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Wenn Essen zum Problem wird

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114 DIE PTA IN DER APOTHEKE | August 2017 | www.diepta.de

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chlank und schön möchten weibliche Teenager am liebsten sein, genau wie die Mädchen in der Sendung

„Germany´s next Topmodel“. Ma- gersucht und Bulimie zählen daher zu den häufigsten chronischen Er- krankungen bei Kindern und Ju- gendlichen. Die übertriebene „Diät“

kann fatale Folgen haben: Die Kno- chen erweichen, die Haut wird dünn, die Periode bleibt aus und es kommt schlimmstenfalls zu Organ- und Ge- hirnschäden.

Hungerwahn Magersucht (Ano- rexia nervosa) ist die gefährlichste psychosomatische Erkrankung Ju-

gendlicher, weil sie mit Langzeit- schäden für Psyche und Körper ein- hergeht. Vor allem Mädchen, die früh in die Pubertät kommen, mit ihrem Körper unzufrieden sind und in einer Familie aufwachsen, in der Schlankheit eine große Rolle spielt, sind gefährdet, Essstörungen zu ent- wickeln. Bei der Magersucht hun- gern Betroffene absichtlich, weil sie eine starke Angst vor dem Dicksein haben. Kuchen, Eis, Süßigkeiten &

Co. sind für Betroffene ein absolutes Tabu.

Stationäre Behandlung nötig In den letzten Jahren tritt die Mager- sucht aufgrund der kulturbedingten Bewunderung für weibliche Schlank- heit bei Mädchen im Teenageralter verstärkt auf. Nur etwa zehn Prozent der Betroffenen sind Jungen, etwa die Hälfte von ihnen ist homo- oder bisexuell und lehnt einen kräftigen, muskulösen Körper ab. Obwohl sie bereits stark untergewichtig sind, halten sich Magersüchtige für zu schwer, führen strenge Diäten durch oder treiben exzessiv Sport. Durch die Mangelernährung erscheinen sie sehr blass, haben brüchige Nägel und sind extrem kälteempfindlich. Übli- cherweise leugnen sie ihre Störung, was die Therapie sehr schwierig macht. Um eine lebensbedrohliche Unterernährung zu vermeiden, ist daher häufig die Einweisung in ein

Wenn Essen

zum Problem wird

Die Nahrungsaufnahme ist ein lebenswichtiger Vorgang. Daher sollten sich Eltern an einen Arzt wenden, wenn sie den Verdacht haben, dass ihr Kind unter einer Essstörung leidet.

PRAXIS VERHALTENSAUFFÄLLIGKEITEN BEI KINDERN

© vadimguzhva / iStock / Thinkstock

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | August 2017 | www.diepta.de

Krankenhaus notwendig. Die Kom- bination aus einer Familientherapie mit Medikation zum Abbau von Neurotransmitteranomalitäten und Ängsten gilt als eine erfolgreiche Be- handlungsmethode. Die Gefährdung für das extreme Hungern bleibt aller- dings ein Leben lang bestehen.

Bulimia nervosa Heißhungeratta- cken, eine sehr schlanke Figur und auffallend schlechte Zähne deuten auf eine Ess-Brechsucht (Bulimia nervosa) hin. Junge Menschen halten dabei strikt Diät oder treiben sehr viel Sport, um sich dann Essattacken zu genehmigen, die im Anschluss durch absichtliches Erbrechen oder die Einnahme von Abführmitteln

„ausgeglichen“ werden. Im Gegen- satz zu Magersüchtigen haben Buli- miker wegen ihres Essverhaltens Schuldgefühle, sind deprimiert und wünschen sich oft Hilfe, sodass die Ess-Brechsucht leichter behandelbar ist als die Anorexia nervosa. An- xiolytika, Appetitzügler und Antide- pressiva sind medikamentöse Optio- nen, während auch Psychotherapien, die Teilnahme an Selbsthilfegruppen und an einer Ernährungsberatung sinnvoll sind.

