bundesländer zählen.

Eingangs ist zunächst festzuhalten, dass sich die Anforderungen des § 4 ORF-G sowohl auf die öffentlich-rechtliche Rundfunktätigkeit, als auch das Online-Angebot beziehen (vgl. Erl zur RV 611 BlgNR, 24. GP, zu § 4 ORF-G; ebenso: Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze3, S. 51). Dies ergibt sich bereits aus Abs.1, wonach der Österreichische Rundfunk durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme und Angebote für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags zu sorgen hat (arg: § 3 Abs. 5 Z 2).

Die Beurteilung der Frage, ob durch eine unterlassene Berichterstattung die Bestimmung des § 4 ORF-G verletzt worden ist, hat daher auch das Online-Angebot des ORF, im gegenständlichen Fall jenes von vorarlberg.orf.at mit zu berücksichtigen.

Wie festgestellt wurde, beschränkte sich die Berichterstattung des ORF über die Anti-Atom- Initiative der Vorarlberger Nachrichten im beschwerdegegenständlichen Zeitraum vom 16.03. bis zum 19.04.2011 auf eine Erwähnung dieser Aktion in Zusammenhang mit der vom Vorarlberger Landtag bzw. der Vorarlberger Landesregierung verabschiedeten Petition in der Sendung „Vorarlberg heute“ vom 16.03.2011 und einen Beitrag vom selben Tag auf der Website vorarlberg.orf.at. Hierbei wurde die Initiative der Vorarlberger Nachrichten in Zusammenhang mit der fehlenden Bürgerbeteiligung bei der Anti-Atom-Petition des Vorarlberger Landtages bzw. der Vorarlberger Landesregierung erwähnt, welche durch die Unterschriftenaktion der Vorarlberger Nachrichten abgedeckt würde. Die weitere Berichterstattung über die Initiative der Vorarlberger Nachrichten durch den ORF fand außerhalb des Beschwerdezeitraums statt, etwa am 21.04.2011 in Radio Vorarlberg, oder

(14)

am 10.05. und am 25.05.2011 in Vorarlberg heute. Dabei wurde auch der Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten namentlich genannt, jeweils bei Übergabe der Unterschriftenlisten an Bundeskanzler Faymann oder auch bei dem Treffen mit EU-Kommissar Oettinger in Brüssel.

Die Beschwerdeführerin bemängelt vor allem die gänzlich fehlende Berichterstattung im Radioprogramm von Radio Vorarlberg im beschwerdegegenständlichen Zeitraum, und soweit diese innerhalb dieses Zeitraums im Fernsehprogramm bzw. im Online-Angebot stattgefunden hat, die Tatsache, dass eine Erwähnung lediglich mit einem Halbsatz stattgefunden hätte, hingegen keine eigenständigen Berichte in Medien des ORF Vorarlberg vorgekommen seien.

