• Keine Ergebnisse gefunden

E N T S C H E I D U N G S D A T U M G E S C H Ä F T S Z A H L L / 2 1 E B E S C H L U S S

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "E N T S C H E I D U N G S D A T U M G E S C H Ä F T S Z A H L L / 2 1 E B E S C H L U S S"

Copied!
14
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

1030 Wien Tel: +43 1 601 49 – 0 Fax: + 43 1 711 23-889 15 41 E-Mail: einlaufstelle@bvwg.gv.at www.bvwg.gv.at

E N T S C H E I D U N G S D A T U M 1 4 . 0 4 . 2 0 2 1

G E S C H Ä F T S Z A H L

L 5 2 7 2 2 4 1 3 6 8 - 1 / 2 1 E

B E S C H L U S S

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. über den „Antrag auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“ des XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit: PAKISTAN, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Eva Jana MESSERSCHMIDT, Salztorgasse 2/6, 1010 Wien:

A) Der „Antrag auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“ wird zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

B e g r ü n d u n g :

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

(2)

1. Feststellungen:

1.1. Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger der Islamischen Republik Pakistan, stellte am 12.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 13.04.2018, Zahl XXXX , sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abwies (Spruchpunkte I und II). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan (Spruchpunkt V) aus und bestimmte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI).

Die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10.07.2018, L525 2195705-1/7E, zur Gänze als unbegründet ab. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 25.09.2018, E 3228/2018-7, ab. Die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 05.12.2018, Ra 2018/20/0532, zurück.

1.2. Der Antragsteller verblieb weiterhin im österreichischen Bundesgebiet und brachte am 14.03.2019 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 55 Abs 1 AsylG 2005 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag mit Bescheid vom 21.05.2019, Zahl XXXX , gemäß § 58 Abs 10 AsylG 2005 zurück. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 05.11.2019, L508 2195705-2/3E, rechtskräftig als unbegründet ab.

1.3. Der Antragsteller verblieb weiterhin im österreichischen Bundesgebiet und brachte am 08.10.2020, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Eva Jana MESSERSCHMIDT, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen weiteren Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 ein (OZ 11, OZ 17, AS 206 ff).

Im Beisein seiner Rechtsvertreterin wurde der Antragsteller am 12.04.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinem Antrag vom 08.10.2020 einvernommen.

Zur Einvernahmefähigkeit bzw. zum Gesundheitszustand befragt, erklärte der Antragsteller, dass er zur Therapie gehe und Tabletten nehme, die Einvernahme könne aber durchgeführt werden; er habe ein bisschen Probleme mit Depressionen, ansonsten sei er gesund. (OZ 11) Im Anschluss an die Einvernahme wurde er aufgrund eines Festnahmeauftrags nach § 34 Abs

(3)

3 Z 3 in Verbindung mit § 40 Abs 1 Z 1 BFA-VG zum Zweck der Abschiebung festgenommen.

Die Abschiebung des Antragstellers nach Pakistan soll am 14.04.2021 (Abflug in Wien um 20:25 h) erfolgen (OZ 8, 11).

Über den Antrag vom 08.10.2020 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bislang nicht abgesprochen (OZ 5).

1.4. Am 13.04.2021 brachte der Antragsteller, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Eva Jana MESSERSCHMIDT, beim Bundesverwaltungsgericht einen „Antrag auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“ ein. Das entsprechende Verfahren wurde zunächst der Gerichtsabteilung W278 und aufgrund einer von deren Leiter erhobenen Unzuständigkeitsanzeige in der Folge am 13.04.2021, 15:06 h, der Gerichtsabteilung L527 zugeteilt (OZ 3).

