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Ökon om i e oh n e Zwan g u n d U n terdrü cku n g

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Academic year: 2022

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Ökon om i e oh n e Zwa n g u n d U n terdrü cku n g

H errsch aftsfrei wi rtsch aften

Das h eu tige Wirtsch aften gleich einer M asch in e, die u nau fh örlich e M ensch u nd N atu r als m öglich st billige Ressou rcen „ frisst“, sprich : Sie in ih re Systeme u nd Abläu fe zwingt, au s- nu tzt u nd au sbeu tet − u n d n u r au s I nteresse an der weiteren N u tzu ng erh ält. M it Freih eit u n d Selbstentfaltu ng h at das au s vielen Grü n den nichts zu tu n, denn der M ensch wird au f seine Arbeitskraft redu ziert u n d gezwu ngen, diese anderen zu verkau fen. Die natü rlich en Ressou rcen werden privatisiert, in Wert gesetzt u nd au sgebeu tet. Au ch das sch rän kt den H an dlu n gsrah men der M ensch en ein, denen diese Ressou rcen zu ih rer freien Entfaltu ng feh len. B egleitende Disku rse m ach en M en sch en gefü gig, sich den B edingu ngen ständiger Verwertu ng u nd P rofite zu u nterwerfen − u nd das sch ein bar sogar freiwillig.

Doch gibt es ü berh au pt eine Alternative au ßerh alb der „ sch önen M asch ine” ? Kann ein e P rodu ktivkraftentwicklu ng, die vor allem au s der Entfaltu ng des M ensch en besteht, dem M en sch en selbst, an -u nd-fü r-sich dien en? Was h eißt das fü r die Form der Vergesellsch af- tu ng?

Der M ensch u nd die große M asch ine

Die u nbesch ränkte Selbstentfaltu ng des M ensch en ist u nter den B edingu n gen der su bjekt- losen Selbstverwertu ng von Wert als Kern der „ sch ön en M asch in e” u ndenkbar. Selbstent- faltu ng bedeu tet ja gerade, dass sich das Su bjekt selbst entfaltet, u nd zwar jedes Su bjekt u n d das u nbegrenzt. Den noch entsteh en u nter den entfremdeten B edingu ngen der abs- trakten Arbeit nicht nu r neu e B esch rän ku ngen, z. B. in der Au sdeh nu ng der Verwertu ngs- logiken au f bish er eigentu m slose Ressou rcen u nd in den privaten Alltag h inein oder in der geringeren Vermittlu ng von Kompetenz fü r die eigenständige B ewältigu ng des Alltags.

Son dern es tau ch en imm er wieder au ch neu e M öglich keiten au f, z. B. als größere H and- lu ngsspielräu m e oder m eh r M itbestimm u ng im Vergleich zu alten Komman dozeiten . Ge- rade in der zu neh m en den u nd oft prekären Welt wirtsch aftlich er Selbständigkeit, von Kleinstfirmengrü ndu ngen u nd I ch -AGs, h eißt es: „ Es gilt das M otto: ‘ Tu t was ih r wollt, aber ih r mü sst profitabel sein' ” (Glißman n 1 999, S. 1 51 ).

I ch kan n also versu ch en, m eine individu ellen Poten zen entfalten, weil ich selbst an m einer eigen en Entfaltu ng interessiert bin, weil es Spaß macht u nd m einer Persönlich keit ent- spricht. Ob das gelin gt, liegt an mir (einsch ließlich meiner sozialen Zu richtu ng, die ich m it m ir sch leppe) u nd an den gesellsch aftlich en B edingu ngen. Sind die M öglich keiten, dass ich mich selbst als H au ptprodu ktivkraft entfalte, im Vergleich zu den Zeiten mein er Eltern u n d Großeltern besser geworden? Oder ist es eine widersprü ch lich e Lage, in der viele for- m ale H errsch aftsstru ktu ren ü berwu nden, aber disku rsive Zu richtu ngen an Stärke gewon- nen h aben? I st in der h eu tigen Zeit nicht m eh r erlau bt, aber die Fäh igkeit zu r Selbstentfal- tu ng rü ckläu fig? Umfrageergebnisse decken sich m it eigenen Erfah ru ngen: I m mer meh r, vor allem ju nge M en sch en, wollen gern e toter Fisch sein, der im Kanal mitschwim mt. Vie- len feh lt ü berh au pt die Vorstellu ng, dass Leben etwas anderes sein kann als Arbeit, Fam ilie,

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Fortpflanzu ng (bzw. Sex). Vor allem feh lt es an der Fäh igkeit, eigene I deen zu entwickeln, ja sie ü berh au pt bewu sst zu h aben! Soziale Zu richtu ng u n d allgem eine Deu tu ngen sch af- fen h eu te M en sch en, die sich danach seh nen, ein Teil der M asch ine zu sein. Das Wiederer- starken anderer Form en von Fremdbestim mu ng wie Religion , Esoterik, N ation alism u s u n d billige Feindbilder, bestätigen den Eindru ck.

Doch selbst wo der Wille da ist u nd die Fäh igkeiten angeeignet werden, sich selbst zu orga- n isieren, gesch ieht dieses M eh r an Entfaltu ng in der besteh en den Gesellsch aft imm er noch u nter entfrem deten B edingu n gen . Entfaltu ng ist nu r möglich , solange ih re Ergebn isse ver- wertbar sind, solange ich profitabel bin. Sogar die Love-Parade wu rde dam it zu m profitab- len, am En de tödlich en Gesch äft. I n jeder Person spiegeln sich damit die u nter u nseren B e- dingu n gen nicht au flösbaren Widersprü ch e von Selbstentfaltu ng u nd Wertverwertu ng, von Entfaltu n g der H au ptprodu ktivkraft M ensch an -u nd-fü r-sich u nd entfrem deter P rodu ktiv- kraftentwicklu ng.

Wie sieht die Au fh ebu ng des Widerspru ch es von Selbstentfaltu ng u nd Verwertu ngszwang in Übersch reitu ng u nserer B edingu ngen au s? Es geht u m die Um keh ru n g des Satzes von M arx, wonach die „ gesellsch aftlich e B ewegu ng” du rch ein e „ B ewegu ng von Sach en”

kontrolliert wird, „ statt sie zu kontrollieren”. M arx h ätte das so sagen können: „ Die gesell- sch aftlich e B ewegu ng wird von den M ensch en bewu sst bestimmt. Die B ewegu n g von Sa- ch en wird von den M ensch en kontrolliert u n d dient einzig dem Zweck, ein befriedigen des Leben zu gewinnen.” (kein Zitat).

Selbstentfaltu ng statt Wertverwertu ng

Die Alternative zu r abstrakten su bjektlosen Organisation der gesellsch aftlich en Reprodu k- tion du rch den Wert (als B ewegu ng von Sach en) ist die konkrete Selbstorganisation du rch die h andelnden M en sch en selbst − das ist so einfach wie logisch ! Oder anders form u liert:

Die abstrakte Vergesellsch aftu ng ü ber den Wert wird ersetzt du rch eine konkrete Vergesell- sch aftu ng der h andelnden M ensch en selbst. Wir wollen dah er au ch diese zu kü nftige Form personal-kon krete P rodu ktivkraftentwicklu n g nenn en .

B edeu tet das ein Zu rü ck zu den alten Zeiten der „ N atu r-Epoch e” ? N ein, so wie die „ M ittel- Epoch e” die „ N atu r-Epoch e” au fgeh oben h at, so mu ss die Epoch e der mensch lich en Selbstentfaltu n g alle vorh erigen Entwicklu ngen au fh eben. „ Au fh eben” bedeu tet dabei so- woh l Ablösen als au ch B ewah ren u n d in einem völlig neu en Kontext fortfü h ren. Es ist klar, das M ensch en natü rlich weiter N ah ru ngsmittel u nd indu strielle Gü ter produ zieren werden, doch es ist ebenso klar, dass sie dies nicht in der gleich en Weise wie bish er tu n werden − weil die bish erige ignorante kapitalistisch e P rodu ktionsweise n icht n u r den M en sch en u n- terjocht, sondern au ch die Reprodu ktionsgru ndlagen der M en sch h eit systematisch zerstört.

Daran feh lt es in ein er freien Gesellsch aft aber an I nteresse, weil n icht m eh r fü r abstrakte Werte u n d den P rofit gewirtsch aftet wird, sondern fü r ein besseres Leben.

