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Abulwalid Ibn öanäh und die neuhebräische Poesie.
Von Prof. Dr. W. Uaeher.
Abulwalid giebt im 28. Capitel seiner Grammatik') einen
interessanten Bericht über sein Verhiiltniss zur Dichtkunst. Nach¬
dem er mit gewinnender Offenheit gestanden, dass diese durchaus
nicht seine Sacbe sei und er nicht darauf halte, als Dichter ge¬
priesen zu werden — ebenso offen gesteht er ein anderes Mal
seine Incompetenz in talmudiscben Dingen') —, kann er docb nicbt
umbin, seiner poetischen Versuche in der Jugendzeit zu gedenken.
Er erzählt, dass gegnerische Eifersucht seine Verse dem Dicbter
Ibn Chalfon zugeschrieben habe'), so dass einer seiner Schüler,
als er vor mehreren Toledanem auf den wahren Ursprung jener
Verse hinwies, keinen Glauben fand. Doch wandte sich auch
Abulwalid in seinen reiferen Jahren von der Uebung der Dicht¬
kunst ab, so bewabrte er ibr dennoch ein lebhaftes Interesse und
citirt an mehreren Stellen seines zweitheiligen Hauptwerkes Verse
aus neubebräischen Dichtungen , theils als Zeugen des Sprach¬
gebrauches, theils zur Erörterung von auffallenden in ihnen ge¬
brauchten Ausdrücken und Bildungen. — Von besonderem Interesse
sind zunächst die Citate aus der liturgischen Poesie , die er zur
Bezeugung von Wortbedeutungen in einigen Artikeln seines Wörter¬
buches beibringt.
Im Artikel na bespricbt er Hiob 41,4 und bemerkt über ^^n,
es sei ein Hapax legomenon und bedeute dem Inhalte angemessen
„Stärke" oder dergl.; die Dicbter aber hätten das Wort in der
Bedeutung „Rede" (j.^ibü!) angewendet, wonach iDiy ym soviel
1) Kikma, ed. Goldberg, p. 185 f.
2) S. Derenbourg,, Opuscules et traites d'Aboulwalid, p. IX.
3) n«: Mn-in •'im ansto diib:« nspa ns:pn nysm . . .
TTlfflMn icbD bs MmN ümi ICOa . Für icbD -jaN ist zu lesen
■)1cbD pN, und dieser ist identiscb mit 1"nCWn "iisbs 13 pnSi S, der Rikma, p. 122 erwäbnt ist. Vgl. Grätz, Gescbichte der Juden, V, 39G und Derenbourg, a. a. O., p. VII.
Bd. XXXVI. 27
402 Bacher, AbulwaKd Ibn öandh und die neuhebräische Poesie.
sei als naiy ian '). Unter den Dichtern sind hier in erster Reihe
die Paitanim iSH verstehen, bei denen ^in — mit linnii, flehen, in
Zusammenbang gesetzt — „Gebet", also auch Rede bedeutet
Im Art. myt führt er fiir nsys. Gen. 41, 45, das er als Per¬
fectum nach dem Muster von TCIb', Hiob 26, 9 erklärt, die Ueber¬
setzung des Targum an (n^b ■|"'b3)'und knüpft daran die Bemerkung, dass alle Piutdicbter ("i^JüiD J! j^^t^) diese Bedeutung „offenbaren"
mit dem Worte verbunden hätten, besonders der Ausgezeichnetste
unter ihnen Jose b. J6s6, der in einer bekannten und berühmten
Dichtung (jJ uijj** jy^^ j) folgenden Vers habe :
^33» nmityna üth naam niD
.8)m53inDi msißJt (V. njytm) nDrcn
Eine andere Stelle aus einem liturgischen Stücke dieses ältesten
der synagogalen Dichter citirt Abulwalid im Artikel 133 *); er
bemerkt, dass auf Zephanja 1, 8 (■'-id3 iBiabn D^iaaibn) angespielt habe Jose b. Jose in seinen Worten:
Dbiub mNI Nb löiaba iiaaib -iDsb ynii
Dbiy 1312731 i73y pnci d^abTs -y'^-aa ']b73 "|ii3 .nbiyn rr^rii itskiö "^i-ia
Das zweite Wort in diesem Citate ist wohl 133b zu lesen
Von den liturgischen Dichtem gilt endlich auch das, was im
Art. ^iOiB gesagt isf), dass dieses Wort (aus Psalm 68, 18) bei
1) Kitäb-ul-usül , ed. Neubauer, p. 82. Z. 19—23. Im Art. ^Tl, 223, 23 giebt Abulw. nur die erste Erklärung : jOLjOjI—S-X iiXJii^ , die Kraft seines Widerstandes. Ibn Esra, Kimchi und die Neueren identificiren yV} mi^ ^n.
