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A862 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1328. März 2003
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ls ich im Jahre 1913 in meinem verzweifelten Bestreben, die Kunst von dem Ballast des Gegenständ- lichen zu befreien, zu der Form des Quadrats flüchte- te und ein Bild, das nichts als ein schwarzes Quadrat auf weißem Felde darstellte, aus- stellte, seufzte die Kritik und mit ihr die Gesellschaft“, sagte Kasimir Malewitsch, russi- scher Künstler, im Jahre 1927.Kasimir Malewitsch (1878 bis 1935) gilt als richtung- weisender Mitbegründer der abstrakten Kunst. Mit sei- nen ungegenständlichen Zei- chen, Symbolen, Formen und Wortfragmenten begann er sich 1913 mit dieser Art von Kunst auseinander zu set- zen. Zwischen 1915 und 1932 entwickelte er eine Form ungegenständlicher Male- rei, die er als Suprematismus oder nach seinen Worten
„den neuen Realismus in der Malerei“ oder auch
„Theorie der ungegenständ- lichen Kunst“ bezeichnete. In dieser Zeit erkannte er, „dass die Kunst der Inhalt des Le-
bens werden muss, denn nur so kann Leben schön sein“.
Um dem sich ständig wei- terentwickelnden Suprema- tismus gerecht zu werden, gab Malewitsch die Male- rei zugunsten anderer Aus- drucksformen auf. Seine ge- genstandslosen Schöpfungen waren ein Protest gegen tra- ditionelles Formenrepertoire, eben die Aufhebung von Ku- bismus und Futurismus.
Die Ausstellung „Kasimir Malewitsch – Suprematis- mus“ beschränkt sich auf die suprematistische Periode zwi- schen 1915 und 1927. Darun- ter befinden sich auch noch nie im Westen gezeigte Arbei- ten. Zwei Gemälde dieser Ausstellung waren schon vor achtzig Jahren unweit des heutigen Guggenheim in der Galerie Van Diemen zu se- hen. Gezeigt wurden damals mehr als 1 000 Bilder von konservativen sowie von su- prematistischen konstruktivi- stischen Künstlern. Sechs Werke von Malewitsch wur- den damals bei der Ausstel- lung präsentiert.
Seinen konsequenten Bruch mit dem Kubismus offenbar- te 1915 das „Schwarze Qua- drat“, das für die russische Avantgarde zum zentralen Werk wurde. Im Herbst 1915 wurde das „Schwarze Qua- drat“ zum ersten Mal im Kunstsalon „Dobytschina“ in St. Petersburg gezeigt. Da- mals hing es noch oben in der Ecke des Ausstellungsraumes – der traditionelle Platz der religiösen Ikone in russischen
Privathäusern. „Das ,Schwar- ze Quadrat‘ fasste Male- witsch als ein kolossal wichti- ges Ereignis für sein Schaffen auf, dass er nach seiner eige- nen Schilderung eine Woche lang weder trinken noch es- sen, noch schlafen konnte“, berichtete Anna Leporskaia, Studentin und Mitarbeiterin Malewitschs. Die Ausstellung wird im Anschluss in New York und Houston zu sehen sein. Susanne Lenze
Deutsche Guggenheim Berlin
Künstler der Eleganz
85 Gemälde und Objekte von Kasimir Malewitsch
Die Ausstellung ist bis zum 27. April täglich von 11 bis 20 Uhr und donnerstags bis 22 Uhr geöffnet.
Unentgeltliche Führungen täglich um 18 Uhr, Themenführungen sonntags 11.30 Uhr. Kontaktadresse:
Deutsche Guggenheim Berlin, Unter den Linden 13/15, 10117 Berlin, Telefon: 0 30/20 20 93-0. Katalog: 35 Euro.
Schwarzer Kreis, 1915, 79 cm × 79 cm
Feuilleton
Suprematismus, 1915–1916, 80 cm × 80 cm
Fotos:Deutsche Guggenheim Berlin