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Vergleich von Alkoholabhängigen mit und ohne Vorgeschichte von Suizidversuchen anhand von klinischen und neurobiologischen Parametern

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Academic year: 2021

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(1)

Aus der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München

Direktor: Prof. Dr. H.-J. Möller

Vergleich von Alkoholabhängigen mit und ohne Vorgeschichte von

Suizidversuchen anhand von klinischen und neurobiologischen

Parametern

Dissertation

zum Erwerb des Doktorgrades der Zahnheilkunde an der Medizinischen Fakultät der

Ludwig-Maximilians-Universität zu München vorgelegt von Aliki Karakesisoglou aus München 2007

(2)

Ehrenwörtliche Versicherung

Diese Dissertation wurde selbständig und ohne Zuhilfenahme unerlaubter Hilfsmittel angefertigt.

Mit Genehmigung der medizinischen Fakultät

der Universität München

Berichterstatter: Prof. Dr. med. M. Soyka Mitberichterstatter: Prof. Dr. Th. Gilg

Mitbetreuung durch die promovierten Mitarbeiter: Dr. med. Gabriele Koller

PD Dr. med. Ulrich W. Preuss Dekan: Prof. Dr. med. D. Reinhardt Tag der mündlichen Prüfung: 07.03.2007

(3)

Abschnitte der vorliegenden Arbeit wurden bereits veröffentlicht:

Koller, G., Engel, R.R., Preuss, U.W., Karakesisoglou, A., Zill, P., Bondy, B., and Soyka, M. (2005). Tryptophan hydroxylase gene 1 polymorphisms are not associated with suicide attempts in alcohol-dependent individuals. Addict. Biol., 10(3): 269-273.

(4)

Inhaltsverzeichnis:

Abkürzungsverzeichnis

I.

Einleitung

8

I.1 Der Suizid und seine Häufigkeit 8

I.1.1 Überblick der Entwicklung der Suizide in Berlin und Deutschland 10

I.1.2 Suizidmethoden 12

I.1.3 Die subjektiven Beweggründe 15

I.1.4 Risikogruppen 16

I.1.5 Alkoholkonsum und Suizid 18

I.1.6 DNA und Gene 18

I.1.7 Genetische Faktoren und Suizid 20

I.2 Neurotransmittersysteme 21

I.2.1 Der TPH1 Polymorphismus und das Suizidverhalten 23

I.2.2 Das serotonerge System in der Suizidforschung 24

I.3 Zielsetzung 26

II.

Materialien und Methoden

29

II.1. Patienten und Probanden 29

II.1.1 Rekrutierung von Probanden 29

II.1.2 Genetische Untersuchungen 31

II.1.3 Ethische Standards 32

II.2 Untersuchungsinstrumente 33

II.2.1 TCI (Temperament und Charakter-Inventar) 34

II.2.2 Barratt Impulsiveness Scale 37

II.2.3 NEO-FFI (Neo-Five-Faktor-Inventory). 38

II.2.4 SSAGA (Semi-Structured Assessment on Genetics in Alcoholism) 40

II.3 Genetische Untersuchungen 42

(5)

II.4 Statistik 49

III.

Ergebnisse

III.1. Charakterisierung der Stichprobe 51

III.1.1 Gesamte Gruppe der Probanden 51

III.1.2 Ergebnisse zur Suizidalität von Alkoholabhängigen 52

III.1.3 Unterschiede zwischen der Gruppe der alkoholabhängigen Probanden (Männer)mit

Suizidversuch in der Vorgeschichte (n=130) gegen die Gruppe von Probanden ohne

Suizidversuch (n=137) in der Vorgeschichte 53

III.1.4 Unterschiede zwischen der Gruppe der alkoholabhängigen Probanden (Frauen) mit

Suizidversuch in der Vorgeschichte (n=111) gegen die Gruppe von Probanden ohne

Suizidversuch (n=26) in der Vorgeschichte 56

III.2 Mit Befragungsinstrumenten erhobene Daten 59

III.2.1 SSAGA 59

III.2.2 Ergebnisse zum Barratt-Impulsiveness Scale (BIS-5) 61

III.2.3 NEO-FFI 68

III.2.4 TCI 72

III.3. Verhältnis zwischen genetischen Varianten der Tryptophanhydroxylase und

suizidalemVerhalten 78

III.3.1 Vergleich der Gruppe von Probanden mit Suizidversuch in derVorgeschichte, gegen

die Gruppe der alkoholabhängigen Probanden ohne Suizidversuch in der Vor-geschichte, bezüglich der Polymorphismen A779C, -6526A/G und –5806G/T des

Tryptophanhydroxylasegens 78

III.3.2 Vergleich der Gruppe von Probanden mit mehr als einem Suizidversuch in der

Vorgeschichte, gegen die Gruppe der alkoholabhängigen Probanden ohne Suizid-versuch in der Vorgeschichte, bezüglich der Polymorphismen A779C, -6526A/G

und –5806G/T des Tryptophanhydroxylasegens 82

III.3.3 Vergleich der Gruppe von Probanden mit mehr als einem Suizidversuch in der

Vorgeschichte gegen die Gruppe der alkoholabhängigen Probanden ohne Suizid-versuch in der Vorgeschchte bezüglich Haplotypenverteilung der Polymorphismen A779C, -6526A/G und -5806G/T der Tryptophanhydroxylasegens 83

IV.

Diskussion

84

V.

Zusammenfassung

94

VI.

Literatur

97

VII. Danksagung

113

(6)

Abkürzungsverzeichnis

A: Adenin

ADH: Antidiuretic Hormon Antidiuretisches Hormon ASPD: Antisocial Personality Disorder

antisoziale Beschaffenheitsstörung BIS: Barratt Impulsiveness Scale

Barratt Impulsivität Skala

C: Cytosin

CAS: Cattel Anxiety Skala

COGA: Collaborative Study on Genetics on Alcoholism Kollaborative Studie der Genetik an Alkoholkranken dNTP: Desoxy-Nukleosidtriphosphate

DNA: Desoxy-ribonukleinsäure

FRET: Fluorescence Resonance Energy Transfer Fluoreszierender Resonanz Energie Transport 5-HIAA: Hydroxy-indol-essigsäure

5-HT: Serotonin

G: Guanin

GABA: Gamma-amino-buttersäure

ICD: International Classification of Diseases LMU: Ludwig -Maximilian- Universität München MAS: Manifest Anxiety Skala

Manifestierte Angst Skala m-RNA : messenger RNA

Boten RNA

ncl.Raphe: nucleus raphe dorsalis NEO-FFI: Neo Five- Factor Inventory

Neo Fünf Faktoren Inventar NEO-PI: NEO-Persönlichkeits-Inventar PCR: Polymerase Chain Reaction

(7)

PPQ: Professional Personality Questionnaire Professioneller Persönlichkeit-Fragebogen r-RNA : ribosomale RNA

SCID: Structured Clinical Interview for DSM-111-R Strukturiertes klinisches Interview für DSM-111-R SNPs: Single nucleotide polymorphism

Einzel- Nukleotid Polymorphismus

SSAGA: Semi-Structured Assessment on genetics in Alcoholism

Halb- strukturierte Begutachtung zur Genetik bei Alkoholkranken SSRI: Selektiver Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer: Antidepressivum StBA.: Statistisches Bundesamt Deutschland

T: Thymin

TCI: Temperament und Charakter-Inventar TPH: Tryptophanhydroxylase

t-RNA: Transfer RNA Transport RNA

WHO: World Health Organisation Welt Gesundheitsorganisation

(8)

I. EINLEITUNG

I.1 Der Suizid und seine Häufigkeit

Suizid (Suizid mit letalem Ende) und Suizidversuche, sind spezifische menschliche Verhaltensweisen, die bei einer Reihe von psychiatrischen Störungen, darunter schizophrenen und bipolaren Erkrankungen, bei psychoreaktiven Störungen, Abhängigkeitserkrankungen und auch bei organischen Psychosyndromen gehäuft auftreten. Der Begriff Suizid (Selbstmord oder Selbsttötung) setzt sich aus den beiden lateinischen Ausdrücken sui cadere (sich töten) oder sui cidium (Selbsttötung) zusammen (Furrer et al., 1997).

Man nennt Suizid jeden Todesfall, der direkt oder indirekt auf eine Handlung oder Unterlassung zurück zu führen ist, die vom Opfer selbst begangen wurde, wobei er das Ergebnis seines Verhaltens im Voraus kannte (Durkheim, 1990).

Phänomenologisch gibt es keine scharfe Abgrenzung zwischen Suizid und Suizidversuch. Mehr demonstrative und nicht geplante Suizidversuche können unbeabsichtigt letal enden, während andererseits suizidale Handlungen mit ernsthaftem Tötungswillen durch äußere Einflüsse misslingen. Äußere Gründe wären unter Anderem eine zu gering gewählte Dosis an Schlafmitteln oder dass Auffinden durch eine dritte Person. Die Suizidhandlung an sich wird unterteilt:

o VOLLENDETER SUIZID: Tod durch selbstintendiertes und lebensbedrohliches Verhalten

o SUIZIDVERSUCH: final angelegter Akt mit lebensbedrohlichem Potential ohne Todesfolge

o SUIZIDGEDANKEN: verbale und nicht verbale Anzeichen, die direkt oder indirekt eine Beschäftigung mit Selbstmordideen anzeigen (Großen, 1998).

Zur Häufigkeit von Suizidhandlungen:

Jede Statistik über Suizide ist mit Vorsicht zu betrachten. Es ist davon auszugehen, dass eine Reihe von Suiziden nicht als solche erkannt und erfasst werden. So ist beispielsweise bekannt, dass sich unter der Kategorie tödliche KFZ- Unfälle auch Suizide, die mit dem Auto begangen wurden, verbergen. Insbesondere bei internationalen Vergleichen in Suizidstatistiken sind die unterschiedlichen Handhabungen von Tabus zu bedenken.

