Gesche Pospiech
TU Dresden, Fakultät Physik, Professur Didaktik der Physik
Verschränkung in der Schule -
EPR, Nichtlokalität und Quantenteleportation
Überblick
● Der Begriff „Verschränkung“
● Verschränkung im EPR-Experiment
● Darstellungen der Verschränkung
● Mathematische Formulierung und Bedeutung
● Die Quantenteleportation
● Greenberger – Horne – Zeilinger – Zustände (GHZ-Zustände)
Akzeptanz der Quantenphysik
● „Wesenszüge“
– Interferenzfähigkeit
– Unbestimmtheit/ Komplementarität
– Stochastische, eindeutige Messergebnisse – Vorhersagbarkeit von Wahrscheinlichkeiten
● Eigenschaften der Quantenobjekte charakterisieren – Mathematische Beschreibung interpretieren
→ Verschränkung als ausschließliche Quanteneigenschaft
● https://www.youtube.com/watch?v=MrQ3F8tPTOc
● https://www.youtube.com/watch?v=IVbsnEeVNWo
– Teilchen sind nicht mehr unabhängig voneinander
● Tritt nur bei mikroskopisch kleinen Teilchen auf: Photonen, Elektronen, ..
– Spin eines Elektrons: definierende Größe
● Stern-Gerlach-Experiment
– Verschränkte und überlagerte Zustände von Elektronen – EPR-Experiment
Verschränkung auf Youtube
Mathematisch-physikalische Grundlagen
Lineare Hilbertraumstruktur Superposition
Physikalische Größen werden mit
Operatoren dargestellt
Mögliche Messwerte und
Wahrscheinlichkeiten
Zusammengesetzte Systeme werden durch das Tensorprodukt beschrieben
Y ÄY
| 0 , 0 ⟩ + | 1 , 1 ⟩
| 0 , 1 ⟩ + | 1 , 0 ⟩
| 0 , 0 ⟩ − | 1 , 1 ⟩
| 0 , 1 ⟩ − | 1 , 0 ⟩
Verschränkung:
Zwei Photonen vs. Diphoton
∣ 0 〉 , ∣ 1 〉 ∣ 0 〉 I ∣ 0 〉 II
∣ 0 〉 I ∣ 1 〉 II
∣ 1 〉 I ∣ 0 〉 II
∣ 1 〉 I ∣ 1 〉 II
∣ 0 〉 , ∣ 1 〉
I
II
| 0 ⟩ I | 0 ⟩ II + | 1 ⟩ I | 1 ⟩ II
| 0 ⟩ I | 1 ⟩ II + | 1 ⟩ I | 0 ⟩ II
| 0 ⟩ I | 0 ⟩ II − | 1 ⟩ I | 1 ⟩ II
| 0 ⟩ I | 1 ⟩ II − | 1 ⟩ I | 0 ⟩ II
Charakterisierung von Verschränkung
● Beide Teile können nicht getrennt behandelt werden.
– Insbesondere können sie nicht “getrennt gemessen“ werden.
● Beispiel: Der Zustand:
ist nicht verschränkt!
● Der Zustand:
ist verschränkt.
= ∣ 0 〉 I ∣ 0 〉 II ∣ 0 〉 I ∣ 1 〉 II = ∣ 0 〉 I ∣ 0 〉 II ∣ 1 〉 II
= ∣ 0 〉 I ∣ 0 〉 II ∣ 1 〉 I ∣ 1 〉 II
Das Einstein-Podolsky-Rosen Paradoxon
● Einsteins Annahmen (1946/47):
– Räumliche Trennung bedeutet auch physikalische Trennung
– Es gibt eine eindeutige Beschreibung der Realität mit der Zustandsfunktion
– Die Teile (S 1 ; S 2 ) zusammengesetzter Systeme, die räumlich getrennt sind, werden demgemäß getrennt beschrieben und ergeben gemeinsam das Gesamtsystem
„ .. different y -functions can be found ... for the same real state of S 2 . One can only avoid this conclusion either by assuming that the measurement on S 1 ,
changes (telepathically) the real state of S 2 , or by generally denying independent real states to things which are spatially separated from one another. Both
alternatives appear to me entirely unacceptable.“ (Einstein nach Howard 1985)
Schrödinger 1935
„Besteht eine „Verschränkung der Voraussagen“, so kann sie offenbar nur darauf zurückgehen, dass die zwei Körper früher einmal .. ein System gebildet, das heißt in Wechselwirkung gestanden, und Spuren aneinander hinterlassen haben.“
„Wenn zwei Systeme in Wechselwirkung treten, treten … nicht etwa ihre y- Funktionen in Wechselwirkung, sondern die hören sofort zu existieren auf und eine einzige für das Gesamtsystem tritt an ihre Stelle.“
„
→ Verschränkung unseres Wissens“
Und das Fazit:
„Bestmögliche Kenntnis eines Ganzen schließt nicht bestmögliche Kenntnis seiner
Teile ein – und darauf beruht der ganze Spuk.“
Interpretation der Verschränkung
● „Bruch mit raumzeitlichen Annahmen“ (Friebe et al, S. 156)
– Prinzipiell ist der Ausgedehntheit oder Größe von Quantenobjekten keine Grenze gesetzt.