Der Antragsteller legt im Antrag dar, dass die Entscheidung über den Antrag nach § 55 AsylG 2005 noch ausstehe. Im Falle der Abschiebung – die nun konkret im Raum stehe – sei es für ihn unmöglich, einen den in Art 6 EMRK sowie Art 47 GRC entsprechenden Rechtsweg zu bestreiten und die ihm gegebenenfalls zustehenden Verfahrensrechte auszuüben. Aufgrund der maßgeblich geänderten Umstände könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass eine neuerliche meritorische Prüfung durchgeführt werde. Sodann macht der Antragsteller im Wesentlichen unter Verweis auf eine mittelgradige depressive Episode sowie eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung (Befundbericht vom 05.03.2021 sowie Behandlungsbestätigung vom 01.04.2021) und weil er zu der Personengruppe, der ein besonders schwerer Verlauf einer Erkrankung an COVID-19 drohe, zähle, geltend, dass ihm

„wegen der aktuellen Lage in Pakistan sowie wegen seiner besonderen Vulnerabilität eine rasche und zum jetzigen Zeitpunkt nicht abzuschätzende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes“ drohe. „Der fehlende Zugang zu medizinischer Behandlung in Pakistan würde eine Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 19 Abs. 2 GRC bedeuten.“ Dies seien die tatsächlichen Umstände, die behauptetermaßen zu einem schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden führen können. Die Gewährung vom vorläufigen Rechtsschutz sei im gegenständlichen Fall geboten, weil die Abschiebung des Antragstellers unmittelbar bevorstehe und ihm dadurch eine Verletzung in seinem gemäß Art 19 Abs 2 GRC gewährleisteten Recht drohe. Aus diesen Gründen werde die Erlassung einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorläufig die Durchsetzung der Abschiebung des Antragstellers untersagt werde. Sofern Zweifel an der Zulässigkeit gegenständlichen Antrags bestehen, möge das Bundesverwaltungsgericht zumindest vorläufig die begehrte einstweilige Anordnung erlassen.

(4)

Angesichts der behaupteten Verletzung von Art 3 EMRK manuduzierte das Bundesverwaltungsgericht den Antragsteller unverzüglich unter (analoger) Bedachtnahme auf VwGH 31.08.2016, Ra 2016/21/0367, und VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157, über die mögliche Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz (OZ 9).

In der daraufhin erstatteten Stellungnahme (OZ 11) führte der Antragsteller aus, dass er alle für die Interessenabwägung im Sinne des Art 8 EMRK bzw. § 9 BFA-VG relevanten Umstände dargelegt und entsprechende Beweise übermittelt oder angeboten habe. Da der Gesundheitszustand und die damit im Zusammenhang stehende notwendige medizinische Versorgung auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der körperlichen Unversehrtheit im Sinne des Art 8 EMRK zu behandeln wären und in die vorzunehmende Interessenabwägung miteinbezogen werden müssten, habe zum früheren Zeitpunkt kein Anlass bestanden, einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Da die Anwendung des Art 3 EMRK eine gewisse Härte voraussetze, seien Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität in bestimmten Fällen an Art 8 EMRK zu messen. Jedenfalls hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, so der Antragsteller weiter, seine nachgewiesenen psychischen Beeinträchtigungen – unter Beachtung der aktuellen Lage in Pakistan – bei der Entscheidung über den Antrag nach § 55 AsylG 2005 berücksichtigen müssen. Der Antragsteller befinde sich wegen der gegenwärtigen Umstände in einer sehr schlechten psychischen Verfassung.

Die Medikamente, die er regelmäßig einzunehmen habe, seien ihm erst auf ausdrückliches Verlangen seiner rechtsfreundlichen Vertretung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Verfügung gestellt worden. Aus diesen Gründen habe sich der Antragsteller bisher nicht imstande gesehen, einen Folgeantrag zu stellen. Dabei sei festzuhalten, dass bei einem Folgeantrag gemäß § 12a AsylG 2005 kein faktischer Abschiebeschutz bestehe.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen waren ohne Weiteres auf Grundlage der Akten des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zahlen L525 2195705-1, L508 2195705-2 sowie L527 2241368-1 zu treffen. Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Schriftstücke, Geschäftszahlen, Aktenseiten oder Ordnungszahlen angegeben.

Einwände, dass die Akten unvollständig oder unrichtig wären, wurden nicht erhoben. Dem Bundesverwaltungsgericht sind keine Hinweise aufgefallen, dass die Akten bedenklich wären.

Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

(5)

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung des „Antrag[s] auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“:

3.1. Nach Klaushofer, Einstweiliger Rechtsschutz im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, in Holoubek/Lang (Hrsg), Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht (2014) 153 (156) sei vorläufiger oder einstweiliger Rechtsschutz die Möglichkeit, subjektive Rechte bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache zu schützen. Die Notwendigkeit eines solchen provisorialen Rechtsschutzes sei gegeben, wenn während der Dauer des Hauptverfahrens schwerwiegende oder nicht wiedergutzumachende Schäden entstehen könnten.