An dieser Stelle kommt oft der Einwand: „ Das ist ja u topisch ! ” − ein e verständlich e Reakti- on. Die h errsch ende abstrakte Vergesellsch aftu ngsform ü ber den Wert h at alle Lebensbe- reich e so weit du rch dru ngen, dass ein Leben au ßerh alb dessen sch ier u nden kbar er- sch eint. Wer kann sich sch on ein Leben oh ne Geld, das ü ber die Leben smöglich keiten von M ensch en bestimmt, vorstellen? Ein Leben mit „ einfach neh m en” statt „ kau fen” ? Es ist

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nicht einfach , das zu denken , daru m wird nicht nu r n ötig sein , das „ Undenkbare” zu be- nenn en u n d noch weiter zu präzisieren, sondern au ch in Experimenten sichtbar zu ma- ch en. H ier geht es u ns zu näch st einm al daru m , zu begrü nden , dass die Wertvergesell- sch aftu ng nicht das Ende der Gesch ichte darstellt, sondern dass ein e person ale Vergesell- sch aftu ng die entfremdete Form au fh eben kann.

Die Tatsach e, dass es ein e abstrakte I nstanz, den Wert, gibt, ü ber den sich die gesellsch aftli- ch en B ezieh u n gen regu lieren, h at au ch eine positive Fu nktion: Sie entlastet die Gesell- sch aftsm itglieder, jeden Einzelnen individu ell von der N otwendigkeit, „ die ganze Gesell- sch aft” zu denken . I ch mu ss m ich nu r m it meinem u nmittelbaren Umfeld besch äftigen, al- les andere regelt sich sch on . So paradox es klingt: Die personalisierende Den kweise ist u n- ter entfremdeten B edingu ngen nah eliegend, den n einerseits besteht nicht die u nm ittelbare N otwendigkeit, an dererseits au ch kau m die M öglich keit im gesellsch aftlich en M aßstab in- dividu ell Einflu ß zu neh m en . So wird alles nach dem Sch ema u nmittelbar-personaler B e- zieh u ngen gedacht („ der Politiker ist sch u ld“ etc. ), obwoh l sich die Gesellsch aft gerade nicht ü ber das Wollen von Personen, sondern ü ber den abstrakten M ech anism u s der maß- losen Wertvermeh ru ng regu liert. H ierau s h aben linke B ewegu ngen den Sch lu ss gezogen, dass die Totalität des amoklau fen den Werts du rch eine kontrollierte Totalität einer u mfassen- den gesellsch aftlich en P lanu ng abgelöst werden m ü sse. Wie bekannt, sind alle Versu ch e m it gesellsch aftlich er Gesamtplanu ng gesch eitert. Au ch eine Weltregieru ng könnte dieses P roblem nicht lösen. Diese praktisch e Erfah ru ng ist au ch th eoretisch nachvollzieh bar, denn die kom mu nikativen Au fwän de, die notwen dig wären, u m die individu ellen u nd die gesell- sch aftlich en B edü rfnisse m iteinan der zu vermitteln, also die Vergesellsch aftu ng praktisch zu leisten, sind sch ier u nendlich h och . Selbst Räte oder an dere Gremien kön nen das P rob- lem der im mer vorh andenen I nteressenkonflikte nicht stellvertretend au fh eben. Au ch fü r den Einzelnen ist die N otwendigkeit, die eigen en I nteressen m it u nendlich vielen anderen I nteressen zu vermitteln, eine völlige Überforderu ng.

Eine neu e Vergesellsch aftu n gsform mu ss dah er den gleich en individu ell entlastenden Ef- fekt h aben, wie die sich selbst organisierende Wertmasch ine − nu r, dass sie oh ne Wert fu nktioniert! Sie mu ss gesamtgesellsch aftlich stabil u nd verlässlich fu nktionieren, oh ne je- doch als ignorante, gleich gü ltige u nd von den M ensch en abstrah ierte „ M asch in e“ ü ber die I nteressen von M ensch en h inwegzu geh en wie bei der abstrakten Vergesellsch aftu ng ü ber den Wert. Gesu cht ist also ein sich selbstorgan isierender „ M ech an ismu s”, der ein erseits die Vergesellsch aftu ng qu asi „ au tomatisch” kon stitu iert, andererseits aber die abstrakte Verge- sellsch aftu ng du rch eine person al-konkrete Form ablöst.

Das h ört sich wie ein Widerspru ch an, ist es aber nicht! M an m u ss sich n u r von der Vorstel- lu ng verabsch ieden , die Gesellsch aft mü sse planvoll von irgendeiner Art zentraler I nstanz gelen kt werden . Diese Vorstellu ng enth ält immer das Konzept eines I nnen-Au ßen : Die P la- nerI nn en − ob Räte, B eh örde, DiktatorI nnen − steh en gleich sam au ßerh alb der Gesell- sch aft u nd plan en diese. Die P lanerI n nen planen fü r u ns, oder n och deu tlich er: sie planen u n s. Das steht u nter erh eblich en P roblemen, denn der M ensch ist eigentlich nicht planbar u n d vorh erseh bar. Dah er bedarf es großer Anstrengu n gen , M ensch en zu kontrollieren, sie ü ber Zu richtu n g u nd Disku rse zu r Au fgabe eigener I deen bereit zu mach en u nd ih nen die M öglich keiten fü r Altern ativen zu entzieh en − sowoh l die Fäh igkeiten zu anderem H an- deln wie au ch die m ateriellen Vorau ssetzu ngen in Form von P rodu ktionsmitteln .

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Die Alternative zu stellvertreten den P lanu ng ist die Selbstplanu ng der Gesellsch aft. Sie setzt stru ktu rell eine Annäh eru ng allgem einer I nteressen vorau s, also den Vorteil der Koopera- tion gegenü ber der Konku rrenz. Das ist im Kapitalism u s u nm öglich . Der Kapitalism u s ken nt ü berh au pt nu r Partialinteressen , die jeweils nu r gegen andere Partialinteressen du rch setzbar sin d. Eine gelu ngene Vermittlu ng der Partialinteressen trägt dan n die N am en

„ Demokratie“ (als Entsch eidu n gsfin du ngsm odell) u nd „ Rechtsstaat“ (als Regelwerk) − das kann es aber nicht sein.

Kann es eine Annäh eru ng allgemein er I nteressen geben? Sin d die individu ellen I nteressen u nd Wü nsch e nicht seh r versch ieden, will nicht eigentlich jeder doch irgendwie etwas an- deres? Ja, u n d das ist au ch gu t so! Unter u nseren B edingu ngen sch ließt diese Frage jedoch imm er mit ein, diese „Wü nsch e”, dieses „ andere Wollen” mu ss au ch gegen andere − ob individu ell oder im Zu samm en sch lu ss m it anderen, die die gleich en Partialinteressen h a- ben − du rch gesetzt werden. Wir h atten aber vorh er dargestellt, dass die Selbstentfaltu ng des M ensch en nu r fu nktioniert, wenn sich alle entfalten können u nd dies au ch real tu n. Un- ter B edingu ngen der Selbstentfaltu ng h abe ich ein u nmittelbares I nteresse an der Selbstent- faltu ng der an deren M en sch en. Etwas vereinfacht gesproch en steht der Win-Loose-Situ a- tion im Kapitalismu s eine Win -Win-Situ ation in der zu kü nftigen Gesellsch aft gegenü ber.