2) S. Zunz, Die synagogale Poesie des Mittelalters, p. 392. Zunz zählt daselbst ptl zu den Neubildungen des poetanischen Hebraismus , während es, wie aus Abulwalid ersichtlich, Ilerübornahme des biblischen Wortes in der supponirten Uedeutung ist.
3) Kitäb-ul-usül, 595 f. — Hiernach ist zu ergänzen, was Zunz, Literatur¬
geschichte der synagogalen Poesie, S. 28 (vgl. üie syn. Poesie des Mitt., S. 429)
nach einer späteren Quelle von diesem Verse anführt : m7313£yn3 ÜTn
n31El£ n3yD73n. — David Kimchi im Wurzelwörterbuche, s. v. n3yD,
citirt nach Abulwalid die Worto des t:"'"'D : m73inD mSIDlT n3yD'3ri . Ueber die Vorwendung und die Conjugation dieses Wortes bei den liturgischen Dichtern s. Zunz an der zuletzt angeführten Stelle.
4) K. ul-u.sül 436, 1—5; die Stello fehlt in der Oxforder Handschrift, so¬
wie in der hobr. Uebersetzung.
5) Ueber b, 3 und 3 vor dem Verbum finitum s. Zunz, Die syn. P.
d. M., 380 f.
0) K. ul-usöl 754, 4 f.: j Ä.IiftJUt »js^ tljjjt JU*;C*«! ^Jl/ lXs D^3S<31B (« g ^ * Ä_X_J^sL*.J! . Vgl. Kimchi s. v.: TMX^Tl !lb73a 1JM3
Baeher, Abulwalid Ibn Ganäh und die neuhebräische Poesie. 403
den Dichtem sehr oft auf die Engel angewendet werde, welche
sie D''3S<5123 nennen. — Von einem anderen, in der h. Schrift ehen¬
falls nur im Singular gebrauchten Worte, von h'c, Tbau, bemerkt
er '), dass die Dicbter dazu die Mehrzahl d-'bba gebrauchen, ohne
dar'auf hinzuweisen, dass diese Pluralform im talmudischen Neu-
hebrfiisch bezeugt ist*).
Häufiger sind die Citate Abulwalid's aus der nicht-liturgischen
Poesie. — Im Art. ^^i rechtfertigt er HajjÄ^, der unter dieser
Wurzel dem Niphal iTis (Nahum 1, 12) nicht die gewöhnhche Be¬
deutung von TT5 scheeren, abschneiden zugeschrieben hatte, mit
der Annabme, dass er jenes Wort in der Bedeutung vorübergehen
(^L>) genommen, wie der Dichter (jjs-LvJ!) es anwendet, wenn
er sagt (ra gleichbedeutend mit "oy gebrauchend):
') T3 -hy -rotn ba Tan aba anas
Im Art. aba citirt er einen Vers, in dem ein Dichter gewisse
Leute verspottet hatte y?^ri -cLiJi Jüs) und dabei das
Verbum zu dem in der h. Schrift (Ezech. 5, 1) nur als Nomen
vorkommenden aba anwendete :
*)maiba mnba?? n-'DijTai msias tiasn yya mreiaai
Im Art. Tin erwäbnt er, dass nach dem biblischen D'unir!, an
Schnüre gereihte Edelsteine (Hob. 1, 10), die Reime von den
Dichtem Dinnn genannt wurden, weil sich die Reimzeilen nach
bestimmten Buchstaben aneinanderreihen '•").
