Hydrodynamische Wechselwirkung und Stokes Reibung
Johannes Reinhardt 9. Februar 2008
Problemstellung
Kolloidsuspension aus Teilchen und Lösungsmittel
Teilchen bewegen sich aufgrund von externen Kräften
Schwerkraft
Äußere elektrische Felder Brownsche Bewegung
Problemstellung
Bewegung der Teilchen erzeugt Strömungen im Lösungsmittel Strömungen im Lösungsmittel beeinflussen Bewegung der Teilchen
Bewegung aller Teilchen gekoppelt
Hydrodynamische Wechselwirkung
Hydrodynamische Wechselwirkung
Die Wechselwirkung zwischen den Teilchen, die durch Strömungen im Lösungsmittel übertragen wird, bezeichnet man als hydrodynamische Wechselwirkung.
Ziel
Ziel
Aufstellen einer Bewegungsgleichung, die die Bewegung der einzelnen Teilchen in Abhängigkeit der auf sie wirkenden Kräfte unter Berücksichtigung der hydrodynamischen Wechselwirkung beschreibt
Weiteres Vorgehen
Hydrodynamik
Beschreibung des Lösungsmittels
Navier-Stokes Gleichung
geeignet vereinfachen (Creeping Flow Gleichungen)
Wirkung von Kräften auf Lösungsmittel (Oseen-Tensor)
Weiteres Vorgehen
Ein Teilchen
Beschreibung eines einzelnen Teilchens
Verhalten eines Teilchens im Lösungsmittel (Faxén Theorem) Stokes Reibungsformel
Weiteres Vorgehen
Viele Teilchen
Bewegungsgleichung für viele Teilchen
Approximation der Hydrodynamischen Wechselwirkung
(Rodne-Prager-Matrix)
Weiteres Vorgehen
Experimente
Experimentelle Überprüfung Hydrodynamische Funktion Experimentelle Bestimmung der Hydrodynamischen Funktion
Ausgangspunkt
inkompressible Navier-Stokes Gleichung
ρ0
∂u(r,t)
∂t + (u(r,t)· ∇)u(r,t)
=
η0∇2u(r,t)− ∇p(r,t) + fext(r,t) Inkompressibilitätsbedingung
∇ ·u(r,t) =0
Reynolds-Zahl
Terme der N-S-Gleichung verschieden wichtig
Situation charakterisiert durch typische Längen a, Geschwindigkeiten v, und Zeiten τ
Transformation zu
dimensionsloser Variablen
u’ = u v r’= r a t0 = t τ p0 = a
η0vp
f ’ext = a2 η0vfext
Reynolds-Zahl
a2ρ0v τ η0
∂u’
∂t0 + ρ0av η0
| {z } Re
u’· ∇0u’= ∇02u’− ∇0p0 +f ’ext
Re heißt Reynoldszahl
Für typische Kolloidsuspensionen ist Re 1 Deshalb: Vernachlässigen des u· ∇u Terms
Creeping Flow Equations
a2ρ0v τ η0
∂u’
∂t0 = ∇02u’− ∇0p0 +f ’ext Teilchengeschwindigkeit relaxiert wegen Reibung
Typische Zeitskala für Dynamik ist Relaxationszeit
Setze τ = 6πηm
0a
Creeping Flow Equations
Interessiert an Beschreibung auf diffusiver Zeitskala mit τD τ
Annahme: fext(r,t) und damit u(r,t) ändern sich auf diffusiver Zeitskala, also
∂u’
∂t
≈ 1 τD Dann
∂u’
∂t0
=
∂u’
∂t
∂t
∂t0
= τ
∂u’
∂t
≈ τ τD
Creeping Flow Equations
Betrachte Vorfaktor a2ρ0v
m
6πη0aη0 = a3 m
|{z}∝ρp
6ρ0π = 9ρ0 2ρP ≈ 9
2 Für Zeitableitungsterm gilt also mit τD τ
a2ρ0v τ η0
∂u’
∂t0
| {z }
|...|≈2τ9τ
D1
= ∇02u’− ∇0p0 +f ’ext
Creeping Flow Gleichungen
Lineare, inhomogene, partielle Differential- leichungen
beschreiben das Lösungsmittel in Kolloidsuspensionen Heißen auch
„Creeping Flow“
Gleichungen
Stokes Gleichung
∇p(r,t)−η0∇2u(r,t)
= fext(r,t) Inkompressibilität
∇ ·u(r,t) =0
Oseen Tensor
„Creeping Flow“ Gleichungen linear Superposition möglich
Berechnen nun Lösung u(r,t) mit den Randbedingungen
rlim→∞u(r,t) =0
Oseen Tensor
Durch Fouriertransformation wird aus den
„Creeping Flow“ Gleichungen ein System algebraischer Gleichungen
„Creeping Flow“
∇p(r,t)−η0∇2u(r,t)
= fext(r,t)
∇ ·u(r,t) = 0
Fouriertransformation
ikp(k,˜ t) +η0k2u(k,˜ t)
= ˜fext(k,t) ik˜u(k,t) = 0
Oseen Tensor
˜fext(k,t) =ik˜p(k,t) +η0k2u(k,˜ t)
˜
p(k,t) =−ik˜fext(k,t) k2
Oseen Tensor in Fourier-Darstellung
˜
u(k,t) = 1
η0k2 I − kk k2
!