Sch ön u nd gu t, aber wie kom men den n nu n die B rötch en au f den Tisch? Was ersetzt denn n u n den Wert als selbstorganisierenden M ech an ismu s der Vergesellsch aftu n g? Die Selbst- entfaltu ng des M ensch en ersetzt die abstrakte Dau ersch leife du rch ein e personal-kon krete Vermittlu ng der M ensch en ! Selbstentfaltu ng bedeu tet ja n icht Absch affu ng der Arbeitstei- lu ng. I ch bezieh e m ich weiterh in nicht au f die „ gesamte” Gesellsch aft, sondern weiterh in n u r au f den Au ssch n itt der Gesellsch aft, der m ir zu gekeh rt ist. Wie groß dieser Au ssch n itt ist, entsch eide ich je nach Lage. Entfalten sich die M en sch en u m m ich h eru m fröh lich vor sich h in − u nd ich mittendrin -, dann besteht kein Gru nd, den gesellsch aftlich en Au ssch n itt zu vergrößern. Gibt es aber Einsch ränku ngen mein er Selbstentfaltu ng, die nicht m einem u nmittelbaren H an deln zu gänglich sin d, dann werde ich den B lick weiten, u m die Ursa- ch en der gem einsamen Einsch ränku n gen au s der Welt zu sch affen. Da m ein Leben nicht m eh r au f die H eransch affu ng des Abstraktu ms „ Geld” au sgerichtet ist, bekomm en die Ein- sch ränku n gen fü r mich eine völlig neu e konkrete B edeu tu n g: Sie sch mälern in direkter Weise m einen Lebensgenu ss. Da diese Einsch ränku ngen mein er Selbstentfaltu ng au ch fü r alle an deren besch ränkend sind, liegt es u nm ittelbar n ah e, die Einsch ränku ngen im ge- m einsamen I nteresse zu beseitigen. I m eigenen u nd gleich zeitig allgemein en I nteresse werden wir u n s die personalen u nd konkreten Vermittlu ngsform en su ch en, die notwendig sin d, u m Einsch rän ku ngen u nseres Lebensgenu sses au s der Welt zu sch affen. Allgemei- n er form u liert: Jedes m ensch lich e B edü rfnis findet au ch seine Realisieru ng − u nd ist das B edü rfnis mein einzig alleiniges au f der Welt, dan n realisiere ich es eben selbst. Da das aber bei den B rötch en au f dem Tisch n icht der Fall sein dü rfte, wird es fü r das P roblem

„ B rötch en au f dem Tisch“ eine allgem eine Lösu ng geben.

M it der Selbstentfaltu ng des M ensch en kan n es eine andere, individu ell entlastende Form der Vergesellsch aftu n g geben. Der Einzelne entfaltet sich , ih m nü tzt dabei die Selbstentfal- tu ng der vielen Anderen, wäh rend die eigene Selbstentfaltu ng die M öglich keiten der Ande- ren verbessert. Die eigene P rodu ktivität trägt immer au tom atisch zu m Gesamten bei, weil die I nteressen nicht meh r zerlegt u n d von einander getren nt werden, wie es der Fall war, als alles n u r du rch die B rille des Wertes betrachtet u n d dann gegeneinander gerech net wu rde.

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Jetzt ist der B lickwinkel ein anderer: Es geht u m ein besseres Leben, u m die Entfaltu ng der M en sch en − u nd h ier steh en die Fäh igkeit oder das Gesch affen e des Einen nicht gegen den Anderen, sondern ergänzen oder fördern sich sogar gegenseitig.

Diese Verh ältn isse können sich einstellen , wenn sich die B edin - gu ngen so verändern, wie das bereits in den vorangegangen en Kapiteln besch rieben wu rde.

E i n e an dere Produ kti on swel t i st m ögl i ch !

Also: Au ch wen n es kein en Dru ck meh r gibt, h art zu arbeiten (oder so zu tu n, als wü nsch e man sich n ichts seh n lich er), wird es B rot, H äu ser u nd Kleidu ng geben. Die Annah me, dass sich dann alle M en sch en nu r fau l in die H ängematte legen, entspräch e einem seh r pessi- m istisch en u nd m erkwü rdigen M ensch en bild, das h istorisch jedoch vielfach

widerlegt wu rde u n d im Alltag au ch stän dig widerlegt wird. Unter den jetzigen B edingu n- gen ist die Fau lh eit geradezu eine notwendige Folge von Zwan g u nd Stress. Unter anderen B edingu ngen zeigen sich andere M öglich keiten: Spaß an Kreativität u nd aktivem Tu n (das Kin dern derzeit leider frü h zeitig u nd m ü h sam abgewöh nt wird) werden wieder h ervorqu el- len . Au ffallend ist, dass eine neu e Vergesellsch aftu ng − au ch wenn sie m oderne Tech n ik als Gru ndlage nu tzt − tatsäch lich gleich berechtigte B ezieh u ngen vorau ssetzt u nd selbst wieder erzeu gt. Es entsteh en neu e B ezieh u ngen u n d Verh ältnisse, die an der Selbstentfal- tu ng des M ensch en u nd nicht an der Selbstverwertu ng des Werts orientiert sind.

Wem geh ören die P rodu ktionsm ittel?

Eine h orizontale Welt, in der alle M ensch en gleich e M öglich keiten h aben u nd keine H ie- rarch ien bilden, verträgt P rivilegien nicht. Eigentu m ist ein P rivileg, denn es sich ert den Zu - griff au f eine Ressou rce, den gleich zeitig andere n icht h aben. Wäre Eigentu m gleich ver- teilt, wü rde sich diese au sgrenzen de Wirku ng nu r wenig au swirken. Es ist aber ein stetes M erkmal des Eigentu ms im Kapitalismu s, kau f- u nd verkau fbar zu sein . Damit lässt es sich akku mu lieren, d. h . du rch Kau f oder u nm ittelbaren Zwang können einige imm er m eh r Ei- gentu m an h äu fen, wäh ren d andere es verlieren oder au f einem niedrigen Stand h ängen- bleiben .

Von besonderer B edeu tu n g ist das Eigentu m an P rodu ktionsm itteln, also an solch en Res- sou rcen , m it den en wiederu m andere P rodu kte h ergestellt werden könn en: M asch inen, B oden, Patente u sw. Werden sie akku m u liert, entsteht eine systematisch e Ungleich h eit bei der Fäh igkeit, H andlu ngsmöglich keiten zu entwickeln. Wer keine P rodu ktionsmittel be- sitzt, mu ss sich selbst an diejen igen verkau fen, die solch e besitzen − u m zu ü berleben.

Als B eispiel mag eine m oderne Form des P rodu ktion smittels dienen, der Erlau bnis, Lu ft zu versch mu tzen. Diese existiert − propagandistisch versch leiert als Umweltsch u tzmaß- nah me − in Form von Zertifikaten mit der Wäh ru ngsein h eit von CO2-Äqu ivalenten, d. h . es darf n icht nu r CO h erau sgeblasen werden, sondern au ch andere Gase, die dann in ih rer2 M en ge au f CO u m gerech net werden. Solch e Erlau bn issch eine zu r Lu ftversch m u tzu ng2 sin d P rodu ktion smittel, weil n u r sie bestimmte indu strielle P rozesse, En ergiegewinn u ng u sw. ermöglich en − wie ein e M asch ine oder Landbesitz.

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Text „ Kritik der Warengesel l sch aft“ von Loth ar Gal ow-Bergem ann unter www. projektwerkstatt.de/

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Wären diese Zertifikate gleich mäßig verteilt z. B. au f alle M en sch en dieser Welt, so wü rde sich zu m in dest anfänglich keine große Ungleich h eit au ftu n . Die Zerfikate stellten kein P ri- vileg dar. Wären sie zu dem u nverkäu flich , so wü rde das sogar au f Dau er so bleiben . Zwar bliebe die problematisch e I nwertsetzu n g der Lu ft, aber die Folgen wären besch ränkt.

Doch − sich erlich kein Zu fall − das M odell der Zertifikatevergabe fiel ganz anders au s. Sie wu rden den I n du strien gesch enkt − u nd zwar den en u m so größere M engen, die die Lu ft bereits stark belasteten. So erh ielten die Firm en in I ndu strien ationen von B egin n an die größten Anteile. Zu sätzlich sin d die Zertifikate noch frei h andelbar. Das gesch ieht inzwi- sch en au ch ü ber die B örsen. N u n können sie also akku m u liert werden, d. h . es steht zu er- warten, dass das Recht, Lu ft zu versch m u tzen, am Ende bei wenigen Konzernen zentrali- siert ist u n d sie n u n sogar form al einwandfrei ih re wirtsch aftlich e H egemonie au sbau en könn en.

Eine denkbare Lösu n g wäre, die P rodu ktion sm ittel u nter z. B. staatlich e Au fsicht zu stellen.

Dieser Weg ist sch on in vielen Ländern eingesch lagen worden − mit fatalen Ergebnissen.

