• Keine Ergebnisse gefunden

AUSBLICK BMF-Monatsbericht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "AUSBLICK BMF-Monatsbericht"

Copied!
106
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

AUSBLICK

(2)
(3)
(4)
(5)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der letzte Monatsbericht des Jahres 2020 ermöglicht den Blick zurück auf ein ganz besonderes Jahr. Die Corona-Pandemie hat uns allen viel abverlangt  – und noch ist sie nicht überstanden.

Es waren auch für die Bundesregierung und das BMF viele arbeitsintensive Monate. Wir haben im März mit Soforthilfen und KfW-Sonderprogram- men auf die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Pandemie reagiert. Weitere Programme folgten im Verlauf des Jahres  2020: etwa die zusätzlichen Überbrückungshilfen, November- und Dezember- hilfen sowie die Neustarthilfe für Soloselbständige.

Das Konjunktur- und Zukunftsprogramm sichert – in Verbindung mit dem Instrument der Kurzarbeit – Beschäftigung und stabilisiert die Wirtschaft. Nicht nur der Internationale Währungsfonds bescheinigt Deutschland eine hervorragende Krisenreaktion.

Deutschland hat auch den EU-Ratsvorsitz in den vergangenen sechs Monaten dafür genutzt, die wirt- schaftliche Erholung auf europäischer Ebene vo- ranzubringen. Die Verständigung zum Mehrjährigen Finanzrahmen  2021-2027 und dem Aufbauinstru- ment „Next Generation  EU“ schafft die Vorausset- zungen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen in Europa.

Neben der Krisenbewältigung stand die sozial-ökolo- gische Transformation unserer Wirtschaft im Fokus.

Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit von morgen – etwa mit der Umsetzung des Klimapakets, dem Koh- leausstieg, der Wasserstoffstrategie sowie der erst- maligen Ausgabe „grüner Anleihen“.

Mit dem anstehenden Jahreswechsel ist die Hoff- nung verbunden, dass wir die Krise und die mit ihr einhergehenden Belastungen für Gesundheit, Ge- sellschaft und Wirtschaft im Laufe des nächsten Jahres hinter uns lassen können. Die dafür nöti- gen Impfstoffe werden endlich zur Verfügung ste- hen. Auch aus dem BMF gibt es gute Nachrichten:

Der Solidaritätszuschlag wird ab dem 1. Januar 2021 abgeschafft für 90 Prozent derjenigen, die ihn bisher zahlen. Der Grundfreibetrag bei der Einkommen- steuer steigt und der Effekt der kalten Progression wird ausgeglichen. Das Kindergeld wird um 15 Euro erhöht und beträgt dann je 219  Euro für das erste und zweite Kind. Außerdem wird der Entlastungs- betrag für Alleinerziehende mehr als verdoppelt.

Wir haben auch im kommenden Jahr noch einiges vor, etwa bei der internationalen Steuergerechtig- keit und der effektiven Mindestbesteuerung sowie dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität, mit dem die Bilanzkontrolle grundlegend reformiert und Konsequenzen aus dem Fall Wirecard gezogen werden. Der Schlaglichtartikel in dieser Ausgabe des Monatsberichts gibt einen ausführlichen Überblick zur Arbeit des BMF im Jahr 2020 und einen Ausblick auf das kommende Jahr.

Ich wünsche Ihnen hoffentlich erholsame Festtage und dann einen guten Start in ein gutes, glückliches vor allem gesundes neues Jahr.

Wolfgang Schmidt

Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen

(6)
(7)

Inhaltsverzeichnis

Schlaglicht: Ausblick _____________________________________________7

Die Arbeit des BMF im Jahr 2020: Rück- und Ausblick in Zeiten der Corona-Pandemie ____________________ 8 Im Interview: Olaf

 

Scholz,

 

Bundesfinanzminister_______________________________________________________ 17

Analysen und Berichte __________________________________________21

Ergebnisse der Steuerschätzung vom 10. bis 12. November 2020 _________________________________________ 22 Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland ________________________ 32 Deutschlandprüfung 2020/2021 der Financial Action Task Force – Teil 2 _________________________________ 35 33. Treffen der Beteiligungsführungen des Bundes und der Länder am 18. September 2020 ______________ 44 Der Effekt der kalten Progression bei der Einkommensteuer ____________________________________________ 47 Zentrale Aussagen aus dem 13. Existenzminimumbericht _______________________________________________ 52

Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage ___________________________57

Überblick zur aktuellen Lage ____________________________________________________________________________ 58 Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht _____________________________________________________ 59 Steuereinnahmen im November 2020 ___________________________________________________________________ 66 Entwicklung des Bundeshaushalts bis einschließlich November 2020____________________________________ 71 Entwicklung der Länderhaushalte bis einschließlich Oktober 2020 ______________________________________ 76 Kreditaufnahme des Bundes und seiner Sondervermögen _______________________________________________ 78 Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik ____________________________________________________________ 85

Aktuelles aus dem BMF _________________________________________91

Termine ________________________________________________________________________________________________ 92 Publikationen __________________________________________________________________________________________ 93

Statistiken und Dokumentationen ______________________________95

Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung ___________________________________________________ 96 Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte ______________________________________________________ 97 Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunktur komponenten des Bundes _______________ 97 Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ___________________________________________________ 98

Verzeichnis der Berichte ________________________________________99

Verzeichnis der Berichte im Monatsbericht des BMF 2020 ______________________________________________ 100

(8)
(9)

Schlaglicht: Ausblick

Ausblick

Die Arbeit des BMF im Jahr 2020: Rück- und Ausblick in Zeiten der Corona-Pandemie 8 Im Interview: Olaf

 

Scholz,

 

Bundesfinanzminister 17

(10)

Die Arbeit des BMF im Jahr 2020: Rück- und Ausblick in Zeiten der Corona-Pandemie

● Seit März 2020 haben die Bundesregierung und insbesondere das BMF intensiv an Maßnahmen für die wirtschafts- und finanzpolitische Bewältigung der Corona-Pandemie gearbeitet. Mit den Sofort- und Liquiditätshilfen erfolgte im Frühjahr eine schnelle und kraftvolle Antwort auf die unmittelba- ren wirtschaftlichen Verwerfungen. Das Konjunktur- und Zukunftspaket hat im Frühsommer den Grundstein für die wirtschaftliche Erholung gelegt. Es sichert Arbeitsplätze und stabilisiert die Wirt- schaft. Und es sieht umfangreiche Zukunftsinvestitionen vor, um die sozial-ökologische und digitale Transformation der deutschen Volkswirtschaft voranzubringen und damit die Wettbewerbsfähig- keit von morgen zu sichern. Nachdem im Spätherbst erneute Kontaktbeschränkungen notwendig geworden sind, hat die Bundesregierung ihre Wirtschaftshilfen noch einmal deutlich ausgeweitet, vor allem mit neuen Überbrückungshilfen, November- und Dezemberhilfen, der Neustarthilfe für Soloselbständige sowie speziellen Maßnahmen für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft.

● Die Corona-Krise lässt sich nur durch enge Zusammenarbeit in der Europäischen Union (EU) erfolgreich überwinden. Deutschland kam als EU-Ratsvorsitz in den vergangenen sechs Monaten die Verantwortung zu, die wirtschaftliche Erholung auch auf europäischer Ebene voranzubringen.

Dabei hat Europa in der Krise seine Handlungsfähigkeit bewiesen. Mit der Einigung zum Mehr- jährigen Finanzrahmen 2021-2027 und dem Aufbauinstrument „Next Generation EU“ werden die Voraussetzungen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie geschaffen. Die Schwerpunkte liegen auf zukunftsorientierten Ausgabenbereichen wie Klima- schutz und Digitalisierung. Mit der Einigung auf eine gezielte Anpassung des Rechtsrahmens für die europäischen Finanzmärkte wird zudem die Finanzierung der wirtschaftlichen Erholung über die Kapitalmärkte verbessert.

● Neben den konkreten Maßnahmen zur Krisenbewältigung wurden 2020 auch zahlreiche Maßnah- men zur Stärkung der verfügbaren Einkommen der Bürgerinnen und Bürger auf den Weg gebracht.

Dazu gehören u. a. die weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags und die erneute Erhö- hung des Kindergelds. Gleichzeitig wurde weiter an der sozial-ökologischen Wende der deutschen Volkswirtschaft gearbeitet, u. a. mit der ersten Emission von Grünen Bundeswertpapieren. Zudem haben wir den Kampf gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Bilanzbetrug entschlossen fortgesetzt.

