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Uni-Report : Jg. 19 Nr. 6 vom 14. Mai 1986

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UNI-REPORT

14. Mai 1986 JOHANN WOLFGANG GOETHE-UNIVERSITÄT FRANKFURT Jahrgang 19 . Nr.6

Prof. Hauset neuer Vizepräsident

Prof. Dr. Richard Hauser ist neuer Vizepräsident der Johann Wolf- gang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Der Konvent wählte ihn in seiner Sitzung am 30. April im 3. Wahlgang mit 34 der 63 abgegebenen Stimmen. Es gab keinen Gegenkandidaten. Prof. Hau- sers Amtszeit dauert zwei Jahre. Sein Vorgänger Prof. Dr. P. Bernd Spahn war bereits am 4. April ausgeschieden.

I

Hochschulpolitische Akzente - traditionell - äls Ständiger"

Vertreter des Präsidenten im Vorsitz der Ständigen Aus- schüsse I (für Lehr- und Stu- dienangelegenheiten) und II (für Organisationsfragen, Ange- legenheiten der Forschung und des wissenschaftlichen Nach- wuchses) seinen eigenständigen Beitrag zur Entwicklung der Universität leistet. Es wird dem wissenschaftlichen Profil unse- rer Universität dienen, wenn es gelingt

Richard Hauser ist Professor für Sozialpolitik im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Die hochschulpolitischen Akzente seiner Amtszeit als Vizepräsi- dent hat er für "Uni-Report" be- schrieben:

"Die Entwicklung der Universi- tät Frankfurt wird in den näch- sten zehn bis fünfzehn Jahren durch mehrere Trends gekenn- zeichnet sein:

- eine Überwindung der Über- lastsituation vieler Fachberei- che in der Lehre;

- zunehmende Anforderungen an die Forschungskapazität und dfe Forschungsleistungen;

- eine verstärkte Internationa- lisierung der Forschung mit be- schleunigter Informationsver- breitung;

- eine zunehmende Notwen- digkeit zur Förderung von hochqualifizierten N achwuchs- wissenschaftlern und insbeson- dere von Wissenschaftlerinnen;

- eine nunmehr in Gang ge- kommene Ausbauplanung, die zu einer Konzentration der Uni- versität auf wenige Standorte, zu einer besseren Anbindung an das Verkehrsnetz und zu einem eindrucksvolleren äuße- ren Profil führen wird;

- eine - hoffentlich - stab i-

. Prof. Dr. Richard Hauser lere Gesetzeslage, die notwendi- ge Anpassungen der Prüfungs- und Studienordnungen und des.

entsprechenden Lehrangebots ohne Hektik erlaubt, aber flexi- ble Reaktionen auf neuen An- forderungen nicht hemmt.

In diesem Rahmen ergeben sich die Schwerpunkte der Ar- beit eines Vizepräsidenten, der als Vorsitzender des Senats und

- die neu initiierten For- schungsschwerpunkte attraktiv weiter zu entwicklen, die schon bisher vorhandenen Schwer- punkte auszubauen und auch günstige Rahmenbedingungen für Einzelprojekte herzustellen;

- Studien- und Prüfungsord- nungen mit Blick auf die Perio- de nach Überwindung der Über- last - soweit nötig - den For- derungen nach Transparenz, Gleichwertigkeit und angemes- sener Studienzeit anzupassen und neue Möglichkeiten für Er- gänzungs- und Aufbaustudien zu eröffnen;

- die Nachwuchsförderung - insbesondere über die Förde- rung von Auslandsaufenthalten junger Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Rah- men der sich abzeichnenden neuen Förderungsprogramme der Länder, der EG und der Wissenschaftsstiftungen zu ver- stärken; .

- die Auslandskontakte der Universität weiter zu entwik- keIn und insbesondere die Rah- menbedingungen für gemeinsa- me Forschungsprojekte mit ausländischen Partnern zu ver- bessern.

Die vor uns liegenden Umstruk- turierungsaufgaben bei den ein- zelnen Universitätsstandorten, aber auch die Verdeutlichung des Forschungsprofils und die Gestaltung der Studiengänge für eHe Zeit nach Überwindung der Uberlastsituation erfordern eine besonders intensive Kon- sultation zwischen Universitäts- leitung und allen Fachberei- chen, aber auch die Bereit- schaft der Fachbereiche, länger- fristige Entwicklungskonzepte zu diskutieren und gegebenen- falls Entscheidungen zu treffen.

Als Vizepräsident ist es mir ein besonderes Anliegen, auf eine von Bemühen um Kooperation getragene Entwicklung unserer Universität hinzuwirken. Nur dann wird die Universität ihre Sicht auch gegenüber ihren außeruniversitären Gesprächs- partnern wirkungsvoll zur Gel- tung bringen und ihr Profil sichtbar machen können."

Lebenslauf

Richard Hauser wurde am 8. Ok- tober 1936 in München geboren.

N ach einer Banklehre und der Tätigkeit als Bankkaufmann legte er 1959 die "Prüfung zur Zu- lassung zum Hochschulstudium

(Fortsetzung auf Seite 2)

Sitzungspause. Der Konventsvorstand berät sich. (F!ltos: Heisig)

Prof. Jürgen Habermas

mit Förderpreis ausgezeichnet

Erstmals wurden am 28. April 1986 die "Förderpreise für Wis- senschaftler" im neugeschaffe- nen "Gottfried-Wilhelm-Leibniz- Programm der Deutschen For- schungsgemeinschaft" verlie- hen. Bei einer Veranstaltung im Bonner Wirtschafts zentrum zeichnete der Präsident der DFG, Professor Dr. Hubert Markl, insgesamt elf Forscher und Forschergruppen mit den neuen Förderpreisen aus, die jedem Preisträger über einen

Zeitraum von fünf Jahren bis zu drei Millionen DM zur Ver- fügung stellen.

Zu den Geehrten gehört Profes- sor Dr. J ürgen Habermas (Fachbereich Philosophie). Mit der Auszeichnung von Jürgen Habermas wird auf das Werk eines bedeutenden Sozialphilo- sophen verwiesen, dem die ver- schiedensten Wissenschaften richtungsweisende Impulse ver- danken und das heute im Aus-

· Degussa stiftet Gastprofessur

Die Degussa AG, Frankfurt am Main, hat aus Anlaß des bevor- stehenden 25jährigen Jubilä- ums der Einrichtung ihres For-

schung~zentrums

in Hanau- Wolfgang eine Stiftungsprofes- sur an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität eingerichtet. Sie dient der För- derung der Wissenschaft, insbe- sondere sollen aktuelle interdis- ziplinäre Fragen der Chemie und Medizin aufgegriffen wer- den. Die Professur wird in der Regel an international aner- kannte Wissenschaftler verge- ben. Die Gastwissenschaftler werden an der Universität Frankfurt zwei bis drei Monate je Semester forschen und leh- ren. Die Degussa hat sich ver- pflichtet, die Gastprofessur zu- nächst für zehn Jahre zu finan- zieren. Die erste Berufung wird zum Wintersemester 1986/87 angestrebt.

Damit hat der Aufruf des ehemaligen Universitätspräsi- dent Prof. Dr. Hartwig KeIm, an der Universität Frankfurt StH- tungsgast rofessu . .

2 8. es. 85

St2dt- u. Unlv.-Bibl.

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ten, einen weiteren Mäzen ge- funden. Neben der bereits seit längerer Zeit bestehenden Poe- tikdozentur, der Merton-Lesung und der Suhrkamp-Vorlesung wurden im vergangenen Jahr folgende Professuren an der Universität Frankfurt einge- richtet:

- die Rolf-Sammet-Stiftungs- gastprofessur der Hoechst AG für das Gebiet der Naturwissen- schaften

- die Stiftungsgastprofessur

"Wissenschaft und Gesellschaft"

der Deutschen Bank AG - die Friedrich-Merz-Gastpro-

f~ssur

der Firma Merz

&

Co.

fur das Gebiet der Pharmazie und Medizin

- die Stiftungs dozentur Theo- logie interkulturell" des V~reins gleichen Namens

- die Stiftungsgastprofessur ,,American Management" der Industrie- und Handelskammer Frankfurt

- die Degussa-Stiftungsgast- professur für Chemie bzw. Me- dizin.

land, besonders in Frankreich und in den Vereinigten Staaten, als herausragender deutscher Beitrag zur philosophischen Diskussion in einer "mit sich selber zerfallenen Moderne" an- gesehen wird.

Ziel des von Bund und Ländern finanzierten Programms ist es, hervorragenden Wissenschaft- lern optimale Arbeitsbedingun- gen zu schaffen. Durch Erweite- rung der Forschungsmöglich- keiten, Entlastung von admini- strativem Arbeitsaufwand und Erleichterung bei der Beschäfti- gung besonders qualifizierter jüngerer Wissenschaftler soll - im internationalen Vergleich - die Tätigkeit in der Bundesre- publik Deutschland attraktiv , gestaltet werden. Bei der Inan-

spruchnahme der Mittel wird den Preisträgern ein hohes Maß an Freiheit gewährt. Für das Leibniz-Programm der DFG wollen die Bundesregierung (zu 75 Prozent) und die Länder (zu 25 Prozent) über neun Jahre rund 150 Millionen DM bereit- stellen.