Es ist daher der Frage nachzugehen, ob aus den in § 4 ORF-G festgehaltenen Bestimmungen zum öffentlich-rechtlichen Kernauftrag eine Verpflichtung des ORF abgeleitet werden kann, über bestimmte Ereignisse oder Vorkommnisse in einem bestimmten Zeitraum – im gegebenen Fall vom 16.03. bis 19.04. – sowie in einem bestimmten Umfang in allen relevanten Programmen und Angeboten gemäß § 3 ORF-G berichten zu müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis (VwGH 21.04.2004, Zl. 2004/04/0009, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfGH 25.06.2003, G 304/01) zur in wesentlichen Teilen gleichlautenden Bestimmung gemäß § 4 ORF-G idF BGBl. I Nr. 83/2001 ausgesprochen, dass „§ 4 ORF-Gesetz in Abs. 1 eine Vielzahl von programmgestalterischen Zielen [nennt], die in einem differenzierten und ausgewogenen Gesamtprogramm der Sendungen des ORF ihren Ausdruck finden sollen (Abs. 2 und 3) und solcherart den Gestaltungsspielraum [final umschreibt], der dem ORF bei Umsetzung des Programmauftrages in den einzelnen Sendungen zukommt. Bei Gestaltung des Gesamtprogramms hat sich der ORF von den im § 4 ORF-Gesetz genannten Zielen leiten zu lassen. Er ist aber nicht dazu verpflichtet, Sendungen mit bestimmten Inhalten in sein Programm aufzunehmen oder beizubehalten. Vielmehr liegt es in seinem Gestaltungsspielraum zu entscheiden, auf welche Art und Weise der Programmgestaltung er den erwähnten Zielsetzungen entspricht.“ An späterer Stelle heißt es in diesem Erkenntnis des VwGH weiter, „dass § 4 ORF-Gesetz den Gestaltungsspielraum des Österreichischen Rundfunks bei der Programmerstellung nicht durch Sendungsinhalte determiniert, die jedenfalls Programmbestandteil sein müssten. Vielmehr wird durch die Anordnung, im Einzelnen genannte, unterschiedliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, (bloß) eine Richtschnur gegeben. Die Gesamtheit der Programme des Österreichischen Rundfunks muss […] über einen längeren Zeitraum gesehen erkennen lassen, dass die erwähnten Zielsetzungen bei der Programmgestaltung maßgeblich waren. Nicht aber müssen bestimmte Sendungsinhalte überhaupt oder in einem bestimmten Ausmaß angeboten werden.“

[Hervorhebungen nicht im Original]

Damit hat der VwGH klargestellt, dass die im öffentlich-rechtlichen Kernauftrag festgelegten inhaltlichen Vorgaben „programmgestalterische Zielbestimmungen“ darstellen, von denen sich der ORF bei der Gestaltung seines „Gesamtprogramms“ leiten zu lassen hat. Hingegen ist daraus keine konkrete Verpflichtung des ORF abzuleiten, Sendungen bestimmten Inhaltes oder bestimmten Umfangs in sein Programm aufnehmen zu müssen. Dies muss auch im Hinblick auf die zwischenzeitig in Kraft getretene Novelle des ORF-G mit BGBl. I Nr. 50/2010 für das Online-Angebot gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 ORF-G gelten. Der von der Beschwerdeführerin geäußerte Vorwurf der gänzlich fehlenden Berichterstattung im Hörfunkprogramm „Radio Vorarlberg“ im beschwerdegegenständlichen Zeitraum geht insoweit ins Leere, zumal am 16.03.2011 sowohl in der Sendung „Vorarlberg heute“ als auch auf vorarlberg.orf.at über die Anti-Atom-Unterschriftenaktion in den Vorarlberger Nachrichten berichtet wurde. Keinesfalls kann dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag entnommen werden, dass der ORF verpflichtet sei, über ein Ereignis in allen seinen

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Programmen und Angeboten zu berichten; vielmehr muss die Gesamtheit seiner Programme und Angebote über einen längeren Zeitraum gesehen erkennen lassen, dass den Zielen gemäß § 4 ORF-G entsprochen wurde.

Dem weiteren Vorhalt der Beschwerdeführerin in Hinblick auf den am 16.03.2011 in

„Vorarlberg heute“ gesendeten Beitrag, dass sich dieser vor allem auf eine von der Vorarlberger Landesregierung und dem Vorarlberger Landtag geplante Petition bezogen habe, während die Initiative der Vorarlberger Nachrichten nur mit einem Halbsatz Erwähnung fand, hingegen keinerlei eigenständige Berichte in Medien des ORF Vorarlberg angeboten worden seien, ist vor dem Hintergrund der dargestellten Judikatur entgegen zu halten, dass der Bestimmung gemäß § 4 ORF-G auch keine Verpflichtung des ORF zu entnehmen ist, Beiträge oder Berichte bestimmten Inhaltes oder Umfangs bereit zu stellen (VwGH 21.04.2004, Zl. 2004/04/0009). Vielmehr obliegt die konkrete Auswahl und Gewichtung der Beiträge über bestimmte Ereignisse und Vorkommnisse nach Maßgabe der in § 4 ORF-G festgelegten Ziele dem ORF (in diesem Sinne: VfSlg 13.338/1993). Die von der Beschwerdeführerin auf § 4 Abs. 1 Z 1, Z 14, Z 16 und Abs. 5 Z 1 ORF-G gestützte Forderung nach einer umfassenderen bzw. eigenständigen Berichterstattung in den Medien des ORF Vorarlberg ist somit rechtlich unter Berücksichtigung des dem ORF von Verfassung wegen zukommenden Gestaltungsspielraums nicht durchsetzbar, zumal die Unterschriftenaktion im beschwerdegegenständlichen Zeitraum auch Gegenstand der Berichterstattung war.