„Als Instrumente des provisorischen Rechtsschutzes kommen – jedenfalls vor dem Hintergrund des Verwaltungsrechts – grundsätzlich zweierlei Rechtsinstitute in Frage, nämlich einerseits das Aussetzen bzw Aufschieben der normativen Wirkungen eines Rechtsaktes, der den Rechtsschutzsuchenden unmittelbar oder, als Nebenpartei, mittelbar belastet, und andererseits sog einstweilige Anordnungen oder Verfügungen, die Maßnahmen unterschiedlicher Art zur Sicherung des strittigen Rechtsanspruches zum Inhalt haben können.“ (Schulev-Steindl, Einstweiliger Rechtsschutz Rz 2, in Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 14 [Stand 30.10.19, rdb.at])

3.2. Einstweilige Anordnungen sind im Verfahren nach dem AVG, (soweit gegenständlich relevant) dem BFA-VG, dem VwGVG und im Revisionsverfahren nach dem VwGG gesetzlich nicht vorgesehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch - der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs folgend - bereits mehrmals ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Verwaltungsakt auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde; vgl. mwN VwGH 23.10.2015, Fr 2015/21/0012, siehe auch Schulev-Steindl, Einstweiliger Rechtsschutz Rz 2, in Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 14 (Stand 30.10.19, rdb.at), wonach das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht nach wie vor keine ausdrückliche bzw. generelle Rechtsgrundlage für die Erlassung einstweiliger Anordnungen kenne.

Der Europäische Gerichtshof hält in seiner im Anwendungsbereich des Unionsrechtes relevanten Rechtsprechung (aufbauend auf Art. 160 seiner Verfahrensordnung [„Anträge auf Aussetzung oder einstweilige Anordnungen“]) fest, dass Anträge auf vorläufigen

(6)

Rechtsschutz den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, sowie den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe anführen müssen (vgl. dazu und zum Folgenden EuGH [Große Kammer] 20.11.2017, C- 441/17 R, Europäische Kommission gegen Republik Polen, Rz 28 ff, mwH). Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter darf diesen nur dann gewähren, wenn die Notwendigkeit der Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht (fumus boni iuris) und ferner dargetan ist, dass sie dringlich in dem Sinne ist, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung der Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten muss.

Der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vor. Diese Voraussetzungen bestehen kumulativ, sodass der Antrag auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht erfolgreich sein kann, wenn eine von ihnen fehlt; vgl. VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0056.

Im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung ist konkret darzulegen, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der behauptete schwere und nicht wieder gut zu machende Schaden ergibt. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat eine Partei, die einen solchen Schaden geltend macht, diesen nachzuweisen; auch wenn insoweit keine absolute Gewissheit des Schadenseintritts erforderlich ist, sondern eine hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, ist eine antragstellende Partei gleichwohl verpflichtet, die Umstände nachzuweisen, die einen solchen Schaden erwarten lassen (EuGH [Große Kammer] 20.11.2017, C-441/17 R, Europäische Kommission gegen die Republik Polen, Rz 44). Die antragstellende Partei muss konkrete Angaben machen, die es dem entscheidenden Gericht erlauben, die genauen Auswirkungen abzuschätzen, die in Ermangelung der beantragten Maßnahme wahrscheinlich eintreten würden; vgl. VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0056; Borchart in Lenz/Borchart, EU-Verträge Kommentar6, 2012, Art. 278, 279 AEUV, Rz 17 unter Hinweis auf unionsrechtliche Rechtsprechung.

3.3. Mit der Frage der Zuständigkeit zur inhaltlichen Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach befasst. Im Zuge dessen sprach er unter Verweis auf EuGH 13.03.2007, C-432/05, Unibet, Rz 80 ff, aus, dass das Unionsrecht die Regelung des einzuhaltenden Verfahrens (einschließlich der Zuständigkeit) im Allgemeinen - das heißt, soweit nicht in den einzelnen unionsrechtlichen Rechtsvorschriften eigenständige Bestimmungen enthalten sind - den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Verfahrensautonomie überlasse, wobei das Äquivalenz- und das Effektivitätsprinzip zu beachten seien. Mangels entsprechender

(7)

Zuständigkeitsregeln sei zur Bestimmung der Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen von der „sachnächsten“ Zuständigkeit auszugehen; vgl. VwGH 23.10.2015, Fr 2015/21/0012, sowie – unter Verweis auf VwGH 27.06.2007, 2007/04/0034, und Ranacher/Frischhut, Handbuch Anwendung des EU-Rechts (2009), 345 ff und die dort angeführten Hinweise auf Rechtsprechung - VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069.