● Die Corona-Pandemie wird uns auch im nächsten Jahr weiter beschäftigen, aber die Entwicklung von Impfstoffen in Rekordzeit lässt auf eine schrittweise Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hoffen. Eine Reihe wichtiger Initiativen steht 2021 auf der politischen Agenda des BMF: Mit der weitergehenden Umsetzung unseres Konjunkturprogramms und dem Europäischen Wiederaufbauplan wird die ökonomische Erholung in Deutschland und Europa vorangebracht, auf G20-Ebene sollen die Verhandlungen für eine effektive globale Mindestbesteue- rung erfolgreich abgeschlossen werden und mit dem Gesetzentwurf zu Stärkung der Integrität des Finanzmarktes (FISG) werden die Konsequenzen aus dem Fall Wirecard gezogen.

(11)

Schlaglicht

Das Jahr 2020: Die Arbeit des BMF in Zeiten der Pandemie

2020 wurde in fast allen Lebensbereichen von der Corona-Pandemie dominiert. Dies gilt auch für die Arbeit des BMF und der Bundesregierung insge- samt. Das wichtigste Ziel war und ist, dass alle gut durch die Krise kommen. Zu Beginn der Krise im März reagierte die Bundesregierung schnell, kraft- voll und unbürokratisch mit umfangreichen Unter- stützungs- und Stabilisierungsmaßnahmen. Neben dem Kurzarbeitergeld, den steuerlichen Hilfsmaß- nahmen für Unternehmen und Beschäftigte (u.  a.

zinsfreie Stundung von Einkommen- und Körper- schaftsteuer, ermäßigter Umsatzsteuersatz für Res- taurationsumsätze) und dem erleichtertem Zugang zur Grundsicherung wurden zügig umfangreiche Hilfsprogramme beschlossen:

● Das Soforthilfeprogramm gewährt Zuschüsse von bis zu 15.000 Euro pro Monat für kleine Betriebe, Selbständige sowie Bürgerinnen und Bürger in freien Berufen, z. B. für Miet- und Pachtkosten.

● Über die bundeseigene Förderbank Kreditan- stalt für Wiederaufbau (KfW) wurden in erheb- lichem Umfang zinsgünstige Kredite zur Ver- fügung gestellt. Die KfW übernimmt dabei bis zu 90 Prozent des Ausfallrisikos des Finanzie- rungspartners, beim KfW-Schnellkredit sogar 100 Prozent. Dies erhöht die Bereitschaft der Banken und Sparkassen, Kredite zur Verfügung zu stellen. Auch wurden die Verfahren für die Beantragung deutlich vereinfacht.

● Die Bundesregierung hat einen Wirtschafts- stabilisierungsfonds (WSF) für großvolumige staatliche Stützungsmaßnahmen wie Kredit- garantien und Stärkungen des Eigenkapitals geschaffen. Damit kann sich der Staat, wenn nötig, direkt an Unternehmen beteiligen, die aufgrund der Pandemie in Schwierigkeiten ge- raten.

● Das Kurzarbeitergeld ist eines der wichtigsten Instrumente zur Sicherung von Beschäftigung

in der Krise. Es hat sich bereits in der Finanz- krise bewährt und gilt als Vorbild für viele ähn- liche Programme weltweit. Die Bundesre- gierung hat den Zugang zu Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März 2020 erleichtert und im Verlauf der Krise bis Ende 2021 verlängert.

Detaillierte Informationen zum Umsetzungs- stand der in diesem Artikel genannten Hilfspro- gramme sind unter folgender Internetseite abruf- bar: https://www.dashboard-deutschland.de.

Das Konjunkturprogramm

Im weiteren Verlauf des Frühjahrs zeichnete sich ab, dass es eines zusätzlichen kräftigen Wachstum- simpulses bedurfte. Der Koalitionsausschuss be- schloss daher am 3. Juni 2020 Eckpunkte eines Kon- junkturprogramms, mit einem Konjunktur- und Stabilisierungs- sowie einem Zukunftspaket. Mit gezielten Nachfrageimpulsen, verbesserten Rah- menbedingungen für Unternehmen und geziel- ten Entlastungen von Kommunen wurde die wirt- schaftliche Erholung angeschoben. Gleichzeitig investiert die Bundesregierung in Klimaschutz und klimafreundliche Mobilität, in Bildung und For- schung sowie in Digitalisierung – dies dient der Si- cherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit von morgen. Zentrale Elemente des Pakets sind u. a. die folgenden Maßnahmen:

● Befristete Senkung der Umsatzsteuer: Die Um- satzsteuer wurde ab dem 1. Juli bis Ende 2020 gesenkt. Der allgemeine Satz sank auf 16 Pro- zent (von 19 Prozent), der ermäßigte Satz auf 5 Prozent (von 7 Prozent). Das ist ein starker Impuls für mehr private Nachfrage von insge- samt 20 Milliarden Euro. Die Maßnahme ist so- zial gerecht. Denn besonders stark profitieren davon Bürgerinnen und Bürger mit durch- schnittlichen oder niedrigen Einkommen, da sie einen größeren Teil ihres Einkom- mens jeden Monat tatsächlich ausgeben und nicht sparen. Es zeichnet sich ab, dass die ge- plante Wirkung auch erreicht wurde und die Steuersenkung bei den Konsumentinnen und

(12)

Konsumenten angekommen ist. Die Befris- tung der Maßnahme war fiskalisch und ökono- misch richtig, um einen konjunkturellen Im- puls durch Vorzieheffekte zu erreichen. Zudem konnten durch diese Maßnahme die Erwar- tungen der Wirtschaftsteilnehmer in ökono- misch unsicherer Zeit stabilisiert werden.

Einmaliger Kinderbonus: Familien haben in der Pandemie besondere Lasten zu tragen. Zur Stärkung der Kaufkraft von Familien wurde für jedes im Jahr 2020 kindergeldberechtigte Kind ein einmaliger Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind gewährt, der zudem bei Transferleistungen nicht angerechnet oder als Einkommen berücksichtigt wurde.

Förderung der Wasserstofftechnologie: Mit einem ambitionierten Investitionspaket steigt Deutschland entschlossen in die Zukunft der Wasserstofftechnologie ein und ebnet den Weg zur Treibhausgasneutralität in Schwerlastver- kehr und Industrie.

Paket „Förderung nachhaltige Mobilität“: Be- reits im Klimaschutzprogramm 2030 wurde ein umfassendes Programm für nachhaltige Mobilität verabschiedet. Mit den Beschlüssen des Konjunkturprogramms wird der Struk- turwandel zusätzlich beschleunigt. Diese um- fassen (i) eine Innovationsprämie, wodurch die Kaufprämie für E-Autos auf bis zu 6.000 Euro verdoppelt wird, (ii) ein Bonusprogramm zur Förderung von Zukunftsinvestitionen für Her- steller und Zulieferer in der Automobilindus- trie, (iii) die Unterstützung für soziale Dienste, Handwerksbetriebe und Unternehmen bei Umrüstung ihrer Fahrzeugflotten auf Elek- troantriebe und (iv) ein Bus- und Lkw-Flot- ten-Modernisierungsprogramm für alternative Antriebe.

Solidarpakt für Kommunen: Der Bund gleicht 2020 hälftig – die andere Hälfte über- nehmen die Länder – die krisenbedingten Aus- fälle bei der Gewerbesteuer aus. Darüber hinaus werden die Kommunen langfristig entlastet, da

der Bund einen höheren Anteil bei den Kosten der Unterkunft (KdU) bedürftiger Personen übernimmt. Der Anteil des Bundes an den KdU steigt dauerhaft von derzeit bis zu 50 Prozent um 25 Prozentpunkte.

Weitere Hilfsprogramme

Überbrückungshilfen

Die Überbrückungshilfe unterstützt Unternehmen, Soloselbständige sowie Angehörige freier Berufe, die von den Maßnahmen zur Pandemie-Bekämp- fung besonders stark betroffen sind. Es werden Zu- schüsse zu den Fixkosten gezahlt, also den Ausga- ben, die ein Unternehmen nicht einfach vermeiden kann  – wie etwa Mieten, Pachten und Versiche- rungsprämien. Die Höhe der Zuschüsse orientiert sich am Rückgang des Umsatzes im Vergleich zum Vorjahr. Die Zuschüsse müssen nicht zurückge- zahlt werden. Die Überbrückungshilfe II läuft der- zeit noch bis zum 31. Dezember 2020. Sie wird an- schließend als Überbrückungshilfe  III bis Ende Juni  2021 verlängert und erweitert. So bringt die Überbrückungshilfe  III deutliche Verbesserun- gen für Soloselbständige und die Kultur- und Ver- anstaltungswirtschaft sowie die Reisebranche. Die Überbrückungshilfe  III ist außerdem das zentrale Hilfsinstrument für jene Unternehmen, die von den Schließungs-Entscheidungen seit dem 16. De- zember und darüber hinaus betroffen sind. Direkt und indirekt von den staatlichen Schließungen er- fasste Unternehmen können einen Zuschuss von bis zu 500.000 Euro pro Monat der Schließung zu ihren Fixkosten erhalten. Für alle anderen Unter- nehmen, welche sich durch andere Zugangskrite- rien qualifizieren, liegt die Förderhöchstsumme bei 200.000 Euro im Monat.

