Grundlagen der Anatomie und Physiologie Niere
Prof. Dr. Susanne Koch Molekulare Pharmakologie
E-Mail: Susanne.Koch@cup.uni-muenchen.de
• Einführung: Allgemeine Nierenaufgaben und -anatomie
• Glomeruläre Filtration und Nierendurchblutung
• Mechanismen und Regulation der renalen Na
+-Resorption
• Wasserhaushalt und Regulation der H
2O-Ausscheidung
• Mechanismen und Regulation des renalen K
+-Transports
Niere, Wasser und Elektrolythaushalt: Gliederung der Vorlesung
Wasserresorption in den verschiedenen Tubulusabschnitten
H2O-Load 180 l/d 100%
H2O-Load 180 l/d 100%
ADH↓ ADH↑
Wasserdiurese Antidiurese
Wasserresorption im proximalen Tubulus
Der Wasserfluss (𝑉 𝐻
2𝑂)
•Antrieb: eine osmotische Druckdifferenz (DOSM), erzeugt durch Teilchentransport.
•Bei gegebenem DOSM hängt 𝑉 𝐻
2𝑂 von der hydraulischen Leitfähigkeit der Membran (Lp) ab: 𝑉 𝐻
2𝑂 = 𝐿𝑝 ∙ ∆𝑂𝑆𝑀
Merke:
1 Teilchentransport
2 Wasserfluss (hauptsächl. transzellulär, da große Zelloberfläche, kleine TJ-Oberfläche).
Na+- und H2O werden zu gleichen Teilen resorbiert, wie sie im Plasma vorkommen, die Tubulusflüssigkeit bleibt (quasi) isoton („isotone Resorption“).
Dennoch muss es eine transepitheliale osmotische Druckdifferenz geben (s. oben), wenn auch minimal (3-5 mosm/l).
Na
+-K
+-ATPase und NKCC2 in der aufsteigenden Henle-Schleife sind der Motor der Harnkonzentrierung
„Einzeleffekt“: D OSM ca. 200 mOsm/kg
ADH
dicke aufsteigende Henle-Schleife
Der Gegenstrommultiplikator der Henle-Schleife
Ein interstitieller kortiko-medullärer osmotischer Gradient ermöglicht die Harnkonzentrierung
Anstieg der interstitiellen [NaCl] v.a. im äußeren Nierenmark (ca. 300 mM)
Anstieg der interstitiellen [Harnstoff] v.a. im inneren Nierenmark (ca. 600 mM)
ADH verstärkt die NaCl- und Harnstoff- Akkumulation im Nierenmarkinterstitium Konzentrierungsfähigkeit hängt von der Länge des Gegenstromsystems ab.
Konzentration (mM)
Cortex Aussenmark Innenmark
Urin 1200 mOsm
Durch den osmotischen Gradienten im Nierenmark kann die Niere einen unterschiedlich stark konzentrierten Urin bilden
Das Gegenstromsystem generiert einen osmotischen Gradienten zur Papilla hin
Die Tubulusflüssigkeit verläßt die Henle- Schleife zwar hypoton
das Sammelrohr führt sie aber dann zurück durch das zunehmend hypertone
Interstitium.
Der Osmolaritätsgradient ([Osm]int > [Osm]TF) treibt die H2O-Resorption,
deren Ausmaß (und somit die
[Osm]Urin) von der H2O-Permeabilität des Sammelrohrs abhängt.
Die H2O-Permeabilität des Sammelrohrs hängt vom ADH ab.
Regulation der Wasserpermeabilität der Sammelrohrhauptzelle: ADH und Aquaporin 2
ADH: Antidiuretisches Hormon (Adiuretin, Vasopressin, Arginin-Vasopressin (AVP)) Rezeptoren: V2 (v.a. Niere), V1A, V1B (v.a. in Blutgefäßen)
Medical Physiology; Boron, Boulpaep, 3. Auflage, Seite: 818; Abb 38.9
Hypothalamische Osmorezeptoren erfassen Störungen der Plasmaosmolalität und somit des Wasserhaushalts
3. Ventrikel
Hypophysen- hinterlappen
Ncc. Supraopticus et paraventricularis ADH-sezernierende
(magnozelluläre) Zellen.
Osmorezeptoren
ADH:
Regulation der renalen Wasserausscheidung Durstgefühl
Area hypothalamica lateralis
In der Regel gilt:
• Wassermangel:
Plasmaosmolalität ↑
• Wasserüberschuss:
Plasmaosmolalität ↓
Aus Bear, Connors, Paradiso: Neurowissenschaften 4.