(9)

Es ist davon auszugehen, dass in Regionen, in denen der Suizid stärker tabuisiert ist oder sogar unter Strafe stand (z.B. war der Suizid und der Suizidversuch in Großbritannien bis in die 60iger Jahre strafbar), die Angehörigen und ein Hausarzt die Todesursache Suizid zu vertuschen suchten. Somit muss auch die West-Berliner Suizidhäufigkeit der letzten 20 Jahre stark bezweifelt werden. Die Berliner Ärztin Dr. Annemarie Wiegand stellte in einer vergleichenden Untersuchung von Zeitreihen der Todesfälle durch Suizid und ungeklärter Todesfälle fest, dass seit Mitte der siebziger Jahre bei einem erheblichen Rückgang der Suizide die Zahl der Fälle ungeklärter Todesursachen erheblich anstieg (Wiegand, 1987).

Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol sind als potentiell autodestruktive Verhaltensweisen häufig mit Suizidalität verbunden. In diesem Sinn erinnert Sonneck (1995) auch an Menninger (1938), der den Alkoholmissbrauch als chronischen Suizid bezeichnete.

Der Zusammenhang von Sucht und Suizidalität zeigt sich sowohl in der hohen Sterblichkeitsrate als auch in der hohen Suizidrate von Personen, die Substanzen missbrauchen oder davon abhängig sind. Sonneck (1995) zitiert eine katamnestische Studie von Lesch (1985), in der während eines Beobachtungszeitraums von 4-6 Jahren 23% der untersuchten alkoholkranken Patienten gestorben sind. 3.5% starben durch Suizid, 1.8% an einer akuten Alkoholvergiftung, 13.8% an einer Alkoholfolgeerkrankung und 4.6% an einer anderen Erkrankung. Hiervon leitet sich die Frage ab, ob die akuten Alkoholvergiftungen nicht eigentlich zu den Suiziden gezählt werden müssten. Weiterhin entsteht der Gedanke, ob dieses missbräuchliche und abhängige Verhalten nicht letztlich doch als protrahierter Suizid angesehen werden kann.

(10)

I.1.1 Überblick der Entwicklung der Suizide in Berlin und Deutschland

Suizide in Deutschland, Todesfälle pro 100.000 Einwohner in Berlin

Gesamt West-Berlin nach Alter und Geschlecht Ost-Berlin Geschlecht nach Alter und

Jahr West-Berlin Ost-Berlin männl. bis 25 weibl. bis 25 0-25 J. männl. bis 25 weibl bis 25 0-25 J.

1981 622 unbekannt 46 16 62 unbekannt unbekannt unbekannt 1982 412 300 28 16 44 unbekannt unbekannt unbekannt 1983 490 273 32 14 46 unbekannt unbekannt unbekannt 1984 490 233 33 8 41 unbekannt unbekannt unbekannt 1985 481 254 30 14 44 unbekannt unbekannt unbekannt 1986 436 218 29 6 35 unbekannt unbekannt unbekannt 1987 453 213 24 10 34 unbekannt unbekannt unbekannt 1988 471 184 28 10 38 unbekannt unbekannt unbekannt 1989 420 139 17 5 22 unbekannt unbekannt unbekannt 1990 419 171 23 9 32 unbekannt unbekannt unbekannt

1991 363 198 17 3 20 11 2 13 1992 353 197 15 9 24 4 5 9 1993 393 212 10 6 16 12 4 16 1994 384 183 15 5 20 7 2 9 1995 415 221 15 10 25 13 8 21 1996 377 206 14 3 17 8 7 15 1997 354 166 11 5 16 9 2 11 1998 281 164 15 2 17 9 2 11

(11)

Seit ca. 100 Jahren wird in Deutschland suizidales Verhalten statistisch erfasst. Bei Betrachtung der Suizidhäufigkeiten nach Regionen fiel schon im letzten Jahrhundert ein Ost/West-Unterschied auf. Insbesondere der sächsische Raum wies sehr hohe Suizidzahlen auf. 1898 erreichte die Selbstmordrate auf dem späteren Gebiet der "DDR" den Wert von 30 Suiziden pro 100.000 Einwohner, im Vergleich zu 18 auf dem späteren "BRD - Gebiet". In den Jahren 1950 und 1960 ergab sich für das Gebiet der DDR eine Suizidrate von > 30 (pro 100.000 Einwohner) und war damit eine der höchsten der Welt. Im Vergleich dazu betrug die Selbstmordrate im Jahre 1991 in den neuen Bundesländern 25 Einwohner pro 100.000 während sie in den alten Bundesländern 15 pro 100.000 Einwohner betrug (Wiegand, 1987).

Alle 47 Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch durch Suizid, alle 40 Sekunden stirbt weltweit ein Mensch durch Suizid, alle 4 Minuten macht ein Mensch in Deutschland einen Suizidversuch, mehr als 11.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr durch Suizid. Weltweit geht man von 877.000 Menschenleben jährlich aus die durch Suizid enden (WHO, 2005)

Epidemiologisch gibt es folgende Angaben:

Absolute Suizidzahlen Deutschland 1998/ Todesfälle pro 100.000

ALTER SUIZIDE MÄNNLICH WEIBLICH

0-9 0 0 0

10-14 50 34 16

15-19 294 223 71

Alle Altersgruppen 11644 8575 3069

(12)

I.1.2 Suizidmethoden

Hinsichtlich der Methoden wird wie folgt unterschieden:

 „HARTE“ oder gewaltsame Methoden (Erhängen, Erschießen, Sturz aus großer Höhe, Ertränken, Erdrosseln, Vergiften, Feuerwaffen, Schnitt-, Stich-, und Hiebverletzungen, elektrischer Strom, Selbstverbrennung, Öffnen der Pulsadern, Straßenverkehr, Schienenverkehr).

 „WEICHE“, nicht-gewaltsame Methoden (Medikamente, vor allem Hypnotika; Tablettenkonsum).

 „KOMPLEXE“ Methoden (z. B. Tod durch elektrischen Stromschlag, in der mit Wasser gefüllte Badewanne (Furrer et al., 1997) zählen zu den gewaltsamen Suiziden oder Suizidversuchen.

Beim vollendeten Suizid, steht in Deutschland das Erhängen bei Männern an erster Stelle, während bei den Suizidversuchen die Vergiftung mit Schlafmitteln in etwa 2/3 aller Suizidversuche im Vordergrund steht. Eine Erklärung hierfür ist, dass Schlafmittel leicht zu erhalten sind und ihre Wirkung dem Wunsch nach Realitätsflucht bzw. Vergessen und einem schmerzlosen Verlust des Bewusstseins am ehesten entspricht; der Ausgang wird dabei häufig offen gelassen (Huber, 1999).

Geschlechtsunterschiede in der Auftretenshäufigkeit von Suiziden und Suizidversuchen waren seit jeher ein Forschungsergebnis der Suizidologie. Durkheim (1897) fand vor mehr als 100 Jahren heraus, dass Suizidraten in der männlichen Population, das Drei- bis Vierfache der Suizidrate in der weiblichen Population ausmachten. Seit diesen ersten Berichten zur Geschlechtsverteilung hat sich das Verhältnis männlicher und weiblicher Suizidenten wenig geändert. Noch immer zeigt der Geschlechtsfaktor in allen Ländern einen hohen Einfluss auf die Anzahl und Art des suizidalen Verhaltens. Unabhängig vom Alter sind die Suizidraten weltweit höher für Männer als für Frauen, (Chishti et al., 2003) während die Suizidversuchsraten unter Frauen höher als unter Männern sind (Hawton, 2000). Nur China mit einer höheren Suizidrate unter Frauen (Shiquing et al., 1994, Schmidtke et al., 1999a, Cheng & Lee 2000), Finnland (Ostamo & Lönnqvist, 1994),

(13)

(Fernandez-Pol, 1986) mit einer höheren Suizidversuchsrate unter Männern gelten hier als einige der wenigen Ausnahmen.

Fürst und Habscheid (1993) fanden, dass das Mann-zu-Frau-Verhältnis in Deutschland, bezogen auf medizinisch folgenreiche Suizidversuche, fast 1:1 beträgt. Es fanden sich auch nur wenige Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich ihrer Intention, durch suizidales Verhalten tatsächlich zu sterben (Sakinofsky et al., 1990; Stephens, 1995).

Gesellschaftliche Erwartungen gegenüber dem Geschlecht und deren Verhalten determinieren demnach das Suizidparadoxon, da von der Gesellschaft für Frauen und Männer unterschiedliche Suizidmethoden und ein unterschiedlicher Ausgang als typisch betrachtet und gleichsam anerkannt seien. Sich zu suizidieren bzw. bestimmte „harte“ Suizidmethoden zu verwenden sei „unweiblich“, den Suizid hingegen nur zu versuchen bzw. bestimmte „weiche“ Suizidmethoden „unmännlich“ (Canneto and Sakinofsky, 1998).

Bei der Mehrzahl der Suizidversuche steht der Vorwurf- und Appellcharakter möglicherweise als hauptsächliche Motivation im Vordergrund. Die Mitwelt soll alarmiert, in Angst und Schrecken versetzt werden. Die Beachtung und Zuwendung des Umfeldes durch die Suizidhandlung muss erzwungen werden, die so als ein unter Umständen äußerster und letzter Versuch erscheinen kann, die aktuelle Lebenssituation zu ändern. Dem derzeitigen Leben soll auf die Weise eine positive Wendung gegeben werden (Huber, 1999).

Auch bei ernst gemeinten Suizidhandlungen und bei vollendetem Suizid kann die Absicht erkennbar sein, nahe Bezugspersonen zu beschämen, sich an ihnen zu rächen. Sie mit Schuldvorwürfen zu belasten den Patienten durch liebloses oder ungerechtes Verhalten in den Tod getrieben zu haben. Insgesamt überwiegen bei den Suizidhandlungen Kurz-schlussreaktionen. Bei 2/3 der kurzschlüssigen Suizidhandlungen soll die Zeitspanne zwischen ersten Suizidgedanken und Tat weniger als 24 Stunden, bei 40% nur 1 Stunde betragen (Huber, 1999).