● Raum-zeitlicher Holismus
– Verschränkte Objekte bilden ein unteilbares Ganzes.
● Nicht-Separabilität
– Räumliche Trennung bedeutet nicht automatisch physikalische Trennung
● Nichtlokalität
– Lokale Variable oder Zustände beeinflussen kausal die (lokalen) Variablen oder Zustände an anderen Orten.
?
Physikalische Realisierung von Verschränkung
● QED-Cavity
– Rydberg-Atome koppeln an das Strahlungsfeld in einem nahezu idealen Hohlraum an und verschränken sich dadurch mit ihm.
● Kernspinresonanz
– Die Reaktion eines Spins auf Radiopulse hängt von dem Zustand benachbarter Spins ab.
● Photonen
– Verschränkung an einem halbdurchlässigen Spiegel
...
Darstellung von Verschränkung
https://www.youtube.com/watch?v=IVbsnEeVNWo
https://www.phys.ethz.ch/de/forschung/highlights/
research-highlights/2017/04/schnellere- verschraenkung-entfernter-quantenpunkte.html
https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/news/2017/
das-ganze-ist-viel-mehr-als-die-summe-der-teile/
https://www.deutschlandfunk.de/rekord-bei- verschraenkung-physiker-legen-grundstein-
fuer.676.de.html?dram:article_id=458230 https://www1.physik.uni-hamburg.de/ilp/ag- schnabel/forschung/quantenkommunikation.html
https://www.sciencefocus.com/science/quantum- theory-the-weird-world-of-teleportation-tardigrades- and-entanglement/
Metaphern: Beispiel von Schrödinger
● 2 Fragen, die mit Hilfe zweier Apparate beantwortet werden können.
● Verknüpfung von Unbestimmtheit und Verschränkung
Weitere Metaphern zur Verschränkung
● Schrödingers Katze: Verschränkung von Zustand eines Atoms mit dem Zustand einer Katze
● Quantenliebe:
https://www.spektrum.de/video/die-geschichte-einer-quantenliebe/
1468957
● Alltagsbeispiel (Quantenteleportation):
Eine typische Frage könnte etwa lauten: Soll man nun ins Theater gehen
oder ins Kino? Zusätzlich möchte man vielleicht einem weit entfernten
Freund diese Unentschlossenheit mitteilen. Bei einer Mitteilung über
Sprache gehen feine Nuancen aber beinahe zwangsläufig verloren. Man
müßte den Zustand direkt übertragen können, ohne jede Zwischenstation
oder Störung.
Erste Ideen
Prinzip der Quantenteleportation
● Übertragung von Information unter Zerstörung der ursprünglichen Information (No-Cloning Theorem)
● Trennen der Information in einen reinen Quanten- und einen reinen klassischen Kanal
– Beide Kanäle müssen zusammenwirken
● Nutzbar zur Übertragung von Daten innerhalb der verschiedenen Teile eines Quantencomputers
– Information wird übertragen, ohne sie zu messen oder sie zu
schreiben, d. h. ohne sie zu kennen.