Die Förderung wird auf Vor-

schlag der wissenschaftlichen

Hochschulen, der Fachaus-

schußvorsitzenden der DFG,

der Max-Planck-Gesellschaft

und einiger anderer, ausgewähl-

ter wissenschaftlicher Institu-

tionen gewährt. Auf eine Auf-

forderung des Präsidenten der

Deutschen Forschungsgemein-

schaft vom Oktober 1985 sind

etwa 140 Vorschläge unterbrei-

tet worden. Der Nominierungs-

ausschuß der DFG hat dem

Hauptausschuß aus der Gruppe

der qualitativ herausragenden

Wissenschaftler insbesondere

diejenigen vorgeschlagen, von

denen er sich durch die zusätz-

liche Förderung noch eine be-

sondere Steigerung der wissen-

schaftlichen Leistungen ver-

sprach.

(2)

200~ Geburtstag von Ludwig . Börne.

Ausstellung und Vorträge

Mit 'einer Ausstellung im Kar-

meliterkloster erinnert die Stadt Frankfurt am Main an den 200. ' Geburtstag Ludwig Börnes, der am 6. Mai in Frank- furt geboren wurde. Die Stadt- und Universitätsbibliothek hat aus diesem Anlaß rund 330 Ex- ponate zusammengestellt, unter denen wertvolle Manuskripte und Briefe, seltene Erstaus- gaben und unveröffentlichte Dokumente sind. Sie geben Ein- blicke in das Leben und das -Werk des wichtigen deutschen Vormärz-Autors, der 1837 in Pa- ris starb. Die Ausstellung zeich- net auch ein Bild von Börnes Zeit und seinen Zeitgenossen wie Goethe, Heine, Metternich, Rahel Varnhagen oder Wolf- gang Menzel.

Ein Höhepunkt der Ausstellung ist die erstmalige Zusammen- führung der drei Börne-Porträts des Frankfurter Malers Moritz Oppenheim. Darunter ist auch·

/ das seit langem in Europa nicht mehr ausgestellte Bild von 1827 aus dem Israel Museum, Jeru- salem.

Ludwig Börne war zu seiner Zeit beliebt und bekämpft we- gen seiner witzigen Essays und Theaterkritiken, wegen seiner unerbittlich ehrlichen Analysen der politischen Landschaft, we- gen seiner strikten Humanität ebenso wie wegen seiner küh- nen Utopien, zum Beispiel der "

Versöhnung zwischen Deutsch- land und Frankreich. Börne gilt als einfallsreicher Publizist, überwältigender Briefeschrei- ber, überzeugend klarer Analy- tiker und überzeugter Demo- krat. Wie viele Menschen im da- maligen Frankfurt war auch Ludwig Börne Jude.

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher illustrierter Be- gleitband, der neben dem voll- ständigen Katalog und mehre- ren Dokumentationen zum Werk Börnes 14 wissenschaftli- che Aufsätze zu Börne aus heu- tiger Sicht enthält. Darunter sind auch Werke des deutschen Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki und des französi- schen Politologen Professor Dr.

Alfred Grosser, dem Oberbür-

germeister Dr. Walter Wall- mann bei der Ausstellungseröff- nung die Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main über- reicht hatte. Die Ausstellung ist bis zum 15. Juni täglich, außer montags, von 10.00 bis 17.00 Uhr und mittwochs bis 20.00 Uhr ge- öffnet.

Die Gesellschaft der Freunde der Stadt- und Universitätsbi- bliothek Frankfurt am Main e.

V. erinnert mit einer Vortrags- reihe anläßlich des 200. Ge- burtstages von Ludwig Börne an den bedeutenden Schriftstel- ler und Publizisten. Der Leiter des Stadtarchivs, Professor Dr.

Wolfgang Klötzer, hält am Dienstag, dem 27. Mai, den Vor- trag "Börne in seiner Vaterstadt Frankfurt". "Börne über Frank- furt" ist der Titel eines Refera- tes von Dr. Alfred Estermann am Dienstag, dem 3. Juni. Eine Betrachtung über "Börne als Theaterkritiker" von Dr. Günter Rühle rundet die Veranstal- tungsreihe am Dienstag, dem 10. Juni, ab.

Im Anschluß an die Vorträge besteht Gelegenheit zur Diskus- sion. Die Veranstaltungen fin- den im Karmeliterkloster, Ein- gang Münzgasse 9, jeweils um 17.15 Uhr statt.

Ludwig Börne wurde vor zwei- *

hundert Jahren, am 6. Mai 1786, im Frankfurter Judenviertel als . Juda Löw Baruch geboren. In seiner Jugend mußte Baruch, der den Namen Börne erst spä- ter annahm, erste Erfahrungen mit der Diskriminierung der Ju- den machen. Womit er später seinen unbändigen Freiheits- drang erklärte: weil er als

"Knecht" geboren sei, liebe er die Freiheit mehr als '!:nde!e.

Baruch, der zunächst ein Medi- zinstudium begonnen hatte, stu- dierte anschließend Rechtswis- sensehaften und Nationalöko- nomie, 1808 .promovierte er zum Doktor der Philosophie. Einige Jahre später nahm er in seiner Heimatstadt Frankfurt eine Stelle als Polizeiaktuar an, die er jedoch nach dem Sturz N apo- leons, als die rechtlichen Ver- besserungen für die

jü~sche

• • • Vizepräsident .

(Fortsetzung von Seite 1) ohne Reifezeugnis" ab. Bis 1963 studierte er Volkswirtschafts- lehre, Betriebswirtschaftslehre und Politische Wissenschaften an der Universität München (Ab- schluß: Diplomvolkswirt). Von 1964 bis 1974 war Richard Hau- ser erst Verwalter einer wissen- schaftlichen Assistentenstelle, dann wissenschaftlicher Assi- stent an der Universität Mün- chen.

1968 wurde er mit einer Studie über "Vermögensumverteilung bei schleichender Inflation; eine mikroökonomische Analyse der Umverteilung zwischen Wachs- tumstypen von Haushalten un- ter Berücksichtigung der Vermö- gensdispositionen bei schlei- chender Inflation" promoviert.

Vom 1.4.1969 bis 31.1.1973 ~ar R.

Hauser zur Wahrnehmung eines Habilitationsstipendiums der DFG beurlaubt. Diese Zeit wurde unterbrochen durch einen Auf- enthalt am Economics Depart- ment der Yale University. Einen Lehrauftrag hatte er vom WS 72/73 bis SS 74 an der Universität München.

Im September 1974 wurde er or- dentlicher Professor an der Technischen Universität Berlin.

Seit dem 1. November 1977 ist Ri- chard Hauser Professor für Sozi-

alpolitik im Fachbereich Wirt- schaftswissenschaften der Uni- versität Frankfurt. Im Sonder- forschungsbereich 3 "Mikroana- lytische Grundlagen der Gesellschaftspolitik" an den Uni- versitäten Frankfurt und Mann- heim ist er stellvertretender Sprecher sowie Leiter des Pro- jekts C-1 "Soziale Sicherung und personelle Einkommens- und Vermögensverteilung" .

In der akademischen Selbstver- waltung war er u. a. als Dekan des Fachbereichs Wirtschafts- wissenschaften sowie als Mit- glied in den Ständigen Ausschüs- sen tätig.

Als wissenschaftlicher Berater wurde Prof. Hauser in den Beirat für Raumordnung beim Bundes- ministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (1981-1983) sowie in eine Ar- beitsgruppe der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Erstellung eines Schlußbe- richts über das ,,Armutspro- gramm" (1981) berufen.

Prof. Hauser ist Mitglied der Ge- sellschaft für Wirtschafts- und Sozialpolitik - Verein für So ci- alpolitik, der List-Gesellschaft, der American Economic Associa- tion, der Royal Economic Society und des Jnstituts International de Finances Publiques.

Bevölkerung rückgängig ge- macht wurden, wieder verlor.

Der streitbare publizistische Freiheitskämpfer Ludwig Bör- ne aus Frankfurt am Main nahm kein Blatt vor den Mund, wenn es um scharfzüngige At- tacken auf den vormärzlichen deutschen Restaurationsstaat ging, der jede freiheitliche Re- gung zu unterdrücken versuch- te. Die Freiheit, meinte Börne, lebe auch im Grabe fort und wachse, "bis sie den Sarg sprengt"; dies sollten sich die

"Totengräber", die sich der Frei- heit in den Weg stellten, mer- ken. Seine schärfsten Attacken gegen den deutschen Bieder- meierstaat ritt Börne aus sei- nem Exil im benachbarten Frankreich, wo er sich vor dem Zugriff der deutschen Polizei sicher fühlte. Seine Heimat- stadt Frankfurt, so Börne, sei dazu bestimmt, "einst die Hauptstadt des deutschen Rei-.

ches und der Sitz der deutschen Nationalversammlung zu we:r:- den". Börnes Voraussage schien sich im Revolutionsjahr 1848 denn auch zu erfüllen, als in der Frankfurter Paulskirche das erste gewählte deutsche Nationalparlament zusammen- trat. Doch schon ein Jahr später waren die Hoffnungen auf einen demokratischen deut- schen Einheitsstaat, wie sie einst Ludwig Börne wortgewal- tig geweckt hatte, wieder verflo- gen und eine Phase konsequen- ter Unterdrückung und Verfol- gung . liberaler Ansichten be- gann.