Die große Mehrzahl der Suizidhandlungen, ist so angelegt, dass Rettung wahrscheinlich ist; viele Patienten rufen unmittelbar nach der Suizidhandlung eine ihnen nahe stehende

(14)

Person an. Die Umwelt soll nach dem Verlust der Person leiden, sich Vorwürfe machen, schuldig fühlen und bestraft werden. In diesem Falle hinterlässt die Person, die den Selbstmord verübt, einen Abschiedsbrief (Huber, 1999).

Sieht man von den (kurz andauernden) Affektreaktionen ab, dann sind andere, nicht-appellative Suizidhandlungen oft Resultat einer längerfristigen Planung. Man könnte meinen, dass sich ein Suizidversuch primär auf die eigene Person bezieht. Es gibt aber Hinweise darauf, dass sich eine solche Handlung auch an und gegen Andere richten kann. Dies trifft besonders für Personen zu, die in Krisensituationen stecken. Zu diesen Krisensituationen zählen unter anderem berufliche Probleme, Trennung, emotionale Enttäuschung, finanzielle Probleme. Diese können häufig in Kombination, das Risiko für suizidales Verhalten erhöhen (Ringel, 1969).

Personen die sprichwörtlich in einer „biographischen Sackgasse“ stecken, entfliehen dieser schwierigen Situation, in dem sie sich für den Suizid entscheiden. Es tritt eine Einengung des Erlebens auf, eine als ausweglos erlebte Situation ein. Dies kann zu einem Verlust des Sinngefühls, des eigenen Lebens und einem Rückzug von Mitmenschen führen. Zunehmend stellen sich gegen die eigene Person gerichtete Aggressionen ein. Schließlich treten intensive Selbstmordphantasien bis zur definitiven Suizidabsicht auf. Patienten, die sich zum Suizid entschieden haben, können auffallend ruhig wirken (Ringel, 1992).

An dieser Stelle muss man zwischen längerfristigen Risikofaktoren (z.B. psychiatrische Komorbidität) und kurzfristigen Präzipitoren (z.B. akute Verlusterlebnisse und Lebensereignisse) für suizidales Handeln unterscheiden. Längerfristige Risikofaktoren wären Persönlichkeitsstörungen und Psychosen wie z.B. Schizophrenie, endogene Depression, manisch depressive Erkrankung, Vulnerabilität. Dieser Zustand wird des Weiteren durch Drogen und Alkohol verschärft. Die besondere Beziehung zwischen Alkoholkonsum und suizidalem Verhalten wird im Laufe der Arbeit eingehender erläutert.

(15)

Doch was treibt eine Person zum Suizid, was bringt den Patienten dazu den Suizid als letzte Lösung anzusehen? Welche Gruppen kommen als potentielle Suizidopfer in Frage?

I.1.3 Die subjektiven Beweggründe

 Enttäuschung, negative Erlebnisse

 Eingetretener oder drohender Verlust einer nahen Bezugsperson  Einbuße an sozialem Prestige oder Angst davor

 Berufliche Misserfolge

 Angst vor der Abwertung in der Meinung von Freunden und Familie  Angst vor Einsamkeit

 Unzureichende Bewältigung des Alterns  psychiatrische Erkrankungen

 Unzufriedenheit über das eigene Leben; bezüglich Familie, Beziehung  Finanzielle Schwierigkeiten, Existenzprobleme

(16)

I.1.4 Risikogruppen

Eine Häufung von Suiziden mit letalem Ende und Suizidversuchen findet man bei  ledigen, kinderlosen, getrennt und geschieden Lebenden,

 alten Menschen, die versuchen dem „idealen Rentnerbild“ zu entsprechen, Rollenverlust, Ausscheiden aus dem Berufsleben (Huber, 1999),

 Strafvollzug, durch großen Ausländeranteil, Überbelegung, Gewalt,

 allein stehenden Kranken; die ans Bett gefesselt sind und auf fremde Hilfe lebenslang angewiesen sind,

 politischen und wirtschaftlichen Flüchtlingen und anderen entwurzelten Gruppen,  rassisch, religiös, oder politisch Verfolgten,

 chronisch oder unheilbar Kranken,

 Abhängigen (Alkoholabhängige , Medikamenten–und Drogenabhängige),

 Patienten mit depressiven Störungen und schizophrenen Psychosen (Huber,1999)

Eine sehr wichtige Rolle spielen impulsive und aggressive Verhaltensweisen bei alkoholabhängigen Patienten in der Entstehung von Suizidalität. Eine Reihe von Untersuchungen fand erhöhte Aggressivität und Impulsivität bei Personen mit Suizidversuchen und vollendeten Suiziden (Bergman et al., 1994; Koller et al., 2002; Mezzich et al., 1997; Suominen et al., 1997). Bei stationär behandelten psychiatrischen Patienten mit suizidalem Verhalten, wurde ebenfalls eine erhöhte Rate impulsiven Verhaltens gefunden (Kotler et al., 1993). Ähnliche Befunde wurden von weiteren Untersuchungen bestätigt, die eine größere Intensität impulsiven Verhaltens bei suizidalen im Vergleich zu nicht suizidalen Personen mit einer depressiven Störung berichteten (Mann et al., 1999). Diese Studien kamen insgesamt zu dem Ergebnis, dass Impulsivität sowohl als situative als auch als überdauernde Eigenschaft eine wichtige Rolle bei der Pathogenesse suizidalen Verhaltens spielen kann.

(17)

Zur Erfassung impulsiven Verhaltens wurde eine Reihe von Untersuchungsinstrumenten, einschließlich Fragebögen entwickelt.

Eine häufig eingesetzte Scala ist die Barratt Impulsivitäts- Scala (BIS, Barratt, 1998), die herausgebracht wurde, um 2 Ziele zu erzielen:

- Erstens um zu identifizieren ob eine Impulsivität besteht, die analog zu einer

Ängstlichkeit ist, gemessen an der Taylor Manifest Anxiety Scala (MAS, Taylor, 1953) oder der Cattell Anxiety Scala (CAS, Cattell, 1957).

- Zweitens um eine Impulsivität zu identifizieren, in Zusammenhang mit der

Struktur von miteinander verwandten Persönlichkeits-Eigenschaften, wie Eysenck`s Extraversion Dimension (Eysenck & Eysenck, 1985) oder Zuckerman`s Sensation-Seeking Dimension, speziell der Disinhibition Subskala (Zuckerman, 1979).

Das erste Ziel basierte auf dem theoretischen Standpunkt, dass der Persönlichkeitswechsel von Ängstlichkeit zu Impulsivität, (Hull, 1943; Spence, 1956) gemessen werden kann, wie auch Taylor (Taylor, 1958; Taylor and Spence, 1952) gemessen hatte. Es wurde zusätzlich bestätigt dass der Persönlichkeitswechsel zur Impulsivität relativ ist, mit der Entstehung von „behavioral oscillation“ im gleichen System (Barratt et al., 1994).

So ergab eine Analyse von BIS; dass verschiedene Abhängigkeitsparameter von Impulsivität und Ängstlichkeit geprägt sind. Es wurde weiterhin festgestellt dass ein paar Patienten mit Impulsivität eine Analogie zu Angstpatienten aufwiesen (Barratt, 1972).

(18)

I.1.5 Alkoholkonsum und Suizid

Die häufigsten Todesursachen der Alkoholiker sind bei männlichen Alkoholabhängigen die alkoholbedingte Leberzirrhose (15.6%), sowie ischämische Herzerkrankungen (14.7%), Tumoren des oberen Verdauungstraktes (4.9%) und der Lunge (3.8%), ferner unnatürliche Todesursachen: vollendete Suizide (12.6%) und Unfälle (5.6%). Die hohe Prozentzahl an Lungentumoren bei Alkoholpatienten hängt auch mit der hohen Rate an gewohnheitsmäßigen Rauchern bei Alkoholabhängigen zusammen (Haidinger et al., 1998).

Bei weiblichen Alkoholabhängigen sind die alkoholbedingte Leberzirrhose (19.8%) und Suizide (15.4%) die häufigste Todesursache. Alkoholabhängigkeit entsprechend ICD 10, F 10.2 wird relativ selten alleine als Todesursache aufgeführt, was ja auch nicht erstaunt: die meisten Betroffenen sterben nicht wegen der Alkoholabhängigkeit, sondern wegen deren Folgen => Männer: 8.7%, Frauen: 12.5%. Besonders bemerkenswert ist die hohe Suizidgefährdung von Alkoholabhängigen. Sie ist möglicherweise 60-120mal so hoch, als bei der Gesamtbevölkerung (Murphy et al., 1990).

I.1.6 DNA und Gene

Die DNA liegt stets als lineares, unverzweigtes Molekül vor. Viele Informationsträger haben einen linearen und sequentiellen Aufbau. Bei Eukaryoten liegen die DNA-Moleküle im Zellkern in Vielfachen von zwei, nach der S-Phase in Vielfachen von vier vor: je zwei gegenläufige DNA–Moleküle bilden eine Doppelhelix, die zusammen mit unzähligen Nukleosomen das Chromatin aufbauen, das während der Mitose in verdichteter Form als Chromosom im Lichtmikroskop sichtbar wird.