Verstaatlich u ng fü h rt weder zu r Steigeru ng von P rodu ktivkraft noch au tomatisch zu ge- rechterer Verteilu ng. Erst recht befreit es die Einzelnen nicht au s der großen M asch in e u n d dem Zwang, sich selbst zu verkau fen statt frei zu entfalten. Das war au ch nich anders zu er- warten. Wie bereits in den Texten zu r H errsch aftsanalyse gezeigt, sch afft Kontroll- u n d Ver- waltu ngstätigkeit immer P rivilegien, die den Ge- u n d M issbrau ch von M acht fördern . Also bleiben noch zwei Wege, den der Dezentralisieru n g von M acht u nd Eigentu m , z. B. in Form kleiner wirtsch aftlich er Ein h eiten oder Gemeinsch aftsbesitz (Com mons), u n d den der Absch affu ng von Eigentu m − zu m indest an P rodu ktionsmitteln. B eide bedeu ten n icht, dass Wirtsch aften n u r noch im Klein en vor sich geht. Verändert werden die B edingu ngen.

Der Zu griff au f M en sch en, Land u nd Roh stoffe erfolgt n icht meh r ü ber administrative u n d wirtsch aftlich e M acht u nd au ch nicht meh r m it dem Ziel der I nwertsetzu ng. Riesige, billig organ isierte Transporte ü ber große Entfernu ngen m ögen profitabel sein, sie bleiben aber au fwändig. Es ist dah er zu erwarten, dass sich der globale Flu ss von Roh stoffen u nd P ro- du kten au f das besch rän kt, was den M ensch en nü tzt u nd fü r diese in einem sinnvollen Kos- ten -N u tzen-Verh ältnis steht. Denn niemand kan n meh r erzwu ngenerweise au f Lan d u n d Leu te zu greifen. Seh r praktisch ist da, dass vieles keiner globalen Stoffkreisläu fe bedarf.

Diese komm en h eu te nu r vor, weil diese profitabler sind. N ötig sind sie n icht.

Eine emanzipatorisch e Umgestaltu n g m u ss Altern ativen zu M arkt u nd zu m Staat entwi- ckeln, denn beide h aben wen ig m it den M ensch en u nd ih rer Selbstermächtigu ng zu tu n.

Die gesellsch aftlich e u nd damit au ch die ökonom isch e M acht geh ört direkt in die H ände der M ensch en u nd ih rer freien Zu sammensch lü sse. Solan ge der Kapitalism u s noch das Gesch eh en prägt, lassen sich wirtsch aftlich e Tätigkeiten u nd die Verwaltu ng von Gem ein- gü tern als ersten Sch ritt in P rodu ktions- u nd Versorgu ngsgemeinsch aften verlegen , die den B ü rgerI nnen geh ören. Diese können dann später mit Verwirklich u ng der Utopie ein er selbstorganisierten Gesellsch aft oh ne kontrollierenden Überbau in freie, offene Kooperatio- n en oh n e formalisierte B in nen stru ktu r u nd Au ßenvertretu ng ü bergeh en.

Au s Ostrom , E l in or: „Vertragen u n d Teil en“, in : Le m on d e dip l om a tiqu e März 2 011 (S. 1 7) Doch diese Gegensätze − privat gegen öffentlich, Markt gegen Staat − sind ärmlich. . . . Und als wäre dies nicht genug, hat die gängige Theorie des kollektiven Handelns die Vor- stellung bestärkt, der Staat sei die einzige Alternative zum Markt. Diese Annahme unter- stellt, dass freiwillige Selbstorganisation zur Bereitstellung öffentlicher Güter oder Verwal-

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tung von Gemeinressourcen höchst unwahrscheinlich ist. Die Ökonomen empfehlen des- halb auf der einen Seite immer schnell, „der“ Staat solle sich kümmern, sobald sie merken, dass marktbasierte Lösungen scheitern. Dabei fragen sie nicht, was in staatlichen Institutio- nen getan werden kann und muss, um diese im Hinblick auf die Bewältigung dieser Aufga- ben leistungsfähiger zu machen. Auf der anderen Seite setzen Politikwissenschafdtler und Berater aber auf „Privatisierung“, sobald sich zeigt, dass zentralisierte staatliche Institutio- nen an ihre Grenzen kommen. Auch sie mogeln sich um die Frage herum, wie konkrete An- reize zu schaffen sind, die die Beiträge und Verantwortungsübernahmen der Einzelnen ver- bessern.

Verteilte Roh stoffe

Viele wichtige P rodu ktionsmittel u nd Roh stoffe sind weltweit gestreu t. Wissen lässt sich oh - neh in beliebig du plizieren, d. h . es stellt in einer h errsch aftsfreien Welt keinen M angel dar.

Die h eu tigen B esch ränku n gen erfolgen au s P rofitinteressen, d. h . Wissen wird in Wert ge- setzt, du rch Patente u n d Lizenzen lassen sich entsprech ende P reise erzielen. Wie mit Wis- sen wäre es au ch mit M asch inen, die sich tran sportieren , also bedarfsorientiert verteilen, ü berall n ach produ zieren oder verleih en lassen .

Letztlich gilt das au ch fü r viele wichtige P rodu ktionsfaktoren, z. B. Energie u n d Lan d. Ur- spru n g fast aller Energie au f der Erde ist die Sonne − h inzu komm en die problem atisch e Energiefreisetzu ng bei der Zerteilu ng von M aterie (Atom kraft), magn etisch e u nd Schwer- krafteffekte wie Ebbe u nd Flu t sowie die N u tzu ng der in neren Erdwärme (Geoth erm ie). Die Son neneinstrah lu ng ist au f der Erde n icht gleich mäßig verteilt, aber fast ü berall so h och , dass bei voller N u tzu ng (Licht, Wärme, Wind, B iomasse) ein Vielfach es der zu r Zeit ver- brau chten Energie bereit stände. Es bedü rfte also gar nicht des Transports von Energiestof- fen ü ber große Entfernu n gen − zu mal in einer Welt der P rivilegien u nd h oh en M achtge- fälle nicht zu fällig bestimmt ist, wer wem etwas abzu geben h at. M aterial- u nd En ergietran s- porte fließen vor allem von den oh neh in Arm en zu den oh neh in Reich en u n d vergrößern die Klu ft zwisch en ih nen.

H erm an n Sch eer, in : F R , 2 0. 6. 2 009 (S. 20)

Wie sähe unsere Wirtschaftsstruktur aus, wenn alle Produktionen mittelständischer Firmen ersetzt würden durch Großkonzerne, weil diese durch Massenfertigung zu niedrigen Stück- kosten kommen können? Die Wirtschaft wäre weniger innovativ, es gäbe Preisdiktate, ganze Wirtschaftsregionen würden versteppen und die Verkehrsströme zunehmen, und es gäbe weniger Arbeitsplätze. Eine nur mit erneuerbaren Energien mögliche Dezentralisie- rung der Stromerzeugung in vielen Händen mit einem Comeback der Stadtwerke ermög- licht überall regionale Wertschöpfung. Dieser Vorzug ist für die ökonomische Entwicklung allemal bedeutender als isolierte Energiepreiskalkulation. Die Chance der erneuerbaren Energien liegt in diesem Systemwechsel, nicht in der Kopie atomarer und fossiler Großkraft- werke.

Au sreich end verteilt sind zu dem Landfläch en, die zu r H erstellu ng von Lebensmitteln ge- eignet sin d. Dass H u nger u nd Armu t weltweit nicht gleich h äu fig vorkommen, sch eint dem zu näch st zu widersprech en. Doch tatsäch lich ist es so, dass der M an gel organisiert wird. Es wäre in allen Großregionen der Welt möglich , au sreich end N ah ru ngsmittel h erzu stellen.