Als Börne plante, . eine eigene Zeitschrift herauszugeben, stell- te er beim Frankfurter Senat den Antrag, seinen Namen än- dern zu dürfen. Als Jude mit einern jüdischen Namen habe er mit antisemitischen Vorurtei- len seiner Leser zu rechnen.

Baruch erhielt schließlich die Erlaubnis, sich künftig Ludwig Börne zu nennen. Im selben Jahr konvertierte er zur lutheri- schen Konfession und wurde im Juni 1818 getauft.

Wenige Wochen später erschien die erste Nummer seiner "Wa- ge", einer "Zeitschrift für Bür- gerleben, Wissenschaft und Kunst". Die dort veröffentlich- ten literarischen Kritiken, Essays und Glossen zählen zu Börnes journalistischen Glanz- stücken. Zugleich begann ein le- benslanger Kampf mit der Zen- sur, der er durch seine Formu- lierungskunst freilich so " man- . ches Schnippchen zu schlagen

wußte. Seit 1819 gehörte Börne zudem der Redaktion der "Zei- tung der freien Stadt Frank- furt" an. Mit sprachlicher Kunstfertigkeit und feinsinni- gen Doppeldeutigkeiten brachte er den zuständigen Zensor an den Rand der Verzweiflung.

Dieser beschwerte sich über den unbequemen Autor, nichts habe ihm in neun Jahren die Erfüllung der Pflicht so er- schwert wie dieser einzige Mann in fünf Monaten. Der Zensor forderte strengere Maß- nahmen gegen den Literaten.

Börne wurde die Mitarbeit an der "Zeitung" gekündigt. Doch er kapitulierte nicht und gab nun eine zweite Zeitschrift,

"Zeitschwingen", heraus, die durch die Zensur jedoch bald verboten wurde.

Nachdem mit den "Karlsba- der Beschlüssen" von 1819 die Verfolgung der freiheitlichen Oppositions bewegung deutlich verschärft worden war, wurde Börne aufgrund einer Denun- ziation verhaftet, mußte jedoch wieder freigelassen werden. In Frankfurt hatte er Jeanette Wohl kennengelernt, die alsbald seirie Mitarbeiterin und Ver-

traute wurde. Im Sommer 1822 reiste Börne mit ihr nach Paris;

literarischer Ertrag dieser Rei- se waren seine "Schilderungen aus Paris".

Das nächste Jahr verbrachte Börne wieder in Frankfurt, wo er sich von dem Maler Maurice Oppenheim porträtieren ließ.

Dieses Gemälde, Grundlage der späteren bildlichen Darstellun- ge Börnes, ist heute im Besitz des Frankfurter Städels.

Die Pariser Julirevolution von 1830 zog den freiheitsbegeister- ten Börne erneut nach Paris. In seinen "Briefen aus Paris" - Börnes politisch-literarischem Hauptwerk - schildert er die französische Hauptstadt im Umbruch nach der Julirevolu- tion. In Deutschland stießen Börnes "Briefe" auf nachhaltige Resonanz; es sei eine "wahre Lesewut mit Ihrem Buche", schrieb Jeanette Wohl ihrem Freund Börne nach Paris. Beim

"Hambacher Fest", dem Treffen der deutschen demokratischen Opposition im Mai 1832, wurde Börne als Protagonist der Frei- heitsbewegung gefeiert. Um die Jahreswende veröffentlichte Börne weitere "Briefe". Um die Zensur zu täuschen, wurden sie unter dem harmlosen Titel ·

"Mitteilungen aus dem Gebiet der Länder und Völkerkunde"

publiziert.

Mehr denn je hoffte Börne auf eine demokratische Revolution in den Staaten des "Deutschen Bundes". In Paris stand er mit französischen und deutschen Republikanern in Verbindung.

Börne war wohl auch über die revolutionären Pläne in Frank- furt informiert, die dann An- fang April 1833 im sogenannten

"Frankfurter Wachen sturm"

gipfelten. Nachdem das Unter- nehmen gescheitert war, traf sich Börne mit einigen der ins Ausland . geflüchteten Wachen- stürmer. In Paris bemühte sich Börne um den organisatori- schen Zusammenschluß der deutschen Demokraten im Exil, was auch den auf ihn angesetz- ten deutschen Spitzeln nicht entging. "Börne als der reichste, älteste und berühmteste Schriftsteller ist jetzt die revo- lutionäre Autorität, 'und bei ihm werden jetzt Zusammenkünfte gehalten", heißt es in einem Ob- servationsbericht aus Paris.

Im Dezember 1835 hatte die deutsche Bundesversammlung in Frankfurt die Schriften des sogenanten "Jungen Deutsch- land", darunter die Bücher Karl Gutzkows und Heinrich Heines, verboten. Den Anstoß dazu hat- ten scharfe Angriffe des süd- deutschen "Literaturpapstes"

Wolfgang Menzel auf einen Ro- man Karl Gutzkows geliefert.

In einer Streitschrift mit dem Ti tel "Menzel, der Franzosen-

fresser" zog Börne gegen Men- zel und dessen deutschtümeln- den Nationalismus zu l<'elde.

Diese Schrift Börnes sollte sein letztes publizistisches Werk bleiben. Anfang 1837 ver- schlechterte sich sein Lungen- Ieiden, an dem er seit langer Zeit litt. Der publizistische Vor- kämpfer 'einer demokratischen Revolution in Deutschland starb am 12. Februar 1837 im Pariser Exil im Alter von ein- undfünfzig Jahren. Ludwig Bör- ne wurde wenige Tage später auf dem Friedhof "Pere Lachai- se" in Paris unter der Teilnah- me mehrerer Tausend Trauer- gäste beigesetzt. Seine Vertrau- te Jeanette Strauss-Wohl, seit einigen Jahren mit dem Frank- furter Kaufmann und Börne- Anhänger Salomon Strauss ver- heiratet, gab bis 1850 Börnes nachgelassene Schriften in sechs Bänden heraus. In Frank- furt am Main erinnert heute eine Gedenktafel an der Bok- kenheimer Anlage an Ludwig Börne; schon Ende des vorigen Jahrhunderts wurde in Frank-

. furt ein Platz nach ihm b. e-

nannt.

10 Jahre Sprechen mit Patienten für Vorkliniker

Erstmals im Sommersemester 1976 gestaltete das Institut für Allgemeinmedizin am Klinikum ' das Seminar "Der Patient, sein Symptom und die Anamnese".

Studenten des zweiten bis vier- ten Semesters sammeln dabei Erfahrungen in der Kontaktauf- nahme und -pflege, bei der Ge- sprächsführung und Anamnese- Erhebung mit dem kranken Menschen. Die wöchentlich zweistündigen, fakultativen Übungen sind das einzige vor- klinische Lehrangebot mit Pa- tienten aus der ambulanten Krankenversorgung. In jedem Semester nimmt ca. die Hälfte aller Studenten an dem Prakti- kum teil und betont damit die Bedeutung praxisbezogener Übungen mit Patienten bereits in der Vorklinik.

UNI-REPORT

Zeitung der Johann Wolfgang Goethe-Uni- versität Frankfurt a. M. Herausgeber: Der Präsident der Universität Frankfurt am Main.

Redaktion: Reinhard Heisig, Pressestelle der Universität, Senckenberganlage 31, Postfach 11 19 32, 6000 Frankfurt am Main 11, Telefon: (069) 798 - 25 31 oder 24 72. Te- lex: 4 13 932 unif d.

Druck: Druck- und Verlagshaus Frankfurt arn Main GmbH, 6000 Frankfurt l.

Namentlich ge?;eichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausge- bers wieder, Uni-Report erscheint alle zwei Wochen am Mittwoch mit Ausnahme der Semesterferien. Die Auflage von 15 000 Ex- emplaren wird an die Mitglieder der Uni- versität Frankfurt am Main vert-eilt.

(3)

Habuba Kabira vor 5000 Jahren

Eine Stadt

Nachdem unter Leitung von Frau Dr. Ursula Magen und Mahmoud Rashad M. A. Ende Februar eine intensive Mu- seumsexkursion stattgefunden hatte, war eine Fülle von Anre- gungen und Ideen gewonnen worden. So begann am 19. März für die Studenten des Archäolo- gischen Institutes, Abteilung Vorderasiatische Archäologie, im Kreis- und Stadtmuseum Dieburg ein Praktikum beson- derer Art: Unter der fachlichen Leitung ihrer Dozentin Dr. Ur- sula Magen bereiteten sie die Eröffnung der Sonderausstel- lung "Habuba Kabira - Eine Stadt vor 5000 Jahren" vor.