Zusätzlich werden übersichtsartig ein paar Informationen über die Organisation von Genen im menschlichen Genom erläutert. Das Genom ist die Gesamtheit der Träger der Erbinformation einer Zelle. Der größte Teil der genetischen Information liegt im Zellkern, und nur ein kleiner Teil in extrachromosomalen DNA-Stücken (z.B. mitochondriale DNA). Ein Gen ist ein Abschnitt der DNA zwischen einem Trans-kriptionsstart und einem Transkriptionsende oder jener Teil dieser

(19)

Transkriptionseinheit, der letztlich ein Genprodukt liefert. Gene werden entweder nur transkribiert (tRNA= Transfer–RNA, rRNA = ribosomale RNA) oder die dabei gebildete mRNA= Messenger–RNA wird an den Ribosomen zu Proteinen translatiert (Lewin B, 1991).Ein Gen trägt meist die Information für die Synthese eines Proteins: „ Ein Gen-Ein Enzym“ war jahrzehntelang eine Art Dogma in der molekularen Genetik

(Czihak et al., 1990).Diese Aussage ist mittlerweile überholt.

Viren-DNA und das Bakterienchromosom enthalten nur wenige, nicht codierende Regionen, das sind solche die nicht transkribiert werden. Eukaryoten-DNA haben dagegen zahlreiche Chromosomen, denn die codierenden Regionen können weniger als einige Prozent der gesamten Kern-DNA ausmachen. Gene von Eukaryoten sind in weiten Bereichen von flankierender, vermeintlich informationsarmer bis informationsloser DNA eingeschlossen. Dazu kommt dass es bei Eukaryoten, selbst innerhalb eines Gens Bereiche gibt, die zwar transkribiert, aber vor der Translation (Proteinsynthese) herausgeschnitten werden. Gene von Eukaryoten sind also aus codierenden DNA Bereichen, den Exons, und nicht codierenden DNA-Bereichen, den Introns, zusammengesetzt (Stryer, 1987).

Ein Gen kann in verschiedenen Zustandsformen vorliegen, die die Ausprägung eines bestimmten Merkmals beeinflussen. Diese Zustandsformen werden Allel genannt. Wenn beide Allele identisch sind, sagt man, der Organismus sei homozygot, oder reinerbig. Sind die Allele dagegen verschieden, ist der Organismus heterozygot, mischerbig. Der Phänotyp eines homozygoten Organismus reflektiert unmittelbar den Genotyp des Allels. Der Phänotyp eines heterozygoten Organismus hängt dagegen von der Beziehung zwischen den beiden vorhandenen Allelen ab (Lewin, 1991).

(20)

I.1.7 Genetische Faktoren und Suizid

Seit Jahren wird über die Zusammenhänge von genetischer Disposition und suizidalem Verhalten kontrovers diskutiert. In diesem Zusammenhang werden Störungen im serotonergen System mit Steigerung auto-und fremdaggressiver Handlungsbereitschaft diskutiert. Diese Hypothese stützt sich auf niedrige Liquorspiegel von 5-HIAA (Hydro-xyindolessigsäure, Hauptmetabolit des Serotoninstoffwechsels) bei Patienten nach

Suizidversuchen und auf erhöhte Aktivität von Serotoninrezeptoren im Gehirn von Suizidpatienten. Die Befunde einer serotonergen Dysfunktion werden als Marker für Suizidalität angesehen (Mann et al., 2001). Weil niedrige 5-HIAA-Spiegel auch bei Fremdaggressivität gefunden wurden, könnte auch mangelnde Impulskontrolle das primäre Korrelat der serotonergen Dysfunktion sein. Eine serotonerge Minderfunktion könnte möglicherweise mit impulsivem und autoaggressivem Verhalten als Persönlichkeitsmerkmale zusammenhängen (Preuss et al., 2001).

An dieser Stelle wäre es angebracht die COGA Studie zu erwähnen. Die Abteilung für Psychiatrie, an der Washingtonhochschule in gemeinschaftlicher Untersuchung über die Genetik von Alkoholismus (Collaborative Study on Genetics on Alcoholism, COGA), berichtet über Hinweise zur Vulnerabilität von Alkoholismus auf den Chromosomen 1 und 7 und geringer auf Chromosom 2.

Ausgehend von einer Kopplungsuntersuchung von Familien mit großer Häufigkeit von Alkoholkranken, fanden die Forscher auch Hinweise für Beziehungen zu einem Ort auf Chromosom 4 nahe dem Gen der für die Alkohol Dehydrogenase kodiert. In der publizierten Kopplungsuntersuchung der COGA Studie wurde der stärkste Hinweis auf Kopplung für Marker auf Chromosom 1, Chromosom 7 und einen mutmaßlichen protektiven Locus, in enger Nachbarschaft mit den ADH Genen auf Chromosom 4 gefunden (Reich et al., 1998). Es besteht weiterhin auch eine Verbindung mit dem β 1 GABA Rezeptor Gen, auf Chromosom 4p. Interessanterweise gibt es in dieser Untersuchung auch Hinweise auf Kopplung mit dem Genlokus der ADH auf Chromosom 4q, was jedoch zunächst noch nicht bestätigt werden konnte. Bereits publizierte Studien bedürfen zunächst einer Replikation (z.B. positiver Assoziationsbefund des Dopamin D4 Rezeptor Exon III Allel 7 bei Heroinabhängigkeit) (Franke et al., 1998). Eine weitere Kopplungsuntersuchung bei einer Gruppe amerikanischer Indianer (Long et al., 1998)

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beschreibt positive Kopplungsbefunde auf Chromosom 11p in der Nähe der DRD4 Dopaminrezeptoren und des Tyrosin Hydroxylase (TH) Gens.

Die Identifikation mutmaßlicher Risikofaktoren durch systematische Suche nach Kandidatengenen und Kopplungsuntersuchungen sowohl bei Alkoholabhängigkeit als auch bei anderen Formen substanzgebundener Abhängigkeitserkrankungen, trägt möglicherweise langfristig zu einer besseren Prävention bei und bietet möglicherweise innovative Behandlungsansätze bei entsprechend vulnerablen Individuen ( Franke et al., 1998).

I.2 Neurotransmittersysteme

Im Folgenden wird auf die oben kurz erwähnten Transmittersysteme näher eingegangen. Unter einem Transmittersystem versteht man die Gesamtheit der Neuronen, die eine bestimmte Transmittersubstanz verwenden. Im zentralen Nervensystem sind ca. 50 Neurotransmitter bekannt: Katecholamine (Nor-/Adrenalin, Dopamin), Serotonin, Histamin, AcH (Azetylcholin), GABA, Glutamat und viele Andere. Die katecholaminergen Systeme machen ca. 10% des Transmittersystemes aus, GABA ist z.B. mit 30% Häufigkeit der wichtigste hemmende Transmitter.

Serotonin (5-HT) ist ein biogenes Amin wie Noradrenalin und Dopamin. Es wirkt auf die Regulation von Körpertemperatur, Blutdruck, endokriner Aktivität, Eß- und Sexualverhalten, Erbrechen, Nozizeption, und Motorik ein. Es beeinflusst die Hirndurchblutung und die Schlafregulation, hemmt präganglionäre sympathische Neurone im Rückenmark, sowie dopaminerge Neurone. Es wirkt hemmend auf die Nozizeption im Hinterhorn des Rückenmarks und erregt spinale Motoneurone. Bei endogener Depression sinkt der 5-HT Spiegel im Liquor.

Das Serotonin wird aus Tryptophan synthetisiert. Der geschwindigkeitsregulierende Schritt der Serotoninsynthese geschieht über das Enzym Tryptophanhydroxylase, im Anschluß findet eine Decarboxylierung durch das Enzym Decarboxylase statt (Ledley et al., 1987). Die serotonergen Neuronen haben ihren Ursprung in den Raphe Kernen und innervieren von dort diffus das ganze Gehirn.

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Graphik1: Lokalisation der Raphe Nuclei

Die Raphe-Kerne sind in der medianen Zone der formatio reticularis beiderseits der nahtförmigen Mittellinie (Raphe) angeordnete schmale Zellplatten, welche sich vom Mittelhirn bis ins verlängerte Mark ausdehnen. Eine Reihe von Zellgruppen innerhalb dieser Raphe-Kerne ist durch einen hohen Gehalt an Serotonin ausgezeichnet. Zu den Raphe-Kernen gehören von rostral nach kaudal der ncl. raphe dorsalis, der ncl. centralis superior, der ncl. raphe pontis, der ncl. raphe magnus, der ncl. raphe obscurus und der ncl. raphe pallidus.

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Es kann eine regulatorische Funktion dieses Systems im Zentralnervensystem angenommen werden (Nielsen et al., 1992). Derzeit sind 16 verschiedene Serotonin-Rezeptoren (5HT1a-e, 5HT2a-e, 5HT3, 5HT4, 5HT5a-b, 5HT6, 5HT7) bekannt. 13 dieser Rezeptoren sind an ein G-Protein-gekoppelt, nur der 5HT3 Rezeptor ist ein Ionenkanal (Schettler et al., 1998).

I.2.1 Der TPH1 Polymorphismus und das Suizidverhalten

Um das bessere Verständnis zu fördern ist es notwendig ein paar Worte über Polymorphismus zu verlieren.Aber was ist ein Polymorphismus?

Die Geschwindigkeit, mit der sich Mutationen ereignen, ist abhängig vom jeweiligen chromosomalen Locus und der untersuchten Spezies (in diesem Fall dem Menschen). Mit der Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes kennt man zwar die Bauanleitung eines Modell-Menschen, aber nicht ihre genetischen Unterschiede und ihre Bedeutung für krankhafte Prozesse. Deshalb sammeln Forscher aller Welt zur Zeit SNPs – gesprochen ‚Snipsú. Dahinter steht "Single Nucleotide Polymorphism", sinnvoll übersetzt die Ein-Buchstaben-Abweichung zwischen dem DNA-Code verschiedener Menschen. Zu 99,9 Prozent sind nicht verwandte Menschen einander genetisch gleich, doch das verbleibende Zehntelprozent macht immerhin noch 3 Millionen SNP´s pro Mensch aus. Davon sind wahrscheinlich nur 150.000 bis 300.000 SNP´s, also 5-10% von direkter Bedeutung, da sie sich im codierenden Teil der menschlichen Gene beziehungsweise in Steuerelementen der Genregulation befinden. Diese spezifischen SNP´s definieren die genetische Individualität eines Menschen. In einem persönlichen SNP-Profil sind alle genetischen Veranlagungen für monogene und komplexe Erbkrankheiten vorgegeben. Demnach könnten SNP´s als sichere individuelle Indikatoren für krank machende Gene oder für die Wirksamkeit von Medikamenten genutzt werden. Genetische Unterschiede wären eine mögliche Erklärung dafür, dass viele Medikamente bei einem Teil der Bevölkerung nicht oder nur vermindert wirken (Scheller, 2000).

