Autismus erkennen, verstehen, begleiten
Matthias Huber
Psychologe M.Sc.,
Fachperson für Autismus und selbst betroffen vom Asperger-Syndrom
- Seit 2005: Tätig als Psychologe und Autismus-Experte an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie UPD in Bern. Tätigkeitsfelder: Diagnostik und Therapie von Kindern und Jugendlichen, Beratung und Weiterbildung von Eltern und Fachleuten
- Referententätigkeit im In- und Ausland mit den Schwerpunkten Autismusspektrum, (Hoch)- Begabung und Behinderung
- Studium der Pädagogik und Psychologie, Universität Zürich (2004)
Input Referat: Autismus erkennen, verstehen, begleiten
In diesem Vortrag wird auf die Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen mit Autismus
eingegangen. Wie spricht, wie denkt, wie handelt ein autistisches Kind, ein autistischer Jugendlicher?
Wie nimmt er oder sie wahr? Was erkennen wir im Alltag mit ihnen, im gemeinsamen Austausch? Was bleibt uns verborgen und warum? Welche Möglichkeiten gibt es, mehr über die Unterscheide und Gemeinsamkeiten zu neurotypischen Kindern und Jugendlichen zu erfahren? Mit vielen Beispielen aus der täglichen Arbeit und mittels autobiographischer Anmerkungen soll aufgezeigt und Mut gemacht werden, dass es möglich ist, autistische Kinder und Jugendliche zu verstehen und zu begleiten.
Workshop: Unterschiede und Abgrenzungen zwischen ADHS und Autismus
In diesem Workshop werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Autismus und ADHS in Form eines Vortrages herausgearbeitet.
Erlebnisse aus dem klinischen Alltag des Referenten und autobiographische Einschübe sollen aufzeigen,
welche Gedankengänge für Eltern, Bezugspersonen und Fachpersonen eventuell nützlich sein könnten,
wenn es um die familiäre, diagnostische, pädagogische und therapeutische Begleitung geht.
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Autismus
erkennen - verstehen - begleiten
Tagung Familienbegleitung SPF
Matthias Huber, M.Sc.
20.01.2022
Übersicht
1. Tiefgreifende Entwicklungsstörungen 1.1. Autismus-Varianten
2. Klinische Besonderheiten 3. Wahrnehmung
4. Pädagogische Implikationen für Alltag und Schule 5. Fragen
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1. Tiefgreifende Entwicklungsstörungen
F84 Tiefgreifende Entwicklungsstörungen
F84.0 Frühkindlichen Autismus F84.1 Atypischer Autismus F84.2 Rett-Syndrom
F84.3 Sonstige Desintegrative Störung des Kindesalters (=Heller-Syndrom) F84.4 Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereo- typien
F84.5 Asperger-Syndrom
1. Tiefgreifende Entwicklungsstörungen
Definition:
QualitativeBeeinträchtigung in der gegenseitigen sozialen Interaktionund in Kommunikationsmustern, sowie eingeschränktes, stereotypes, sich
wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten.
• Von frühester Kindheit an auffällige Entwicklung.
• Ev. kognitive Beeinträchtigungen.
• Verhaltensstörungen unabh. des Intelligenzalters.
Ätiologie wird diskutiert:
somatische Krankheitsbilder (infantile Cerebralparese, angeb. Röteln, Tuberöse Sklerose, Cerebrale Lipoidose, Fragile X-Syndrom)
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Wichtig:
→ Autismus wird unabhängig vom Vorhandensein oder Fehlen begleitender somatischer Störungen diagnostiziert.
→ IQ-Minderunggesondert unter Achse III zu klassifizieren!
1.1. Autismusvarianten:
• Frühkindlicher Autismus (= Kanner-Autismus):FA Low Functioning (LFA) vs. High Functioning (HFA): IQ>75
• Atypischer Autismus(At. AUT)
• Asperger-Autismus(= Asperger-Syndrom): AS
Prävalenz (Gillberg, 2019): 1%
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Autismusspektrumstörung (neu im DSM 5)
«Neurologische Entwicklungsstörung»
Quelle: Schäfer (2015), Bölte (2016) Aufhebung der drei Autismusformen und Dimensionaler Ansatz
Aus drei Bereichen (Kommunikation + Interaktion) werden zwei
Neu: Wahrnehmungsbesonderheiten (Hyper- und Hyposensibilitäten)
Schwergrade 1, 2, 3
Symptome teilweise erst erkennbar, wenn soziale Anforderungen zu hoch werden (Kompensation)
Separat kodiert: IQ (mit/ohne kognitive Beeinträchtigung, mit/ohne Lernbehinderung, Regulationsstörungen, Sprech- und Sprachstörungen (Probleme mit Pragmatik)
Diagnostik: drei Bereiche
1. Kommunikation 2. Interaktion
3. Stereotype Verhaltensweisen, Aktivitäten und Spezialinteressen
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Auffälligkeiten im Bereich…:
…Kommunikation
…Interaktion
…Spielentwicklung
…Sprachentwicklung
…Stereotype Interessen und Fixierungen..