Der besonderen Qualität der Bestimmung gemäß § 4 ORF-G als „programmgestalterische Zielvorgabe“ entsprechend, vermag auch das in Erwiderung auf die von den Beschwerdegegnern ins Treffen geführten Berichte in Radio Vorarlberg am 21.04.2011 sowie in Vorarlberg heute am 10.05.2011 und am 25.05.2011 ergangene Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht zu überzeugen, wonach ausschließlich der Beschwerdezeitraum 16.03. bis 19.04.2011 entscheidungsrelevant sei. In jenen Fällen, in denen dem ORF ein mehr oder weniger weiter Gestaltungsspielraum verbleibt, ist – auch mit Blick auf die diesbezügliche Rechtsprechung – von der Berücksichtigung eines längeren Beobachtungszeitraums auszugehen (VwGH 21.04.2004, Zl. 2004/04/0009; vgl. auch Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze3, S. 329 zu § 36 Abs. 3 ORF-G).

Für die Frage, ob der ORF den ihm gemäß § 4 Abs. 1 Z 1, Z 14, Z 16 und Abs. 5 Z 1 ORF-G gebotenen Zielen in seiner für das Bundesland Vorarlberg gestalteten Berichterstattung entsprochen hat, kann es daher nicht allein auf den in der Beschwerde geltend gemachten Zeitraum von fünf Wochen ankommen (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2004/04/0009 sowie in ähnlicher Konstellation zur Dauer des notwendigen Beobachtungszeitraums BKS vom 04.04.2003, GZ 611.920/008-BKS2003). Da der ORF in weiterer Folge auch – außerhalb des Beschwerdezeitraums – am 21.04.2011 in Radio Vorarlberg, sowie am 10.05. und 25.05.2011 in Vorarlberg heute und auf vorarlberg.orf.at über die Unterschriftenaktion berichtet hat, kann dem Beschwerdevorbringen nicht gefolgt werden.

Selbst wenn man mit Hinweis auf die zeitliche Beschränkung einer Unterschriftenaktion einen kürzeren Beobachtungszeitraum für notwendig erachtet, um die Beteiligung an dieser zu unterstützen, so kann am Maßstab des § 4 ORF-G eine Berichterstattung zu Beginn und im zeitlichen Nahebereich des Endes der Unterschriftenaktion nicht als unzureichend qualifiziert werden. Dies insbesondere als es sich bei der Unterschriftenaktion um ein länger andauerndes Ereignis handelte, sodass eine Berichterstattung im zeitlich näheren Umfeld zu berücksichtigen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

(16)

III. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid steht den Parteien dieses Verfahrens das Rechtsmittel der Berufung offen. Die Berufung ist binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides schriftlich, telegraphisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise bei der Behörde, die diesen Bescheid erlassen hat, einzubringen. Die Berufung hat den Bescheid gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Wien, am 20. Juli 2011

Kommunikationsbehörde Austria Der Senatsvorsitzende

Dr. Florian Philapitsch, LL.M.

(Vorsitzender-Stellvertreter)

Zustellverfügung:

1. Eugen Russ Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei Gesellschaft m.b.H., z.Hd. Dr. Michael Krüger

Rechtsanwalt GmbH, Seilergasse 4/15, 1010 Wien, per RSb

2. Österreichischer Rundfunk, z.Hd. Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz, Würzburggasse 30, 1130 Wien, per RSb

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