Innerhalb einer Art entwickelt sich ein verändertes Protein durch eine Mutation im Gen und anschließende Eliminierung oder Fixierung in der Population. Gibt es dabei gleichzeitig zwei oder mehr Varianten, so spricht man von einem Polymorphismus. Er ist eine genetische Variante, die mit mehr als 5% Häufigkeit in einer Population auftritt. Ein

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Polymorphismus kann stabil sein, wenn keine Form im Vergleich zur anderen einen Vorteil bringt. Er kann aber auch einen Zwischenzustand darstellen, wenn gerade eine Variante die Andere ersetzt. Untersucht man den Genpool einer Art, dann sieht man immer nur die Varianten, die überlebt haben (Lewin, 1991).

In mehreren Studien wurde gezeigt, dass der TPH-1 (Tryptophanhydroxylase) A779C Polymorphismus eine Neigung zum Suizidverhalten fördert (Nielsen et al., 1994, Roy et al., 2001). Andere Forschergruppen befassten sich auch mit diesen genetischen Varianten des TPH1, berichteten aber über widersprüchliche Ergebnisse. Mann et al., (1997) untersuchte 51 Patienten aus Europa mit schwerer Depression und fand eine erhöhte Frequenz des A Allels, des A779C Polymorphismus bei Personen mit Suizidversuch, im Vergleich zu Personen die keinen Versuch unternahmen. Eine nachfolgend durchgeführte japanische Studie (Kunugi et al., 1999), berichtete dass der A779C Polymorphismus keine signifikante Beziehung zu Suizidversuchen hat. Diese Ergebnisse wurden von Bennett et al., (2000) unterstützt. Es bestehen also unterschiedliche Ansichten, ob eine Assoziation zwischen Suizidalität und dem A779C TPH1 Polymorphismus besteht. Ono et al., (2000) zeigte, dass es keine Verbindung zwischen A6526G und vollendetem Selbstmord besteht. Obwohl in früheren Studien kein signifikanter Unterschied zwischen verschiedenen einzelnen Polymorphismen bestand, enthüllte eine Haplotypanalyse (6526G, 5806T, 218C), dass der A6526G Haplotyp bei vollendeten Suizidversuchen, eine signifikant erhöhte Frequenz aufweist, im Vergleich zu normalen Testpersonen (Turecki et al., 2001).

I.2.2 Das serotonerge System in der Suizidforschung

Das serotonerge System besteht aus einer Reihe von Bestandteilen (Rezeptoren, Auto-transporter, metabolisierende Enzyme), die von einer Anzahl von Genen kodiert werden und deren genetische Varianten zu Kandidatengenen für die Funktion dieser Bestandteile gelten können. Da das serotonerge System im Zentrum der neurobiologischen Suizidforschung steht, war es naheliegend, serotonerge Kandidatengene zu untersuchen. Vorausgehende Studien untersuchten verschiedene Polymorphismen im Intron7 des Tryptophanhydroxylase-Gens (TPH): A779C und A218C. Beide stehen miteinander im

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Kopplungsungleichgewicht, d.h. werden sie gehäuft zusammen vererbt. A779C wurde auch als L-Allel und A779 als U-Allel bezeichnet. Es wurde festgestellt, dass die

genetische Variation der Tryptophanhydroxylase, 3 weitere Polymorphismen besitzt: A218C eine Variante die am intron 7 des TPH1 Gens lokalisiert ist, A6526G und G5806T. Diese 3 Marker befinden sich ebenfalls im Kopplungsungleichgewicht. Normale Ungleichgewichtswerte sind 0.79, 0.84 und 0.97, beziehungsweise für A218C vs. A6526G, A218C vs. G5806T und A6526G vs. G5806T.

Das menschliche TPH1 ist im 11p Chromosom lokalisiert, spannt sich über eine Region von 29kb aus und beinhaltet 11 Exone (Boularand et al., 1995). Folgende Genvarianten wurden in der 5´ regulatorischen Region beschrieben (T7180G, C7065T, A6526G und G5806T) und im Intron 7 (A218C und A779C) (Rotondo et al., 1999). Über funktionelle Variationen (Isoformen) in der codierenden Sequenz des Gens, wurde bisher nichts berichtet (Han et al., 1999).

Es wurde berichtet, dass der TPH 1 A779C Polymorphismus die Konzentration der 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA) beeinflusst; dabei handelt es sich um den wichtigsten Metabolit des 5-HT Stoffwechsels, der in der zerebrospinalen Flüssigkeit nachgewiesen werden kann (Nielsen et al., 1994).

Serotonerge Aktivität (SHT) war schon oft Gegenstand kontrovers geführter Diskussionen. Ein wichtiger Punkt war, ob sie mit menschlicher Aggressivität und suizidalem Verhalten korreliert (Virkkunen et al., 1989, Koller et al., 2003).

Die durch einige Befunde gestützte und von der Werbung der SSRI-Hersteller (Selektive Serotonin- Wiederaufnahmehemmer: Antidepressiva zur Behandlung u.a. von depressiven Störungen und Angsterkrankungen) genutzte Ansicht, Suizidalität stehe mit einem zentralen „Serotonindefizit“ direkt in Verbindung, weshalb SSRI bei suizidalen Patienten besonders wirksam und indiziert sein müsste, wurde von Müller-Oerlinghausen et al., (2003) kontrovers diskutiert. Dazu hat ebenso beigetragen, dass die von SSRI-Herstellern indizierten Metaanalysen zeigen sollten, dass sich in klinischen Prüfungen von SSRI kein Anstieg suizidaler Handlungen findet. Aber diese Analysen sind nicht valide, weil Patienten mit Suizidrisiko in modernen Antidepressivstudien gar nicht aufgenommen werden.

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I.3 Zielsetzung

Suizidverhalten ist ein wichtiges Problem, das auf psychiatrische Erkrankungen und Störungsbilder hinweist. Epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass immer mehr Versuche letal enden. Speziell im Jugendalter (Catalozzi et al., 2001, Grandin et al., 2001) wird über eine Steigerung in den letzten Jahren berichtet. Suizidverhalten kommt gehäuft in Familien vor, in denen in der Vergangenheit schon suizidales Verhalten vorgekommen ist. Klinische Studien weisen darauf hin, dass die Familiengeschichte von Suizidversuchen assoziiert ist mit einem gesteigerten Risiko an Versuchen mit letalem Ende (Roy et al., 1986).

Zwillingsstudien zu Suiziden fanden für monozygote Zwillinge höhere Konkordanzraten als für dizygote Zwillinge. Adoptionstudien bringen genetische Faktoren in Zusammen-hang mit Suizidverhalten. Molekulargenetische Studien die vor kurzem durchgeführt wurden, berichten die Assoziation von Tryptophanhydroxylase Gen Polymorphismen zu Suizidverhalten (Roy et al., 1997).

Die Ätiologie von suizidalem Verhalten ist komplex und von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Diese genetischen Faktoren wurden von mehreren epidemiologischen Studien angegeben (Tsuang et al., 1983, Roy et al., 1995). Als einer der wichtigsten Faktoren für suizidales Verhalten mit letalem Ende, wird die Alkoholabhängigkeit angesehen. Sie steigert das Suizidrisiko um das 60-120fache (Murphy et al., 1990). Intoxikationen durch Alkohol, problematischer Konsum, Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit wird nach dem Tode in mehr von 25% der Suizidversuche diagnostiziert (Roy et al., 1995). Bei Alkohol- und anderen Abhängigkeitserkrankungen kann mit dem Suizid–statt des Schlafes als „Tod auf Zeit“–der „lange Schlaf“ als Ausweg gewählt werden. Aktuelle Anlasssituationen sind bei Frauen in erster Linie Beziehungs-, bei Männern -Berufskonflikte. Ein erhöhtes Risiko für Suizidalität stellen für Frauen Trennungen, Beziehungsstress, Fremdgehen des Partners und Enttäuschungen dar, während es bei Männern u.a. eher Kündigungen, mangelnde berufliche Aufstiegsmöglichkeit, schlechte Berufsvoraussetzungen sind. Spezielle Aufmerksamkeit erfordern Suizidgedanken. Sie können auch Folge der affektiven und kognitiven Veränderungen aufgrund massiven Alkoholkonsums sein. Obschon es sich dabei um sekundäre Folgeerscheinungen handelt, müssen sie als Zeichen einer möglicherweise

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Alkoholismus zählt zu den größten gesellschaftlichen Problemen in Deutschland. 42.000 Todesfälle sind jährlich in Zusammenhang mit Alkohol zu beklagen. Das entspricht einem Flugzeugabsturz einer mittelgroßen Maschine an jedem Tag des Jahres! (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen) Der misslungene Versuch, Alkoholkranke auf der Grundlage ihrer Persönlichkeitsstruktur von Gesunden oder von anderen klinischen Gruppen statistisch gesichert zu trennen, führte in den 80er Jahren zu einem allmählichen Versiegen der Persönlichkeitsforschung im Suchtbereich. In den letzten Jahren erfährt diese Forschungsrichtung eine Renaissance- auch im deutschen Sprachraum (Weijers et al., 1999).