(13)

Schlaglicht

„Neustarthilfe“ für Soloselbständige

Die Überbrückungshilfe  III bringt deutliche Ver- besserungen auch für Soloselbständige. Betroffene sollen künftig eine einmalige Neustarthilfe von bis zu 5.000 Euro erhalten – in Höhe von 25 Pro- zent des Umsatzes des Vergleichszeitraums. Viele Soloselbständige  – etwa viele Künstlerinnen und Künstler  – haben im Rahmen ihrer Tätigkeit ver- gleichsweise geringe betriebliche Fixkosten, wie z.  B. Büromieten. Da sich die bestehenden Über- brückungshilfen jedoch an den Fixkosten orientie- ren, können sie von diesen Hilfen bisher nur ein- geschränkt profitieren. Um sie besser unterstützen zu können, wird die bisherige Erstattung von Fix- kosten um eine einmalige Betriebskostenpauschale ergänzt. Diese können diejenigen beantragen, die im Rahmen der Überbrückungshilfe III sonst keine weiteren Kosten geltend machen. Die Betriebskos- tenpauschale ist als einmalige betriebliche Zuwen- dung konzipiert und soll all jene unterstützen, die zwar keine förderfähigen Kosten geltend machen können, aber aufgrund der coronabedingten Ein- schränkungen starke Umsatzeinbußen hinneh- men müssen. Sie wird nicht auf die Grundsiche- rung angerechnet.

November- und Dezemberhilfen

Die außerordentliche Wirtschaftshilfe („Novem- ber- beziehungsweise Dezemberhilfe)“ des Bun- des richtet sich an Unternehmen, Betriebe, Selb- ständige, Vereine und Einrichtungen, die von den bundesweiten Schließungen seit dem 2.  Novem- ber  2020 direkt, indirekt oder mittelbar betroffen sind. Die Hilfe besteht aus einem Zuschuss. Er wird berechnet im Vergleich zum Umsatz des Vorjahres- monats, also des Novembers beziehungsweise De- zembers 2019, und beträgt bis zu 75 Prozent dieses Vergleichsumsatzes. Da dieser Umsatz des vergan- genen Jahres bereits feststeht, ist die Hilfe unbüro- kratisch zu berechnen. Diese Hilfe gilt insbesondere für Restaurants, Hotels, Bars, Theater und Veran- staltungshäuser. Für die Zeit ab Januar 2021 steht

auch für diese Unternehmen die Überbrückungs- hilfe III zur Unterstützung bereit.

Die deutsche EU-

Ratspräsidentschaft im

Zeichen der Krisenbewältigung

Am 1.  Juli  2020 übernahm Deutschland turnus- mäßig die EU-Ratspräsidentschaft. Nach sechs in- tensiven Monaten deutscher Ratspräsidentschaft ist klar: Europa hat sich in der Krise bewährt und als handlungsfähig erwiesen. Nur gemeinsam kön- nen die Mitgliedstaaten der EU die Pandemie ein- dämmen und überwinden. Es ist daher ein wich- tiger Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft, dass in der EU eine eng abgestimmte Krisenreak- tion gelungen ist. Neben dem zentralen Thema der Krisenbewältigung konnten auch entscheidende Fortschritte bei der Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion, der Vertiefung der Kapitalmarkt- union und der Stärkung der Geldwäschebekämp- fung sowie der europäischen Architektur einer fai- ren und effektiven Besteuerung erzielt werden.

Mehrjähriger Finanzrahmen 2021- 2027 und „Next Generation EU“

Mit der Einigung auf den Mehrjährigen Finanz- rahmen (MFR)  2021-2027 und das Aufbauinstru- ment „Next Generation EU“ (NGEU) hat die Euro- päische Union die Voraussetzungen geschaffen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coro- na-Pandemie zu bewältigen. Das Finanzpaket, das insgesamt über ein Volumen von über 1,8 Billionen Euro verfügt, setzt Schwerpunkte auf zukunftso- rientierte Ausgabenbereiche wie Klimaschutz und Digitalisierung. Deutschland wird als größter Mit- gliedstaat seiner Verantwortung gerecht und löst sein Versprechen ein, infolge des Brexits einen hö- heren finanziellen Beitrag zu leisten. Dies ist ein richtiger Schritt, denn die Mittel des MFR wer- den zukunftsweisend eingesetzt und schaffen ei- nen konkreten europäischen Mehrwert. Für das

(14)

neue temporäre Aufbauinstrument NGEU nimmt die EU zum ersten Mal selbst in großem Stil Mit- tel an den Finanzmärkten auf, um die Pandemie und ihre gravierenden wirtschaftlichen Folgen zu bekämpfen. Die EU-Mitgliedsstaaten beweisen da- mit, dass sie in der Krise solidarisch füreinander und für das europäische Projekt einstehen. Um Mittel aus dem größten Ausgabeninstrument von NGEU  – der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) mit einem Gesamtvolumen von 672,5  Milliarden Euro – zu erhalten, müssen alle Mitgliedstaaten im nächsten Schritt sogenannte Aufbau- und Resili- enzpläne entwickeln, in denen sie darstellen, wie sie die EU-Gelder ziel- und zukunftsgerichtet ein- setzen wollen.

Weitere wichtige finanzpolitische Ergebnisse des deutschen

EU-Ratsvorsitzes

Mit der Einigung der Finanzministerinnen und Fi- nanzminister der  EU auf die Reform des Europä- ischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wurde ein jahrelanger Verhandlungsprozess erfolgreich ab- geschlossen. Herzstück der Reform ist der soge- nannte Common Backstop, wodurch der ESM als Letztsicherung Kredite an den europäischen Ban- kenabwicklungsfonds bereitstellen kann, um Ban- ken in Schieflage abzuwickeln und gleichzeitig das Finanzsystem stabil zu halten. Das ist ein entschei- dender Beitrag zur Wahrung der Finanzstabilität in der Währungsunion und zur Stärkung der Ban- kenunion. Die Rückzahlung der Kredite wird durch nachträglich erhobene Bankenabgaben sicherge- stellt. Neben der Letztsicherung sieht die ESM-Re- form weitere Maßnahmen vor, um die Schlag- kraft des ESM als Krisenbewältigungsinstrument zu verbessern: U.  a. wird die Wirksamkeit der be- stehenden vorsorglichen Finanzhilfeinstrumente verbessert.

Es ist ein wichtiges Anliegen der deutschen Euro- papolitik, die europäische Architektur einer fairen und effektiven Besteuerung voranzubringen. Dazu zählt die Implementierung internationaler Stan- dards der Besteuerung auf EU-Ebene, die Stärkung

der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und die wirksame Bekämpfung schädlicher Steuerprak- tiken. Während der deutschen EU-Ratspräsident- schaft konnten hier wichtige Fortschritte erreicht werden. Konkret wurden Ratsschlussfolgerungen zur fairen und effektiven Besteuerung beschlos- sen. Die Schlussfolgerungen umfassen Aussagen zu den Themen Besteuerung der digitalisierten Wirt- schaft, Mehrwertsteuer, Verbrauchsteuer, Verwal- tungszusammenarbeit und zum Kampf gegen un- fairen Steuerwettbewerb. Darüber hinaus wurden die technischen Arbeiten zur Überarbeitung der Amtshilferichtlinie (DAC 7) abgeschlossen und die seit langem notwendigen Arbeiten zur Überarbei- tung des Mandats der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) begonnen.

In der Phase der wirtschaftlichen Erholung werden die europäischen Unternehmen auch auf Finan- zierungen über die Kapitalmärkte zurückgreifen.

Um dies zu erleichtern, hat die deutsche Ratspräsi- dentschaft zu dem Ende Juli von der Europäischen Kommission vorgelegten Kapitalmarktpaket zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung (Capital Markets Recovery Package) innerhalb von weniger als fünf Monaten im Rat verhandelt und eine Ei- nigung mit dem Europäischen Parlament erzielen können. Dadurch können die Regelungen, die nicht zuletzt die bankbasierte Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen verbessern sowie ih- nen den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern sol- len, bald in Kraft treten.

Mit Ratsschlussfolgerungen zur Stärkung der Be- kämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung und zur Weiterentwicklung der Kapitalmarkt union wurden wichtige Impulse und Prioritäten für die künftigen Arbeiten gesetzt.

Zudem wurde das Ende September 2020 vorgelegte Digital Finance Package der Europäischen Kom- mission vorangebracht. Insbesondere mit den The- men Zahlungsverkehr und digitale Plattformen im Finanzmarkt haben sich die Finanzministerin- nen und Finanzminister der  EU intensiv ausein- andergesetzt und damit den Weg für weitere Ar- beiten geebnet. Auch die Arbeiten an den neuen

(15)

Schlaglicht und komplexen Gesetzgebungsvorhaben zu digi-

talen Kryptowerten (Crypto Assets) und zur Wi- derstandsfähigkeit der Finanzdienstleistungs-IT (Cyber Resilience) hat die deutsche EU-Ratspräsi- dentschaft zügig und sehr ambitioniert begonnen, damit der europäische Finanzdienstleistungssektor die Chancen der Digitalisierung noch besser nut- zen und Risiken auch in Zukunft adäquat begegnet werden kann.