Fast ü berall gesch ieht das au ch − u nd es wü rde fü r alle M ensch en reich en, wenn dieser N ah ru ngsm ittelanbau au ch zu gelassen wü rde u nd die Ernte den M ensch en zu r Verfü gu ng stän de, die dort leben . Genau das aber gesch ieht nicht. Stattdessen werden mit einem Rie- sen au fwan d u nd h ochvermachtet Lebensmittel ständig u m die Welt gesch afft (Verteilu n g ist

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ein P roblem , n icht die Lösu n g! ). Kriege, Vertreibu ng, patriarch ale Unterdrü cku n g, Zer- sch lagu ng lokaler M ärkte, Umweltzerstöru ng, Fu ttermittelexporte, N ah ru ngsmittelan bau in H u ngerländern fü r Übersch u ssländer u n d die fah rlässige sowie, zwecks P reisstabilisieru ng, gezielte Vernichtu ng von N ah ru ngsmitteln sind die Grü nde des H u ngers. I n den letzten Jah ren kommt massiv die B iomasse-P rodu ktion fü r Energiegewinnu ng oder andere in- du strielle P rozesse h inzu . Oh ne diese Faktoren gäbe es h eu te ca. eineinh alb M al so viele N ah ru n gsm ittel, wie fü r alle M ensch en reich en wü rde. H u nger ist keine Katastroph e, son- dern kü nstlich gemacht. Es ist, strafrechtlich betrachtet, M ord − M assenmord. „ Die Welt- landwirtsch aft könnte problemlos 1 2 M illiarden M ensch en ernäh ren. Das h eißt, ein Kin d, das h eu te an H u nger stirbt, wird ermordet.“, kritisierte Jean Ziegler die Lage (Qu ellen: Film

„We Feed th e World“, 2005; Artikel „ Das täglich e M assaker des H u ngers − Wo ist H off- n u ng?“ metall N r. 5/2006). H inzu kommt die verschwenderisch e Verfü tteru ng von essba- ren P flanzen fü r die u nnötige oder zu mindest völlig ü berzogen e Fleisch produ ktion . Ein Wirtsch aften als I nwertsetzu ng von möglich st allem zwecks besserer P rofite wird all das n och versch limm ern. So kann die in diesem Zu sam menh an g stets gepriesene Gentech n ik gegen Kriege u nd die anderen, sozialpolitisch en Grü nde des M angels gar nicht h elfen. Sie soll u n d wird das Gegenteil bewirken: Die Verknappu ng des Saatgu tes du rch gentech n i- sch e Veränderu n gen , Patente u nd Kombinationen mit Spritzmittelkau f. M ich ael Krawin kel, P rofessor an der Un i Gießen, sch im pft ü ber den „ M issbrau ch des Argu m ents, Grü ne Gen- tech nik leiste ein en B eitrag zu r H u ngerbekäm pfu ng.“ Stattdessen leisten deren P rotagonis- ten „ der Entwicklu ng Vorsch u b, dass die Saatgu t- u nd Agroch em iekonzerne des N ordens die M ärkte h ier u nd im Sü den erobern u nd die dortige kleinbäu erlich e Landwirtsch aft ver- drängen.“

Andere Roh stoffe − andere P robleme. Au ch bei den en , die u nersetzbar, aber u ngleich ver- teilt sind, wü rden das Wegfallen ständiger I nwertsetzu ng u nd der Zwang zu m P rofit die Lage verändern u nd die Selbstbestimmu ng der M en sch en fördern. Fortan mü ssten freie Vereinbaru ngen getroffen werden m it denen , die vom Abbau der Roh stoffe, von Transpor- ten u n d P rodu ktionsan lagen betroffen wären. Das wü rde einen I n novationssch u b fü r men- sch en- u nd u mweltgerechte Tech n ologien au slösen. Den wer seine wirtsch aftlich en Ziele n icht meh r mit Gewalt du rch setzen kann, mu ss sein H andeln so verän dern , dass es au f Ak- zeptanz stößt.

Von der Gru ndsich eru ng zu Reichtu m oh ne Eigentu m

Ein Erfolgsrezept des Kapitalismu s ist, den M ensch en die Alternative zu m Dasein als Räd- ch en in der großen M asch ine der Verwertu ng u n d des P rofits zu neh m en . Au s Existenznot verkau fen sie ih re Arbeitskraft u n d ku rbeln dam it das System von Au sbeu tu ng selbst an.

Kritik verstu m mt an gesichts der eigenen Abh ängigkeit. Es kann dah er den Willen zu r Ver- än deru ng stärken, den M en sch en die Existenzangst zu neh men. Au s diesem Gru nde loh nt sich in den I n du striegesellsch aften der Kampf fü r ein Gru n deinkomm en − selbstverstän d- lich ein bedingu ngsloses, sonst wü rde sich An gst u n d Kontrolle sofort wieder ein sch lei- ch en.

Au s Ch ristoph Sp eh r (2003): „Gl eich er al s an dere“, Ka rl D ietz Verl ag in B erl in (S. 1 05) Es ist von erheblicher Komik, dass Abgeordnete für sich in Anspruch nehmen, durch relativ hohe Gehälter ihre inhaltliche Unabhängigkeit zu wahren und sich nicht-erpressbar zu ma-

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chen − dass die meisten dieser Abgeordneten es aber nicht für nötig halten, eine derartige Unabhängigkeit und Nicht-Erpressbarkeit auch für den Souverän, nämlich die Bevölke- rung, zu gewährleisten. Was für Abgeordnete gilt, sollte auch für uns gelten. Nur die Ga- rantie eines unabhängigen, qualitativ ausreichenden Existenzgeldes schafft für die Indivi- duen die Voraussetzung, sich nicht um jeden Preis verkaufen zu müssen. Es gewährleistet ihre politische Freiheit; denn politische Freiheit heißt vor allem, sich nicht in erzwungene Kooperationen irgendwelcher Art hineinbegeben zu müssen. Wo dies nicht in Form direkter monetärer Leistung möglich ist (und in den hochindustrialisierten Staaten des Nordens ist es ohne weiteres möglich), kommen andere Formen in Betracht − Landzuteilung oder Zugang zu gesellschaftlichem Kapital, das für Strukturen von Selbstorganisation und Selbstversor- gung genutzt werden kann.

Langfristig geht es u m meh r. Die kü nstlich e Abtrennu n g des M en sch en von den M itteln u n d M öglich keiten des Überleben s u n d der eigen en Entfaltu ng mu ss ü berwu nden werden.

Gesellsch aftlich e Ressou rcen, also Wissen, Land, Tech n ik, P rodu ktionsm ittel u nd meh r seien allen gleich ermaßen zu gänglich − in einer Welt oh ne Eigentu m, wo der du rch die Vielen entstan dene Reichtu m nicht meh r du rch komplizierte Gremien verwaltet wird, son- dern einfach da ist, genu tzt u nd weiterentwickelt, erzeu gt u nd verbrau cht werden kann.

Weil ein E jedeR so reich ist wie das Gesamte, fallen Eigenn u tz u n d Gemein nu tz zu sam- m en .

Au ßerh alb der I ndu strielän der, aber zu m Teil au ch inn erh alb dieser, könn en als Zwisch en- stadien gleich berechtige Verteilu ngen von Land u nd P rodu ktionsm itteln sin nvoll sein.

Denn ein Gru ndein kom men sch afft n u r begrenzt Unabh ängigkeit, wenn es keine P rodu k- tion meh r gibt, die dem Überleben der M ensch en am Ort dient. Ernäh ru ngs- u nd Energie- sou veränität sowie Zu griff au f P rodu ktionsm ittel sind u nabdin gbare Vorau ssetzu ngen fü r ein selbstbestimmtes Wirtsch aften. Dazu mü ssen Lan d u nd Roh stoffe wieder in die H an d der M ensch en komm en − weg von Staaten u n d Konzernen.

Wer treibt den Wandel an?

Ein anderes Wirtsch aften bedeu tet die Verlageru ng von M acht − weg von zentralen Akku - m u lationsorten des Eigentu m s an P rodu ktionsm itteln h in zu ein er dezentralen Verteilu ng entweder au f kleinere, von den M ensch en getragene Form en des Gem einsch aftseigentu m s oder ganz rau s au s der Logik von Eigentu m. Es werden die N u tznießerI nnen einer solch en Umverteilu ng sein, die den P rozess antreiben − gesetz dem Fall, dass sie au s ih ren Abh än- gigkeiten entweich en u nd somit ü berh au pt den Willen u nd M u t zu r Veränderu n g fassen können.

Antrieb selbst ist nicht meh r der Zwang zu m P rofit, sondern die H offnu ng au f ein besseres Leben oder zu mindest ein e Lösu ng bzw. Verbesseru n g im Detail. Das h ilft dann au ch an- deren fü r ih r Leben , wenn das n eu e Gesch affene offen zu gänglich ist, also nicht du rch Ei- gentu m an Wissen oder P rodu ktionsmitteln von ih nen abgesch ottet wird. Was sch on fü r die Entwicklu ng von Tech nik im entsprech en den Kapitel form u liert wu rde, gilt au ch h ier.