Diese Ausstellung, die bisher nur in Berlin, Münster, Mün- chen, Freiburg und zuletzt Stuttgart zu sehen war, wird in Hessen nur im Archäologischen Museum der Stadt Dieburg ge- zeigt. Ermöglicht wurde sie durch das Zusammenwirken der Deutschen Orient-Gesell- schaft (DOG), die erst im ver- gangenen Jahr ihre J ahresta- gung im Archäologischen Insti- tut durchgeführt hatte, mit dem Kreis- und Stadtmuseum Die- burg und den Studenten der

"Vorderasiatischen Archäolo- gie".

Binnen 20 Tagen wurde in ge- meinsamer Anstregung mit der eigentlichen Museumsmann- schaft unter dem Museumslei- ter Christoph Schlott M. A. vom Vitrienenbau bis zur Renovie- rung von Räumen und der Ein- richtung einer automatischen Diaschau alles geleistet, was zu einer "großen Ausstellung" ge- hört.

So kann sich die Präsentation von "Habuba Kabira" in Die- burg sehr wohl im didaktischen Ansatz mit Ausstellungen der Frankfurter Museen messen.

Schönster Erfolg für alle Betei- ligten war die Erfahrung, daß mit engagierter ehrenamtlicher Arbeit unter Hintanstellung bü- rokratischer Hemmnisse in drei Wochen eine 25 Vitrinen umfas- sende Ausstellung wuchs.

Am 29. April um 18.00 Uhr war es dann soweit: Unter Teil- nahme von Vertretern des Mi- nisteriums für Wissenschaft

Personalien

Klassische Philologie und Kunstwissenschaften

Dr. Helmut Hucke, Professor für Musikwissenschaft an der Hochschule für Musik und Dar- stellende Kunst und Honorar- professor an der Universität, der zur Zeit einer Einladung als Visiting Professor an Rutgers, the State University of New Jersey, Folge leistet, wurde zum Associate Member of the Gr-a- duate Faculty of Rutgers Uni- versity gewählt. Rutgers Uni- versity veranstaltete unter sei- ner Leitung vom 4.-6. April ein Kolloquium "Transmission Pro- blems in Medieval Music".

Geowissenschaften

Professor Dr. Hans-Walter Georgii wurde für seine wissen- schaftlichen Arbeiten und Ver- dienste auf dem Gebiet der Lufthygiene und des Umwelt- schutzes mit der Kolkwitz- Medaille ausgezeichnet.

Priv.-Doz. Dr. Gode Gravenhorst *

erhielt einen Ruf auf die C4- Professur für Bioklimatologie an der Universität Göttingen.

Humanmedizin

und Kunst des Landes Hessen, des Landrates und des Bürger- meisters der Stadt Dieburg er- öffneten dex Museumsleiter und Prof. Dr. Thomas Beran mit einem Festvortrag zu den Ausgrabungen in Habuba Kabi- ra die Ausstellung. Prof. Beran würdigte den unermüdlichen Einsatz "seiner Studenten" und der Museumsmannschaft. Wäh- rend der anschließenden Be- sichtigung standen Dr. Magen . und Ch. Schlott für Fragen be-

reit.

Gezeigt werden in insgesamt 4 Räumen und dem Festsaal des Schlosses Fechenbach Ke- ramiken vom Vonatsgefäß bis zum feinen Eßservice. Werkzeu- ge aus Feuerstein (Silex) und Obsidian, gelegentlich aus Kup- fer, sowie Schmuckstücke und Gefäße aus Stein ergänzen das Bild einer Handelssiedlung am Oberlauf des Euphrat, die im 4.

Jt. v. Chr. ihre Blütezeit inner- halb von nur 150Jahren erlebte.

Die nicht überbauten Reste der Lehmziegelhäuser fanden sich direkt unter der Ackerkru- me in nur 30 cm Tiefe. Dabei wurden mit 20 000 qm fast 20 Prozent der dicht besiedelten Fläche erfaßt.

Das war ein Novum, be- schränkte sich in der Vergan- genheit die Tätigkeit der Aus- gräber in Vorderasien vornehm- lich auf die Zentren der Städte.

Tempel und Paläste schienen den wissenschaftlichen Bemü- hungen die besten und schnell- sten Erfolge zu garantieren. Die Fülle der Ruinenhügel, die Grö- ße der Metropolen der altorien- talischen Hochkulturen und die komplizierte Vielzahl der über Jahrtausende gewachsenen Siedlungsschichten machen das nur zu verständlich.

Die etwa 1 km längs des Eu- phrats sich hinziehende Stadt erwies sich als wohlüberlegte Planung. Flußnah und doch hochwassergeschützt lebten und arbeiteten hier 6000-8000 Menschen auf einer Fläche von mindestens 18 ha. Landeinwärts war der Ort durch ein differen- ziertes Befestigungssystem, eine 3 m breite Lehmziegelmau- er mit rechteckigen vorsprin- genden Türmen und Vormauer, geschützt. Das Zentrum der Siedlung war ein ummauerter Bezirk auf dem südlich gelege- nen Qannas, den belgisehe Ar-

chäologen erforschten. Dort fand man große Gebäude, die man für Kult- und Verwaltungs- bauten hält.

Hauptverkehrsweg war eine nordsüdliche Straße, teilweise sorgfältig mit Kiespflaster ver- sehen, von der zwei wichtige Querstraßen von den Toren zum Flußufer und Hafen führ- ten. Kleinere Gassen endeten meistens blind und dienten vor allem dem Zugang zu den Grundstücken. Für die Entwäs- serung sorgten tönerne Muffen- rohre und u-förmige Rinnen, die in offene oder abgedeckte, mit Steinen gepflasterte Kanäle mündeten und das Schmutzwas- ser in Gruben oder vor die Stadtmauer leiteten.

Einige der Wohnhäuser wa- ren durch Brand zerstört. Die herabstürzenden Decken be- wahrten das Inventar, ermög- lichten so einen genauen Über- blick in den Alltag zur Zeit der Zerstörung. Wenn auch das Handwerk nicht die Ursache zur Gründung der Stadt war, hatte es doch eine wichtige Stellung. Neben einer umfang- reichen Keramikproduktion gab es Textil- und Werkzeugherstel- lung und auch "Luxusgüter"- Produktion, wie u. a. feine Steinarbeiten zeigen.

Es wurden Jagd und Fisch- fang betrieben, auf einzelnen Gehöften vor der Stadt Acker- bau und Viehzucht. Doch der ei- gentliche Grund für die Errich- tung dieser Siedlung war zwei- fellos die günstige Verkehrsla- ge. Wie Tonbullen und Zählzei- chen (frühe Formen von Liefer- scheinen und Rechnungen) nachweisen, spielte Habuba Ka- bira im Fernhandel eine große Rolle. Die rohstoffarmen Gebie- te Südmesopotamiens waren auf diesen Handel angewiesen.

Mit ihrer Lebensmittelüber- schußproduktion und ihrem hochwertigem Handwerk bezo- gen sie die notwendigen Mate- rialien aus Kleinsasien, vom Ostrand des Mittelmeeres und vielen anderen Gebieten.

Daher ist es erklärlich, mit der antiken Siedlung von Habu- ba Kabira-Süd/Tell Qannas (der antike Name ist leider nicht be- kannt), einen. Ort ausgegraben zu haben, der in den engeren Bereich der ältesten Schriftkul- turen Sumers (Uruk) und Elams gehört und nicht in das

Dr. med. Siegfried Granitzka, Chefarzt der gynäkologisch-ge- burtshilflichen Abteihing des Städtischen Krankenhauses Frankenthal, wurde die akade- mische Bezeichnung Honorar-

professor verliehen. Ausgrabungen in der antiken Siedlung Habuba Kabira

Belegfrist .

Die Belegfrist für das Sommersemester 1986 be- gann am 5. Mai 1986 und endet am 16. Mai 1986.

Sämtliche Lehrveranstaltungen, die ein Studieren- der besucht, werden mit Angabe der Vorlesungs- nummer aus dem Vorlesungsverzeichnis in das Be- legformul, ar eingetragen.

Die Formulare wurden bereits bei der Rückmel dung beziehungsweise bei der Immatrikulation zum Sommersemester 1986 ausgehändigt.

Das Original des Belegscheines wird in den bereit- stehenden Kasten im Erdgeschoß des neuen Sozial- zentrums vor dem Studentensekretariat eingewor- fen; die gelbe Kopie als Bestandteil des Studien- buches in dieses eingeheftet.

eigentliche 19kale syrische Um- . feld. Diese Ubereinstimmungen erstrecken sich vom Baustil (dreischiffiges "Mittelsaal- haus"), der Ziegelformate ("Riemchen"), der Keramik auf alle Gebiete der materiellen Kultur. Inzwischen wurden längs des Euphrats mehrere dieser als Handelskolonien an- gelegten Siedlungen entdeckt.

