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Ingrid Sehrbrock Rede
„Was kommt auf Deutschlands Beamtinnen und Beamte zu?“
Vorstellung des „Branchenbarometers Beamte“ zu Einschnitten und Chancen für Bundes- und Landesbeamte
durch die Dienstrechtsreform
Statement
anlässlich der Pressekonferenz der dbv-winterthur am Mittwoch, den 30. Januar 2008
Es gilt das gesprochene Wort!
Sperrfrist: Beginn der Rede
Rede von Ingrid Sehrbrock
anlässlich der Pressekonferenz der dbv-winterthur am Mittwoch, den 30. Januar 2008
Seite 2 von 3 Sehr geehrte Damen und Herren,
eben wurden ihnen die interessanten Ergebnisse der zweiten DBV-Studie vorgestellt mit den Einschätzungen der Beamtinnen und Beamten.
Nehmen wir beispielsweise die Ergebnisse zum Themenfeld „Mobilität“. Die meisten wollen nicht wechseln. Männer sind weniger auf berufliche Veränderung aus als Frauen. Je jünger die
Beamtinnen und Beamten sind, je eher sind sie zum Wechsel bereit. Wechselwillig sind also jüngere, Ostdeutsche, Bundesbeamte und der Wille zum Wechsel steigt mit der Höhe der Laufbahngruppe.
Wechseln um jeden Preis ist aber nicht das Ziel. Wegen einer interessanteren Tätigkeit wird der Arbeitgeber gewechselt. Hierin unterscheiden sich Beamtinnen und Beamte nicht von Beschäftigten in der Privatwirtschaft. Aber offenbar werden diese Tätigkeiten im öffentlichen Dienst nicht in großer Zahl geboten.
Bei diesem Blickwinkel werden aber die rechtlichen Grundlagen ausgeblendet. Sie erleichtern oder erschweren den Personalaustausch und beeinflussen natürlich mittelbar die Einstellung der
Beamten zur Mobilität.
Mit der Föderalismusreform wurde der Abschied vom einheitlichen Beamtenrecht eingeläutet.
Einheit geht nur noch freiwillig. Die norddeutschen Länder (Hamburg, Niedersachsen, Schleswig- Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern) haben nicht ohne Grund ihr gemeinsames Projekt eines Musterbeamtengesetzes gestartet und ein gemeinsames Konzept für das Laufbahnrecht entworfen. Dies soll den Wechsel zwischen diesen Ländern und die engere Zusammenarbeit erleichtern.
Die Überlegungen des Bundes zum Laufbahnrecht bleiben hinter dem zurück, was dort schon erarbeitet wurde. Im Bund soll es weiterhin bei vier Laufbahngruppen (einfacher, mittlerer,
gehobener und höherer Dienst) bleiben. Im Norden sollen es zwei werden: eine mit und eine ohne Hochschulabschluss.
Wir hoffen, dass im Verlauf der Beratungen über das Dienstrechtsneuordnungsgesetz im Bundestag noch mehr Experimentierfreude sichtbar wird und die Abgeordneten im Gesetz
zumindest die Option für ein moderneres, flexibleres und den Wechsel zwischen Dienstherren, aber auch zwischen dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft, erleichterndes Laufbahnrecht verankern.
Neben den laufbahnrechtlichen sind aber auch die versorgungsrechtlichen Bedingungen anzupassen. Wer heute in die Privatwirtschaft wechselt wird nachversichert. Dies hat aber erhebliche Einbußen bei der Altersversorgung zur Folge. Zur Arbeitswelt von Morgen werden solche Wechsel aber häufiger gehören als heute. Pensionsansprüche mitnehmen zu können wird deshalb immer dringlicher. Ich erwarte, dass hierzu mindestens ein Signal vom Bundestag
ausgehen wird, wenn es bei den anstehenden Beratungen nicht gelingen sollte, schon heute rechtliche Pflöcke einzurammen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
sicher ist nur eins: Sowohl die öffentliche Hand wie auch jede Beamtin und jeder Beamte müssen mehr Vorsorge betreiben. Ein weiterer Aufbau der Versorgungsrücklagen ist genauso notwendig wie die Einrichtung weiterer Versorgungsfonds. Die gesetzlichen Einschnitte in die
Rede von Ingrid Sehrbrock
anlässlich der Pressekonferenz der dbv-winterthur am Mittwoch, den 30. Januar 2008
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Beamtenversorgung waren hart. Die bisher ergriffenen Maßnamen haben die Kostenentwicklung begrenzt. Die vorhergesagten Kosten wurden in den letzten Jahren unterschritten.