˜fext(k,t)
Oseen Tensor
u(r,t) =
Z
d3r0 1 (2π)3
Z
d3k 1
η0k2 I − kk k2
!
eik·(r−r’)
| {z }
:=T(r−r’)
fext(r’,t)
Rücktransformation
Man erhält also die Lösung der „Creeping Flow“ Gleichungen durch Integration über den Oseen Tensor T
Oseen Tensor
u(r,t) =
Z
d3r0T(r−r’)fext(r’,t)
Die Geschwindigkeit an einem Ort zu einer Zeit hängt von den Kräften an allen anderen Orten zur selben Zeit ab
Also Ausbreitungsgeschwindigkeit von
hydrodynamischen Störungen unendlich schnell Näherung für diffusive Zeitskala gut erfüllt, da Ausbreitungsgeschwindigkeit sehr viel größer als Diffusionsgeschwindigkeit
Oseen Tensor
Das Integral lässt sich ausrechnen, und nach längerer Rechnung erhält man explizite Darstellung des Oseen Tensor im Ortsraum
T(r) = 1
8πη0r I + rr r2
!
T(r) ∝ 1r, der Effekt einer Kraft an einem Ort ist also langreichweitig
Oseen Tensor
Betrachten Spezialfall einer Punktkraft im Ursprung
fext(r,t) = f0δ(r)
Dann erzeugt der Oseen Tensor direkt das Geschwindigkeitsfeld
u(r,t) =T(r)f0
Faxén Theorem
Im Folgenden betrachten wir nur noch kugelförmige Teilchen
Rotation wird nicht betrachtet
Untersuchen Effekt von mit v0 bewegter Kugel in einem äußeren Strömungsfeld u0(r,t)
Faxén Theorem
Ziel: Zusammenhang zwischen Gesamtkraft auf Kugel, u0(r) und v0
Ausgangspunkt u(r) = u0(r) +
Z
S d3r0T(r−r’)·fext(r0) Haftrandbedingung auf Kugeloberfläche u(r) =v0 r ∈ S
Integration über Kugeloberfläche
Z
S d3r (v0 −u0(r)) = Z
S d3r0
Z
S d3rT(r−r’)
·fext(r0)
Faxén Theorem
Z
Sd3rT(r) = 1 8πη0
Z
S d3r1 rI
| {z }
=4πI
+
Z
S d3rrr r3
| {z } :=Bij
Kugelkoordinaten für B Bij = aZ 2π
0 dφZ 1
−1d(cosθ)rirj r2 ∝I wegen Symmetrie
r
r = (sinθcosφ,sinθsinφ,cosθ)T
Faxén Theorem
Insgesamt
Z
S T(r) = 2a 3η0I Damit
Z
S d3r (v0 −u0(r)) = 2a 3η0
Z
S d3r0I·fext(r0) = 2a 3η0F linke Seite weiter vereinfachen
Faxén Theorem
Z
S d3ru0i(r) =
Z S d3r
u0i(r0) + (rj −r0j) ∂
∂xju0i(r0)+
+1
2(rl −r0l)(rj −r0j) ∂
∂xl
∂
∂xj
u0i(r0) +. . .