Was erst als kaum glaubliche Sensation klang, hat sich nun weiter verfestigt. Die wirt- schaftliche Blüte war jedoch nur von kurzer Dauer. Politi- sche Umwälzungen oder eine Naturkatastrophe (Erdbeben?) setzten der Stadt ein plötzliches Ende: Die zentralen Gebäude und viele Wohnhäuser wurden- ein Raub der Flammen. Offen- sichtlich wurde mit dem Ende von Habuba Kabira-Süd die ge- samte Gegend für mehrere Jahrhunderte von der seßhaften Bevölkerung verlassen.

Die Ausstellung zeigt auch die Ergebnisse der etwas nörd- licheren Grabung auf dem Tell Habuba Kabira. Dieser erwies sich als ein fast 10 m hoher er- haltener Ruinenhügel mit we- nigstens 20 Siedlungsschichten vom 4. bis 2. Jt.v.Chr. Die Fun- de ergaben einen interessanten Einblick in das Wohnen und Ar- beiten dieser kleinen befestig- ten Handwerkersiedlung von le- diglich lokaler Bedeutung. Ein moderner islamischer Friedhof auf dem Tell ver hinderte leider eine großflächige Grabung.

Teile der tönernen Abwasser- leitung, Funde zum Kultwesen wie z. B. kleine Tonfiguren und -idole sind ohnehin in der Bun- desrepublik wie alle anderen Funde aus Habuba Kabira nur zu sehen, weil, nach den Aus-

grabungen angesichts der be- sonderen Situation von Ret- tungsgrabungen zur Unterstüt- zung der syrischen ' Altertums- verwaltung zu einer Fundtei- lung zwischen der Deutschen Orient-Gesellschaft und der Arabischen Republik Syrien kam. Das Areal war im Rah- men des aufwendigen UNES- CO-Rettungsprogramms seit 1969 aufgegraben worden, weil es im Bereich deo s geplanten Stausees lag, der sich heute als

"Assad-Stausee" über die wei- ten Ebenen des Euphrat-Flußta- les legt (80 km östlich von Alep- po). Habuba Kabira ist also unter den aufgestauten Fluten des Euphrat unwiederbringlich verloren. Um 'so wertvoller ist die Dokumentation und Präsen- tation, die nicht nur in der Aus- stellung, sondern auch durch den Katalog, geschrieben von der Ausgräberin Frau Dr. Eva Strommenger, erreicht wird.

Zusätzlich haben die Studen- ten Prof. Berans in Zusammen- arbeit mit dem Dieburger Mu- seumsleiter eine Sonderzeitung verfaßt, in deren Rahmen zu- sätzliche Informationen zum ,,Alltag" vor 5000 Jahren gege- ben werden. Ausführlich und unter Hinweis auf den gesam- ten kulturellen Zusammenhang Mesopotamiens werden Archi- tektur, die Handwerksproduk- tion, Befunde zum Bestattungs- wesen, Erkenntnisse zum Han- del und Warenaustausch, zu Re- ligion und Kult geschildert.

"Von Bier und Sauermilch: Die Ernährung in Habuba Kabira"

ist ebenso wie ein Text zum modernen Syrien ein Thema, das normalerweise in archäolo- gischen Ausstellungen in dieser Form nicht zur Sprache kommt!

Mit der Präsentation dieser Ausstellung geht vorerst eine nun fast anderthalbjährige Zu- sammenarbeit zwischen Stu- denten der Universität Frank- furt und dem Kreis- und Stadt- museum zu Ende: Schon von Januar 1985 an hatten Studen- ten des Seminars für Vor- und Frühgeschichte beim Aufbau der wissenschaftlichen Datei des Museums und praktischen Ausstellungsvorhaben geholfen.

"Forschungsarbeit in der prak- tischen Denkmalpflege zur Un- terstützung des Landesamtes für Denkmalpflege auf der einen Seite sowie die Bemühun- gen um neue Ausstellungsfor- men auf der anderen Seite mündeten konsequent in den Aufbau der Sonderausstellung

"Habuba Kabira - Eine Stadt vor 5000 Jahren". Mit diesen Worten bescheinigte die hessi- sehe Ministerin für Wissen- schaft und Kunst, Frau Dr.

Vera Rüdiger, den Studenten, Frau Dr. Magen und dem Mu- seumsleiter ihr Engagement.

Die Ausstellung ist noch bis zum 13. Juli im Kreis- und Stadtmuseum Dieburg, Schloß Fechenbach, zu sehen. Öff- nungszeiten: Di-So 10-17Uhr, Mi bis 19 Uhr, montags ge- schlossen; Führungen mitt- wochs 17 Uhr, sonntags. 11 Uhr und nach Vereinbarung (Tele- fon 0 60 71 / 2 00 20); Sonderzei- tung kostenlos, Katalog DM 15,-.

Walter Bromba

(4)

Studien bedingungen Frankfurter Germanisten und PhysIker

Bedrückende Einblicke

Als Band 4 der neuen Schriften-' reihe "Impulse" des Didakti- schen Zentrums ist ' zu Beginn ' des Sommersemesters eine Un- tersuchung zur konkreten Stu- diensituation Frankfurter Ger- manistik- und Physikstudenten erschienen, die Horst Dieter Schlosser unter Mitwirkung von Katrin Stickert und Hans- Hennig Kappel erarbeitet hat:

Studienprobleme konkret. Am Beispiel von Germanisten und Physikern der Universität Frankfurt/Main. Analysen und Perspektiven, Alsbach/Berg- straße 1986, 124 Seiten.

Ursprüngliches Ziel der Unter- suchung war der mögliche Ein- satz von Fernstudienmateria- lien, um aktuelle Defizite von Anfängern "regulärer" Vermitt- lungsformen in Seminaren und Vorlesungen auszugleichen. Als aber das Umfeld konkreter Hindernisse für einen optima- len Studienerfolg in den Blick kam, weil man mögliche Re- formvorschläge nicht kurzat- mig formulieren wollte, dräng- ten sich die sozialen, schuli- schen und fachspezifischen Be- dingungen so sehr in den Vor- dergrund, daß man ihnen mehr Aufmerksamkeit widmete als ursprünglich vorgesehen. Das Wichtigste in Kurzfassung:

Bereits in der Schule werden die Weichen für sehr unter- schiedliche Bildungskarrieren gestellt, die fast ausschließlich nur Männer das Fach Physik und überwiegend Frauen das Fach Germanistik wählen las- sen. Damit geht einher, daß die einen, die Physiker, mit größe- rer Zielstrebigkeit und damit auch in jüngerem Alter von der Schule auf die Hochschule wechseln, während die anderen schon in der Schule oft ohne besondere Nähe zum Fach (wesentlich geringere Wahl von Leistungskursen) und darum auch auf nicht selten langwie- rigen Umwegen das Fach Ger- manistik wählen und bei Stu- dienbeginn älter sind, eine Tendenz, die bei den unter- suchten Semestergruppen in den letzten Jahren sogar noch steigt. Das Durchschnittsalter von Germanistik-Anfängern hat sich durch Absolventen des Zweiten Bildungsweges, der zu- sätzliche Zeit vor Studienbe- ginn verschlingt, zwar noch nicht wesentlich erhöht, doch steigt der Anteil dieser Absol- venten offenbar und wird die Tendenz der Überalterung von Germanistik-Studenten noch verstärken.

Die Schule erfährt von ihren Abiturienten zwar rückblickend ein überraschend freundliches Urteil, doch sind die von ihr , mitverursachten Lerndefizite in Fremdsprachen, Mathematik und Geschichte nicht zu über- sehen. Mängel im Formulieren und eine minimale Sicherheit in Orthographie entdecken Germanisten mehr oder weni- ger erst von selbst - und da- mit zu spät; denn die meisten Hochschullehrer vertrauen hierbei offenbar noch immer auf Vorleistungen der Schule.

Nuch vor der gegenwärtigen Welle von Abiturienten, die dem Studium zunächst eine Berufsausbildung vorziehen, gab es bei den Germanisten eine solche Bewegung, die 1984 bereits ein knappes Drittel der Studienanfänger erfaßt hatte, während nur wenige Physiker eine solche Unterbrechung ih- rer wissenschaftlichen Ausbil- dung wählten. Trotzdem ver- missen große Teile der Studie- renden in beiden Fächern, also auch bei den Germanisten mit jenem höheren Anteil an prak- tischer Le benserfahrungen, eine sichere Anleitung durch

ihre Lehrenden, was teilweise auf Mängel in der schulischen Pädagogik, teilweise aber auch - und hier insbesondere im Fach Germanistik - auf man- gelndes Engagement der Leh- renden zurückzuführen ist.

