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«Liberalisierung» verursacht Regulierungswelle | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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REGULIERUNG

30 Die Volkswirtschaft   7 / 2021

Manchmal ist die Politik surreal: Das Parlament als oberster Regulator will ein Gesetz, damit es in der Schweiz weniger Regulierungen gibt.

Ironischerweise haben sogenannte Deregulie- rungs- und Liberalisierungsprojekte in grossem Masse zu mehr Regulierung geführt. Das zeigt die Erfahrung der letzten 20 Jahre.

Beispielsweise hat die «Teilmarktöffnung» der Schweizer Stromversorgung eine regelrechte Re- gulierungsflut ausgelöst, die nur noch von Spe- zialisten überblickt wird. Vor dieser «Öffnung»

gab es relativ wenige Gesetze – weil es gar nicht nötig war. Die Kantone und Gemeinden hatten ihre Betriebe. Und diese hatten einen einfachen Versorgungsauftrag. Mit der Teilmarktöffnung entstanden zuerst das Stromversorgungsgesetz (16 Seiten) und die Verordnung dazu (24 Seiten).

Es entstand die Regulierungsbehörde Elcom mit eigenem Reglement (6 Seiten), welche wieder- um viele hochspezifische Weisungen und andere Erlasse (rund 100 Seiten) verfasste.

Ähnliches gilt für die Bankenregulierung.

Statt ein paar einfache, robuste Regulierungen einzuführen, haben die Wünsche der Banken nach Ausnahmen und Sonderregelungen ein unübersichtliches Regulierungsdickicht hervor- gebracht, welches sich dann in der Finanzkri- se von 2008 als nicht zielführend herausgestellt hat. Zwar haben die Lehren daraus zu gewissen Verbesserungen geführt, doch diese falsche Lo- gik wurde nicht gebrochen.

Erschreckend ist auch die Zunahme von Reg- lementen und Erlassen in den Firmen. Allen vo- ran im Finanzsektor. Die vermehrte Egokultur und Fixiertheit auf die eigene Karriere bei den Führungsverantwortlichen haben die Verant-

wortung fürs Kollektiv unterlaufen. Dazu haben auch die Bonussysteme beigetragen – sodass mittlerweile in Reglementen Verhaltensweisen geregelt werden, die eigentlich selbstverständ- lich sein sollten.

Eine andere Baustelle ist der Föderalismus.

Die regionalen Wirtschaftsräume verlaufen oft nicht entlang der jahrhundertealten Kantons- grenzen. Dennoch kommen je nach Kanton häu- fig unterschiedliche Regeln zur Anwendung.

Das kann leider auch wichtige Digitalisie- rungsschritte behin- dern. Oft braucht es eine gewisse Grösse, damit sich Investi- tionen in neue, leis-

tungsfähige IT-Lösungen lohnen. Es ist aus die- sem Grund alles andere als überraschend, dass die national tätige Unfallversicherung Suva in Bezug auf Digitalisierung und künstliche Intelli- genz eine Führungsrolle innehat.

Was bei der Regulierungskritik oft verschwie- gen wird: Regulierungen haben wesentlich zum wirtschaftlichen Fortschritt beigetragen.

Nur wenn es klare Regeln gibt, funktioniert die Wirtschaft. Und nur dann sind die Arbeitneh- menden vor Missbräuchen geschützt. Einfach weniger Regulierung zu fordern, ist daher zu billig. Die Erfahrung zeigt aber auch: Oft sind wenige, wirksame Regulierungen besser als ein unübersichtliches Flickwerk mit vielen Ausnah- men. Eine eingehende Analyse der Wirksamkeit von Regulierungen fehlt leider bis heute.

Daniel Lampart ist Sekretariatsleiter und Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB), Bern STANDPUNKT VON DANIEL LAMPART

Was einfach tönt, ist in der Realität komplex: Sogenannte Markt ­ liberalisierungen haben zu einem Regulierungsdickicht geführt.

Folgenschwere Liberalisierung

Erschreckend ist die

Zunahme von Firmen-

reglementen.

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