Den Art. yns leitet er mit der Bemerkung ein, dass die
Dichter dies Wort, nach I Sam. 21, 9, in allen Pormen der Verbal¬
flexion anwenden und 3 als ersten Radical betrachten ").
Die drei Anfangsverse eines Gedichtes citirt er im Art. inay,
zu welcber Wurzel tn3ayn Ruth 1, 13 gehöre, wie auch Hajjüg an-
n"'5N3«} yOhTt nta Oiasbaln «inpb; nach ian3 ist wohi zu ergänzen DinmifiJStn oder D"'3t:vcn . Abulwalld hätte das Targum zu 68, 18 citiren können, welches 1N31Ö mit J<''ba3N Engel übersetzt; indessen citirt or das
Targum zu den Hagiographen niemals. Auch Saadja erklärt das Wort
mit der Bed. Engel, s. Beiträge von Ewald und Dukes, I, 51.
1) K. ul-u-sül, 2G3, 21.
2) S. Levy, Neuh. und Chald. Wörterbuch, II, 158 f.
3) Kitäb-ul-usül 130, 31 ff.
4) Ib. 136, 9 ff.
5) Ib. 247, 19 f.: L^HiX.i"^ DTIH ijl^l jtäJi o*-«-«
Lo Ö}^-S»- ^Jl^ . Kimchi am Schluss des Art. Tin : mJSpb INnp !nl731
DTttsa IN niTiN ttjibwa r^bana mb nr Dimn Dnio ainiian ina
DiTlin. Vgl. Steinschneider, Jewish Literature, S. 335.
G) Ib. 426, 6 ff.
27*
3 1
404 Bacher, Abulwalid Ihn Ganäh und die neuhebräische Poesie.
genommen hatte. Der citirte Dichter hatte das Verbum in der
Bedeutung „warten' verwendet:
mnn irnnsi 'Tjb vz-ih'ä üii:« inin taai "iiDS nxc
mpN piiyi I^T'^N !133N (V. CiniN 11£N) pISN
miB': (V. lb pma) ^ab "jina ininiji lyii inc< mbp isia^ffl:
Dazu bemerkt er, dass unter 'n Dn 3!: nSB die Winde dieser
Himmelsgegenden zu verstehen sind').
Zum Verbum bSB (Gen. 30, 37 f.) citirt er die Verse zweier
Dichter "), zuerst die spottende Beschreibung eines spärlichen Bartes:
Diaioa iibn pa? nsi n;pT msn nsin dni
D^aan imbitB D^by aina noia?? n^n iibn ci^y riN-i
Und dann:
nbsiBM nbaan lanpbb üipon bN
imniBT imbm imn nyai nyji
Das Wort ininnsi in dem letzteren Verse gehört zu nms
(Hiob 30, 12), welches Saadja mit „Dorn" übersetzt), und
welcbes, wie Kimchi mittheilt, nach Manchen aus niB und mn (nn)
zusammengesetzt sei ^). Nach Abulwalid jedoch gebört nniE
zu D^niBN und bedeutet die Leute, die ohne Stamm und ohne
Vergangenheit sind und die eben erst anfangen, genannt zu werden.
Zu dieser Bedeutung citirt er die spottenden Worte des Dichters
(L«yi y^^. Jyij '^^-fp' j;=-i->»J! . .):
5)mNi Nb labi nm dt; nyb nn-iB •';ab Tm
Dieser Dichter ist kein Anderer als Menachem b. Sarük,
in dessen Namen diesen Vers Salomon Parchon citirt*), sowie
1) Ib. 502, 12 ff.
2) Ib. 579, 9 ff.