Informationsübertragung bei der Teleportation
Schritte der Quantenteleportation
1) Alice hat das Photon Y mit der zu teleportierenden Information
2) Es wird ein EPR Paar erzeugt:
3) Beide Objekte werden miteinander verschränkt und ergeben:
4) Dies wird umgeschrieben zu:
Ψ= α |0 ⟩+ β |1 ⟩
EPR = 1
√ 2 ( |01 ⟩−|10 ⟩ )
Ψ⊗ EPR = 1
√ 2 ( α |0 ⟩+ β |1 ⟩ ) ( |01 ⟩−|10 ⟩ )
Φ=Ψ⊗ EPR = 1
√ 2 ( α |001 ⟩− α |010 ⟩+ β |101 ⟩− β |110 ⟩ )
Fertigstellung der Teleportation
1) F wird umgeschrieben, so dass die Information a Bob zugeordnet wird.
2) Alice führt eine Bell-Messung auf den beiden Teilen des Gesamtzustands durch und erhält ein EPR-Paar.
3) Das Ergebnis der Messung (2 Bit Information) teilt sie Bob mit.
4) Bob führt eine Transformation auf seinem Photon so durch, dass er den Originalzustand des ursprünglichen Photons erhält.
Achtung: Bob kennt den Zustand des Photons nicht (und darf ihn
auch nicht kennen).
Experimentelle Realisierung
● 2003 N. Gisin in Genf: QT mit
Photonen über 55 m Distanz (2 km Glasfaser)
● 2004 verschiedene Forschergruppen in USA, GB, AUT: verschränkte Ionen
● 2004 A. Zeilinger et al.: QT mit Photonen außerhalb eines Labors über 600 m „Donau-Experiment“ →
● 2012 China: QT mit Photonen aus Laser über 97 km Distanz
● 2012 A. Zeilinger et al.: QT mit
Photonen aus Laser über 143 km
Mögliche Einsatzgebiete der Quantenteleportation
● Teleportation von mehreren Zuständen gleichzeitig
● Teleportation zwischen Erde und Satellit
● Anwendung in Quantencomputern / Quanteninternet
● Speicherung von Quantenzuständen
● Einsatz in Quantenkryptografie abhörsichere →
Datenübertragung
Greenberger-Horne-Zeilinger-Zustände
● Was ist ein GHZ-Zustand?
● Was zeigen GHZ-Zustände?
– Sie ermöglichen einen direkten Vergleich zwischen klassischer
(lokal, realistisch) nach EPR und quantenmechanischer Betrachtung – Klassische Aussagen:
●
Messungen unterschiedlicher Spinkomponenten/Polarisationsrichtungen sind unabhängig von einander (Reihenfolge, …)
●
Zu jedem Zeitpunkt liegen feste Werte der Eigenschaften eines Objektes vor
– Quantenmechanische Aussagen:
●
Messung beeinflusst Zustand
●
Reihenfolge der Messungen von Bedeutung
Ψ= 1
√ (2 ) ( |0,0,0 ⟩+|1,1,1 ⟩ ) z
GHZ-Spiel
● Zusammenspiel von Verschränkung und Unbestimmtheit
● Direkter Abgleich von unterschiedlichen Messungen an einem „Triton“
● Vereinfachung der idealen und der experimentellen Situation im Spiel:
– xxx-Messung: Ergebnisse gemäß der quantenphysikalischen Vorhersagen
– xyy, yxy, yyx Messungen: Ergebnisse gemäß der nur klassisch möglichen Vorhersagen
Ψ= 1
√ (2 ) ( |0,0,0 ⟩+|1,1,1 ⟩ ) z
Fazit
„Im Fall der Bell‘schen Ungleichung für zwei Photonen
entspringt der Konflikt zwischen einer lokal, realistischen und
der quantenphysikalischen Betrachtung aus den statistischen
Vorhersagen der Theorien. Aber für drei verschränkte Teilchen
tritt der Konflikt sogar bei einer einzelnen Vorhersage auf.“
Warum „Verschränkung“ in der Schule?
● Entwicklung eines physikalischen Weltbildes
– Unterschied von klassischer und Quantensichtweise – Akzeptanz der Quanteneigenschaften
– Quantenhaftes Denken fördern: Quanteneigenschaften für die Ziele nutzen, ohne klassische Denkweisen einzuschalten
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