Stärkung der verfügbaren Einkommen

Die verfügbaren Einkommen der Bürgerinnen und Bürger, besonders von Familien und Alleinerzie- henden, werden zum Jahreswechsel gestärkt: Der Solidaritätszuschlag fällt für niedrige und mittlere Einkommen komplett weg, das Kindergeld und der Kinderfreibetrag steigen erneut, ebenso der Grund- freibetrag bei der Einkommensteuer.

Weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Zum Jahreswechsel wird der Solidaritätszuschlag für rund 90  Prozent der ihn bisher zahlenden Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen komplett abgeschafft. Für weitere 6,5 Prozent entfällt er teil- weise, und lediglich für die 3,5 Prozent der Beziehe- rinnen und Bezieher von Spitzeneinkommen wird er auch weiterhin unverändert erhoben.

Konkret bedeutet das: Künftig wird kein Solidari- tätszuschlag mehr erhoben, wenn die zu zahlende Lohn- oder Einkommensteuer unter 16.956  Euro beziehungsweise 33.912 Euro (Einzel-/Zusammen- veranlagung) liegt. Oberhalb dieser Grenze setzt eine sogenannte Milderungszone ein, in welcher der Solidaritätszuschlag nicht in voller Höhe er- hoben, sondern schrittweise an den vollen Satz in Höhe von 5,5  Prozent herangeführt wird. Auf sehr hohe Einkommen (oberhalb der neuen Mil- derungszone) ist der bisherige Solidaritätszuschlag

unverändert zu entrichten. Das ist der Fall, wenn das zu versteuernde Einkommen über 96.820 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 193.641  Euro (Verheiratete) liegt. Insgesamt erhöht sich durch die weitgehende Soli-Abschaffung das verfügbare Einkommen für 96,5  Prozent der Steuerzahlerin- nen und Steuerzahler um rund 11 Milliarden Euro.

Mehr Kindergeld und Ausgleich der kalten Progression

Auch über die Abschaffung des Solidaritätszu- schlags hinaus hat die Bundesregierung die Ein- kommenssituation der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere der Familien und Alleinerziehenden, verbessert:

Mehr Kindergeld: Zum 1. Januar 2021 steigt das Kindergeld um weitere 15 Euro pro Kind und Monat. Der Kinderfreibetrag wird entspre- chend angehoben. Bereits mit dem Ersten Fa- milienentlastungsgesetz 2018 wurde eine Kin- dergelderhöhung um 10 Euro pro Monat zum 1. Juli 2019 umgesetzt.

Mehr Geld für Alleinerziehende: Im Rahmen des Konjunkturpakets hat die Bundesregie- rung den Entlastungsbetrag für Alleinerzie- hende von 1.908 Euro auf 4.008 Euro für die Jahre 2020 und 2021 mehr als verdoppelt. Die zeitliche Befristung dieser Unterstützung ist mit dem Jahressteuergesetz 2020 nun aufge- hoben worden.

Anhebung Grundfreibetrag: 2021 wird der Grundfreibetrag um 336 Euro auf 9.744 Euro erhöht. Für 2022 ist eine weitere Anhebung um 240 Euro auf 9.984 Euro vorgesehen.

Ausgleich der „kalten Progression“: Damit Lohnsteigerungen auch bei den Bürge-

rinnen und Bürgern ankommen, wird für 2021 und 2022 der Effekt der „kalten Progression“

ausgeglichen.

(16)

Die Maßnahmen führen zu einer finanziellen Bes- serstellung  – insbesondere von Familien mit Kin- dern – in einem Gesamtumfang von rund 11 Milli- arden Euro jährlich.

Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass eine al- leinstehende Krankenpflegerin mit zwei Kindern und einem jährlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 40.830  Euro 2021 um 460  Euro bessergestellt wird. Ein zusammenveranlagtes Ehepaar (z. B. eine Erzieherin und ein Maurer) mit zwei Kindern und einem jährlichen Bruttoeinkommen in Höhe von insgesamt 66.072  Euro wird  2021 um 712  Euro bessergestellt.

Weitere wichtige Vorhaben des BMF im Jahr 2020

Trotz des Fokus auf der Krisenbewältigung wurden in diesem Jahr viele wichtige Vorhaben für die sozi- al-ökologische Transformation unserer Wirtschaft und damit für die Wettbewerbsfähigkeit von mor- gen vorangebracht. Zudem wurden weitere Fort- schritte im Kampf gegen Geldwäsche, Schwarzar- beit und Steuerhinterziehung erzielt.

Grüne Bundeswertpapiere – erste erfolgreiche Emission

Der Deutschland bevorstehende umfassende Strukturwandel hin zu einer nachhaltigen und kli- maneutralen Wirtschaft erfordert enorme Investi- tionen, die auch über den Kapitalmarkt finanziert werden. Mit der Emission von Grünen Bundeswert- papieren leistet der Bund einen Beitrag zur Weiter- entwicklung des Markts für nachhaltige Finanz- produkte. Wie konventionelle Bundesanleihen sind die Grünen Bundeswertpapiere ein Instrument zur Kreditaufnahme des Bundes. Grüne Bundeswert- papiere zeichnen sich dadurch aus, dass der Bund zusätzlich angibt, welche klimafreundlichen Pro- jekte und Ausgaben den Nettoemissionserlösen

gegenüberstehen. Die erste Emission eines Grünen Bundeswertpapiers (Green German Federal Securi- ties) im September  2020 war sehr erfolgreich. Die Nachfrage war mit über 30 Milliarden Euro viel hö- her als das Emissionsvolumen von 6,5  Milliarden Euro.

Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung

Die Neufassung der „Grundsätze guter Unterneh- mens- und aktiver Beteiligungsführung im Be- reich des Bundes“ (Grundsätze) wurde im Septem- ber durch die Bundesregierung beschlossen. Die neuen Grundsätze bestehen aus dem „Public Cor- porate Governance Kodex“, einem Standard guter Unternehmensführung für die Bundesunterneh- men, sowie den „Richtlinien für eine aktive Betei- ligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbe- teiligung“, internen Verwaltungsvorschriften für die Beteiligungsführung. Kernelement der neuen Grundsätze ist die Implementierung einer akti- ven Beteiligungsführung, die stärker als bisher auf das wichtige Bundesinteresse an den Unterneh- men fokussiert ist und einen aktiven Austausch mit relevanten Stakeholdern pflegt. Von besonde- rer Bedeutung neben einer aktiveren Rolle der Be- teiligungsführung ist die Stärkung des jeweiligen Überwachungsorgans.

Der Vorbildfunktion beziehungsweise der gesell- schaftspolitischen Bedeutung der Unternehmen mit Bundesbeteiligung folgend setzen die Grund- sätze bei vielen sozialen Themen ein Statement, z. B. zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Führungspositionen, zur Mitbestimmung und zu guten Arbeitsbedingungen. Besondere Aufmerk- samkeit wird ferner der nachhaltigen Unterneh- mensführung gewidmet.

(17)

Schlaglicht

Entschlossener Kampf gegen Geldwäsche, Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung

Mit den in diesem Jahr in Kraft getretenen Ände- rungen am Geldwäschegesetz wurden nicht nur die neuen europäischen Vorgaben, wie der öffent- liche Zugang zum Transparenzregister, fristgerecht in nationales Recht umgesetzt, sondern auch wei- tergehende Regelungen beschlossen: Neu sind die Stärkung der Zentralstelle für Finanztransaktions- untersuchungen (Financial Intelligence Unit) und eine erweiterte Definition von Geschäften, die be- sonders geldwäscheanfällig sind.

Neben gesetzlichen Maßnahmen wurden die Insti- tutionen gestärkt, welche die Gesetze durchsetzen sollen – mit mehr Personal und zusätzlichen Befug- nissen: Beim Bundeszentralamt für Steuern wurde u. a. eine Spezialeinheit gegen Steuerhinterziehung und Steuerumgehung gegründet: Die „Task Force gegen Steuergestaltungsmodelle am Kapitalmarkt“

soll als schlagkräftige Einheit künftig Betrugsfälle wie Cum-Ex schneller aufspüren. Beim Zoll wurde die zuständige Sondereinheit – die Finanzkontrolle Schwarzarbeit  – ebenfalls gestärkt und personell aufgestockt. Damit wird der Zoll noch besser in die Lage versetzt, für Ordnung und Fairness auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen.