3) 8. Beiträge von Ewald und Dukes, S. 107. Das nach Ewald „un¬
bekannte" Wort (ji^Ai , von Saadja selbst als uiSj-iJl yt ^ yi erklärt , ist o
durch Verschreibung aus i^Sjc- entstanden (iBiay aus TBiaS) . Abulwalid (Art. niB 586, 13 f.) citirt auch die Erklärung Saadja's, folgenderweise: lAij
JyJÜI «UmU oLJ {J:tSj^\ «US ^Miii .
4) Wörterbuch, Art. niB: 1UBlB7:i 33117: DIB nniB i3 Di17:iN «Jii
nieb DniN riTsm, DiT3:m Dibp:n din i:3b ia t7:i Nim nn ms
187273 13 -jiNttj yipm mnn.
5) K. ul-usül 586, 10 f. Neubauer druckt unrichtig i;yb für msb .
G) Machbereth, ed. Stem, Art. niB: iJab n72 11)3Na pilD p DBnSl
nm '33 myb nniB.
3 1
Bacher, Abulwalid Ibn Ganäh und die neuhehräische Poesie. 4Q5
noch vor Abulwalid, aber ohne Menachem zu nennen, Hajjüg den
Vers anführt»), um die Form Tiyb statt nnsb zu rügen*).
Am Schluss des Artikels rügt Abulwalid den Dichter,
der fehlerhaft diese Wurzel in der Bedeutung von ns, fangen,
gebraucht hatte, in dem Verse '):
D-'I?:«!! Dsn mjt ncarsT sn iDra nm 13 nima
Der Verfasser dieses Verses ist Dünasch b. Labrät und der
Vers ist der 100. in dem der Kritik gegen Menachem zu Grunde
liegenden Gedichte*).
Im Capitel von den Nominalformen^) zählt Abulwalid
zum Muster biybye auch das in zwei Wörtern geschriebene, aber
nur ein Wort bildende nip n;;E, Jes. 61, 1. Daher ist es ein
Fehler, bemerkt er binzu, wenn ein Dichter folgendes sagt:
*) imp npsii ia-iDiT iNa iB-ia:T 15 nin lomn bab pi
Wo Abulwalid nur einigermassen den Dichter, der einen un¬
gewöhnlichen oder vmrichtig scheinenden Ausdrack gebraucht, recht¬
fertigen kann, thut er es, mit Hinweis auf den Zwang des Metrams.
Er bemerkt im 4. Capitel seiner Grammatik '), dass die Dichter
von maya das a wegzulassen pflegen, wie dies ein Dichter im
folgenden Verse gethan habe *):
1) In der Einleitung zur Schrift über dio schwachlautigen Verba.
2) Auch Abulwalid rügt: myb qUCjO myb j>Jj.S ^j »Jt .
Auch hier steht irrthümlich l^yb für myb.
3) K. ul-usül 600, 1 ff.
I
4) S. lC;iT maiffiP 0 (Crltlcae vocum recensiones), ed. Filipowski,
S. 3 und 22 f. Für mi steht dort mi, für lOlia : mOiS . Die Lesung
boi Abulwalid ist die richtigo, da TID"? nicht ins Metrum passt, auch mi einen leichteren Sinn giebt. Dünasch sagt: dass Menachem behauptete, er (Saadja) hStto — unrichtig — mn (Jes. 11, 8) in die Ahtheilung T\ (iDIi eine Form wie UID) — seines Wörterbuches — gezwängt, und so wie einen Vogel zu fangen meinte den Weisen der Babylonier. — Vielloicht ist Abul¬
walid's Rüge ungerecht, da mit auch in der Bedeutung nachstellen hier einen guten Sinn giebt.
5) Rikma, S. 66.
6) Menachem b. Sarfik, Machb. 154 b, spricht schon die Ansicht aus, dass mp npD möglicherweise ein Wort sei; doch giebt or in erster Reihe nip als besonderes Wort , ähnlich an Bedeutung wie npb . Dieselbe Ansicht, die auch Kasehi z. St. adoptirt, citirt David Kimchi z. St. und im Wb. s. v.
npB im Namen seines Vaters.
7) Rikma, S. 9.