3.3.1. Unter Bedachtnahme darauf führte der Verwaltungsgerichtshof zur Abgrenzung seiner Zuständigkeit von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz im Revisionssystem aus, dass er für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes jedenfalls bis zur Vorlage der Revision nicht berufen und somit unzuständig sei. Das Verwaltungsgericht sei sowohl bei einer ordentlichen Revision als auch im Falle einer außerordentlichen Revision bis zur Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision (oder einen Antrag auf Erlassung einstweiliger Anordnungen) zuständig und zur Entscheidung verpflichtet. Vgl. - mit Verweis auf VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069;

20.04.2017, Ra 2017/19/0113; 25.4.2017, Ra 2017/16/0039; 27.11.2018, Ra 2018/14/0139- 142; 25.02.2019, Ra 2018/19/0611 – VwGH 31.10.2019, Ra 2019/20/0470. Der an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung, „mit der dem BFA vorläufig die Durchführung der Abschiebung der antragstellenden Partei untersagt wird“, sei nicht akzessorisch zum Verfahren über die Gewährung der Verfahrenshilfe, sondern zum Verfahren über die beabsichtigte Revision, die beim Verwaltungsgericht einzubringen sei. Seinem Inhalt nach sei der Antrag so zu verstehen, dass bereits vor Revisionseinbringung die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Sicherung der über die Revision ergehenden Entscheidung begehrt werde. Der Antragsteller habe den Antrag ausdrücklich an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet und damit die Erlassung der einstweiligen Anordnung durch den Verwaltungsgerichtshof begehrt. Für deren Erlassung sei der Verwaltungsgerichtshof aus den obigen Erwägungen jedoch unzuständig. Diese Unzuständigkeit führe zur Zurückweisung des vorliegenden Antrages, weil die Frage der Zuständigkeit in einer Konstellation, wie sie hier vorliege, in der bisherigen Rechtsprechung noch nicht geklärt worden und nicht offenkundig sei; vgl. mwN VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069.

3.3.2. Weiters ging der Verwaltungsgerichtshof – nach Maßgabe des Grundsatzes der sachnächsten Zuständigkeit – bereits in zwei Entscheidungen von einer Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Abspruch über einen Antrag auf einstweilige Anordnung aus; vgl. VwGH 23.10.2015, Fr 2015/21/0012, und VwGH 14.04.2016, Ra 2015/21/0190 (vgl. zu einer darin ausgesprochenen Pflicht der Behörden zur Erlassung

(8)

einstweiliger Anordnungen Schulev-Steindl, Einstweiliger Rechtsschutz, in Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 14 [Stand 30.10.19, rdb.at]). Das Stellen eines auf das Unionsrecht gestützten Antrags auf einstweilige Anordnung mit der Behauptung, die unzureichende Gewährung von Grundversorgung widerspreche der Aufnahme-RL, komme in Betracht. Dabei gehe es darum, vorläufigen Rechtsschutz einzuräumen, um die Effektivität des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbehelfs sicherzustellen. Für dringende Fälle, in denen die baldige Erlangung existenzsichernder Maßnahmen für erforderlich gehalten wird, sei daher ein Antrag auf einstweilige Anordnung geeignet, rasch Abhilfe zu erreichen. Werde von dieser Möglichkeit - wenn auch in Verbindung mit einer Verhaltensbeschwerde - Gebrauch gemacht, dann sei dieser Antrag (verbunden mit dem Antrag in der Hauptsache) an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu richten, das darüber - selbstredend: unverzüglich - zu entscheiden habe. Der Antrag beeinträchtigte nicht die Effektivität des Rechtsschutzes, sondern ermögliche im Gegenteil der zuständigen Behörde eine sofortige Reaktion - dies freilich unter der nachprüfenden Kontrolle des mit Beschwerde anrufbaren und ebenfalls zur unverzüglichen Entscheidung verpflichteten Verwaltungsgerichts. Darüber hinaus befand der Verwaltungsgerichtshof, dass sich aus dem Unionsrecht, namentlich aus Art 26 der Aufnahme-RL in Verbindung mit Art 47 GRC, nicht ergebe, dass ein effektiver Rechtsschutz in Angelegenheiten der Grundversorgung nur dann gegeben wäre, wenn die direkte Anrufbarkeit eines Gerichtes mit Verhaltensbeschwerde möglich ist. So werde schon in der Präambel der Aufnahme-RL unter Punkt 35 postuliert, dass die RL im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen steht, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden, und dass die RL vor allem darauf abzielt, (ua) die Anwendung des Art. 47 der Charta zu fördern.