G20-Rahmenwerk für Schuldenerleichterungen

Die G20-Finanzministerinnen und -Finanzminis- ter und der Pariser Club haben im November den Einstieg in eine neue multilaterale Zusammenar- beit im Umgang mit finanziellen Problemen hoch- verschuldeter Entwicklungsländer beschlossen.

Dazu einigten sie sich auf ein Rahmenwerk für Schuldenrestrukturierungen. Bislang wurden sol- che koordinierten Schuldenrestrukturierungen in der Regel nur im Rahmen des Pariser Clubs ausge- handelt und von den Staaten danach bilateral um- gesetzt. Der Pariser Club ist ein Zusammenschluss von 22  Gläubigerstaaten, um koordinierte und tragfähige Lösungen bei Zahlungsschwierigkei- ten von Schuldnerländern zu finden. Bislang wa- ren wichtige Gläubigerstaaten, wie z. B. China, nur bei einzelnen Restrukturierungen an Bord. Nun ha- ben neben China auch Indien, Russland, die Türkei und Saudi-Arabien als G20-Präsidentschaft die- sem Rahmenwerk zugestimmt. Das ist ein wichti- ger Schritt, um den betroffenen Schuldnerländern künftig nachhaltig aus der Schuldenfalle zu helfen.

Im Rahmenwerk für Schuldenrestrukturierungen werden gemeinsame Grundsätze für einen Um- gang mit Ländern definiert, die eine Schuldenre- strukturierung benötigen. Wichtig ist, dass diese Schuldenrestrukturierungen fair sind. Dazu gehört zum einen, dass sich alle öffentlichen Gläubiger in gleicher Weise an den Restrukturierungen oder Schuldenerlassen beteiligen. Ganz entscheidend ist auch, dass am Ende nicht öffentliches Geld in die Kassen privater Gläubiger fließt. Deshalb ist die Be- teiligung privater Kreditgeber fester Bestandteil des Rahmenwerks.

(18)

Ausblick auf das Jahr 2021

Die Corona-Pandemie wird auch im kommen- den Jahr noch die politische Agenda prägen. Aber die Verfügbarkeit von Impfstoffen lässt auf eine schrittweise Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hoffen. Das BMF und die gesamte Bundesregierung werden weiter al- les Nötige und Mögliche tun, damit alle gut durch diese Krise kommen.

Neben der Überwindung der Pandemie werden auch im kommenden Jahr die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft, die Stärkung Euro- pas und der gesellschaftliche Zusammenhalt ganz oben auf der Agenda der Bundesregierung stehen.

Auf globaler Ebene bleibt es ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, die internationale Steuerge- rechtigkeit durch eine effektive globale Mindestbe- steuerung voranzubringen. Bis Mitte 2021 soll eine politische Einigung auf G20-Ebene zu den Arbeiten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenar- beit und Entwicklung erzielt werden.

Schließlich werden mit der Umsetzung des Geset- zes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität ent- schlossen die Konsequenzen aus dem Fall Wire- card gezogen. Klar ist, dass das bisherige System der Bilanzkontrolle börsennotierter Unternehmen in Deutschland verbessert werden muss. Mit dem FISG werden Schwachstellen bei der Bilanzkont- rolle beseitigt, die Unabhängigkeit der Abschluss- prüferinnen und Abschlussprüfer gestärkt, ihre Haftung bei Fehlverhalten verschärft und die in- ternen Kontrollen in den Unternehmen sowie die Schutzmechanismen gegen Manipulationen der Bilanzen verbessert.

(19)

Schlaglicht

Im Interview:

Olaf   Scholz,   Bundesfinanzminister

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende entgegen. „Endlich“, werden viele sagen. Was sagen Sie zu diesem Jahr?

Die große Hamburger Schauspielerin Heidi Kabel hat einmal auf eine ähnliche Frage geantwortet:

„Da sagen wir gar nichts zu, da gehen wir so an vorbei.“ Wohl niemand hätte sich vor zwölf Mona- ten ein solches Jahr vorstellen können. Eine Pan- demie setzt unserem Planeten zu und stellt uns alle, unser Gesundheitssystem, unsere Gesellschaf- ten, unsere global vernetzte Wirtschaft und auch

unsere menschlichen Beziehungen vor ungeahnte Herausforderungen.

Eines hat dieses Jahr auch gezeigt: Der Zusammen- halt in Deutschland ist sehr groß. Gemeinsam be- kommen wir diese schwere Krise und ihre Auswir- kungen in den Griff, und wir verfügen über starke wirtschaftliche und finanzielle Reserven. Zum Schluss des Jahres gibt es einen Hoffnungsschim- mer: Einige Impfstoffe sind schnell entwickelt wor- den, u. a. auch in Deutschland. Vieles spricht dafür, dass wir gemeinsam durch diese Krise kommen und das nächste Jahr besser wird.

Olaf Scholz

© Bundesministerium der Finanzen

(20)

Die Pandemie ist nicht nur eine weltweite Bedrohung für die Gesundheit, sondern auch eine globale wirtschaftliche Herausforderung. Sehen Sie sich als Krisenmanager im Dauereinsatz?

Diese Pandemie dürfte die größte Krise sein, die unser Land in der Nachkriegszeit erlebt hat. In Re- aktion darauf haben wir in sehr kurzer Zeit das größte Hilfspaket in der Geschichte geschnürt, mit den Soforthilfen im Frühjahr. Darauf folgte An- fang Juni ein langfristig angelegtes Konjunktur- programm, das auch die Modernisierung unseres Landes, die Klimawende und die Digitalisierung im Blick hat. Mit Überbrückungshilfen und den No- vember- und Dezemberhilfen sowie der Neustart- hilfe schützen wir die Gesundheit der Bürgerin- nen und Bürger, stützen die Wirtschaft und federn Einkommensausfälle ab. Auch das Instrument der Kurzarbeit wird vielen Beschäftigten und Unter- nehmen weiter durch diese schwierige Zeit helfen.

Die Haushaltsjahre  2020 und  2021 sind „Ausnah- mehaushalte“ – hinsichtlich der geplanten Ausga- ben und der dafür notwendigen Neuverschuldung, denn in einer Krise muss man mutig investie- ren. Es wäre schlechtes Krisenmanagement, gegen die Krise anzusparen. Durch verantwortungsvolle Haushaltspolitik können wir uns diese Hilfen leis- ten: Unsere gesamtstaatliche Schuldenquote nach dieser Krise wird wohl niedriger sein als die Schul- denquote der anderen G7-Staaten vor der Krise.

Wir managen also nicht nur die Krise, sondern in- vestieren in die Zukunft und schaffen die Grund- lage für den nächsten Aufschwung.

Wie optimistisch können wir sein, dass wir 2021 – im wahrsten Sinne des Wortes – die Kurve kriegen?

In einer solchen Pandemie sollte man mit Pro- gnosen vorsichtig sein. Klar ist: Lange Zeit ist unser Land von dem Coronavirus weniger stark gebeutelt worden als viele andere Länder. Wirtschaftsfach- leute und internationale Organisationen loben, dass wir mit großer fiskalischer Kraft Beschäfti- gung gesichert und eine Abwärtsspirale der Wirt- schaft verhindert haben.

Durch die Hilfen, die wir auf den Weg gebracht ha- ben, ist unsere Wirtschaft im 3.  Quartal, also vor Beginn der aktuellen zweiten Pandemie-Welle, um 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gewach- sen. Stärker, als alle erwartet haben. Das zeigt, was wir bewirken können. Ich denke, wir können zu- versichtlich für 2021 bleiben.

Die Welt kämpft auch mit dem Klimawandel. Können wir zwei globale Krisen gleichzeitig bewältigen?

Wir müssen den Klimawandel aufhalten, denn der lässt sich von der Pandemie nicht aufhalten.

Deutschland will in 30  Jahren CO2-neutral wirt- schaften – also ohne Kohle, Erdgas und Atomener- gie auskommen. Zugleich sollen in unserem Land weiter Spitzentechnologie und Industrieproduk- tion möglich sein. Deshalb brauchen wir Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und zu- gleich müssen wir die Grundlagen schaffen für das künftige Energienetz, das stark von Wasserstoff ge- prägt sein wird. Ich spreche von vielen neuen An- lagen und einem zuverlässigen und leistungsstar- ken Verteilnetz.

(21)

Schlaglicht Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 hat die Bun-

desregierung im vergangenen Jahr den Grundstein für die Klimawende gelegt. Im Konjunkturpro- gramm 2020 haben wir den Klimaschutz mit dem Zukunftspaket fest verankert. Herzstück des Klima- schutzes ist die Bepreisung von CO2 über ein nati- onales Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr von nächstem Jahr an. Wir schaffen darü- ber hinaus zusätzliche Anreize, um den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 zu verringern. Anreize al- leine reichen aber nicht aus. Mit milliardenschwe- ren Investitionen fördern wir den öffentlichen Nahverkehr, Elektromobilität, klimaneutrale Ge- bäude und Städte sowie grünen Wasserstoff.