8) Es ist Dünasch, und der Vers ist der zweite des Entgegnungsgedichtes gegen Menachem ; s. ed. Filippowski, S. 1, wo das dritte Glied des Verses fehler¬
haft gegeben ist: Opin «bl may. Jedoch muss für fflp.Sn wirklich Wpjr
t
406 Bacher, Abulwalid Ibn Gandh und die neuhebräieche Poesie.
Dinan naba lapsr «b -nay iijpy n^nr bsn lupa pisni
Einige Grammatiker hätten den Dichter ob dieser Licenz gerügt,
jedoch mit Unrecht. ,Es ist nicht tadelnswertb, wenn man durch
die Nöthigung des Verses ein Wort auf seine ursprüngliche Form
zurückführt; dies thun auch die Dichter einer anderen Sprache".
Genauer spricht er sich hierüber im Art. lay des Wörterbuches
aus »): .Die Dichter erlauben sich den Gebrauch von nay ohne a,
was ihnen von den mir vorangegangenen Grammatikem verübelt
wurde; ich aber tadele sie nicht dafiir, da der Vers Zwang auf¬
erlegt '), da femer das a in naya nur ein hinzugetretener Be¬
standtheil des Wortes ist. Das Hinweglassen des a ist analog
o s
dem des vor J..»! bei den Arabem, die ebensowohl ^
ijo' als \SS J^l sagen««).
Denselben Dichter — Dünasch b. Labrät — nhnmt Abulw.
gegen dieselben Grammatiker — die Schüler Menacbem's — iu
Schutz hinsichtlieh des Verses*):
Diinioa tipoa ia: «b in'i^ iao: ^iin iat ian iNnr bNi
Zu der Verbindung des D mit dem Verbum finitum habe den
Dicbter der Verszwang gebracht; jedoch fand er in der heiligen
Schrift die ähnlichen Verbindungen : Diab Koh. 3,18 und yana
II Chr. 1, 4. Man muss zwischen Partikel und Zeitwort iibn
hinzudenken *).
Aus einem anderen, sonst unbekannten, Gedichte Dünasch's
ist der Vers :
1-1118 iDsaai ibji by^ iny
gesetzt werden; auch die Schiiler Menachems (s. Anm. 3) citiren Sb nay
©pin. Im Literaturblatte des Orients, Jahrg. 1843, S. 228 steht für niaba gegen Sinn nnd Metrum Hia bN .
1) Kitäb ul-usül, 500, 20 ff.
2) s^jyto ^y, ^juSJ! ^.
3) Die Grammatiker, gegen welche Abulw. sich wendet, sind die Schüler Menachems in ihrer Antwort auf die Angriffe Dünasch's gegen M. S. Liber Responsionum, ed. Stern, p. 49. — Vgl. auch mein Abr. Ibn Esra als Gram¬
matiker, S. 22, Anm. 93.
4) Es ist der 5. Vers des Gedichtes gegen Menachem. In beiden in Anm. 8 vor. S. citirten Ausgaben ist für das gerügte ap'iBD , wahrscheinlich in Folge der Rttge, durch einen Späteren U]:ilBU gesetzt. Ebenso liest man in Mena¬
chems Machbereth, Art. IflN (21a), anstatt des von Hajjüg getadelten DlUa mills, das richtige inlil£i DlUa .
5) Rikma, p. 11; kürzer dasselbe p. 31, bei Gelegenheit von naiBna, Lev. 26, 43. Die Kritik der Schüler M.'s s. a. a. O. p. 49. Vgl. Abraham Ibn Esra als Grammatiker, S. 142 und oben, S. 402, Anm. 5.