In diesem Sinne führt auch Schulev-Steindl, Einstweiliger Rechtsschutz Rz 17, in Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 17 (Stand 30.10.19, rdb.at) aus, dass in jenen Fallgruppen, in denen es darum gehe, potentiell unionsrechtswidrigem nationalem Recht vorläufig für den Betroffenen seine Wirksamkeit zu nehmen („Einstweiliger Rechtsschutz zur Sicherung unionsrechtlicher Rechte“), nichts dagegen spreche, dass entsprechende Befugnisse auch schon den nationalen Behörden obliegen – im Gegenteil erscheine diesfalls im Hinblick auf die Effektivität des Unionsrechts und im Lichte von Art 47 GRC vorläufiger Rechtsschutz bereits auf Ebene der Behörden als notwendiges Erfordernis.

3.4. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu seinem Antrag auf internationalen Schutz (1.1.) sowie ebenso rechtskräftiger Zurückweisung des am 14.03.2019 gestellten

(9)

Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Abs 1 AsylG 2005 (1.2.) brachte der Antragsteller am 08.10.2020, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Eva Jana MESSERSCHMIDT, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen weiteren Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 ein (1.3.). Gemäß § 58 Abs 13 AsylG 2005 begründet(e) der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht; der Antrag steht der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen und er kann daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten; siehe auch § 16 Abs 5 BFA-VG. Dass der Verwaltungsgerichtshof gegen diese Bestimmungen verfassungs- und/oder unionsrechtliche Bedenken hegen würde, ist nicht ersichtlich; vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0354, VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0172.

Bedenkt man den Inhalt des „Antrag[s] auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“ sowie die am 13.04.2021 vom Antragsteller erstattete Stellungnahme, besteht kein Zweifel, dass es sich beim Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 um die „Hauptsache“ im Sinne der oben unter 3.3. zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs handelt. Hervorzuheben ist etwa, dass der Antragsteller, wie festgestellt, vorbringt, dass aufgrund angeblich maßgeblich geänderter Umstände jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine neuerliche meritorische Prüfung durchgeführt werde. Zudem führt der Antragsteller insbesondere in seiner Stellungnahme vom 13.04.2021 aus, dass sein Gesundheitszustand und die damit im Zusammenhang stehende notwendige medizinische Versorgung – insofern behauptet der Antragsteller im Antrag einen nicht wiedergutzumachenden Schaden – in die Interessenabwägung im Sinne des Art 8 EMRK bzw.

§ 9 BFA-VG miteinbezogen werden müssten. Demnach (vgl. auch die weiteren Feststellungen oben unter 1.4.) verfolgt der Antragsteller mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erkennbar den Zweck, seine Abschiebung (zumindest) so lange zu verhindern, bis über seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 abgesprochen sein wird. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erweist sich somit als akzessorisch zum Verfahren zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. Der Antragsteller zielt darauf ab, dass bereits vor der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Sicherung eben der noch ausständigen Entscheidung gewährt wird. Deshalb und da der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 tatsächlich nach wie vor unerledigt und das Verfahren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig ist, ist nach dem Grundsatz der sachnächsten Zuständigkeit von einer Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl – und