H erm an n Sch eer in „Sol are Wel twirtsch aft“, 2 000, Verl ag An tje Ku n stm an n (S. 2 55) So richtig es ist, die Energiekonzerne auch zur Mitwirkung am Wandel zur solaren Welt- wirtschaft zu veranlassen − durch öffentlichen Druck, Überzeugungsarbeit oder politische Auflagen -, so wenig kann man erwarten, dass sie das im Sinne einer forcierten Substitu- tionsstrategie tun, also gegen sich selbst. Auch wenn es aus den . . . genannten Gründen nicht möglich ist, die Versorgung mit erneuerbaren Energien so zu kontrollieren wie die ato-

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mar/fossile Energieversorgung: Es ist von ausschlaggebender Bedeutung, wer das Tempo der Einführung solarer Ressourcen vorgibt und nach welchen Interessen dabei vorgegan- gen wird. Die Schrittmacher der Einführung erneuerbarer Energien waren und sind unab- hängige, nicht eingebundene Akteure: „grass-roots“-Organisationen, individuelle Betreiber, neue Unternehmen, Stadtwerke, Politiker. Sie haben die Aufklärungsarbeit in der Öffent- lichkeit geleistet und den Markt für Solartechniken vorbereitet. Ihre Aktivitäten müssen ver- stärkt werden, statt sich darauf zu verlassen, dass die Entwicklung nun von Konzernen und von Regierungen in die Hand genommen wird − nach dem Motto: „Wir haben verstan- den.“ . . . Der Wandel zur solaren Weltwirtschaft ist ohne die gebündelten Aktivitäten loka- ler und unabhängiger Kräfte sowie zahlloser individueller Investoren nicht vorstellbar.

Kl arstel l u n g: E m an zi pati on i st etwas an deres al s ( N eo-)Li beral i sm u s

Fanatiker des Rechtsstaates kritisieren den Wu nsch n ach H errsch aftsfreih eit, indem sie neo- liberale I deen m it an arch istisch e Entwü rfen oder h errsch aftsfreien Utopien gleich setzen.

Das ist verstän dlich als P ropagandastrategie der Staatsfetisch istI nnen u n d -nostalgikerI nn en in Linken oder SP D, attac u n d vielen anderen N GOs, bei Radikal- u n d B asisdem okratI n- n en. Tatsäch lich aber ist die Gleich setzu ng von Liberalisieru ngsprogramm en z. B. der Grü - n en oder der F. D. P. mit h errsch aftskritisch en Positionen ein Armu tszeu gnis an Analysefä- h igkeit. Zu dem signalisiert sie den Erfolg der N eoliberalen, die erfolgreich ih ren Du rch - m arsch als Zu rü ckdrän gen staatlich er B evorm u ndu ng propagieren − wäh ren d sie gleich - zeitig einen au fgerü stet repressiven Staat h erbeiseh n en , der ih nen die Folgen ih res Treibens vom Leib h ält.

Das B ild lin ks zeigt ein e Anzeige der I n du strie, dient also der P ropagan da. Die Au ssage versch leiert, dass M arkt u nd Staat gar keine Gegensätze sind, son dern einander sogar be- dingen. Die Au srichtu ng aller Teile von Gesellsch aft au f P rofit u nd Verwertu n g verlief ü ber staatlich e Rah m ensetzu ngen, u nd zwar seh r au toritäre. Der bru tale M arkt der gegenseiti- gen Au sbeu tu n g wäre gar n icht denkbar oh ne die Apparate des Staates, die M ensch en jeg- lich e Alternative entzieh en u nd sie, mitu nter wortwörtlich , als Rädch en in die große M a- sch ine prü geln. Die wirtsch aftlich e Globalisieru ng wird von den N ation alstaaten u nd ih ren I nstitu tionen gem acht. Die Versch ärfu ng der Arbeitsgesetze, der Abbau des Sozialen − al- les geht von den Regieru n gen au s. Antreiber u nd P rofiteu re sind die Konzerne, aber der Staat ist der M ach er. H inzu kom mt imm er meh r Kontrolle, Überwach u ng, B estrafu ng fü r die, die nicht den N orm en gem äß h andeln . Au ch da agiert der Staat. I nsofern sind Staat u nd M arkt nicht Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben M edaille. H errsch aftsfreih eit wäre das Gegenteil von beidem. F. D. P. & Co. wollen gar nicht wen iger Staat, sondern ei- n en m odernisierten. Die selbsternannten RetterI n nen der Demokratie wollen mit ih rer For- deru ng nach m eh r Staat au ch vor allem Kontrolle. N ü tzen wird das den H errsch enden u n d u .a. den Kon zernen . Wer Freih eit will, m u ss weniger Staat u nd weniger M arkt anstreben.

Oder am besten beides absch affen !

Au s ein em I n terview m it J a n Reh m an n , in : J u n ge Wel t, 3.1 . 2008 (fau l h eit&arbeit, S. 1 f. ) Marx und Engels haben den Freiheitsbegriff ja keineswegs preisgegeben, sondern offensiv mit einer herrschaftsfreien »Assoziation« verbunden, in der »die freie Entwicklung eines je- den die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist«. Das geht sogar noch weiter als die Formel »Freiheit durch Sozialismus«. Nicht nur ist persönliche Freiheit nur innerhalb eines

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Gemeinwesens möglich, sondern ein solches Gemeinwesen muss auch selbst auf der freien Entwicklung eines jeden basieren.

N eo- u nd klassisch e Wirtsch aftsliberale vergöttern den M arkt als M ech anismu s der P rob- lem lösu n g. Dort werde optim al geregelt, dass die richtigen Gü ter produ ziert u nd an die Orte des Verbrau ch s verteilt werden. Dem Sch u lbu chwissen nach gesch ieht das ü ber An- gebot u n d N achfrage, in den nicht nu r der Volksverdu m mu n g, sondern au ch der H eranbil- du ng von Arbeitskräften dienenden Disziplinen der Wirtsch aftswissensch aften werden zwar komplexere Regelsystem e ben annt, aber die Gru ndprinzipien bleiben.

Selbst u nter alternativen Wirtsch aftsvorsch lägen komm en solch e vor, die den M arkt selbst gu th eißen u nd sogar n och stärken wollen. H öh epu nkte kreieren z. B. die Freiwirtsch aftle- rI nn en , die den eigentlich gu ten M arkt vom verm eintlich bösen Einflu ssfaktor Zins befreien wollen. „ Um satz, Um satz, Umsatz“ ben ennt ih r th eoretisch er Vordenker Silvio Gesell er- stau nlich offen als Ziel dieser M aßnah me u nd zeigt dam it, dass es nu r u m Detailkämpfe au f dem Weg zu m gleich en Ziel geht.

Kapitalism u s ist nicht effizient

Das Ziel kapitalistisch en Wirtsch aften s ist die Steigeru ng von P rofit u nd die Erh öh u ng wirt- sch aftlich er M acht du rch Akku m u lation von P rodu ktion sm itteln, welch e dann ü ber den stän digen Kreislau f der Verwertu ng wieder P rofit sch afft. Ein besseres Leben , die Versor- gu ng der M en sch en mit den Gü tern des Lebens u nd des Überlebens ist kein Zweck dieses Wirtsch aftssystem s, sondern gesch ieht nu r dan n, wenn dadu rch der Verkau f u nd damit der P rofit gesteigert werden kan n. I st Verkau f nicht meh r rentabel, werden die P rodu kte ver- nichtet − au ch wen n das Arm u t oder sogar Tod zu r Folge h at (sieh e Vernichtu n g von Le- bensm itteln).

Das Rin gen u m P rofit u nd wirtsch aftlich e M acht fördert Kon ku rren z u nd Spaltu ng. Das Ganze ist nicht nu r u n mensch lich , sondern au ch n icht, wie imm er beh au ptet wird, effizient.

Denn nu n geht ein großer Teil der stofflich en Ressou rcen u nd n och meh r der körperlich en u n d Denkkraft in Verteilu n gs- u nd Absich eru n gskämpfe. Riesige Sektoren kapitalistisch er Wirtsch aft wie Überwach u ng, B u ch h altu ng, Werbu ng u n d Ordn u ngsmittel (z. B. Ju stiz-, Polizei- u nd Armeeau srü stu ng) wü rden völlig ü berflü ssig, wenn es nicht meh r gesellsch aft- lich es Ziel wäre, Ressou rcen, P rivilegien u n d Wissen u nter h oh em Au fwan d u ngleich zu verteilen.

Der Kapitalismu s ist dabei nicht allein . Alle H errsch aftssystem e h aben die Ten denz zu r Spaltu n g, weil sie das Ringen u m gesellsch aftlich e Ressou r- cen u nd M acht in einen Konku rren zkampf m ü nden lassen.

