MEDIZIN
dies damit zusammenhängen, daß diese Ebene diejenige ist, die medika- mentös angegangen werden kann
In einer von mir vergebenen Doktorarbeit mit dem Titel: „Kurz- schlußanastomose neuromgeschädig- ter Nerven" (A. Mele) werden die Er- gebnisse festgehalten, die wir seit 1986 erzielt haben. Wir sind in der La- ge, in 85 Prozent der Fälle durch einen relativ einfachen Eingriff Schmerz- freiheit zu erzielen, sogar hühnerei- große Neurome des N. ischiadicus, die auf der Grundlage von Kriegsverlet- zungen aus den Jahren 1944/45 resul- tieren, konnten erfolgreich operiert werden. Die Patienten benötigten vier Fünftel weniger Schmerzmittel ...
Offenbar besteht in den Reihen der Schmerztherapeuten wenig Inter- esse zu erfahren, daß man 85 Prozent der Patienten durch eine einzige Ope- ration helfen kann. Liegt es daran, daß die medikamentöse Behandlung aus ökonomischen Gründen gespon- sert wird?
Nach den Ergebnissen unserer Untersuchung kann sicher gesagt werden, daß es sich um ein Verfahren handelt, das im nationalen und inter- nationalen Vergleich die bisherigen Erfolgsraten deutlich überbietet. Zu- gleich läßt es als Konsequenz die For- derung zu, in Zukunft frühzeitig nach Einsetzen erster Beschwerden an die Existenz eines chirurgischen angeh- baren Neuroms zu denken, die Indi- kation zur Anlage einer Kurz- schlußanastomose zu überprüfen und gegebenenfalls endgültig operativ vorzugehen.
PD Dr. Dr. med. Johann Bauer Chirurg
Freischutzstraße 55 81927 München
3. Krankheitsbild nichts Neues
Auch durch die Umbenennung in Sympathische Reflexdystrophie (SRD) wird das Krankheitsbild, das Sudeck in den Jahren 38 und 39 vor- stellte, nicht klarer. Die Arbeit weist fast an den gleichen Stellen auf unkla- re, unerforschte und nicht bewiesene Annahmen wie das Paul Sudeck 1942
DISKUSSION
auf dem dritten Fortbildungslehrgang für Fachärzte des Wehrkreises 10 in Hamburg kurz zusammenfaßte:
„Der erste Zustand (ausgezeich- net durch die fleckige Aufhellung der spongiösen Knochenteile im Rönt- genbild) ist nichts anderes als die vom Entzündungsherde kollateral ausge- strahlte Teilnahme an den physiologi- schen, regenerativen Entzündungs- vorgängen. (Heil-Entzündung, Bier).
Der zweite Zustand, die Glied- maßendystrophie, ist ein pathologi- scher Verlauf des an sich physiologi- schen kollateralen Entzündungsvor- ganges (chronische, degenerative Entzündung) und der dritte Zustand, die reine Atrophie ist der Endausgang des vorigen."
Der geneigte Leser möge diese kurzgefaßte Zusammenfassung Su- decks mit den Darstellungen unter
Schlußwort
Kollege Lucius verkennt leider völlig, daß auch nach Ansicht der zi- tierten Autoren ein psychogener Schmerz eindeutig definiert ist und nicht mit einer sauber diagnostizier- ten Sympathischen Reflexdystrophie verwechselt werden kann.
Die Annahme, daß von einer Sympathischen Reflexdystrohie vor allem beruflich engagierte Frauen be- troffen seien, ist wissenschaftlich durch nichts belegt. Diese Annahme scheint eher auf einem Vorurteil zu beruhen.
Die Aussage vom Kollegen Bau- er, daß in 85 Prozent der Fälle mit nachgewiesenen Neuromen im Stumpfbereich durch operative Revi- sion eine Schmerzlinderung der Stumpfschmerzen erreicht werden kann, ist durchaus glaubhaft.
Die Umbenennung des M. Su- deck in Sympathische Reflexdystro- phie ist nicht willkürlich von den Au- toren, sondern von der internationa- len Schmerzgesellschaft vorgenom- men worden. Im übrigen wurde inzwi- schen eine erneute Umbenennung durchgeführt, die aber von uns nicht aufgegriffen wurde, um nicht noch weitere Verwirrung zu stiften.
Der Hinweis auf die von Sudeck vorgestellten drei Phasen der Erkran-
Punkt 1.2 Verlauf der SRD in obiger Arbeit vergleichen.
Die Arbeit bemüht sich weiter Licht in die Sudecksche Dystrophie zu bringen. Die Autoren sollten nicht wiedererfinden, sondern bei ihren Bemühungen in der Literatur nieder- gelegte und grundsätzliche Überle- gungen einbeziehen und zitieren.
Literatur:
1. Sudeck P: Die sogenannte akute Knochen- atrophie als Entzündungsvorgang. Chirurg, 1942; 14: 449-458
2. Öhlecker, F: Die Sudecksche Krankheit, insbesondere nach Erfrierungen. Chirurg, 1942; 14: 459-472
Prof. Dr. med. 0. Scheibe Ärztlicher Direktor i. R.
Thüringer-Wald-Straße 33 70469 Stuttgart
kung ist unterblieben, weil eine SRD eben nicht in solchen Phasen abläuft.
Auf die ebenfalls von Sudeck vorge- brachte Entzündungstherorie .wurde bereits in mehreren Schriftwechseln im Deutschen Ärzteblatt ausführlich eingegangen (1, 2).
Zusammenfassend muß betont werden, daß die Entzündungstheorie nicht ausreichend die von uns darge- stellten therapeutischen Möglichkei- ten berücksichtigt und auf diese Weise eine möglicherweise erfolgreiche Therapie bei einer Reihe von Patien- ten vereitelt.
Literatur:
1. Blumberg, H: Das posttraumatische Su- deck-Syndrom, Leserbrief. Dt. Arztebl.
1992, 89: A 1 -1452
2. Zenz, M., Döbler, K: Das posttraumatische Sudeck-Syndrom, Leserbrief. Dt. Arztebl.
1992, 89: A 1 -1450
Prof. Dr. med. Michael Zenz Dr. med. Roman Dertwinkel Prof. Dr. med. Michael Tryba Klinik für Anästhesiologie Intensiv- und Schmerztherapie Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil Universitätsklinik
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum
Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 18, 5. Mai 1995 (55) A-1315