(10)

nicht des Bundesverwaltungsgerichts – für die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz bzw. für den meritorischen Abspruch über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung auszugehen. Dafür spricht auch, dass die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 in Bescheidform zu ergehen hat und dieser Bescheid mittels Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG) bekämpft werden könnte, wobei eine solche Beschwerde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einzubringen wäre (§ 12 VwGVG) und ihr grundsätzlich aufschiebende Wirkung zukäme (§ 16 ff BFA-VG, § 13 VwGVG: Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zunächst durch die Verwaltungsbehörde; die Rechtswirkungen der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen einen solchen Bescheid angesichts des § 58 Abs 13 AsylG 2005 und des § 16 Abs 5 BFA-VG brauchen an dieser Stelle nicht näher beleuchtet zu werden, kommt es doch gegenständlich nur auf die Frage der Zuständigkeit an); vgl. näher zu diesen Kriterien VwGH 23.10.2015, Fr 2015/21/0012. Für die Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl – und nicht des Bundesverwaltungsgerichts – für eine allfällige Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz kraft des Grundsatzes der sachnächsten Zuständigkeit ist darüber hinaus ins Treffen zu führen, dass gemäß § 46 Abs 1 FPG Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Ausreise zu verhalten sind. In diesem Zusammenhang besteht - unabhängig von einem Verfahren nach dem AsylG oder nach § 51 FPG die Pflicht der Fremdenpolizeibehörde, das Refoulementverbot jederzeit von Amts wegen wahrzunehmen;

vgl. mwN VwGH 06.09.2010, 2010/21/0203; siehe auch etwa VfGH 26.06.2020, E 1558/2020-12, wonach die Vollzugsbehörde bei der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme verpflichtet ist, Art 3 EMRK zu beachten; vgl. auch die aktenkundige Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Jahr 2020, OZ 16, AS 151 ff sowie im Jahr 2021, OZ 20, AS 342 ff.

Zudem ist – von der für die Abschiebung zuständigen Behörde und nicht vom Bundesverwaltungsgericht – zu beachten, ob die gegen den Antragsteller rechtskräftig erlassene Rückkehrentscheidung formell noch aufrecht ist und überdies – auch vor einer allfälligen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 - ihre Wirksamkeit noch nicht verloren hat; vgl. mwN VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0172.

Im Lichte von VwGH 23.10.2015, Fr 2015/21/0012, VwGH 14.04.2016, Ra 2015/21/0190, und Schulev-Steindl, Einstweiliger Rechtsschutz Rz 17, in Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 17 (Stand 30.10.19, rdb.at) (siehe oben unter 3.3.) ist auch

(11)

nicht ersichtlich, dass Art 19 GRC und/oder Art 47 GRC (in deren Anwendungsbereich; vgl.

etwa die Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG sowie Art 51 GRC) gegenständlich der Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl entgegenstünden bzw. eine (unmittelbare) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gebieten würden. Im Gegenteil, es ist der Effektivität des Rechtsschutzes sogar zuträglich, wenn die zur Entscheidung über die Hauptsache (Verfahren zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005) und für die Abschiebung zuständige Behörde auch über die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz zu entscheiden hat. Das Bundesamt für Fremdenwesen hat über einen entsprechenden Antrag unverzüglich zu entscheiden und die Entscheidung unterläge einer nachprüfenden Kontrolle durch das Verwaltungsgericht. Nur das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kann – aufgrund des bei ihm anhängigen Verfahrens – die mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasste nationale Behörde sein, die in der Lage sein muss, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Entscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen; vgl. VwGH 23.10.2015, Fr 2015/21/0012, mit Verweis auf Ranacher/Frischhut, Handbuch Anwendung des EU-Rechts (2009) 510 im Hinblick auf die Anwendbarkeit der entsprechenden auf Gerichte bezogenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch auf die Verwaltungsbehörden. Es ist ferner nicht zu erkennen, dass (im Sinne von Art 13 Rückführungsrichtlinie, Art 19 sowie Art 47 GRC) ein effektiver Rechtsschutz in der gegenständlichen Fallkonstellation nur dann gegeben wäre, wenn eine unmittelbare Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Sinne des vom Antragsteller eingebrachten Begehrens bestünde. Vgl. namentlich Art 13 Abs 1 Rückführungsrichtlinie, der ausdrücklich das Recht normiert, bei einer zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder einem zuständigen Gremium, dessen Mitglieder unparteiisch sind und deren Unabhängigkeit garantiert wird, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr nach Art 13 Abs 1 Rückführungsrichtlinie einzulegen oder die Überprüfung solcher Entscheidungen zu beantragen. Daraus ergibt sich jedenfalls unzweifelhaft, dass die erstinstanzliche Zuständigkeit eines Gerichts nicht geboten ist. Zudem machte der Antragsteller von der Möglichkeit, den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2018, Zahl XXXX , einer den Anforderungen des Unionsrechts entsprechenden gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen, ohnedies Gebrauch; seine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und in weiterer Folge die dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben allerdings erfolglos. Im Hinblick darauf, dass dieses System bzw. Verfahren den maßgeblichen unionsrechtlichen Anforderungen an gerichtlichen Rechtsschutz entspricht, verweist das Bundesverwaltungsgericht auf EuGH 26.09.2018, C-180/17: Demnach