Der ökologische Umbau unseres Landes ist eine große Revolution, denn nach 250 Jahren Industri- alisierung auf Grundlage fossiler Rohstoffe steigen wir komplett um und wollen gleichzeitig dafür sor- gen, dass es für alle Bürgerinnen und Bürger Per- spektiven für gute Arbeitsplätze gibt.

Deutschland hatte im

2. Halbjahr 2020 den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen. Wie fällt Ihr Fazit der EU- Ratspräsidentschaft aus?

Deutschland hat die EU-Ratspräsidentschaft in einer kritischen Phase übernommen  – mitten in der Corona-Krise. Unser Motto lautete: „Ge- meinsam. Europa wieder stark machen.” Das ist uns gelungen. Bereits im April hatten wir Finanz- minister und Finanzministerinnen mit einem 540-Mrd.-€-EU-Solidaritätspaket schnell und ent- schlossen reagiert. Das hat maßgeblich dazu bei- getragen, die Finanzmärkte zu beruhigen. Millio- nen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Europa profitieren vom Kurzarbeit-Unterstüt- zungsprogramm SURE. Vorbereitet durch die

deutsch-französische Initiative im Mai hat Europa im Sommer mit dem 750-Mrd.-€-Aufbaufonds die Grundlage für Next Generation  EU und die Auf- bau- und Resilienzfazilität geschaffen, worauf wir uns beim Oktober-ECOFIN schnell geeinigt haben.

Der Aufbaufonds stärkt die Finanzarchitektur der Europäischen Union (EU), da wir das Thema neuer Einnahmen für die EU aktiv angehen.

In der Steuerpolitik haben wir entscheidende Fort- schritte auf dem Weg zu einer europäischen Archi- tektur einer fairen und effektiven Besteuerung er- zielt, die der Digitalisierung und Globalisierung gerecht wird. Zudem unterstützt die EU geschlos- sen die Einführung einer globalen effektiven Min- destbesteuerung im OECD-Rahmen.

Sie haben Initiativen für mehr Steuergerechtigkeit angestoßen. Wie sieht es am Ende des Jahres mit der fairen Besteuerung aus?

Eine faire Besteuerung ist essenziell, sodass sich jede und jeder Einzelne angemessen an der Finan- zierung unseres Gemeinwesens beteiligt. So haben wir dafür gesorgt, dass im neuen Jahr verfügbare Einkommen der Bürgerinnen und Bürger steigen.

Das Abschaffen des Solidaritätszuschlags für fast alle, die dauerhafte Verdopplung des Entlastungs- betrags für alleinerziehende Mütter und Väter, mehr Kindergeld und höhere Kinderfreibeträge  – gerade Menschen mit geringen und mittleren Ein- kommen werden dadurch mehr Geld haben.

Steuergerechtigkeit schließt ebenfalls den konse- quenten Kampf gegen Steuerbetrug, Geldwäsche und Schwarzarbeit ein. Mit Änderungen am Geld- wäschegesetz wurden nicht nur europäische Vor- gaben  2020 umgesetzt, sondern auch weiterge- hende Regelungen beschlossen.

(22)

Daneben haben wir die Institutionen mit mehr Personal und zusätzlichen Befugnissen ausgestat- tet: Das neue Geldwäschegesetz stärkt die Geld- wäscheeinheit Financial Intelligence Unit. Beim Bundeszentralamt für Steuern wurde u. a. eine Spe- zialeinheit gegen Steuerbetrug und -umgehung ge- gründet. Die „Task Force gegen Steuergestaltungs- modelle am Kapitalmarkt“ soll als schlagkräftige Einheit Betrügereien wie Cum-Ex künftig schnel- ler aufspüren.

Beim Zoll wurde die zuständige Sondereinheit ebenfalls gestärkt und personell aufgestockt: die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Damit wird der Zoll noch besser in die Lage versetzt, für Ordnung und Fairness auf dem Arbeitsmarkt zu sorgen.

Und auch die staatliche Finanzaufsicht wird mit dem Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz künf- tig mehr Biss erhalten und zugleich wird die Bilanz- kontrolle grundlegend reformiert, damit Machen- schaften wie im Falle Wirecard künftig verhindert werden können.

Was wünschen Sie sich für das Jahr 2021?

Mit der Aussicht auf flächendeckende Impfun- gen und auf einen Rückgang der Infektionszah- len wünsche ich mir, dass wir die notwendigen Beschränkungen so bald wie möglich aufheben können. Auch ich freue mich darauf, wenn ich 2021 wieder ein Konzert erleben darf.

Mich hat die Corona-Pandemie außerdem in drei Punkten bestärkt und ich wünsche mir, dass wir das beibehalten: Zusammenhalt ist wichtig. Aner- kennung und Respekt sind lebensnotwendig. Es reicht nicht, wenn wir samstags Corona-Heldin- nen und -Helden applaudieren. Sie müssen jeden Tag ordentlich bezahlt werden. Ich will 2021 wei- ter dafür arbeiten, dass die Lebensleistung jeder einzelnen Bürgerin, jedes einzelnen Bürgers an- erkannt wird. Die 20er-Jahre werden entscheiden, ob uns der ökologische und digitale Umbau unse- res Landes wirklich glückt. Und das geht nur mit einem starken und souveränen Europa. Wenn wir nicht herumgeschubst werden wollen in der Welt, müssen wir europäische Demokratien zusammen- stehen, um uns als Wertegemeinschaft global zu behaupten.

(23)

Analysen und Berichte

und Berichte

Ergebnisse der Steuerschätzung vom 10. bis 12. November 2020 22 Artikel-IV-Konsultationen des Internationalen Währungsfonds mit Deutschland 32 Deutschlandprüfung 2020/2021 der Financial Action Task Force – Teil 2 35 33. Treffen der Beteiligungsführungen des Bundes und der Länder am 18. September 2020 44 Der Effekt der kalten Progression bei der Einkommensteuer 47 Zentrale Aussagen aus dem 13. Existenzminimumbericht 52

(24)

Vom 10. bis 12. November 2020 fand die 159. Sit- zung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ als Vi- deokonferenz statt. Geschätzt wurden die Steuer- einnahmen für die Jahre 2020 bis 2025.

Berücksichtigte

Steuerrechtsänderungen

Die Schätzung geht vom geltenden Steuerrecht aus.

In Tabelle 1 sind die finanziellen Auswirkungen der Gesetze und sonstigen Regelungen enthalten, die gegenüber der vorangegangenen Schätzung vom September 2020 neu einzubeziehen waren.

Die neu einbezogenen Rechtsänderungen sind im Einzelnen in der Pressemitteilung des BMF Nr. 21/2020 vom 12. November 2020 aufgeführt.1

1 Die Pressemitteilung ist auf der Internetseite des BMF unter http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20201211 zu finden.

Der unabhängige Arbeitskreis „Steuer- schätzungen“

erstellt in Deutschland die Steuerschät- zung für Bund, Länder und Gemeinden.

Dem seit 1955 bestehenden Gremium gehö- ren Fachleute der 16 Länder, fünf führender Wirtschaftsforschungsinstitute (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, ifo Insti- tut, Institut für Weltwirtschaft, RWI - Leib- niz-Institut für Wirtschaftsforschung, In- stitut für Wirtschaftsforschung Halle), des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Deutschen Bundesbank, des Statistischen Bundesamts, des Deutschen Städtetags, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des BMF an, das den Vorsitz führt. In der Regel finden zwei Sitzungen im Jahr statt: im Frühjahr und Herbst. Auf der Grundlage der Schätzvorschläge verschiede- ner im Arbeitskreis vertretener Institutionen werden konsensual Schätzergebnisse für alle Steuerarten ermittelt.

Ergebnisse der Steuerschätzung vom 10. bis 12. November 2020

● Die jährlichen Steuereinnahmen steigen bis zum Jahr 2025 voraussichtlich auf 908,4 Mrd. € an.

● Nach einem Rückgang des Steueraufkommens im Jahr 2020 wird in den folgenden Jahren mit einer Erholung der Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden gerechnet.

● Im Vergleich zur Steuerschätzung im September 2020 rechnet der Arbeitskreis „Steuerschätzun- gen“ für die Jahre 2020 bis 2023 gesamtstaatlich mit einer Verbesserung der Einnahmesituation, während er im Jahr 2024 Mindereinnahmen erwartet.

● Die vorausschauende Haushaltspolitik der vergangenen Jahre hat die finanziellen Spielräume geschaffen, um der gegenwärtigen Krise angemessen zu begegnen.