Ziel unserer Untersuchung war, eine Gruppe von alkoholkranken Probanden mit mindestens einem Suizidversuch in der Vorgeschichte mit einer Gruppe von alkoholkranken Probanden ohne Suizidversuch hinsichtlich ihres Risikoprofils zu vergleichen. Die beiden Gruppen wurden im Hinblick auf allgemeine Parameter wie die Verteilung der Geschlechter, Persönlichkeitsfaktoren, Impulsivität, emotionale Instabilität bei Personen mit suizidalem Verhalten, verschiedene Merkmale der Suchtvorgeschichte, wie das Anfangsalter für eine Suchterkrankung verglichen.

Weiterhin wurden Persönlichkeitseigenschaften der Patienten verglichen, die durch Interviews und unter Anwendung von Fragebögen erfasst wurden. Dazu haben wir Erhebungsinstrumente verwendet, die uns zeigen sollten, ob spezielle Persönlichkeits-züge die Alkoholabhängigkeit begünstigen. Die Fragebögen sollten uns Antworten auf spezielle Fragen liefern:

 Sind Personen mit gewaltsamem Suizidversuch impulsiver als Personen ohne Suizidversuch?

 Wie verhält sich der Neurotizismus bei Personen mit gewaltsamen Suizidversuchen, im Vergleich zu Patienten ohne Suizidversuch?

 Sind Patienten mit gewaltsamen Suizidversuchen extravaganter als Personen ohne Suizidversuch?

Außerdem wurde aus der Vielfalt genetischer Parameter, die bisher in Zusammenhang mit Suizidalität untersucht wurden, die Tryptophanhydroxylase als möglicher

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genetischer Parameter ausgewählt und hinsichtlich einer Assoziation mit Suizidalität näher untersucht. Dabei wurden die Polymorphismen A779C, 6526A/G und 5806G/T untersucht. Weiterhin wurde eine Analyse der Haplotypenverteilung durchgeführt.

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II. MATERIALIEN UND METHODEN

II.1 Patienten und Probanden

II.1.1 Rekrutierung von Patienten

Die Befragung der Patienten hat in der Station C4 (Station zur qualifizierten Entzugsbehandlung von Alkoholabhängigen) der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik, Ludwig-Maximilians-Universität, München stattgefunden. Aus dieser Station (Sucht-behandlung) wurden insgesamt 404 Personen befragt. Es wurden alkoholabhängige Patienten (nach ICD10), die sich freiwillig zum Entzug von Alkohol auf einer qualifizierten Alkoholentzugsstation befanden, in die Studie eingeschlossen. Von der Autorin selbst wurden 40 Probanden (10 weiblichen Geschlechts, 30 männlichen Geschlechts) eingeschlossen und untersucht.

Die Patienten-/Innen, wurden mindestens 2-2,5 Stunden von der Autorin interviewt. Dabei fand eine definierte Testbatterie Anwendung die strukturierte psychiatrische Untersuchungsinstrumente inkludiert, so zum Beispiel das strukturierte Interview zur Erfassung von Störungen bei Alkoholabhängigen (SSAGA) sowie eine Reihe von Fragebögen zur Erfassung des Persönlichkeitsprofils, namentlich der Barratt impulsivenes Skale, der NEO-FFI und der TCI. Nachdem 40 Patienten rekrutiert waren, mussten die erhobenen Daten von der Autorin in den PC eingegeben und mit Hilfe vom Programm SPSS klinisch ausgewertet werden.

Alle Patienten waren nicht miteinander verwandt, von deutscher Staatsangehörigkeit, älter als 18 Jahre und erfüllten die ICD-10 und DSM-IV Kriterien für Alkohol-abhängigkeit. Diese Eigenschaften wurden durch das strukturierte klinische Interview DSM IV (SCID, Deutsche Version, Wittchen et al., 1992) und SSAGA (Semi-Structured Assessment on the Genetics in Alcoholism (Buchholz et al., 1994, Hesselbrock et al., 1999) erfasst. Die diagnostische Beurteilung wurde ohne Kenntnis der genetischen Daten durchgeführt.

Alle Patienten wurden 2 Wochen nach Aufnahme und nach Alkoholentzug interviewt und waren gleichzeitig frei von psychopharmakologischer Behandlung über einen Durchschnitt von +/-1.5 Wochen. Eingeschlossen wurden Patienten mit Cannabis-und

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Nikotinabhängigkeit, die zu diesem Zeitpunkt jedoch keine psychopharmakologische Behandlung mehr erhalten sollten.

Bei dieser Untersuchung handelt es sich um eine Fall-Studie; eine Kontroll-gruppe gesunder Probanden wurde ebenfalls rekrutiert. Die Einschlusskriterien für die Kontrollpersonen waren wie folgt:

- keine schwere organische Erkrankungen, affektive oder schizophrene Psychosen - keine akute Suizidalität

- keine aktuelle Behandlung mit einer psychotropen Medikation - keine Medikamentenabhängigkeit

- keine Persönlichkeitsstörungen

- keine schweren Alkohol bedingten Erkrankungen der Organe/Organsysteme

Es folgt eine Auflistung der Untersuchungsparameter und der Instrumente, mit denen diese erhoben wurden:

 Durchschnittliches Alter des untersuchten Klientels. Der Beginn wird durch ausführliches Befragen mit dem SSAGA ermittelt.

 Beginn der Abhängigkeit (Age of Onset). Ab welchem Zeitpunkt im Leben eines Betroffenen trafen 3 oder mehr Kriterien der Alkoholabhängigkeit zu (SSAGA)  Durchschnittliche Menge an Alkohol (SSAGA)

 Vorgeschichte suizidalen Verhaltens, einschließlich Suizidversuche (SSAGA)  Durchschnittliches Alter für den ersten Suizidversuch (SSAGA)

 Anzahl der Suizidversuche (SSAGA)

 Falls Suizidversuch: - gewaltsam -> z.B. Pulsadern abtrennen, sich vor die Bahn werfen, oder

- nicht gewaltsam -> z.B. Überdosis an Tabletten  Tabakkonsum (SSAGA)

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 Psychosoziale Situation: z.B. Ehestand und Anzahl der Kinder (SSAGA)

Die Resultate zu einzelnen Untersuchungsparameter sind in Kapitel III.1.2 einzusehen.

II.1.2 Genetische Untersuchungen

:

In Folge wird das Hardy-Weinberg-Gleichgewicht erläutert, das später in den Ergebnissen Anwendung findet.

In den Jahren 1908 und 1909 zeigten der Engländer G. H. Hardy und der Stuttgarter Stabsarzt W. Weinberg unabhängig voneinander, dass die Häufigkeit der Homozygoten und Heterozygoten über Generationen hinweg konstant bleibt, wenn

- die Population sehr groß ist,

- die Individuen sich uneingeschränkt paaren können (vorausgesetzt natürlich, sie

gehören unterschiedlichen Geschlechter an und leben zur gleichen Zeit am gleichen Ort)

- es keine Selektion bestimmter Allele gibt, keine Genwanderungen

(Genmigrationen) vorkommen und

- keine Erbänderungen (Mutationen) auftreten.

Ihr mathematischer Ansatz ging als Hardy-Weinberg-Gleichgewicht in die Literatur ein. Das Gleichgewicht ist wie folgt:

Allelfrequenzen:  p(A) +q(a) = 1  p2+ 2p (A) q(a) + q2 ( a) = 1 Genotypfrequenzen:  h(AA) = p2  h(Aa) = 2p(A)q(a)  h(aa) =q2(a) A= dominantes Allel a = rezessives Allel

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So lässt sich die Häufigkeit eines Allels in einer Population berechnen, wenn die Häufigkeiten der Genotypen bekannt ist bzw. die Häufigkeit eines Genotyps, wenn die Allelfrequenz bekannt ist.

II.1.3 Ethische Standards

Die Patienten und die Kontrollgruppe erhielten von uns ein Informationsblatt, nach kompletter und intensiver Aufklärung über das Wesen und den Inhalt der Studie. Die Untersuchung wurde von der Ethikkommission der LMU München bewilligt, in Übereinstimmung mit der Helsinki Erklärung (1964). Alle Patienten und die Kontroll-gruppe unterschrieben eine Einwilligung.

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II.2 Untersuchungsinstrumente

Die angewendeten Fragebögen waren:

 Barratt Impulsiveness Skala (BIS-5)

=> Ausmaß der Impulsivität (Barratt et al., 1998)

 SSAGA => Ist in erster Linie für genetische Untersuchungen bei Alkoholabhängigen konzipiert (COGA-Studie), erfasst vor allem Eigenschaften der Alkoholabhängigkeit. Zusätzlich werden Eigenschaften des Drogenkonsums, der Suizidalität und anderer psychischer Störungen.(Buchholz et al., 1994)

 TCI => Inventar zu Temperament und Charakterdimensionen beinhaltet 4 Temperament und Charakterdimensionen (Cloninger et al., 1993).  NEO-FFI =>Persönlichkeitsdimensionen - Neurotizismus - Extraversion - Offenheit für Erfahrungen - Verträglichkeit

- Gewissenhaftigkeit (Borkenau undOstendorf, 1993).

Dies war ein kleiner Überblick über die benutzten Fragebögen und deren Ziele. In den folgenden Abschnitten werden die Fragebögen ausführlich besprochen.

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II.2.1 TCI (Temperament-und Charakter-Inventar)

Hintergrund: Zentral für dieses Modell ist die schon von der Arbeitsgruppe um Gray vertretene Annahme, interindividuelle Unterschiede in der Ausgestaltung zentral-nervöser Überträgerstoffe und durch diese modulierte Verhaltenssteuerungssysteme fänden ihren Niederschlag in individuellen Persönlichkeitseigenschaften.

Zunächst wurden drei genetisch unabhängige, funktional miteinander interagierende Persönlichkeitsdimensionen (Temperamente) postuliert.

 Neugierigkeit, (Novelty Seeking)  Vorsichtigkeit, (Harm Avoidance)

 Abhängigkeit von Belohnungen (Reward Dependence)

Unter Temperament werden automatische emotionale Reaktionen beim Erleben verstanden, die erblich bedingt sind und während des gesamten Lebens stabil sind (Cloniger et al., 1993).