In der Wahl der Studienziele und damit im Bekenntnis zu bestimmten beruflichen Zielen verhalten sich Germanisten, welchen Studiengang auch im- mer sie wählen, unrealistisch:

Noch immer hoffen zu viele auf eine Anstellung als Lehrer in der Schule, doch auch die sprunghaft gewachsene Zahl von Magister-Studenten über- steigt bei weitem das Angebot von Arbeitsplätzen, die einer germanistischen Ausbildung angemessen wären. Das Ger- manistik-Studium wird zum reinen Bildungsstudium, das sich dringend Zusatzqualifizie- rungen öffnen muß, wenn seine Absolventen noch Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben sol- len. Entsprechend steht die Zu- kunftsangst bei Germanisten an erster Stelle unter den

S(j)-

zialen Belastungen während des Studiums. Anders bei den Physikern, die nach wie vor große Aussichten auf dem Stel- lenmarkt zu haben scheinen, sich deswegen nur wenige Sor- gen um ihre berufliche Zu- kunft machen, sich dafür aber , in der fast totalen Abwendung von

Lehramtsstud~engängen

ebenfalls unrealistisch verhal- ten, da in den neunziger J ah- ren mit einem Physiklehrer- , mangel zu rechnen ist.

Nicht nur die unterschiedlichen Fachgegenstände, sondern auch die sozialen Rahmenbedingun- gen sowie die unterschiedlichen schulischen Voraussetzungen begünstigen sehr unterschiedli- che Motivationsstrukturen, wo- bei die Stimmungsdefizite bei Germanisten wesentlich höher sind, die Abnahme der Lust, zu studieren, bei ihnen sogar er- schreckende Ausmaße annimmt.

Die Unterschiede in der Einstel- lung zum Studium sind aber insgesamt stärker als durch so- ziale Belastungen durch stu- diengangspezifische Mängel be- dingt. Bei Germanisten stehen Klagen über organisatorische Defizite, die unter anderem zu unnötig überfüllten Seminaren führen, und die Unsicherheit über den individuellen Lei- stungsstand, dessen konkrete Bewertung viele Hochschulleh- rer verweigern, noch vor den Klagen über soziale Hemmnis- se wie etwa die Belastung durch notwendigen Gelderwerb während des Studiums. Auch der fehlende Überblick prägt die Stimmung im Fach Germa- nistik auf , spezifische Weise.

~emgegenüber

klagen Physiker viel stärker über didaktische Mängel und Überforderung, die auch durch (wachsende) Wis- senslücken hervorgerufen wer- den. Die Intensität der Kritik an diesen Verhältnissen ist in den beiden Fächern unter- schiedlich stark: in Germanistik vehement, in Physik wesentlich moderater.

Daraus erklärt sich auch, war- um ein so allgemeiner Wert wie die "generelle Uni-Atmosphäre"

in beiden Fächern sehr unter- schiedlich erfahren wird. Ein allgemeines, überall gleiches Klima scheint es gar nicht zu geben, sondern nur Stimmun- gen, die wesentlich von fachspe- zifischen Bedingungen geprägt werden. Das kommt auch zum Ausdruck in den Unterschieden, die zwischen den Angaben zu . eigener, persönlicher Betroffen-

heit und den Vermutungen über die Betroffenheit anderer durch' verschiedene Belastungen des Studiums liegen: Germanisten

etwa sind viel stärker von den Klagen anderer als von eigenen Erfahrungen beeindruckt.

Im übrigen gibt es nur wenige Probleme, die man als Schwie- rigkeiten von Anfängern abtun könnte. Zwar gibt es eine Reihe von Belastungen, die im Laufe des Studiums abnehmen, doch ist deren Abnahme nur selten so deutlich, daß man bei ihnen auf eine gewisse Selbstregulie- rung hoffen könnte. Dem ste- hen nicht wenige andere negati- ve Bedingungen gegenüber, die sich im Verlauf eines Studiums sogar noch verschärfen, von fortgeschrittenen Semestern zu- mindest schärfer gesehen wer- den. Es gibt also in beiden Fä- chern genügend zu tun, um bei- den analysierten Gruppen, den Anfängern wie den Fortge- schrittenen, Erleichterungen zu bieten, ohne damit d'as Studium von notwendigen Anstrengun- gen der Studierenden zu entla- sten.

Rücksichtslos oder nur ahnungslos? Wer wie auf dem Foto sein Fahrrad auf den Rampen abstellt, gefährdet die Behinderten, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Die Redaktion bittet alle Studieren- den dringend, auf ihre schwerbehinderten Kommilitoninnen und Kommilitonen Rücksicht zu nehmen.

Die Studenten der Germanistik wie der Physik sind sehr wohl in der Lage, ganz konkret die Punkte zu benennen, in denen sie sich mehr Hilfen seitens ihrer Fächer wünschen. Auf ersten Plätzen rangieren in beiden Fä- chern fachwissenschaftliche Themen, die aber sehr bald von' Wünschen nach besserer Didak- tik abgelöst werden.

Dabei spielen in Physik didakti- sche Mängel in der Vermittlung des Stoffs eine ungleich größere Rolle als in der Germanistik, in der vor allem eine individuelle- re Leistungskontrolle vermißt wird, Defizite mit geringeren Antwortquoten sollen indes nicht unterbewertet werden, weil das geringere Interesse an ihnen möglicherweise auch auf offizielle Verdrängungen im Studiengang zurückgeführt werden kann. Dies trifft bei den Germanisten vor allem auf lin- guistische Themen zu.

Bei den Angaben zur möglichen Organisationsform für beson- dere Hilfen fällt auf, daß zu-'

mindest jüngere Physikstuden- ten sich von zusätzlichen Lehr- angeboten ihrer Professoren weniger erhoffen als von ande- ren Vermittlungsformen, wäh- rend die Germanisten insge-

Vereinigung

samt, trotz ihrer vehementen Kritik am mangelnden persönli- chen Engagement ihrer Hoch- schullehrer, diesen doch noch überwiegend bessere Lehrlei- stungen zutrauen. Während sich in der Physik aus den un- terschiedlichen Wünschen ein nach Studienphasen differen- zierter Einsatz verschiedener Vermittlungsformen nahelegt, sollte man in der Germanistik das überraschend hohe Zutrau- en zu professoralen Leistungen insgesamt nutzen, zumal in die- sem Fach

n~r

wenige Studen- ten schon "Uberforderung" be- klagen.

Eine Expansion des offiziellen Zeitbudgets im Fach Physik verbietet sich angesichts der schon ausgereizten Leistungs- möglichkeiten seiner Studieren- den. Hier empfehlen sich am ehesten bessere Angebote zur Selbsthilfe, wozu auch zusätzli- che Lernmaterialien zählen sollten. Die Germanistik könnte hingegen auch im offiziellen Lehrplan mehr von ihren Stu- denten verlangen, sollte dies aber nicht tun, bevor nicht grundlegende Mängel in der Organisation der Studiengänge insgesamt beseitigt sind, damit der verwirrenden Beliebigkeit der Lehrangebote nicht noch weitere ins Belieben gestellte Themen hinzugesellt werden.

Die Angebote zur Selbsthilfe könnten und sollten aber auch hier verbessert und erweitert werden, zum al die meisten Be- fragten sich von derartigen

von Freunden und Förderern:

Werden Sie Mitglied!

Im Jahre 1918, also bereits vier Jahre nach der Errichtung der Frankfurter Universität, wurde die Vereinigung von Freunden und Förderern der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frank- furt am Main e. V. gegründet. Seitdem ist es das Ziel der Vereini- gung, die Universität bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unter- stützen, ihr vor allem Mittel für die Errichtung neuer sowie die Vergrößerung und Unterstützung bestehender Institute und für wissenschaftliche Arbeiten und Veröffentlichungen zur Verfü- gung zu stellen. Weiterhin bleibt es Aufgabe der Vereinigung, bedrohliche Finanzierungslücken nach Möglichkeit zu schließen und durch Zuschüsse jene wissenschaftlichen Arbeiten zu för- dern, für die nur unzureichende Mittel zur Verfügung stehen.

Der Jahresbetrag für Einzelmitglieder beträgt 50,- DM, Firmen- mitglieder zahlen 250,- DM, Studierende der Universität zahlen nur 10,- DM. Den Mitgliedern der Vereinigung wird die Universi- tätszeitung ' "UNI-REPORT" und das Wissenschaftsmagazin

"FORSCHUNG FRANKFURT" kostenlos zugeschickt.

Ich will/Wir wollen Mitglied der Vereinigung werden.

Name Vorname

Straße, Nr. PLZ, Wohnort

Datum Unterschrift

Ich bin Student/in der Universität Frankfurt: ja 0 nein 0 Ausschneiden und schicken an: Uni-Report, Postfach 111932, 6000 Frankfurt am Main 11.

Empfehlungen viel versprechen.

Aus diesem Grund wie aus wei- teren Gründen, die hier noch einmal zusammenfassend dar-

gest~llt

wUrden, ist in unserem Projekt der Einsatz von Fernstu- dienmaterialien als isolierte'

Maßnahme eher an den Rand gerückt. Er könnte aber gerade im Rahmen der erwähnten An- gebote zur Selbsthilfe eine ' wichtige Rolle spielen. Dem dient eine Dokumentation in Kap. 14 dieser Arbeit, die Pflichtlektüre aller Hochschul- lehrer in diesen beiden Fächern werden sollte, bevor sie über ih- re Studenten klagen!