Booker, Abulwalid Ibn (randlt und die neuhebräische Poesie. 407
Denselben hatten die Schiiler Menachems in ihrer Sehrift gegen
D. wegen des St. constructus by?, statt bys, beanstandet'). Abul¬
walid vertheidigt an zwei Stellen seiner Grammatik *) diese Form :
an der ersteren kurz mit der Bemerkung, dass der Dichter, vom
Metrum gedrängt, auch anomale Formen der h. Schrift, die sonst
nicht als Muster gelten dürfen, nachahmen dürfe. Für bys könne
er am, Prov. 21, 4 von ani Hiob 36,16, und nnp. II Kön. 12, 9
von nn/: anführen. An der anderen Stelle führi er dieselben
Argumente eingehender aus und weist auch darauf hin, dass sich
Dünasch mit inp Jes. 23, 3 nicht vertheidigen könne'), da auch
dessen st. abs. inp laute. Er schliesst: „Wenn nun Jemand ein¬
wendet, warum diese Art der Bildung des St. constr. nicht über¬
haupt, sondem nur den Dichtern beim Verszwange gestattet sei,
so antworten wir ihm, dass die erwähnten Beispiele nur Anomalien
seien und nicht den Sprachgebrauch bezeugen können".
Mit dem Verszwang entschuldigt Abulwalid, ohne auf ein
biblisches Beispiel verweisen zu können, dass ein Dichter gegen
die ausnahmslose Regel fiir D^iy"''] sagte Öiiyii, in den Versen*):
D'isB "tm mni25 yai nny ^lan dni7:iM dsrnnsa
: ' : -t -■ -1 - 1
d^iyii nvS"! miaia>i mai« •jmyi'] imsiai
Noch einen anderen Verstoss desselben Verses erwähnt Abulwalid,
aber ohne ihn zu entschuldigen: irnrn inilian stehe unrichtig
für imyi yai imsm . Hätte der Dichter das Unrichtige des
Ausdmckes gekannt, so würde er, ohne das Metram zu schädigen,
für iniyil gesetzt haben : ^riyib *).
Mit dem Reimzwange entschuldigt Abulwalid die Bezeichnung
Mose's, des Propheten, als ■'nipn nioa in den Versen:
"nipn nffla nnna ■jmyawn nie iaa aiyn mp-» tje »3
•'mia na-^iaa aian naiiam aippn -'h ^ttui ausnn irnnsia
Der von den Zeitgenossen des Dichters beanstandete Ausdmck
bedeute soviel als „der Mose, der zur Zeit Korachs lebte", ähnlich
wie die Araber den Pharao , den Zeitgenossen Mose's als pjJSj»
^^^yf kennzeichnen. Auch kann man sagen, dass der Dichter mit
jenem Epitheton die Verwandtschaft M.'s mit K. bezeichnen wollte :
„der Mose, welcher mit Korach denselben Grossvater (Kahath)
hatte" 6).
1) Liber Responsionum p. 56 f., die Vertheidigung von Jehüdi b. Sche¬
scheth, dem Schüler Dünasch's, ib. (besondere Pagination), p. 24 f.
2) Riltma p. 106 und 126 f.
3) Dies thut nämlich Jehüdi b. Schescheth a. a. O.
4) Rikma, p. 119: VN -N d^iy IV imNina . . . imoan nyui
bpiaan pm naya ims d^aiioNa i:n5N.
5) Rikma, p. 176 f.
6) Rikma, p. 140. S. Abraham Ihn Esra als Grammatiker, S. 74, Anro. 17.
3 1 *
408 Bacher, Abulwalid Ibn Gawh utul die neuhebräische Poesie.
Der Eeimzwang bewog einen Dichter, wie Abulwahd zur Be¬
kräftigung seiner berühmten Annahme von Wortverwechselungen
in der heiligen Schrift anführt'), statt des „Haares Absaloms" (s.
II Sam. 14, 26) ,das Haar Adonija's" zu nennen :
miiN irttJai nnnaa ^ov ina
Doch lasse sich hiefür auch der Gebrauch der Araber anführen.