Zu deren Messung entwickelte die Arbeitsgruppe von Cloninger ursprünglich einen dreidimensionalen Persönlichkeitsfragebogen TPQ, der auch in der Alkoholismus-forschung eingesetzt wurde.

Einsatzgebiet: Verschiedene Subtypen der Alkoholabhängigkeit (zum Beispiel Typ-1/ Typ-2 nach Cloninger) (Cloninger et al., 1981) unterschieden sich nach diesem Modell in diesen Merkmalen. Cloninger hatte Subtypen von Alkoholkranken mit bestimmten Mustern von Temperamenteigenschaften in Zusammenhang gebracht:

 Typ-1- Alkoholabhängige (zu Beginn der Alkoholproblematik relativ alt); sind gekennzeichnet durch geringe „Neugierigkeit“ sowie hohe Werte in „Vorsichtigkeit“ und Abhängigkeit von Belohnungen.

 Typ-2- Alkoholabhängige (zu Beginn der Alkoholproblematik relativ jung); werden mit hohen Neugierigkeitswerten, sowie niedrigen Werten in Vorsichtigkeit und „Abhängigkeit von Belohnungen“ in Zusammenhang gebracht (Cloninger et al., 1994).

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Die Erweiterung des Persönlichkeitsmodells führte zu einer Weiterentwicklung des TPQ zum Temperament- und Charakter-Inventar (TCI). Faktorenanalytische Untersuchungen resultierten darin, die zunächst dreidimensionale Struktur der Temperamente durch ein viertes Merkmal „Beharrlichkeit“ zu ergänzen. Ursprünglich war dieser Verhaltensaspekt als Bestandteil der Skala „Abhängigkeit von Belohnungen“ konzipiert worden. Das TCI umfasst also vier Temperaments-und drei Charakter-Skalen (Cloninger et al., 1994).

Die Charakterskalen sind folgende: - Selbstlenkungsfähigkeit (SD) - Kooperativität (C)

- Selbsttranszendenz (ST)

Inzwischen liegt eine deutsche Version des TCI vor. Erste Erfahrungen an gesunden Probanden weisen auf kulturelle und regionale Temperament- und Charakterunterschiede, soweit sich das TCI abbildet, hin. Es wurden signifikante Unterschiede zwischen der amerikanischen und einer deutschen Normstichprobe festgestellt (Richter et al., 1998).

Methode: Das TCI wurde in einer vom Erstautor im Layout überarbeiteten Fassung der von Richter und Eisenmann übersetzten 9. Version verwendet. Es umfasst 226 Ja/ Nein– Aussagen (plus 14 Items, die die Abwärtskompatibilität zum TPQ sicherstellen). Sie betreffen eigene Meinungen, Einstellungen, Interessen, persönliche Gefühle und Verhalten. Die Items sind vier Temperament-und drei Charakterdimensionen zugeordnet (Richter et al., 2000).

Diese 7 Skalen wären:

Neugierverhalten 40 Items Schadensvermeidung 35 Items Belohnungsabhängigkeit 24 Items Beharrungsvermögen 08 Items Selbstlenkungsfähigkeit 44 Items Kooperativität 42 Items

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Die Reliabilitäten der TCI-Skalen entsprechen in etwa denen der deutschen Norm-stichprobe. Bis auf die Skalen „ Beharrlichkeit“ (PER) und „Abhängigkeit von Belohnungen“ (RD) sind die TCI-Skalen, im Unterschied zu mehreren Subskalen (NS1, NS4, RD4, SD1, SD2, C1, C2, C3, C5) von mindestens ausreichender innerer Konsistenz (Richter et al., 2000).

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II.2.2 Barratt Impulsiveness Scale

Die Barratt Impulsiveness Scale wurde ursprünglich mit zwei Zielsetzungen entwickelt. Ursprünglich wurde die Skala dazu verwendet, Eigenschaften impulsiven Verhaltens von denen zu unterscheiden, die bei Ängstlichkeit vorliegen. Im zweiten Schritt sollten Unterformen der Impulsivität näher charakterisiert werden. Zu diesem Zweck wurde eine Faktorenanalyse der Skala durchgeführt (Barratt et al., 1965), die eine Zuordnung der Variablen zu vier verschiedenen Faktoren ermöglichte:

I: Geschwindigkeit der kognitiven Antwort. II: Mangel an Impulskontrolle. III: Suche nach Abenteuer. IV: Risikobereitschaft.

Für die Verwendung im deutschen Sprachraum wurde dieses ursprünglich aus dem angloamerikanischen Bereich stammende Messinstrument, von zwei unabhängigen Dolmetschern übersetzt. Eine Faktorenanalyse wurde durchgeführt, um die von Barratt für die englische Version vorgeschlagene Faktorenstruktur für die deutsche Version zu überprüfen. Unter Verwendung einer Hauptkomponentenanalyse und einer obliquen Rotation wurden 26 Fragen der deutschen Übersetzung der BIS-5 in die Faktorenanalyse eingeschlossen (Barratt et al., 1983).

Der BIS-Gesamtwert zeigte signifikante positive Korrelationen mit TCI „Novelty Seeking“ insbesondere mit der Subskala „Impulsiveness“ und der BDHI-Skala „tätlicher Angriff“. Signifikante, aber eher schwache Korrelationen zeigten sich für beide Faktoren zu den Skalen der Sensation Seeking Scales.

Aufgrund der signifikanten, aber eher moderaten Überlappung mit den anderen Persönlichkeitskonzepten kann der BIS-5 einerseits als ein Messinstrument gelten, das spezifisch impulsives Verhalten erfasst, ohne eine zu nahe Verwandtschaft mit Standartskalen der Persönlichkeitsmessung zu zeigen. Andererseits kann der BIS-5 auch gegenüber anderen Konzepten impulsiven Verhaltens abgegrenzt werden, wie dem auf die Erfassung impulsharter Aggression und Reizbarkeit ausgelegte Buss-Durkee-Hostility-Inventory. Somit stehen für Personen mit einer Vorgeschichte von Suizid-versuchen, die eher ein Verhalten mit erhöhter Irritierbarkeit, Introversion und Neurotizismus zeigen, verschiedene Aspekte impulsiven Verhaltens im Vordergrund, die sich unter Verwendung der zwei Faktoren der BIS-Skala näher charakterisieren lassen (Barratt et al., 1983).

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II.2.3 NEO-FFI (Neo Five-Factor Inventory)

Hintergrund: Der relativ kurze Test umfasst nur 60 Fragen. Er basiert auf zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die die Persönlichkeit in fünf Ausprägungen unterscheiden. Diese sind Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.

Einsatzgebiet: Der Test ist eine gute Unterstützung in der Personalentwicklung, und zwar dann, wenn eine grobe, aber umfassende Einschätzung der Mitarbeiter benötigt wird. Für die Personalauswahl ist er eher nicht geeignet. Die Beantwortung der Fragen dauert rund 10 Minuten.

Fazit: Der große Vorteil des Verfahrens ist seine schnelle Durchführung. Aussage-kräftige Ergebnisse liegen bereits nach wenigen Minuten vor. Der Nachteil ist allerdings, dass die groben Resultate Entscheidungen nicht unbedingt unterstützen, (Borkenau und Ostendorf, 1993).

In den 80er Jahren wurde das Fünf Faktoren-Modell von McCrae und Costa wieder aufgegriffen. Es wurde eine Liste mit 80 Adjektiven vorgegeben, aus der fünf Faktoren extrahiert wurden, die nach dem Modell von Norman als Extraversion, „Agreeableness“, „Conscientiousness“, Neurotizismus und „openness to Experience“ interpretiert wurden. Aufgrund dieser und anderer Ereignisse, die deutlich für das Fünf-Faktoren-Modell sprechen, wurde der NEO Fragebogen überarbeitet. Die aktuelle Form enthält fünf Skalen, von denen vier (Neurotizismus, Extraversion, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit) den Faktoren von Norman entsprechen. Der Faktor Kultur ist ersetzt durch einen inhaltlich sehr ähnlichen Faktor „Openness to Experience“. Versuchspersonen mit hohen Werten auf diesem Faktor werden als neugierig, originell, phantasievoll, kreativ, unkonventionell und als Person mit breiten Interessen beschrieben. Versuchspersonen mit niedrigen Werten als konventionell, auf dem Boden der Tatsachen stehend, nicht künstlerisch, analytisch veranlagt und als Personen mit engen Interessen charakterisiert werden.

Die deutschsprachige Übersetzung und Adaptation des NEO- Five-Faktor Inventory wurde von Borkenau und Ostendorf vorgenommen (Borkenau und Ostendorf, 1993):

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Erklärung einzelner Skalenwerte:

Neurotizismus: Tendenz, nervös, ängstlich, traurig, unsicher, und verlegen zu sein, sich ständig sorgen zu machen, unrealistische Ideen zu verfolgen. Unfähigkeit, die Bedürfnisse zu kontrollieren und auf Stressreaktionen angemessen zu reagieren.

Extraversion: Probanden mit hohen Werten sind gesellig, aktiv, gesprächig, sozial, herzlich, optimistisch. Sie suchen Anregungen und Aufregungen.

Offenheit für Erfahrungen: Wertschätzung für neue Erfahrungen, Bevorzugung von Abwechslung; Probanden mit hohen Werten sind wissbegierig, kreativ, phantasievoll und unabhängig in ihrem Urteil. „Ich finde philosophische Diskussionen langweilig“.

Verträglichkeit: Neigung, altruistisch, mitfühlend, verständnisvoll und wohlwollend zu sein, zwischenmenschliches Vertrauen, Kooperativität und Nachgiebigkeit zu zeigen, Harmoniebedürfnis. „Manche Leute halten mich für selbstsüchtig und selbstgefällig“, „Manche Leute halten mich für kalt und berechnend“.