(12)

beschränke sich der Schutz, den Art 46 der Richtlinie 2013/32 und Art 13 der Richtlinie 2008/115 in Verbindung mit Art 18, Art 19 Abs 2 und Art 47 GRC einer internationalen Schutz beantragenden Person gegen eine Entscheidung gewähren, mit der ihr Antrag abgelehnt und ihr eine Rückkehrverpflichtung auferlegt wird, auf einen einzigen gerichtlichen Rechtsbehelf. Art 47 verlange im Licht der Garantien in Art 18 und Art 19 Abs 2 GRC nur, dass eine internationalen Schutz beantragende Person, deren Antrag abgelehnt wurde und gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, ihre Rechte vor einem Gericht wirksam geltend machen kann; der bloße Umstand, dass ein im nationalen Recht vorgesehener zusätzlicher Rechtszug nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe, lasse nicht den Schluss zu, dass der Effektivitätsgrundsatz verletzt wurde.

Im Übrigen weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass es dem – im Verfahren zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 anwaltlich vertretenen – Antragsteller jedenfalls jederzeit freistand und auch gegenwärtig freisteht, einen – ebenso wenig in erster Instanz in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts fallenden – im nationalen Recht allerdings ausdrücklich vorgesehenen wirksamen Rechtsbehelf in Form eines Antrags auf internationalen Schutz zu stellen und im entsprechenden Verfahren z. B.

eine allfällige Änderung der Lage im Herkunftsstaat oder eine anderweitig bedingte etwaige Verletzung im Recht nach Art 3 EMRK geltend zu machen. Auch vor diesem Hintergrund ist eine meritorische Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts über den „Antrag auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“ zu verneinen. Das Bundesverwaltungsgericht manuduzierte den Antragsteller insoweit. Zu den Ausführungen des Antragstellers in der Stellungnahme vom 13.04.2021, dass sein Gesundheitszustand und die damit im Zusammenhang stehende notwendige medizinische Versorgung auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der körperlichen Unversehrtheit im Sinne des Art 8 EMRK zu behandeln wären und in die vorzunehmende Interessenabwägung miteinbezogen werden müssten, zum früheren Zeitpunkt kein Anlass bestanden habe, einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, er bisher nicht imstande gewesen sei, einen Folgeantrag zu stellen, und dass bei einem Folgeantrag gemäß § 12a AsylG 2005 kein faktischer Abschiebeschutz bestehe, erlaubt sich das Bundesverwaltungsgericht abschließend (neuerlich) auf Folgendes hinzuweisen: Der Antragsteller ist im vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahren anwaltlich vertreten. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 begründet(e) kein Aufenthalts- oder Bleiberecht; der Antrag steht der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen und er kann daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Im Falle der Aberkennung des faktischen

(13)

Abschiebeschutzes nach § 12a Abs 2 AsylG 2005 gelangt das gerichtliche Rechtsschutzregime nach § 22 Abs 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG zur Anwendung und in Fällen, in denen gemäß § 12a Abs 3 AsylG 2005 kein faktischer Abschiebeschutz besteht, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen unter den in § 12a Abs 4 AsylG 2005 genannten Voraussetzungen zuzuerkennen; auch insoweit ist ein Rechtsschutzweg eröffnet.

Schließlich ist zu bedenken, dass der dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zum Gesundheitszustand angeschlossene Befundbericht vom 05.03.2021 datiert (vgl. § 12a Abs 3 Halbsatz 1 AsylG 2005, arg. „binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin“).