(25)

Analysen und Berichte Auswirkungen der neu in die Steuerschätzung einbezogenen Rechtsänderungen

in Mrd. €

2020 2021 2022 2023 2024 2025

Bund -0,0 -0,3 -0,2 -0,2 -0,2 -0,2

Länder 0,0 -0,2 -0,2 -0,2 -0,2 -0,2

Gemeinden 0,0 -0,1 -0,1 -0,1 -0,2 -0,2

zusammen1 -0,0 -0,5 -0,6 -0,6 -0,6 -0,6

1 Abweichung in den Summen durch Rundung der Zahlen.

Quelle: Arbeitskreis „Steuerschätzungen“

Gesamtwirtschaftliche Annahmen

Der Steuerschätzung wurden die gesamtwirt- schaftlichen Eckwerte der Herbstprojektion  2020 der Bundesregierung vom 30.  Oktober  2020 zu- grunde gelegt. Die Bundesregierung erwartet für das Jahr 2020 einen deutlichen Rückgang des Brut- toinlandsprodukts (BIP) um real 5,5 Prozent (siehe Tabelle 2). Gegenüber der Interimsprojektion vom 1.  September  2020 wird angesichts des starken Aufholprozesses im 3. Quartal jetzt von einem et- was geringeren Rückgang ausgegangen (siehe Ab- bildung  1). Für das Jahr  2021 wird unverändert ein Anstieg um 4,4 Prozent erwartet. Im Jahr 2022 dürfte das reale BIP dann um 2,5  Prozent, in den Jahren 2023 bis 2025 jeweils um 1,0 Prozent steigen.

Für das für die Steuerschätzung relevante no- minale BIP wird für das Jahr  2020 ein Rückgang um 3,8 Prozent und im Jahr 2021 ein Anstieg um

6,0 Prozent projiziert. Im Jahr 2022 wird ein Anstieg um 4,3  Prozent und in den weiteren Schätzjah- ren 2023 bis 2025 jeweils um 2,6 Prozent erwartet.

Bei der als gesamtwirtschaftliche Bemessungs- grundlage für die Schätzung der Lohnsteuer beson- ders relevanten Bruttolohn- und -gehaltssumme ergibt sich im Rahmen der Herbstprojektion für das Jahr 2020 ein Rückgang um 1,6 Prozent. Dem steht die Erwartung einer Zunahme um 3,5 Prozent im Jahr  2021 gegenüber. Diese setzt sich voraus- sichtlich im Jahr 2022 mit einem Plus von 3,2 Pro- zent und für die Jahre 2023 bis 2025 mit einem jähr- lichen Anstieg um 2,8 Prozent fort.

Hinsichtlich der Unternehmens- und Vermögens- einkommen wird im Jahr  2020 ein Rückgang um 10,3 Prozent erwartet. Ab dem Jahr 2021 setzt hier eine Erholung ein mit projizierten Wachstumsra- ten von +8,7 Prozent für 2021, +0,9 Prozent für 2022 und jeweils +2,7 Prozent für die Jahre 2023 bis 2025.

Tabelle 1

(26)

Schätzjahr 2020 2021 2022 Steuerschätzung

September 2020

November 2020

September 2020

November 2020

September 2020

November 2020

BIP nominal -4,0 -3,8 +6,0 +6,0 +3,0 +4,3

BIP real -5,8 -5,5 +4,4 +4,4 +1,5 +2,5

Bruttolohn- und -gehaltsumme -1,2 -1,6 +3,2 +3,5 +2,8 +3,2

Unternehmens- und Vermögenseinkommen -8,3 -10,3 +3,5 +8,7 +3,6 +0,9

Private Konsumausgaben -6,5 -6,5 +5,9 +5,9 +2,9 +4,9

Schätzjahr 2023 2024 2025

Steuerschätzung

September 2020

November 2020

September 2020

November 2020

September 2020

November 2020

BIP nominal +3,0 +2,6 +3,0 +2,6 - +2,6

BIP real +1,5 +1,0 +1,5 +1,0 - +1,0

Bruttolohn- und -gehaltsumme +2,8 +2,8 +2,8 +2,8 - +2,8

Unternehmens- und Vermögenseinkommen +3,6 +2,7 +3,6 +2,7 - +2,7

Private Konsumausgaben +2,9 +2,5 +2,9 +2,5 - +2,5

Quelle: Bundesregierung

Gesamtwirtschaftliche Vorgaben für die Steuerschätzung November 2020 im Vergleich zur vorangegangenen Steuerschätzung

Veränderungen in Prozent

Tabelle 2

Abweichung wichtiger gesamtwirtschaftlicher Vorgaben zur Schätzung November 2020 von den entsprechenden Vorgaben zur Schätzung September 2020

Prozentpunkte

Quelle: Bundesministerium der Finanzen basierend auf den Zahlen der Herbstprojektion 2020 der Bundesregierung

0,2 0,0

1,3

-0,4 -0,4

0,3 0,0

1,0

-0,5 -0,5

-0,4

0,3 0,4

0,0 0,0

-2,0

5,2

-2,7

-0,9 -0,9

0,0 0,0

2,0

-0,4 -0,4

-3,0 -2,0 -1,0 0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0

2020 2021 2022 2023 2024

BIP nominal BIP real

Bruttolohn- und Gehaltsumme Unternehmens- und Vermögenseinkommen Private Konsumausgaben

Abbildung 1

(27)

Analysen und Berichte

Schätzergebnisse

Entwicklung der Einnahmen im Schätzzeitraum

Die Steuereinnahmen steigen im Schätzzeitraum bis zum Jahr 2025 voraussichtlich auf 908,4 Mrd. € an.2 Ausgehend vom vorangegangenen Ist- Jahr 2019 mit einem Aufkommen von 799,3 Mrd. € bedeutet dies einen Zuwachs im Schätzzeitraum um 13,6 Prozent. Die Gebietskörperschaften parti- zipieren in unterschiedlichem Ausmaß am Anstieg der Steuereinnahmen (siehe Tabelle 3). Bund, Län- der und Gemeinden haben im Jahr  2020 teils be- trächtliche Einnahmeeinbußen zu tragen; ab dem Jahr 2021 haben sie wieder wachsende Steuerein- nahmen zu verzeichnen. Dagegen steigen die Ein- nahmen der Europäischen Union (EU) im Schätz- zeitraum kontinuierlich an und erreichen im Vergleich aller Gebietskörperschaften mit einem kumulierten Plus von voraussichtlich 46,5 Prozent den höchsten Anstieg gegenüber dem Jahr 2019.

2 Die Ergebnistabellen der 159. Sitzung des Arbeitskreises

„Steuerschätzungen“ sind im Internet abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20201212

Im Vergleich der Einnahmeentwicklung von Bund, Ländern und Gemeinden fällt der Einnahme- rückgang im Jahr  2020 für den Bund am stärks- ten aus (siehe Abbildung 2). Im Jahr 2020 ergeben sich Veränderungen aus der Neuregelung des Län- derfinanzausgleichs. Die Gemeinden profitieren insbesondere vom Wegfall der erhöhten Gewerbe- steuerumlagen, die von ihnen aus dem Gewerbe- steueraufkommen an die Länder bis zum Jahr 2019 zu zahlen waren. Die hierdurch bei den Ländern entstehenden Einnahmeausfälle werden durch ei- nen höheren Anteil an den Steuern vom Umsatz und höhere Bundesergänzungszuweisungen mehr als kompensiert. Der Bund hat dementsprechend einen niedrigeren Anteil am Umsatzsteueraufkom- men und den Abfluss höherer Bundesergänzungs- zuweisungen zu verkraften. Zudem hat der Bund die im Jahr  2020 entstandenen Einnahmeausfälle von Ländern und Gemeinden aufgrund der tem- porären Umsatzsteuersatzsenkung im 2.  Halb- jahr 2020 sowie aufgrund der Auszahlung des Kin- derbonus über die Zuweisung von Festbeträgen im Rahmen des Finanzausgleichs übernommen (Zwei- tes Corona-Steuerhilfegesetz).

2020 2021 2022 2023 2024 2025

Steuereinnahmen insgesamt 91,1 97,1 102,1 106,0 110,0 113,6

Bund 84,7 90,2 96,2 100,8 104,1 107,5

Länder 96,1 99,8 105,0 108,6 112,8 116,5

Gemeinden 91,4 98,2 101,3 105,1 110,0 114,2

EU 105,9 138,0 136,6 137,3 142,2 146,5

Quelle: Arbeitskreis „Steuerschätzungen“

Entwicklung der Steuereinnahmen insgesamt und der Gebietskörperschaften

Index, Basis 2019 = 100

Tabelle 3

(28)

Durch die Neuregelung des Finanzausgleichs und die Zuweisung von Festbeträgen mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz verändern sich die An- teile der Gebietskörperschaften am Steueraufkom- men im Schätzzeitraum gegenüber dem Jahr 2019 erheblich (siehe Abbildung  3). Während die Neu- regelung des Finanzausgleichs zu einer Erhöhung des Anteils der Länder im gesamten Schätzzeit- raum führt, betrifft die Zuweisung von Festbeträ- gen mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz nur das Jahr 2020. Der Anteil der Länder steigt somit im Jahr 2020 um 2,2 Prozentpunkte auf 42,8 Prozent an

und geht im Jahr 2021 auf 41,7 Prozent zurück. Bis zum Jahr 2025 verändert sich der Anteil nur noch geringfügig, und zwar auf 41,6  Prozent. Aufgrund der für 2021 erwarteten Steigerung der EU-Abfüh- rungen aus dem Bundeshaushalt bleibt der Anteil des Bundes an den Steuereinnahmen mit 38,3 Pro- zent im Jahr  2021 auf dem Niveau von  2020 und steigt auch im folgenden Jahr nur leicht an. Im Jahr 2025 liegt der Anteil des Bundes an den Steu- ereinnahmen bei 38,9 Prozent. Der Anteil der Ge- meinden bleibt im Schätzzeitraum relativ stabil und beträgt im Jahr 2025 14,4 Prozent.