Stipendien

Promotionsstipendien nach dem Hessischen Gesetz zur Förderung von Nachwuchs- wissenschaftlern

Mit Förderungsbeginn ab Okto- ber 1986 können an der Univer- sität Frankfurt 15-20 Stipen- dien an besonders qualifizierte wissenschaftliche N achwuchs- kräfte vergeben werden.

Voraussetzung ist neben über- durchschnittlichen Studien- und Prüfungsleistungen eine beson- dere Befähigung zu wissen- schaftlicher Arbeit sowie die Erwartung, daß das Pro mo- tionsvorhaben einen hervorra- genden Beitrag zum Erkennt- nisfortschritt im Wissenschafts- fach erbringen wird. Der Sti- pendienbewerber muß als Dok- torand an dieser Universität an- genommen und von einem Pro- fessor betreut sein.

Bei der Auswahl werden Pro- jekte, die erst begonnen. worden sind, gegenüber weiter fortge- schrittenen Vorhaben zurückge- stellt.

Informationen und Bewer- bungsunterlagen erhalten Sie bei der Graduiertenförderung, Bockenheimer Landstraße 133, 5. OG, Zimmer 503, Telefon 069/7 98-2235, Sprechzeit Mo.- Fr. von 8.30-11.30 Uhr.

Die Bewerbungsfrist endet am 25. Juni 1986.

Zwei Semester USA

Ehemalige Stipendiaten (Ful- bright; DAAD; Milwaukee-, Ea- stern Illionois- und Trenton- Austausch) berichten über ihre Erfahrungen an amerikani- schen Colleges und Universitä- ten im akademischen Jahr 1984/85 und beantworten Fra- gen über Studienbedingungen in den USA sowie Bewerbungs- verfahren und Ablauf der Aus- wahlgespräche bei den ver- schiedenen Stipendiengebern.

Zeit: Dienstag, den 27. Mai 1986, 18.15 Uhr.

Ort: Amerika Haus Frankfurt, Staufenstraße 1, Vortragssaal.

Veranstalter: Zentrum für

Nordamerika-Forschung

(ZENAF) an der J. W. Goethe-

Universität Frankfurt in Zu-

sammenarbeit mit dem Ameri-

ka Haus Frankfurt.

(5)

Prof. Oelschläger 65

Am 18. Mai 1921 wurde Herbert Oelschläger in Bremen geboren.

Das diesjährige Jubiläum sei Anlaß auf den . bisherigen Le- bens~eg einer Persönlichkeit einzugehen, die allen denjeni- gen wohlbekannt ist, welcl?-e ir- gendwie mit der PharmazIe zu tun haben oder die hochschul- politisch aktiv bzw. interessiert sind.

Herbert Oelschläger hat nach Abitur und Reichsarbeitsdienst für kurze Zeit Chemie und Phy- sik an der Bergakademie Claus- thaI im Harz studiert; es folgten von 1940-1945 harte Kriegsjah- re an der Ost- und Westfront.

Nach der Tätigkeit als Prakti- kant in einer Bremer Lehrapo- theke schloß sich bis 1949 das Studium der Pharmazie- an der Universität Harnburg an. Der Verbleib an der Universität mit , dem Ziel der Promotion (1952, Doktorvater K. Kindler) war für den approbierten Apotheker selbstverständlich.

Die Ernennung zum wissen- schaftlichen Assistenten bot die Chance zu selbständiger For- schungsarbeit tl:.p.d führte 1957 'zu der Schrift "Uber neue Aml-

damine und eine neue Klasse vom Aminoäthern mit lokal- anästhetischer Wirkung", die die im selben Jahr erfolgte Ha- bilitation und Erteilung der Ve- nia legendi für Pharmazeuti- sche Chemie und Pharmazeuti- sche Technologie an der Uni- versität Hamburg einleitete.

Das 1961 verliehene Carl Man- nich-Stipendium der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und die Ernennung zum Diä- tendozenten waren der Lohn für weitere erfolgreiche Ar- beiten über Lokalanästhetika, von denen diejenigen zur Ent- wicklung des im Deutschen Arzneimittel Codex aufgenom- menen Fomocains besonders hervorgehoben sein sollen.

Von einiger Tragweite war der Aufenthalt in Prag (1961-62) zum Studium der Elektroche- mie im Polarographischen In- stitut der Tschechoslowaki- schen Akademie der Wissen- schaften unter der Leitung des Nobelpreisträgers J. Heyrovsky.

Hier wurde der Grundstein ge- legt für das auf einigen Spezial- gebieten richtungsweisende Ar- beitsprogramm der Elektroana- lyse von Arzneistoffen, wie vor allem für das der Benzodiazepi- neo

Mit dem Ruf auf das Extraor- dinariat für Pharmazie 1963 und der 1965 erfolgten Beru- fung auf das Ordinariat für Pharmazeutische Chemie sowie der Ernennung zum Direktor des Pharmazeutischen Instituts unserer Universität (Nachfolge C. Rohmann) übernahm Prof.

Oelschläger eine Einrichtung, die sich zur Verwirklichung der aus der Erfahrung vieler Jahre entwickelten Vorstellungen an- bot. Mit Elan wurde reformiert und restauriert. Die jeweils am- tierenden Rektoren und Deka- ne, der Kurator sowie Staatsse- kretär haben bald gewußt, daß es starker Argumente bedurfte, etwa einmal einem seiner An- liegen die Gefolgschaft zu ver- sagen. Neue Forschungsschwer- punkte und ein individuelles Lehrprogramm wurden eta- bliert, in dem Prof. Oelschläger das stets in jeder Hinsicht ak- tualisierte Hauptkolleg bis heu- te mit imponierender Eloquenz hält.

H. Oelschläger hat besonders im Auge behalten, daß die wei- teren Fächer der Pharmazie zu- friedensteIlend angesiedelt wer- den mußten. Seiner Initiative ist es mitzuverdanken, daß 1964 das verwaiste Pharmakognosti- sehe Institut einen neuen Di- rektor bekam, 1967 eine ordent- liche Professur für Pharmazeu- tische Technologie und 1974 für Pharmakologie für Naturwis- schenschaftler eingerichtet

wurden, aus denen dann die entsprechenden Institute her- vorgingen. Als er selbst, kurz nach der Ablehnung eines Ru- fes auf das Ordinariat für Phar- mazeutische Chemie an der Universität Bern, zum Dekan

der . Naturwissenschaftlichen

Fakultät für die Amtsperiode 1970-71 gewählt wurde, zeich- nete sich ab, daß er der letzte Träger dieser Bürde sein wür- de. Nachdem die Auflösung der Fakultät Gestalt annehmen:

mußte, war seine in einigenl Zweifelsfällen notwendige Ein- flußnahme von viel Weitsicht geprägt; denn die gefundenen Lösungen haben bis heute Be- stand.

Prof. Dr. Oelschläger ist durch die Erschließung des zusätzli- chen Forschungsgebietes der Pharmakokinetik, ' speziell der Biotransformation von Arznei- mitteln, zu einem der Vorreiter für die sich nun auch in Deutschland in seinem Fach ab- zeichnende Verlagerung des wissenschaftlichen Wirkens in biochemisch-biologische Rich- tungen geworden.

Nahezu 200 Titel zählt die Liste der Veröffentlichungen.

Darin finden u. a. die For- schungsergebnisse von 75 pro- movierten. Schülern ihren Nie- derschlag, und heute sind fünf seiner Mitarbeiter als Privatdo- zenten oder Professoren in Amt und Würden.

Das hohe wissenschaftliche Ansehen von Prof. Dr. Oelschlä- , ger spiegelt sich u. a. wider in ' der Berufung zum Mitherausge- ber mehrerer Fachzeitschriften, zum korrespondierenden Mit- glied der Tschechoslowakischen Medizinischen Akademie J. E.

Purkyne, zum Mitglied im Wis- senschaftlichen Beirat der Bun- des apotheker kammer sowie des Sanitäts- und ,Gesundheitswe- sens der Bundeswehr, in der Wahl zum Präsidenten der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft 1982-1985, der er nach 'zähen Verhandlungen zu einer neuen Satzung verhalf, und 1986 zum Ehrenmitglied der Tschechoslowakischen Pharmazeutischen Gesellschaft als erstem Wissenschaftler aus der Bundesrepublik Deutsch- land.