Mögl i ch kei ten u n d Gren zen dezen tral er Wi rtsch aftsform en

Es gibt eine große Zah l von Vorsch lägen u n d Experimenten , die M acht der ständigen Gier nach P rofit u n d dem Zwang zu r I nwertsetzu ng von allem u nd jedem zu entkomm en . I m- m erh in , das sei zu gegeben, stellen viele dieser Vorsch läge Verbesseru ngen in irgendeinem Detail dar. Sie h aben aber Grenzen, vielfach sind die seh r eng gesteckt. Das allein wäre

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Kritik an kapital istisch en

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U mwel tsch utzkonzepten:

www. projektwerkstatt.de/

zitate/z_oekapi. htm l E nergie: www.

projektwerkstatt.de/aes/

energie. htm l

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n och nicht problematisch , denn au ch kleine Sch ritte sin d wertvoll, wenn die Richtu ng stimmt, d. h . im Sinne einer Em anzipation , wenn H andlu ngsmöglich keiten wach sen, Zwän ge u nd Abh än gigkeiten redu ziert werden. Schwierig aber werden alle Vorsch läge, wen n sie sich au fbläh en zu meh r als sie sind. Sie können dann zu Tom aten au f den Au gen werden , in dem sie versch leiern, dass da noch viele Abh ängigkeiten verbleiben. Teilweise su h len sich altern ative Wirtsch aftsform en in einer Eigen propagan da, die die kapitalistisch e Welt versöh nlich ersch einen lässt, weil sie ja die M öglich keit zu lässt, es au ch anders zu ma- ch en. B ei näh erer B etrachtu ng zeigt sich aber, dass dieses M iteinander n u r fu nktioniert, weil esgar n icht so u ntersch iedlich ist wie beh au ptet.

I m Folgenden sollen ein ige Ansätze vorgestellt u nd kritisch h interfragt werden − in ku rzer Form . Au sgelassen werden dabei Vorsch läge, die von Vorn h erein den Kapitalism u s eh er retten oder wiederbeleben als ü berwinden wollen wie der „ Green N ew Deal“ oder Steu ern au f Devisen- oder B örsentransaktionen (z. B. Tobin Tax).

Tau sch en, Bewerten u nd darü ber h inau s

Recht weit verbreitet sind Tau sch rin ge. I n ih n en tau sch en M ensch en Fäh igkeiten au s. Sie h elfen sich gegenseitig, allerdin gs nicht direkt, sondern in einem Umtau sch system, in dem H ilfsarbeiten au f Zeitkonten erfasst u nd als Zeitplu s genu tzt werden können, u m andere Ar- beitskraft „ ein zu kau fen“. Das h at einen sch n ell sichtbaren Vor- u nd einen ebenso offen- sichtlich en N achteil. Der Vorteil ist, dass es die Vielfalt an Tau schvorgängen erweitert. Tau - sch e ich nu r mit ein er Person au f Gegenseitigkeit, so können n u r die Fäh igkeiten dieser beiden Personen zu r Geltu ng komm en. Wird in einem Ring getau scht, so kan n ich meine Fäh igkeiten vielen Leu ten anbieten u nd gleich zeitig von den Fäh igkeiten vieler „ profitie- ren“. Das gegen seitige H elfen wird entpersonalisiert. Es gibt eine Art „ M arkt“ des Fäh igkei- tentau sch es, was zeigt, dass ein freier M arkt im Sinne eines Tau sch platzes einer engen er personalisierter Sozialisation (Fam ilie, Clan, Stamm . . . ) gegen ü ber eine B efreiu ng darstel- len kann − es kommt eben au f die tatsäch lich en B edingu ngen an.

Der offensichtlich e N achteil von Tau sch ringen ist gleich ein doppelter. Erstens werden da- m it H andlu n gen in Wert gesetzt, die bislang kostenlos erfolgen (N ach barsch aftsh ilfe u sw. ).

Dadu rch deh n en Tau sch rin ge die Wertlogik sogar au s statt sie ein zu däm men. Zu m zweiten wirkt die Wäh ru n gseinh eit Zeit n u r au f den ersten B lick gerecht. Klar: Die Tage aller M en- sch en h aben 24 Stu nden. Aber innerh alb dieser besteh en u ntersch iedlich starke Zwänge, die Zeit zu eigenen Reprodu ktion zu verwenden. Wer alleinsteh end u nd oh ne Kinder in ei- n em h och bezah len H albtagsjob arbeiten, h at eine deu tlich andere Lage als das allein erzie- h ende Elternteil mit prekären Jobs u nd ständiger Armu t. Eine Person kann am Tau sch ring m itwirken − so als H obby u nd zu r Erfü llu ng einer Sinnsu ch e im Leben. Die andere ist ge- zwu ngen. Sie mu ss ih re Zeit verkau fen, u m andere Zeit einkau fen zu können. Au ch im Tau sch ring existieren Angebot u nd N achfrage. Wer viel gefragte Fäh igkeiten h at, kann ei- n en Reichtu m an Zeiteinh eiten erreich en u nd damit au ch viel andere Zeit ein kau fen. An- dere kön nen das nicht. Tau sch en folgt dah er der Wertlogik.

Dennoch dü rfte eine Zeitwäh ru ng weniger soziale H ärten au fweisen als das Geldsystem, in der die ben annten Schwäch en au ch enth alten sind plu s dem zentralen P roblem , dass pro Arbeitszeitein h eit u ntersch iedlich e Geldmengen au sbezah lt werden .

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B eitra g von H an s Ley au f Op en th eory „Al l es fü r a l l e“

Ist es wirklich notwendig den Begriff des Wertes vollständig über Bord zu werfen. Der Wertmaßstab und das Vergleichen von Werten ist doch eigentlich das problematische. Es spielt dabei auch keine Rolle ob wir das allgemein anerkannte GELD als Maßstab oder ein anderes Medium verwenden, wie es heute in vielen Tauschringen geschieht. Immer wird et- was miteinander verglichen und ausgetauscht. Es steht immer die Frage im Vordergrund:

„Ich biete etwas an! − Was bekomme ich dafür?“ Wer nichts anbieten kann, bekommt auch nichts − vielleicht ein Almosen. Wenn viele das auch anders sehen, aber der Weg über Tauschringe oder andere Formen von Geld, kann Detailprobleme lösen, wie die Verhinde- rung von Hortung und Spekulation aber es ist nicht möglich das Ziel „ALL ES FÜR ALL E“ zu erreichen.

Nur wen ich etwas für andere tue, was mir Freude macht und was ich am besten kann, ohne danach zu fragen: „Was bekomme ich dafür?“ habe ich einen kleinen Schritt auf die- sem Weg gemacht. Doch was kann ich, oder können „wir“ konkret tun?

Au s P. M. 2 000: Su bcom a, Pa ran oia City in Zü rich (S. 1 52f. )

. . . die sozialen Probleme können nicht einfach mit entfesseltem Kleinhandel gelöst werden, Wer nicht anbieten kann, zum Beispiel wegen Behinderung, kommt bei L ETS unter die Rä- der. Die alten sozialen Ungerechtigkeiten bilden sich auch in der LETS-Währung nur wieder ab, zum Beispiel Landbesitz, die Vermögens- und Lohnungleichheit. . . . Tauschringe im In- nern einer LMO (lokale Organisierung) sind auch darum eher schädlich, weil sie die spon- tane Nachbarschaftshilfe unterlaufen könnten. Es ist sozial und ökologisch immer noch am effektivsten, wenn Hilfe an Ort und Stelle ohne bürokratische Umtriebe gewährt werden kann. (Dies gilt nicht für regelmässige Verleihsysteme, zum Beispiel von Autos)

Tauschringe sind also sinnvoll in jenen Bereichen, wo es nicht um lebenswichtige und kapi- talintensive Güter, sondern um wünschbare Zusatzleistungen geht. . . . In diesem Bereich können sie dazu beitragen, die Anonymität zu durchbrechen und das soziale Leben zu be- reichern, und sei es auch nur durch die Sitzungen und Treffen der Tauschringmitglieder. . . . Das Experimentieren mit Komplementärwährungen wird uns nicht aus der Zange von Staat und Kapital herausführen.

Viele Tau sch ringe m ach en au s dem Verrech n en der Zeitein h eiten ein klein es M onopoly- spiel u nd geben der h in - u nd h erfließenden Zeit einen N amen. Das wirkt dan n wie ein e Wäh ru n g, bleibt aber gekoppelt an die Zeit.