Entwicklung der Steuereinnahmen insgesamt und der Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden im Schätzzeitraum

Index, Basis 2019 = 100

Quelle: Bundesministerium der Finanzen basierend auf Zahlen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“

80 85 90 95 100 105 110 115 120

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025

Steuereinnahmen insgesamt Bund Länder Gemeinden

Abbildung 2

(29)

Analysen und Berichte Anteile der Gebietskörperschaften am Steueraufkommen

Quelle: Bundesministerium der Finanzen basierend auf Zahlen des Arbeitskreises "Steuerschätzungen"

41,2

40,6 14,4

3,9

Bund Länder Gemeinden EU

2019 (Ist)

38,3

42,8 14,4

4,5

2020 (Schätzung)

38,3

41,7 14,5

5,5

2021 (Schätzung)

38,9

41,6 14,4

5,0

2025 (Schätzung)

Abbildung 3

Aufkommensentwicklung bei einzelnen Steuerarten

Grundsätzlich wird die Entwicklung des Steuer- aufkommens im Schätzzeitraum von der gesamt- wirtschaftlichen Entwicklung beeinflusst. Die Ab- hängigkeit der einzelnen Steuerarten von der Konjunkturentwicklung ist jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt. Daher ergibt sich auch ein diffe- renziertes Bild, was die Auswirkungen der in der Herbstprojektion prognostizierten konjunkturel- len Abschwächung im Jahr 2020 aufgrund der Co- rona-Pandemie auf das Aufkommen der verschie- denen Steuerarten betrifft. Dies zeigt bereits der Überblick über die Erwartungen des Arbeitskreises

„Steuerschätzungen” für einige aufkommensstarke Steuerarten im Vergleich zur Entwicklung des no- minalen BIP und der Steuern insgesamt (siehe Ta- belle 4 und Abbildung 4).

Die Steuereinnahmen insgesamt werden im Jahr  2020 stärker zurückgehen als das nominale BIP. Erst ab dem Jahr 2021 dürfte sich die Aufkom- mensdynamik gegenüber dem BIP wieder ver- stärken. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen” er- wartet, dass die Steuereinnahmen zum Ende des Schätzzeitraums nur 13,6 Prozent über dem Niveau von 2019 liegen, das nominale BIP aber den Vorkri- senwert 2019 um 14,7 Prozent übersteigen wird.

(30)

Entwicklung der Einnahmen aus verschiedenen Steuerarten und des nominalen BIP

Index, Basis 2019 = 100

2020 2021 2022 2023 2024 2025

Nominales BIP 96,2 101,9 106,3 109,0 111,8 114,7

Steuern insgesamt 91,1 97,1 102,1 106,0 110,0 113,6

Steuern vom Umsatz 89,9 102,0 109,0 112,0 114,7 117,4

Lohnsteuer 94,9 100,5 106,3 112,2 118,4 124,8

Veranlagte Einkommensteuer 91,1 93,1 95,4 101,9 109,6 115,4

Kapitalertragsteuern¹ 92,2 86,4 95,0 102,0 103,4 104,1

Körperschaftsteuer 65,9 81,1 87,6 91,1 96,1 98,9

Gewerbesteuer 77,6 89,0 93,6 96,5 101,6 105,3

Übrige Steuern 97,4 94,5 95,5 96,7 98,0 99,2

1 Nicht veranlagte Steuern vom Ertrag und Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge.

Quelle: Arbeitskreis „Steuerschätzungen“

Entwicklung der Einnahmen aus verschiedenen Steuerarten und des nominalen BIP im Schätzzeitraum

Index, Basis 2019 = 100

1 Nicht veranlagte Steuern vom Ertrag und Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen basierend auf Zahlen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“

60 70 80 90 100 110 120 130

2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025

Nominales BIP Steuern insgesamt

Lohnsteuer Veranlagte Einkommensteuer

Körperschaftsteuer Gewerbesteuer

Steuern vom Umsatz Kapitalertragsteuern1 Übrige Steuern

Abbildung 4 Tabelle 4

(31)

Analysen und Berichte

Vergleich mit der

vorangegangenen Schätzung vom September 2020

Abweichungen der

Steuereinnahmen insgesamt und der Einnahmen der Gebietskörperschaften

Gegenüber dem Ergebnis der Steuerschätzung vom September  2020 wurden die Schätzan- sätze des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ für das Jahr  2020 um 10,6  Mrd. € nach oben korri- giert (siehe Abbildung 5). Eine Zusammenstellung der Abweichungen des Ergebnisses der Steuer- schätzung November 2020 vom Ergebnis der vor- hergehenden Steuerschätzung September  2020 für die Steuern insgesamt sowie für die Gebiets- körperschaften ist in Anlage  2 der Pressemittei- lung des BMF zur 159.  Sitzung des Arbeitskreises

„Steuerschätzungen“zu finden.3 Für die folgenden Jahre 2021 bis 2023 werden ebenfalls noch höhere Einnahmen als in der September-Steuerschätzung erwartet. Im letzten Vergleichsjahr  2024 wird mit geringeren Steuereinnahmen gegenüber der Sep- tember-Schätzung gerechnet. Die Veränderungen basieren auf der Revision für die Steuereinnah- men wichtiger gesamtwirtschaftlicher Eckwerte im Rahmen der Herbstprojektion der Bundesre- gierung sowie auf der Berücksichtigung der Ent- wicklung der Steuer einnahmen in den vergange- nen Monaten im Umfeld der Corona-Pandemie.

Weiterhin wurden die vorliegenden Erkenntnisse zur Inanspruchnahme der untergesetzlichen Maß- nahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus (Absehen von Vollstreckungsmaß- nahmen, Stundungen und Herabsetzung von Vo- rauszahlungen) ausgewertet.

3 http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20201213

Abweichung des Ergebnisses der Steuerschätzung November 2020 vom Ergebnis der Steuerschätzung September 2020

in Mrd. €

Quelle: Bundesministerium der Finanzen basierend auf Zahlen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“

3,4 1,7 2,6

0,6

-1,6 5,3

2,1

2,8

0,7

-1,3 1,4

-0,3

0,0

-0,7

-1,3 0,4

-0,1 0,0

0,0

0,0 10,6

3,4

5,4

0,6

-4,2 -6

-4 -2 0 2 4 6 8 10 12

2020 2021 2022 2023 2024

Bund Länder Gemeinden EU Steuereinnahmen insgesamt

Abbildung 5

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der IWF, die Europäische Kommission, die EZB sowie die Finanzministerinnen und Finanzminister waren sich einig, dass das Auftreten neuer COVID-Vari- anten ein Risiko für

Zum Vergleich: Das sind rund 50 Prozent mehr, als es die letzten Eck- werte der vergangenen Legislaturperiode vorge- sehen haben (2018 bis  2021), wohingegen die Ge- samtausgaben

Für die Festlegung der Aufteilung der Einnahmen aus der Umsatzsteuer enthält Art. 106 Abs. 3 GG die Vorgabe, dass die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder so

Für die öffentliche Investitionstätigkeit spielen ne- ben dem Bund auch Länder und Kommunen eine wichtige Rolle: Im Jahr  2018 entfielen rund zwei Drittel der Investitionen auf

um  7,0 % gegenüber November  2018 nach einem unterzeichneten Anstieg im Vormonat. Ursache ist eine Verschiebung von Lohnsteueraufkommen aus den Vormonaten in den

Nach leichten Zugewinnen im Vormonat blieben die nominalen Warenexporte im Juni auf nahezu unverändertem Niveau. In der schwachen Export- entwicklung dürften sich weiterhin

● Die Europäische Kommission hat vor diesem Hintergrund einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, mit dem die Aufsicht über CCPs verbessert werden soll (EMIR 2).. Der

Gegenüber dem Ergebnis der Steuerschätzung vom Mai  2018 wurden die Schätzansätze des Arbeits- kreises „Steuerschätzungen“ für das Jahr 2018 nach oben korrigiert.. 3 In