Man hatte diesen auffallenden Namentausch durch Annahme eines
Schreiberversehens beseitigen wollen, indem es ' ursprünglich ge¬
heissen hätte: n":!« na -\Tibi. Doch hat er, so bezeugt Abul¬
walid, selbst in seiner Jugend den Vers in der ersteren Gestalt
vom Dichter gelemt '). — Aus dieser letzteren Angabe geht her¬
vor, dass dieser Dichter kein Anderer ist als der Lehrer Abul¬
walid's, Isak b. Saul, von dem er noch andere Verse citirt. —
Bei Besprechung der Nominalform bst ') erklärt Abulw., dass man
es dem Dichter nicht wehren könne, den Stat. constractus dieser
Gattung der Nennwörter auch nach dem Muster byp zu bilden,
weil sich hiefür Beispiele in der heiligen Schrift finden. Dieser
Ansicht sei Isak b. Saul gefolgt, als er von a'^p. den St. constr.
yyf) bildete, in dem Verse :
D"'n-'y?n -lynb •'»iioymb ainin)? *)'mibai -»ab anp,
Als ich dieses Gedicht — erzählt nun Abulwalid — in meiner
Jugendzeit vor dem Verfasser las und — wie in den Exemplaren
seiner Gedichte allgemein zu lesen war — statt a"ip vorlas : nao,
berichtigte er dies und belehrte mich auch darüber, wie so es
kam, dass sich jene Aenderung in alle Abschriften einschlich.
Ihre Urheber wären Isak b. Chalfon der Dichter und Jehüdä b.
Hanigä gewesen, welche gerade bei Jakob Ibn Gau, dem in jenem
Gedichte Gepriesenen, anwesend waren, als ihm das Gedicht zu¬
kam, und aus Missbilligung der Form aip das Wort nao dafür
setzten. Mit dieser Variante hätte sich das Gedicht dann von
Cordova aus verbreitet. Abulwalid erzählt weiter, ihn habe
Isak b. Sabal aus Telemsän bezeugt, dass Grammatiker in
Aegypten den Dichter ob dieses Wortes tadelten und annahmen,
er habe aipi im Psalm 55, 22 für gleichbedeutend mit aip ge¬
nommen und" daraus aip gebildet.
Eine andere , aber nicht entschuldigte , grammatische Licenz
1) Rikma, p. 179 : -[bSN yHNniO i1D nm inwan liai "^b "niDTI mn 1''l&a i;n?1 . Abulwalid erklärt unmittelbar vorher , dass in I Kön.
2, 28 mbwaN für nnba stehe.
2) ia i;7:u i:bap nri minan ima vxb imsinb pi.
3) Rikma, p. 122, vgl. Derenbourg, Opuscules, p. VII.
4) So muss für mbai gelesen werden.
3 1 *
Bacher, Ahvlwalid Ibn Gandh und die neuhebräische Poesie. 409
fand Abulwalid, als er bei dem genannten Meister dessen Gedichte
las, in dem Verse '):
D^aip nptoni nanbfT] oiaMN niDinT miiyn
Das n in miyfi müsse mit Pathach gelesen werden, wie in
inTiTvyri Jes. 45,13, mnnn, ib. 9,4.
Ebenso ist es Isak b. Saul, dessen eigene Rechtfertigung eines
seiner Verse Abulwalid als von ihm selbst empfangen tradirt*).
In dem Verse:
ijiai-r; omsaa nua
ist das erste Wort Plur. zu na = naa (Echa 2,18), imd zwar
so gebildet, als ob es von na Tochter käme, wegen des äussem
Gleichlautes beider Wörter; die Araber erlauben sich dasselbe.
Diese Licenz, meint Abulwalid, sei noch eher zu entschuldigen,
als die von einem andem Dichter für dasselbe Wort angewendete,
in dem Verse:
cn^sn Nil« Dn T^maa istnb asn nsabn
Hier ist unrichtig "l^maa für """maa gesagt (vgl. T'mBa II Sam. 1,19).
Mit NameJt erwähnt Abulwalid den Lehrer seiner Jugend bei
Gelegenheit der Form iir; für Vn";, welche die Dichter, und vor
Allem Isak b. Saul, wegen häufigen Vorkommens dieses Wortes,
zur Erleichterung angewendet hätten ').