Als Mensch mit der Bereit- schaft, Verantwortung zu über- nehmen und immer wieder An- triebe zu geben, liegt es nahe, daß Herbert Oelschläger über die reine Fachvertretung hin- , aus seit eh und je vielfältig ak- tiv ist. An der hiesigen Univer- sität ist er seit 1971 ununterbro- chen gewähltes Mitglied des Konvents und des ständigen Ausschusses 111. Ferner läßt er es sich nicht nehmen, Mäzen studentischer Veranstal tungen zu sein. Schließlich sei erwähnt, daß er die Gründung der erfolg- reichen Akademie für Pharma- zeutische Fortbildung der Lan- desapothekerkammer Hessen anregte, deren Vorsitzender er bis heute ist. Nicht zuletzt we- gen der Aktivitäten auf dem Gebiete der Fortbildung sind ihm 1981 die Ehrennadel der

Deutschen Apotheker und das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse

verliehen worden. Prof. Matthaei 65

Wenn auch das Privatleben des Vielbeschäftigten. im we- sentlichen auf Wochenenden beschränkt ist, so spielt es doch eine bedeutende Rolle. In Ham- burg, wo die große Familie Oe 1- schläger ein überaus gast- freundliches Haus pflegt und wo die Herzlichkeit nicht zu kurz kommt, gibt es nicht sel- i ten Gelegenheit, mit Freunden : Gedanken auszutauschen, An- : regungen zu empfangen und : Bindungen zu knüpfen. Die Stunden werden als Teil der notwendigen Entspannung und Ablenkung genossen; weitere verschafft· die geliebte Jagd in nahen und fernen Revieren, wo- bei manche physische Bela- stung für die Erhaltung der Fit- neß sorgt.

Die Angehörigen des Fachbe- reichs möchten dem Jubilar weiterhin Gesundheit und Schaffenskraft für die Verwirk- lichung der vielen noch geplan- ten Vorhaben wünschen. Manch einer von ihnen möchte aber auch an diesem Tage aufrichtig Dank sagen für ungezählte Hil- feleistungen und Ratschläge, durch die Nöte gelindert und Konflikte gelöst oder verhin- dert wurden. Georg Schneider

Seminar für Lehrende

Das Institut für Markt und Plan, Professur für Hochschul- didaktik der Wirtschaftswissen- schaften, bietet das Seminar

"Formen des Lehrens und Ler- nens - ein Seminar für Leh- rende" in der Zeit 22. 5. 1986 - 24. 5. 1986 als Blockveranstal- tung an. Ziel ist die Erarbeitung von

Lehr-/Lernmöglichk~iten,

die der mangelnden Motivie- rung, der beschränkten Eigen- initiative und Verschulung ent- gegenwirken. Nähere Informa- tionen sind bei Prof. Dr. Ulrich Peter Ritter, Institut für Markt und Plan, Schumannstraße 60, 6000 Frankfurt am Main, Tele- fon 0 69 / 7 98 - 38 13 erhältlich.

Am 21. April wurde der Dekan des Fachbereichs Psychologie:

65 Jahre. Professor Friedrich:

Karl Matthaei war bereits Lehrstuhlinhaber für Pädagogi- sche Psychologie an der Justus- Liebig-Universität Gießen, als er 1970 dem Ruf auf einen Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie nach Frankfurt folgte.

Auf- und Ausbau des Fachbe- reichs Psychologie der J ohann Wolfgang Goethe-Universität sind eng mit der Persönlichkeit von Professor Matthaei verbun- den. Im Jahre 1971 wurde er zum ersten Dekan dieses Fach- bereichs gewählt, der damals im Zuge der Universitätsreform entstand. Aufgrund seiner In- itiativen erhielt der Fachbe- reich die noch heute gültige Or-, ganisationsstruktur. Er erreich- te die Vereinigung der bis da- hin getrennten psychologischen Institute I und 'fI, die seinerzeit der Naturwissenschaftlichen bzw. Philosophischen Fakultät angehörten, zu einem gemein- samen Institut für Psychologie mit Professor Dr. 'Süllwold als Direktor. Gleichzeitig erwirkte er die Gründung des Instituts für Psychoanalyse innerhalb des Fachbereichs Psychologie mit Professor Dr. Mitscherlich als Direktor. Die Institutionali- sierung der Psychoanalyse an einer deutschen Universität war zu jener Zeit ein absolutes Novum. Während seiner drei- jährigen Amtszeit als Dekan

'(1971-1974) und in den folgen-

den Jahren setzte er sich mit Nachdruck . für die Schaffung von Professuren in den ver- schiedenen psychologischen Fachdisziplinen sowie für deren Besetzung mit namhaften Wis- senschaftlern ein.

Das Institut für Pädagogische Psychologie - ebenfalls konsti- tuierender 'Bestandteil des Fachbereichs Psychologie verdankt Professor Friedrich K.

Regionalwissenschaftliches Symposium

Die Gesellschaft für Regionalwissenschaftliche For- [, schung (Regio-Rhein-Main) e. V. veranstaltet ein Symposium unter dem Thema:

Stadtentwicklung im Wandel technologischer und sozio-ökono- mischer Rahmenbedingungen

Termin: 6. Juni 1986,9.30 bis 16.30 Uhr

Ort: Frankfurt am Main, Senckenberganlage 34 Geowissenschaftlicher Hörsaal der Universität Frankfurt am Main

PROGRAMM 9.30 Uhr Einführung

Prof. Dr. Klaus Wolf, Institut für Kulturgeographie der Universi- tät Frankfurt am Main

10.00 Uhr Die neue Rolle der Großstädte in hochentwickelten Staaten - Wien als Beispiel

o. Univ.-Prof. Dr. Karl Stiglbauer, Institut für Geographie der Universität Wien

11.15 Uhr Neue Produktionstechnologien und Stadtentwick- lung

Dipl. oec. Busso Grabow, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin 12.30-

14.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Wie reagiert die Stadt Frankfurt am Main auf die Herausforderung sich wandelnder internationaler und technologischer Rahmenbedingungen für die wirtschaft

Dr. Wolf Schriever, Amt für kommunale Gesamtentwicklung und Stadtplanung der Stadt Frankfurt am Main

15.15 Uhr Stadtentwicklung - eine Herausforderung auch an institutione)le Kapitalanleger

Dr. Klaus Waldmann, Geschäftsführerder Deka Deutsche Kapi- tal-Anlage-Gesellschaft mbH/Despa Deutsche Sparkassen-Im- mobilien-Anlage-Gesellschaft mbH, Frankfurt am Main 16.30 Uhr Ende

Nach jedem Referat besteht Gelegenheit zur Diskussion

Matthaei ein curriculares

Kon~

zept, das Kernstück für die be- währte "Studienordnung Päq- agogische Psychologie" vom 8.

Februar 1978 geworden ist. Es verdeutlicht den Grundgedan- ken, Pädagogische Psychologie als eine breitgefächerte Ange- wandte Psychologie mit spezifi- schen Forschungs- und Lehr- aufgaben zu entwickeln. Inner- halb der Spannweite pädago- gisch-psychologischer Themen- bereiche konzentriert Professor Matthaei seine wissenschaftli- che Arbeit auf Lehr-Lern-Pro- zesse und damit zusammenhän- gende Motivationsaspekte, die Entwicklung im Kindes- und

Jugen~alter

und der damit

v~r-

bundenen Persönlichkeitswer- dung sowie auf die Ges, taltung von Interaktion im schulischen Bereich. Besonderen Wert legt er auf fundiertes empirisches Arbeiten. Theorie-Praxis-Inte- gration werden dabei konse- quent verfolgt, umgesetzt und überprüft. Seine Untersuchun- gen und Veröffentlichungen in psychologischen Fachzeitschrif- ten spiegeln Themenvielfalt und Praxisorientierung wider.

Zur Bilanz anläßlich des 65. Ge- burtstages gehört die Würdi- gung von Persönlichkeitsmerk- malen, mit denen Professor Matthaei im mitmenschlichen Bereich vielseitig hohe Achtung und Anerkennung gewonnen hat. In schwierigen Universi- täts- und Fachbereichszeiten und auf strapaziösen Positionen beweist er Standhaftigkeit und Prinzipientreue - gerade auch in heftigen, sachundienlichen Diskussionen. In der Zusam- menarbeit mit befreundeten Fachkollegen tragen seine Er- fahrungen, Meinungen und Ur- teile zur Findung brauchbarer Problemlösungen bei und eröff- nen begehbare Wege.)n Dis- puten zeigt sich seine Uberzeu- gung, daß Annähern nur über gegenseitige Wertschätzung und Verständigungssuche er- folgreich werden kann. In die- sem Sinne differenziert er zwi- schen der Akzeptanz personaler Ganzheit und der Billigung bzw.

Mißbilligung einzelner Verhal- tensweisen und -episoden. Im vertrauten Kreis äußert sich ne- ben der toleranten Haltung auch sein Humor, mit dem er Gespräche

auflocker~

und ins- besondere zum guten Betriebs- klima im Institut für Pädagogi- sche Psychologie beiträgt.

Wer Arbeit und Wirken von Professor Matthaei an unserer Universität seit 1971 miterlebt hat, ist dankbar für die Geduld und Zielstrebigkeit, mit

~enen

wichtige und schwere Amter der akademischen Selbstver- waltung von ihm getragen wur- den und noch getragen werden.

Seit 1984 fungiert Professor Matthaei wieder als Dekan des Fachbereichs Psychologie: Es verdient Respekt, wie er sich den nicht geringer werdenden Belastungen stellt und mit vol- lem Kräfteeinsatz und Engage- ment widmet - ausgerichtet auf das Ziel: das wissenschaftli- che Ansehen der Universität und der Psychologie zu sichern und zu mehren.

Helmut Sennewald

Referenzen

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