Taylorentwicklung des ungestörten Geschwindigkeitsfelds u0(r) um den Mittelpunkt der Kugel
Faxén Theorem
Jeder Summand ist von Struktur (r1−r01)n1(r2−r02)n2(r3−r03)n3 ∂n1
∂x1n1
∂n2
∂x2n2
∂n2
∂x1n2u0i(r0) ungeraden Potenzen von ri −r0i fallen wegen Symmetrie weg
deshalb fallen gemischten Terme einer
ungeraden Ableitung (n1 +n2 +n3 ungerade) weg
Faxén Theorem
Höhere gerade Ableitungen fallen weg, denn aus den „Creeping Flow“ Gleichungen folgt
∇2∇2u(r) =0
Übrig bleiben zwei Terme, das Ausführen der Integration liefert
Z
Sd3ru0i(r) =4πa2u0i(r0) + 2π
3 a4∇2u0i(r0) Einsetzen für rechte Seite liefert das
Faxén Theorem
Faxén Theorem F = 6πη0a
v0 −u0(r0)− a2
6 ∇2u0(r0)
Verknüpft Kraft auf Kugel, ungestörtes
Strömungsfeld und Geschwindigkeit der Kugel Das ungestörte Strömungsfeld geht nur am Mittelpunkt der Kugel ein
Keine Näherung
Stokes Reibungsgesetz
Direkte Folgerung aus dem Faxén Theorem für u0(r) = 0
Kraft auf Kugel, die mit v0 durch eine ruhende Flüssigkeit gezogen wird
F = 6πη0av0
Die Kraft, die dazu nötig ist, ist gerade FR = −F
Reibungskoeffizient γ = 6πη0a
Strömung durch Bewegung einer Kugel
Lösen der „Creeping Flow“ Gleichung für sich mit v0 bewegende Kugel in ruhigem
Lösungsmittel u(r) = Z
S d3r0T(r−r’)fext(r0)
Nach einiger Rechnung findet man als Ergebnis u(r) =6πη0a
T(r−r0) + a2
6 ∇2T(r−r0)
·v0
Bewegungsgleichung
Ziel: Bewegungsgleichung für Teilchen Ausgangspunkt: Newtonsches Gesetz mit Stokesscher Reibung
mv˙ = −ξv+Fges
Linke Seite kann vernachlässigt werden, da Reibungsterm dominiert
v = 1
ξFges = βD0Fges
Bewegungsgleichung
Kräfte auf jedes Teilchen:
externe Kräfte
Kräfte durch Strömung im Lösungsmittel
Kompliziertes, gekoppeltes, implizites Gleichungssystem
Geschwindigkeit i-tes Teilchen dann vi = βD0
Fexti + X
j6=i
FHydij
Rodne-Prager-Matrix
Super-Vektor Schreibweise
v1 v2 . . . vN
= β
D11 D12 . . . D1N D21 D22 . . . D2N . . . . . . . . . . . . DN1 DN2 . . . DNN
·
Fext1 Fext2 . . . FextN
D hängen von Positionen aller Teilchen ab Suchen Approximation für D
Rodne-Prager-Matrix
Erste Näherung: Kräfte durch
Hydrodynamische Wechselwirkung klein Fgesi = Fexti +FHydi ≈Fexti
Annahme: Strömung u(r) so, als bewegten sich Teilchen mit vi = βFexti
Damit kann man u(r) ausrechnen
Dann kann mit dem dem Faxén Theorem die FHydi und somit FHyd ausrechnen
Rodne-Prager-Matrix
ui(r) = 6πη0a
T(r−r0i) + a2
6∇2T(r−r0i)
·βFexti
genäherter Strömungsfeldbeitrag von Teilchen i Faxén Theorem, Kraft dadurch auf Teilchen j FHydij = 6πη0a
βFextj
| {z }
=vj0
−
1+ a2 6∇2
ui(rj)
Rodne-Prager-Matrix
Durch einige Umformungen und Vergleich mit erhält man
Dij = D0
3a
4rij(I + rijrij
rij2 ) + a3
2rij3(I −3rijrij
rij2 )
Dii = D0I
Diese Näherung wird auch als Rodne-Prager-Matrix bezeichnet
Hydrodynamische Funktion
Wie lässt sich das nun experimentell überprüfen?
Statische Lichtstreuung nur Potentialwechselwirkung
Aber dynamischer Strukturfaktor enthält Dynamik
Hydrodynamische Funktion
Man kann zeigen, dass für kurze Zeiten gilt S(q,t) = S(q)e−Dcq2t
misst man dynamischen und statischen Strukturfaktor, und errechnet daraus
− 1 q2t ln
S(q,t) S(q)
= Dc
so findet man eine q Abhängigkeit von Dc
Hydrodynamische Funktion
Diese kommt von der Hydrodynamischen Wechselwirkung
Man kann weiter zeigen D(q) = D0
DP
i,j Dije−iq·(ri−rj)E S(q)
Der Zähler wird auch als Hydrodynamische Funktion bezeichnet
Hydrodynamische Funktion
Diese Hydrodynamische Funktion kann mit einigen Tricks und mit Hilfe der
Wechselwirkungsmatrizen berechnen
Und man kann sie über den dynamischen und statischen Strukturfaktor messen