Aus den vorangegangenen Erwägungen gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass es für den vom Antragsteller gestellten „Antrag auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“ nicht zuständig ist. Ein derartiger Antrag wäre – jedenfalls im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 – beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu stellen, womit freilich nichts darüber gesagt ist, ob ein solcher Antrag (auch) im Übrigen zulässig wäre.

Gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 6 Abs 1 AVG hat das Bundesverwaltungsgericht seine Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen; vgl. zur Wahrnehmung seiner eigenen sachlichen und örtlichen Zuständigkeit durch das Verwaltungsgericht gemäß

§ 38 VwGVG in Verbindung mit § 24 VStG und § 6 Abs 1 AVG VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121. Eine auf § 17 VwGVG in Verbindung mit § 6 Abs 1 AVG gestützte Weiterleitung des Antrags an die zuständige Stelle, also das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, kommt gegenständlich nicht in Betracht. Denn zum einen hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag ausdrücklich an das Bundesverwaltungsgericht gerichtet und damit die Erlassung einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverwaltungsgericht begehrt. Zum anderen ist die oben begründete Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bzw.

Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bislang nicht Gegenstand höchstgerichtlicher Judikatur gewesen und auch nicht offenkundig. Das Bundesverwaltungsgericht hatte daher (in Wahrnehmung seiner Zuständigkeit im Sinne des

§ 17 VwGV in Verbindung mit § 6 Abs 1 AVG; siehe allerdings auch weiteren Erwägungen zu einem Antrag auf internationalen Schutz) spruchgemäß (Spruchpunkt A)) den „Antrag auf Einstweilige Anordnung nach Art. 160 VerfO EuGH“ gemäß § 28 Abs 1 in Verbindung mit § 31 Abs 1 VwGVG mit verfahrensabschließendem Beschluss zurückzuweisen. Vgl. näher zu dieser Vorgehensweise VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069, VwGH 31.10.2019, Ra 2019/20/0470, Hengstschläger/Leeb, AVG § 6 Rz 14 (Stand 1.1.2014, rdb.at) und Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 9 ff (Stand 15.2.2017, rdb.at).

(14)

3.5. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall – im Einklang mit Art 6 EMRK und Art 47 GRC (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) § 24 VwGVG K 10 und E 1) – gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da der Antrag zurückzuweisen war.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die im vorliegenden Fall wesentliche Rechtsfrage der (Un-)Zuständigkeit zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist weder von vornherein klar noch durch - auf Fallkonstellationen wie die gegenständliche bezogene – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bzw. Verfassungsgerichtshofs geklärt. Soweit ersichtlich, waren die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bislang nicht mit der Frage der Zuständigkeit zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in einem – nach rechtskräftiger Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz, Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Erlassung einer Rückkehrentscheidung, Entscheidung der Zulässigkeit der Abschiebung und nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise – vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahren zu einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 befasst.

Es war daher spruchgemäß (Spruchpunkt B) zu entscheiden.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

• Verfassen von Förderaufrufen im Rahmen des Holz Innovativ Programms (HIP) sowie Zusammenstellung, Benennung und Begleitung des Auswahlgremiums, des Clusterbei- rats Forst &

 Betreuung und Bearbeitung von Einzelfallbeschwerden, die durch die dezentralen Beschwerdestellen in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes für Asylsuchende vorgelegt

Der Beschwerdeführer gab an, er habe sich beworben und beim Vorstellungsgespräch wahrheitsgemäß angegeben, dass er ab Mitte Dezember, je nach Schneelage, wieder eine fixe

die Förderung der Integration der Bewohner in der Gesellschaft und die Förderung gleicher Chancen für jeden ausgerichtet (Artikel 4 § 2). Der wesentliche Auftrag der

Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, im Folgenden als belangte Behörde

Aufgrund der glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben der Beschwerdeführer und insbesondere auch unter Berücksichtigung der Größe der sechsköpfigen Familie kann

Diesbezüglich hätte sich die belangte Behörde näher mit den dem Antrag der BF auf Erteilung eines „Aufenthaltstitels besonderer Schutz“ beigelegten gewalttätige Übergriffe

Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG 4 E 63 zu § 32). Wegen allfälliger Verkehrsprobleme in Innsbruck ist für das rechtzeitige Erscheinen zum Verhandlungstermin