Es scheint , dass die aus den angefiihrten Beispielen ersicht¬
liche Tendenz Abulwalid's ,'^"lioetische Licenzen, wo es nur irgend¬
wie angeht , zu rechtfertigen '^d zu entschuldigen , auf das Bei¬
spiel und die Lehre seines Meisters Isak b. Sani zurückzuführen
ist. Es ist übrigens dieselbe Tendenz, mit welcher er — -in der
Vorrede zum Rikma — gewisse Eigenthümlichkeiten des Mischna-
Hebraismus in Scbutz nimmt. Einmal nimmt er sich auch der
Synagogenvorbeter an, denen hervorragende Grammatiker es ver¬
argten, dass sie im Gebete für m-iü a^cja sagten: ni"in aiS»;
Abulwalid verweist besonders auf das analoge für N^Si?:
(Psalm 135, 7) *).
1) Rikma, p. 102: vb» "«maion laDT .... inwnn .nyu -laai
rsrb imnbo nya imbya nt.
2) Rikma, p. 156 f.
3) Rikma, p. 158.
4) Rikma, p. 88.
410
Askara oder Schera hammephorasch, das ausdrück¬
lich ausgesprochene Tetragrammaton.
Von Rabbiner Dr. Fttrst.
In dem Versuche, meine Erklärung von triSTN und «jmDian Dia
zu widerlegen , hat Herr Dr. Nager die Hauptsache übergangen.
Der Nachweis, dass löiD in Mischna Sanhedr. 7, 5 und Tharg.
Onkelos und Jeruschalmi I zu 3. B. M. 24, 11 u. 16, sowie Sifre
zu dieser Stelle nur die ausschliessliche Bedeutung haben kann :
ausdrücklich das Tetragrammaton aussprechen, ist nicbt zu
widerlegen versucht worden. "Wer die betreffende Mischna liest:
Disn n« iBIDiia iy diti Ij^N kann gar nicht anders übersetzen, als:
er ist erst dieser Strafe schuldig , wenn er diesen Namen aus¬
drücklich ausspricht. Ebenso Tharg. Onkelos zu 3. B. M. 23,16:
■'■'1 miß WID in „"Wer aber ausdrücklich den Namen Jhvh
nennt beim Lästern" (im Gegensatz zu V. 15). Aus diesen Stellen ist unbestreitbar, dass lansJan Dia den ausdrückhch gesprochenen
oder geschriebenen Gottesnamen Jhvh bezeichnet, wie schon Geiger
nachgewiesen. Diesem laiiDUii DiB gegenüber sind alle anderen
Gottesnamen, wie auch iJnN, als yiiiD zu betrachten. Zwar
erklärt Rascbi Sanh. 7, 8 Diaa Dbbpi iy durch ynaan m7aTSa
und iii-aa Dbbp mit den "Worten: Dini ym msaJT ilia, womach
bt» xmd DiiibN also nicht zu den Di'iS^D gehörten. Allein er
widerspricht damit dem klaren Wortsinne der Mischna, und deren
Erklärang durch die Gemara 66 a by l^a^b nmi quj napra b"n in:
Diaa Dbbpiia ny iinn i:iNia tont iiat» bbp52 „Aus dem Worte
Dia lapra ist zu ersehen, dass wer Vater oder Mutter flucht, nur
dann des Todes schuldig ist, wenn er sie unter dem Namen (Jhvh)
flucht" (vgl. Sanh. 7, 5 und die oben citirten Uebersetzungen von
ap;i). Aber Raschi widerspricht mit seiner Erklärang auch sich
selbst, da er Sanb. 56a erklärt: mNas ilia DinbN ySD inira isn,
wo er also Diiibs im Widersprach mit seiner oben citirten Er¬
klärang yiiJiD nennt, und sie in dieselbe Kategorie, wie iliB
msaa setzt, denen er oben Dinb» gegenübergestellt hatte. Und
das. zu mbN bbpi ia erklärt Raschi ebenfaUs: isbl ii5ia irnin
nm"7:n aia „Das ist, wenn er andere Benennung dabei ausspricht, als den inii73ii Dia".
Die Berafung auf Rab Joseph, welcher in B. Berachoth 28 b
sagt, die achtzehn Benedictionen entsprechen den 18 miDTN in