Davon u ntersch eiden sich andere alternative Wäh ru ngen . Die stellen, wenn sie gar nicht m eh r an die Zeit gekoppelt sin d, sondern sich frei im M arkt entwickeln, gar keinen Fort- sch ritt gegen ü ber dem ü blich en I nwertsetzen u n d der P rofitbildu ng im Kapitalismu s meh r dar. Dass sie meist region al besch ränkt sind, ist au ch kein eman zipatorisch er Fortsch ritt als solch es. Regionalität ist nicht per se, son dern n u r au s besonderen Grü nden (gerin ge Tran s- portentfernu ngen u .ä. als ökologisch er B eitrag) ein Vorteil. Der N azi-Klam otten-Laden im eigen en Dorf ist ansonsten nicht wertvoller als der Weltladen ein Dorf weiter . . .

Einen Sch ritt weiter sind Umsonstläden. I n ih n en fällt der Wert weg. Alles ist u m sonst. Es gibt keine B edin gu ngen , d. h . es mu ss nieman d, der sich was n im mt, au ch was bringen.

Umgekeh rt au ch nicht. Viele Läden h aben als einzige Sch ranke eine B egrenzu ng der M en ge eingefü h rt, die pro Person mitgen omm en werden kann. Das ist zwar eigentlich wi- der der I dee, aber h atte das Ziel, der Rekomm erzialisieru ng entgegenzu treten. Floh m arkt- u n d Ebayverkäu ferI nnen h atten näm lich Umsonstläden als Gratisqu elle entdeckt. Sin n ma- ch en Um son stläden in der Tat nu r, wenn sie m eh r sind als ein Zwisch enlager vor der Wie- derinwertsetzu ng. Viele Umsonstladen-Aktive kennzeich n en desh alb ih re P rodu kte au ch als „ u nverkäu flich“, u m dam it au ch fü r später das P rinzip des Geben u n d N eh mens oh n e B edingu ngen zu erh alten. Als Schwäch e vieler Umsonstläden zeigt sich die Ein sch rän-

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ku ng au f wenige Überflu ssbereich e wie Kleidu ng u n d H au sh altswaren. H in zu komm en tech nisch Geräte, die leicht bis stark veraltet sind. N u r selten tau ch en P rodu ktionsmittel oder Tätigkeiten als Um sonstangebote au f (z. B. in Gießen zeitweise einmal wöch entlich kostenfreies H aaresch n eiden ).

Die u topisch e Weiterentwicklu ng wäre der gemeinsam e Reichtu m u nd die Eigentu m slosig- keit an P rodu ktionsm itteln, also u n besch ran kt zu gänglich e Ressou rcen (Land, Räu me, I n- frastru ktu r).

Au s dem Text „Wed er Tau sch en n och Sch en ken“ in d er Oekon u x-D ebatte (www.oekon u x.d e/texte/n eh m en . h tm l )

Freie Software und andere Freie Produkte sind nicht Gegenstand irgendwelcher Tauschvor- gänge. Freie Software steht allen zur Verfügung, die sie benötigen − sie kann einfach ge- nommen werden. Auch wer überhaupt nichts zu Freier Software beigetragen hat − wie je- deR durchschnittlicheR Gnu/Linux-NutzerIn -, kann sie in vollem Umfang und ohne Abstri- che nutzen, sich die Quellen anschauen, daraus lernen und sie weitergeben. Das Konzept des Tausches ist auf Freie Produkte schlicht nicht anwendbar. Das schließt im übrigen ein, dass auch eine Person, die etwas gibt, nicht erwarten kann, dafür etwas zu bekommen.

Andererseits kann auch nicht von Geschenken im engeren Sinne gesprochen werden, da Freie Software im allgemeinen nicht für bestimmte andere Personen geschrieben wird.

Höchstens von einem Geschenk an die Menschheit könnte gesprochen werden.

Su bsistenz u nd Bedarfswirtsch aft

Au ßerh alb der I n du strienationen spielt sie im mer noch eine wichtige Rolle, inn erh alb dieser n u r als Experiment, N isch e oder in der weit entlegenen Periph erie: Die Su bsistenz, d. h . der Anbau von N ah ru ngsmitteln u nd m anch m al au ch weitere P rodu ktion zu m Eigenge- brau ch . Das kan n in kleinen Gemein sch aften u n d erweitert u m direkte Kooperationen m it dem Au stau sch von Gü tern gesch eh en, die entsprech en d dem B edarf vorh erbestim mt wer- den. Solch e Su bsistenz verläu ft oh ne I nwertsetzu n g. Sie orientiert sich am B edü rfn is − der H andelnden selbst oder konkreter Personenkreise, die dann beliefert werden m it den M en- gen, die benötigt u nd bestellt sind. I n Deu tsch land h aben sich einige experimentelle P ro- jekte der „ Com mu n ity Su pported Agricu ltu re“ (CSA) gegrü n det.

Es ist denkbar, die B edarfswirtsch aft im großen M aßstab zu denken. Darau f beru h en sozia- listisch e Staatsmodelle. Doch diese m u ssten sch eitern , denn B edü rfn isse lassen sich nicht beliebig verallgemeinern u n d vorh erbestim men. Ab einem bestimmten Abstraktion s- u n d Entfrem du ngsgrad ist den M en sch en, die etwas produ zieren , au ch n icht meh r klar, fü r wel- ch es u nd wessen B edü rfn is sie da eigentlich tätig sind. Dam it entfällt das u rsprü nglich e M otiv − die Arbeitskraft kann wieder n u r ü ber Zwan g u nd den Entzu g von Alternativen rek- ru tiert werden. Entsch eidend ist dah er, dass freie M ensch en in freien Vereinbaru ngen h an- deln − au f jeder Ebene u nd so ü bergreifen d, wie sie das wollen u nd es oh ne Verlu st eige- n er Entsch eidu ngsau tonom ie eben geht.

Au s: Lu xem bu rg, Rosa (1 92 3): „D ie Akku m u l a tion des Kapita l s“, F ran kfu rt/Ma in (S. 321 ) Zuerst war der Zweck die Isolierung des Produzenten, seine Trennung von der schützenden Gebundenheit des Gemeinwesens, dann die Trennung der Landwirtschaft vom Handwerk, jetzt ist die Trennung des kleinen Warenproduzenten von seinen Produktionsmitteln die Auf- gabe.

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Solidarisch e Ökonom ie

Unter diesem B egriff werden seh r u ntersch iedlich e Ansätze zu samm en gefasst, daru nter solch e m it praktisch en Umverteilu ngsm ech anism en oder (teilweiser) Überwin du ng von Ei- gentu ms- u n d Verwertu ngslogik. Es werden aber au ch rein form ale Verän deru ngen u nter dem B egriff vereint, was wenig h ilfreich ersch eint. Denn es kommt au f die tatsäch lich en Verh ältnisse u nd B ezieh u n gen im Wirtsch aften an u n d n icht au f die H ü lle, in der das Ganze stattfindet − es sei den n, diese sch afft B edingu ngen, die das Wirtsch aften verän- dern. Genau das aber tu n Gen ossen sch aften, das Lieblingskin d vieler An h ängerI nn en soli- darisch er Ökonom ie, n icht. Sie sin d genau so geeignet oder u ngeeign et wie andere For- m en . Alternative Ökon omie kann in Genossensch aften gelin gen, ebenso kön nen Genos- sen sch aften aber au ch bru tale Au sbeu tu ngsregim e betreiben − die Raiffeisen u nd ih r inter- national stark u nterdrü ckendes Wirtsch aftsgebah ren lassen ebenso grü ßen wie korru pte Gewerksch aftskonzerne. P roblem atisch ist zu dem die Wirku n g au f alternative Experimen- te. N icht wenige P rojekte, die oh ne P rofitabsichten gestartet sin d, wu rden inzwisch en als ernstzu neh m en de Konku rrenten im kapitalistisch en B oxring „ erwach sen“. Viele grü ndeten Genossensch aften u nd waren fortan au ch n ominell das, was der Kapitalism u s will u n d för- dert: Firm en , die verkau fen wollen. Au fstieg u nd Ende

der Ökobank boten ein ersch recken dste Fallbeispiel. Un -

zäh lige andere blieben u nbekannt.

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E in Diskussionsbeitrag zur Sol idarisch en Ökonom ie

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aus dem Arbeitskreis Lokal e Ökonom ie H am burg ( N ovem ber 2006) findet sich unter www.um sonsttraum .org/sel f/th esen. htm l

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