Auflage, 2018, Springer
(Mutmaßliche) Funktionsweise hypothalamischer Osmorezeptoren
Hyperosmolarität (H2O-Mangel):
• [Osm]Plasma >290 mOsm
• Osmorezept. schrumpfen (H2O-Ausstrom)
• →Kationenkanäle öffnen
• →Depolarisation → ↑ AP-Frequenz
• →ADH-Freisetzung↑
• Gesteigertes Durstgefühl
Ausgeglichener H2O-Haushalt:
• [Osm]Plasma normal (290 mOsm)
• Osmorezept. leicht depolarisiert
• →Basale ADH-Freisetzung
• Kein Durstgefühl
Hypoosmolarität (H2O-Überschuss):
• [Osm]Plasma <290 mOsm
• Osmorezept. schwellen (H2O-Einstrom)
• →Kationenkanäle schließen
• →Hyperpolarisation →↓AP-Frequenz
• →ADH-Freisetzung
• Kein Durstgefühl
ADH ↑ Antidiurese
ADH
↔
ADH ↓ Diurese
Regulation der ADH-Freisetzung und Wirkung von ADH
Harnstoffzirkulation in der Niere erhöht die interstitielle Osmolarität des Nierenmarks
Harnstoff (HS)
• Im Glomerulus frei filtrierbar
• 50% proximal resorbiert
• 100% kommen im dist.
Tubulus an, d.h. 50% sind hinzugekommen
• Im kortikalen und Aussenmark-
Sammelrohr findet eine erhebliche Resorption von H2O aber nicht von HS statt
→ [HS] im Sammelrohr
↑↑(bis zu 700 mM)
• Sammelrohr im Innenmark HS-permeabel, so dass HS entlang des Konzentrations- Gradienten aus dem
Sammelrohr ins Interstitium diffundiert
• → die [HS] im Interstitium steigt auf bis zu 700 mM
Unterschiedliche Na+- und HS- Permeabilitäten in den dünnen Schenkeln der Henle-Schleife bewirken die NaCl
Konzentrierung im Innenmark.
Vasa recta
Die Vasa recta als "Gegenstromaustauscher" erhalten den osmotischen Gradient im Nierenmark aufrecht
Problem:
Wie kann
• das Mark mit Blut versorgt und
• die ins Interstitium aus Henle- Schleife und Sammelrohr ständig einströmende Menge an H
2O und Teilchen abtransportiert werden,
• OHNE den axialen (Längs-) osmotischen Gradienten auszuwaschen?
Lösung:
Das Gegenstromprinzip gilt auch in den Vasa recta, die ebenfalls eine
„Haarnadel“ Form haben
Medical Physiology; Boron, Boulpaep, 3. Auflage, Seite: 722; Abb 33.1
Die Vasa recta als "Gegenstromaustauscher" erhalten den osmotischen Gradient im Nierenmark aufrecht
Fazit:
• Vasa rectae "Haarnadelform":
• Postglomerulär, dünn, lang: ⇨PKap niedrig, PKap hoch ⇨ begünstigt die Resorption
• Wasserflüsse „kurzgeschlossen“
• Teilchen rezirkulieren („gefangen“) ⇨
"Auswaschwirkung" minimiert
• Funktion passiv (daher "Austauscher" vgl.
Henle-Schleife: "Multiplikator") Dennoch:
• Die aufsteigenden Vasa recta führen Netto H2O und Teilchen ab (Resorption aus
Sammelrohr und Henle-Schleife)
• [Osm], Vaus > Osm], Vein
• "Washout" des Gradienten wird trotzdem nicht komplett verhindert (Druckdiurese) V: Kapillarstromstärke
Die Vasa recta als "Gegenstromaustauscher„ Der 𝑃
𝑂2im Nierenmark
𝑃
𝑂2in den absteigenden V. recta > 𝑃
𝑂2in den aufsteigenden V. recta
O
2diffundiert entlang des Partialdruckgefälles
aus der absteigenden in
die aufsteigenden V. recta (vgl.
Wasser)
𝑃
𝑂2an der Papillenspitze ~10 mmHg
Cort ex Ni er enmark
Druckdiurese – steigt der Blutdruck, steigt die Urinausscheidung
Die erhöhte Harnausscheidung bei
↑Blutdruck (Druckdiurese) ist ein Schutzmechanismus des Körpers.
Mechanismen:
• ↑ Blutdruck ↓ADH-Ausschüttung
• ↓H
2O-Permeabilität des Sammelrohrs
• ↓kortikomedullärer osmotischer Gradient im Nierenmark
• Evtl. ↑Markdurchblutung
(juxtamedulläre Nephrone sind nur schwach autoreguliert)→
„Auswaschen“ des
kortikomedullären osmotischen Gradienten
• Kommt der ↑BP wg. ↑EZV zustande
→↑ANP-Freisetzung
→ ↓ Na-Resorption (Sammelrohr)
→ ↑ Markdurchblutung (wie oben)
Guyton, Hall: Textbook of Medical Physiology 12.th edition 201, Saunders; page 319;
Fig. 26-17