Abartiges Essen Das Pica (lat.:

Elster)-Syndrom ist eine seltene Ess- störung, bei der Betroffene unge- nießbare und ekelerregende Dinge verspeisen. Dazu gehören etwa Sand, Haare, Seife, Steine, Papier, Erde, Asche, Staub, Abfall oder gar Exkre- mente. Laut DSM-IV liegt die Er- krankung vor, wenn

a. die Substanzen ohne Nährwert über mindestens einen Monat geges- sen werden.

b. dieses Verhalten nicht dem geisti- gen Entwicklungsstand entspricht.

c. das Essverhalten keiner kulturellen Norm zuzuordnen ist.

d. die Störung so schwerwiegend ist, dass sie eine besondere Beachtung erfordert (bei gesundheitlichen Be- einträchtigungen wie etwa Vergif- tungen oder Schädigungen des Ver- dauungstraktes).

Wird das Pica-Syndrom rechtzeitig erkannt, helfen in der Regel psycho- therapeutische und medikamentöse Maßnahmen. Zu den verhaltensthe- rapeutischen Methoden zählen bei- spielsweise die positive und negative Verstärkung sowie der Aufbau alter- nativer Verhaltensweisen. Hat sich die Störung auf der Grundlage einer Depression, Psychose, Zwangser- krankung oder des frühkindlichen Autismus entwickelt, gelten Neuro- leptika oder Antidepressiva als wirk- sam.

Tipps für besorgte Eltern In eini- gen Fällen sind Angehörige unsicher, ob bei ihren Schützlingen tatsächlich eine Essstörung vorliegt. Als Faust- regel zur Orientierung gilt: Verlieren Mädchen oder Jungen innerhalb von drei Monaten sechs Kilogramm oder sogar noch mehr Gewicht, ist die Konsultation eines Arztes ratsam.

Deshalb sollten Eltern ihre Kinder,

die möglicherweise unter einer Ess- störung leiden, von einem Besuch beim Arzt oder Therapeuten über- zeugen. Häufig stoßen sie mit dem Vorschlag von Seiten der Heran- wachsenden auf Abwehr, weil diese sich nicht krank fühlen und die Sorge als Eingriff in ihre Privat- sphäre interpretieren. Am besten be- gleiten Mutter und/oder Vater ihr Kind zu dem Termin und berichten über ihre Sicht der Gegebenheiten.

Auch wenn Angehörige häufig nicht nachvollziehen können, warum Be- troffene nichts essen, sollten sie den- noch versuchen, die Probleme des Kindes zu verstehen und diese ernst nehmen. Es ist auch sinnvoll, die ei- genen Sorgen und Ängste zu äußern und der Person zu zeigen, dass man

über das gestörte Essverhalten hi- naus Interesse an ihr hat. Wichtig ist, die Problematik nie bei den Mahlzei- ten zu thematisieren, weil Essge- störte dann ohnehin angespannt sind.

Übergewicht bei Heranwach- senden Von 2003 bis 2006 wurden in der Kinder- und Jugendgesund- heitsstudie Daten erhoben: 15 Pro- zent der Sieben- bis Zehnjährigen waren übergewichtig, bei den 14- bis 17-Jährigen waren es sogar 17 Pro- zent. Überernährung und Bewe- gungsmangel sind auch in jungen Jahren die Hauptursachen für Über- gewicht und Adipositas (Fettleibig- keit). Von Letzterer spricht man, wenn ein Übergewicht von mehr als 20 Prozent vorliegt, gemessen am Body-Mass-Index (BMI), eine aus Gewicht (Kilogramm) geteilt durch die Körpergröße (Quadratmeter) er- rechnete Verhältniszahl.

Die erfolgversprechendste Interven- tion setzt in der Familie an und zielt auf eine Verhaltensänderung ab.

Kinder und Eltern sollten ihre Essge- wohnheiten hinterfragen und sich regelmäßig bewegen. Derartige Pro- gramme, die sich auf den Lebensstil und die Ernährung fokussieren, kön- nen bei Heranwachsenden eine dau- erhafte Gewichtsabnahme induzie- ren. Da etwa ein Drittel der täglichen Kalorienzufuhr in der Schule statt- findet, kann auch dieses Setting zur Reduzierung von Adipositas beitra- gen, indem gesünderes Essen und Bewegungsmöglichkeiten angeboten werden. ■

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

Magersucht, Bulimie und starkes Über-

gewicht gehören inzwischen zu den

häufigsten chronischen Erkrankungen.

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