Gewissenhaftigkeit: Die Skala unterscheidet ordentliche, zuverlässige, disziplinierte, ehrgeizige, pünktliche, penible, hart arbeitende Personen von nachlässigen und gleichgültigen. „Ich bin eine tüchtige Person, die ihre Arbeit immer erledigt“, „Ich arbeite hart, um meine Ziele zu erreichen“.

Fazit: Das NEO-FFI spiegelt den aktuellen Stand der faktorenanalytischen Grundlagenforschung in der differentiellen Psychologie wieder. Auf sehr ökonomische Weise werden 5 Persönlichkeitsfaktoren erfasst, und zwar mit einer Reliabilität und Gültigkeit, die im Vergleich mit anderen Instrumenten als sehr ordentlich bezeichnet werden können.

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II.2.4 SSAGA (Semi-Structured Assessment on genetics in Alcoholism)

(Halb-Strukturiertes Interview zur Genetik der Alkoholabhängigkeit)

SSAGA wurde entworfen, um die körperlichen, psychologischen und sozialen Folgen der Alkoholabhängigkeit und assoziierte Störungen zu erfassen. Zudem wird das Vorliegen anderer psychiatrischer Störungen eingeschätzt. Das SSAGA ist ein polydiagnostisches Instrument, das die Inzidenz und Lebenszeitprävalenz, sowie die Morbidität und Komorbidität von Störungen der Alkohol-, Marihuana-, und Drogengebrauch, Abhängigkeit, Appetitlosigkeit, Bulimie, antisoziale Persönlichkeitsstörung, Panik, Agoraphobie, Soziophobie und zwanghaftes Verhalten erfasst. Das SSAGA umfasst auch allgemeine demographische Angaben, Informationen zur medizinischen Anamnese, Tabakgebrauch und suizidales Verhalten. Das SSAGA lässt den Interviewer ein „Lebensdiagramm“ von Diagnosen bilden (Buchholz et al., 1994, Hesselbrock et al., 1999).

Das Alter des Beginns und das Alter von aktuellen Problemen werden während des Interviews erfragt. Die Fragen des SSAGA können Einzelpersonen helfen, einige der Schwierigkeiten zu verstehen, die als Folge eines Alkohol-, oder Substanzmissbrauches oder Abhängigkeit aufgetreten sind (Buchholz et al., 1994).

In einer Studie wurde die diagnostische Gültigkeit von SSAGA (Alkohol und Drogenabhängigkeit, hohe Depression, Angststörungen) und ASPD gemessen. Insbesondere die antisoziale Persönlichkeitsstörung (ASPD) tritt häufig mit der Alkoholabhängigkeit auf. ASPD scheint ein wichtiger Faktor in der Pathogenese und im klinischen Verlauf der Alkoholabhängigkeit zu sein. Das chronologische Verhältnis zwischen dem Beginn der ASPD Symptome und der Alkohol-Abhängigkeitseigen-schaften ist noch nicht detailliert studiert worden. In der für diese Dissertation verwendeten Stichprobe wurden in einer früheren Arbeit 55 alkoholabhängige Patienten hinsichtlich dieser Chronologie untersucht. Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass der Beginn der ASPD–Eigenschaften denen der Alkoholabhängigkeit bis zu 4 Jahren vorangeht. Es wurde von den Autoren vorgeschlagen, dass bei Patienten mit einer

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ASPD die Alkoholabhängigkeit ein Sekundärsyndrom sein könnte (Bahlmann et al., 2002).

SCAN ist ein diagnostisches Verfahren zur Erfassung psychopathologischer Symptomatik für die wichtigsten psychatischen Störungsbilder des Erwachsenenalters. Neben einer standardisierten Erhebung von ICD-10 und DSM-IV Diagnosen bietet SCAN auch die Möglichkeit zur dimensionalen Diagnostik psychischer Störungen. SCAN ist gültig und anwendbar in mehreren Kulturen. Wenn man aber die antisoziale Persönlichkeitsstörung (ASPD) einschätzen will, braucht man die ASPD Sektion vom SKID (Structured Clinical Interview für DSM-III-R), weil das der SCAN nicht einschätzen kann (Anthenelli et al., 1994). Die Kappa Statistik wurde zur Messung eingesetzt. Die Resultate vom Vergleich SCAN und SSAGA waren folgende: Die erhobenen Daten in Kombination mit 2 vorausgegangenen zuverlässigen Studien zeigten, dass der SSAGA ein gültiges Instrument ist zur Einschätzung von psychischer Störung, inklusive Alkohol und Drogenabhängigkeit (Hesselbrock et al., 1999).

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II.3 Genetische Untersuchungen

II.3.1 Gewinnung der Blutproben:

Um eine genotypische Analyse vornehmen zu können, wurde in der Neurochemischen Abteilung der Psychiatrischen Klinik, Nussbaumstrasse, München, Blut von den zu untersuchenden Patienten aus der Cubitalvene abgenommen. Die entnommene Menge entsprach 2 mal 10ml Röhrchen EDTA-Blut (Serumröhrchen).

II.3.2 Verarbeitung der Blutproben:

Genomische DNA wurde aus dem ganzen Blut gemäß einem Standard- Protokoll isoliert. Der Genotyp der G6525A und A779C Polymorphismen des Tryptophan-hydroxylase Gens wurde durch eine Kombination der FRET (fluorescence resonance energy transfer) Methode und eines Light Cycler Systems (Roche Diagnostics) festgestellt.

Eine detaillierte Beschreibung der theoretischen Hintergründe und Methodologie wurde von Toyota et al., 2000 berichtet. Für die beiden Polymorphismen wurden folgende Konditionen angewandt. A779C Polymorphismus: Vorwärts Primer: 5´- TTC AGA TCC CTT CTA TAC CCC AGA G-3´; Rückwärts Primer: 5´- GGA CAT GAC CTA AGA GTT CAT GGC A-3´; Acceptor Hybridisierungsprobe: 5´- LCRed640- CAC GTC GCA GTG CTT AAC ATA CGT TTA TAA- 3´ Donator Hybridisierungs Probe: 5´- CTG AAA GAG AGG TAC AAG TTT-3´ fluorescein. Die PCR wurde ausgeführt mit 50 ng DNA nach den Instruktionen des Herstellers für 40 Zyklen. Die Reaktionsbedingungen der PCR waren: Denaturierung (95°C, 10 s, ramp rate 20°C/s), Hybridisierung (60°C, 10 s, ramp rate 20°C/s) und Polymerisation (72°C, 10 s, ramp rate 20°C/s). Nach der Amplifizierung der DNA wurde eine Schmelz-Kurve erzeugt, gefolgt durch eine langsame Erhitzung bis 95°C (ramp rate von 0.2°C/s). Das Fluoreszenz Signal wurde graphisch gegen die Temperatur dargestellt. Es wurden Schmelzungs-Kurven erzeugt von 53°C (A-Allel) und von 48°C (C-Allele).

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G6526A Polymorphismus: vorwärts Primer: 5´- TGG CAT TGA AGT AAG AGC AC-3´; rückwärts Primer: 5´-GTT TCA TGC AGG TAT TAG TG-AC-3´; Donator Hybridisierungs Probe: 5´-AGC TGT AAA GGT CCT GAG CT-fluorescein-3´; Acceptor Hybridisierungs Probe: 5´-LCRed640-AA GTA CAT CCA TAC TCA GCA AAA AAG AAA-3´. PCR und Programm-Konditionen waren die gleiche für den A779C Polymorpismus, außer dass eine Hybridisierungstemperatur von 53°C benutzt wurde. Das G-Allel erzeugte einen Schmelz-Höhepunkt von 60°C und 56°C für das Allel.

Für den G5806T Polymorphismus beim TPH-1 Gen wurde eine Standard PCR angewendet. Die PCR Reaktionen (25 µl Endvolumen) beinhalten das genomische DNA Templat (100 ng), die 100 ng genomische DNA, 200 µM von jedem dNTP, 1.25 Einheiten Taq DNA Polymerase, und 0.6 µM von dem vorwärts (5´-CTC AGA ATT GTA CAC CTC AC-3´) und vom rückwärts (5´-CTG ACT AAC ACT GAA CAA TC-3´) Primern beinhaltet. Nach einem ersten Denaturierungs-Schritt von 95°C für 10 Minuten, wurden 35 Schritte Denaturierung von 95°C für 30 Sekunden, Hybridisierung von 54°C für 30 Sekunden und eine Polymerisation von 72°C für 1 Minute angewandt. Ein zusätzlicher letzter Schritt von 72°C für 7 Minuten wurde benutzt. Die PCR Produkte wurden mit 5 Einheiten MslI für 8 Stunden verdaut, durch Elektrophorese in einem 2.5% Agarose-Gel aufgetrennt und durch Ethidium Bromid Färbung unter dem UV-Licht visualisiert. Das unverdaute PCR Produkt (GG Genotyp) hat eine Länge von 548 Basenpaaren. Der komplette Restriktionsenzymverdau (TT Genotyp) erzeugte Banden von 147 und 401 Basenpaaren-Länge.

Die Polymerase-Kettenreaktion dient zur Vervielfältigung definierter Abschnitte sehr gering konzentrierter DNA-Moleküle. Voraussetzung ist, dass man die Basenfolge am Anfang und Ende des gewünschten DNA-Abschnittes kennt. Im Labor werden automatisiert kurze, einzelsträngige „Starter“-DNA-Stücke (primer) hergestellt, die zu diesen DNA-Abschnitten passen (komplementär sind). Anschließend kann mit Hilfe eines hitzestabilen Enzyms (Taq-Polymerase) und freier DNA Bausteine (Desoxyribo-nukleosid-Triphosphate) das zwischen den beiden ‚Primerú-Erkennungssequenzen liegende DNA-Stück wiederholt kopiert werden.

Referenzen

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