Sorgen vor Einschnitten bei der Pension sollte dadurch begegnet werden, dass Beamtinnen und Beamten mehr Chancen eröffnet werden, tatsächlich länger im aktiven Dienst verbleiben zu können. Denn die Sorge vor einer geringeren Beamtenversorgung hat Gründe: Wer vorzeitig in Pension geschickt wird, dann nicht genügend hohe Anwartschaften erworben hat und zusätzlich hohe Abschläge hinnehmen muss, erleidet im Alter erhebliche Einkommenseinbußen.
Deshalb ist die im Gesetzentwurf des Bundes vorgesehene Einschränkung der Altersteilzeit die falsche Entscheidung. Wir brauchen mindestens einen Rechtsanspruch auf einen gleitenden Ausstieg ab dem 60. Lebensjahr. Hier sind auch die Länder gefordert.
Wir brauchen aber auch Freiwilligkeit bei der Teildienstfähigkeit. Statt eines Zwangsinstruments der Arbeitgeber, muss sie zu einem Instrument in der Hand all jener werden, die trotz
gesundheitlicher Einschränkungen weiter arbeiten wollen und können. Den Beamtinnen und Beamten ist ein Antragsrecht einzuräumen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch die Antworten zur Leistungsbezahlung können nicht wirklich überraschen. Leistung ist ein Merkmal des Berufsbeamtentums und leistungsbezogene Bezahlungselemente sind für
Beamtinnen und Beamte nicht neu. Seit 1997 gibt es Leistungsstufen, -prämien und -zulagen.
Die meisten Länder haben allerdings die Mittel erst einkassiert und dann eingespart, wodurch Leistungsbezahlung zum Synonym für Kürzungen wurde. Vor diesem Hintergrund muss man sich wundern, dass der Begriff nicht völlig diskreditiert wurde.
Die durchweg positive Haltung zu einer leistungsgerechten Bezahlung ist kein Plädoyer für ein bestimmtes System. Eher scheint hier eine Unzufriedenheit durch mit einer Bezahlung, die als nicht gerecht bewertet wird. Diskutiert man einzelne Modelle der Leistungsbezahlung, zeigt sich
erheblich mehr Skepsis unter Beamten. „Nasenprämie“ ist dafür ein treffendes Schlagwort.
Dennoch: Die Debatte hat sich mittlerweile versachlicht. Die Gewerkschaften hatten stets die Leistungsprämie favorisiert und Stufen oder Zulagen für problematisch gehalten. Diese Einsicht teilen mittlerweile auch die Arbeitgeber. Leider hat der Bund bei seinem Gesetzentwurf noch keine Konsequenzen daraus gezogen und hält an den Leistungsstufen und Leistungszulagen fest.
Ein weiterer Grundsatz lautete Leistungsbezahlung nur „on top“, also kein variables Einkommen.
Diesem Grundsatz sind auch die Tarifverträge im öffentlichen Dienst gefolgt. Das hat dazu beigetragen, Vorbehalte abzubauen.
Die Umfragewerte belegen die Leitlinien der Gewerkschaften: Die Beamtinnen und Beamten wollen einen Bezahlungsmix, der die Bedeutung ihrer Tätigkeit ebenso berücksichtigt, wie individuelle Leistung. Leistungsbezogene Bezahlungselemente sind da nur ein Aspekt, der vor allem ganz individuelle Leistungen in überschaubaren Zeiträumen erfasst. Die Bedeutung der Tätigkeit wird dagegen nach wie vor durch das Grundgehalt bestimmt. In der Beförderung fallen beide Aspekte zusammen: Das höherwertige Amt erreicht, wer dauerhaft gute Leistungen erbracht hat.
Leistungsbezahlung und Beförderung dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wer die Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllt darf nicht mit einer Leistungsprämie abgespeist werden.