immer schriftlichfesthalten!
Diagnose kann vor dem Entwicklungsalter von 18 Mten.(noch) nicht def.
gestellt werden.
2. Klinisch relevant
Symptome, bei deren Vorliegen unbedingt die Abklärung einer autistischen Störung erfolgen sollte:
• Kein Brabbelnoder kein Lautieren im Alter von 12 Monaten
• Keine Gesten(Zeigen mit dem Zeigefinger, Winken usw.) mit 12 Monaten
• Keine einzelnen Worteim Alter von 16 Monaten
• Keine spontanen Zweiwort-Sätzeim Alter von 24 Monaten
• Verlust sprachlicher oder sozialer Fähigkeitenin jedem Alter (nach Filipek,1999)
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Frühe Symptome
(die auf Autismus hinweisen können, aber nicht müssen):
Kommunikation:
• Reagiert nicht auf seinen Namen
• Wirkt wie taub; hört manchmal, manchmal nicht
• Kann nicht ausdrücken, was es will
• Sprache verzögert oder Ausbleiben von vorsprachlicher Entwicklung (Brabbeln, Lautieren)
• Folgt keinen Anweisungen
• Zeigt nicht auf Dinge, macht nicht „Winke-Winke“
• Sprach einmal einige Worte, jetzt aber nicht mehr
• Kein Entgegenstrecken der Arme, um hochgenommen zu werden
2. Klinisch relevant
Sozialisation:
• Kein umsorgt werden wollen
• Kein soziales Lächeln
• Spielt lieber allein
• Ist sehr unabhängig
• Wartet nicht ab
• Kaum Blickkontakt
• Starrer Blick
• Lebt in seiner eigenen Welt
• Ignoriert Eltern
• Interessiert sich nicht für andere Kinder
• Imitiert nicht
• Teilt nicht die Aufmerksamkeit anderer
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2. Klinisch relevant
Allgemeines Verhalten:
• Ist hyperaktiv, unkooperativ oder oppositionell
• Weiss nicht, wie es mit Spielsachen spielen soll
• Schleppt dauernd einen bestimmten Gegenstand mit sich herum
• Reiht Dinge aneinander (Stifte, Farbige Klötzchen, etc.)
• Ist überempfindlich gegenüber Tönen und anderen Reizen
• Zeigt merkwürdige Bewegungen
• Hat wiederkehrende und unerklärliche Schrei- und Weinphasen
• Wirkt apathisch
• Hat einen schlaffen Körpertonus
• Hat Schlafstörungen
• Hat Störungen der Nahrungsaufnahme und Ausscheidung
2. Klinisch relevant
• Spielverhalten (Abwechseln, Synchron, offenes Spiel)
• Sprachentwicklung
• Verhaltensbesonderheiten: Stereotypien, viel schreien
• Nicht/schwer tröstbar
• Ablehnung von Nähe/Körperkontakt
• Fütterungsstörung
• Mütter/Väter, die im Detail beschreiben können was Kind nicht gut tut, wie Kind funktioniert, etc.
• Ungewöhnliche Ängste: Angst vor Dingen, die per se nicht Angst machen (Wolken, ein bestimmtes Wort)
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2. Klinisch relevant
• Unvorhersehbare Wutanfälle
• extreme Selbstgenügsamkeit (kann Kind auf Stuhl setzen und es bleibt dort ohne sich zu bewegen)
• überbehütend wirkende Eltern
• Veränderungsängste
Praxis- vs. Alltagsverhalten
Wie verhält sich das Kind im Alltag?
Auch dort…
• …extrem „schüchtern“ wirkend und ernst?
• …wenig/auffällig im Blickkontakt?
• …nicht oder wenig kooperativ?
• …reduzierte soziale Reziprozität?
• …keine oder wenig gemeinsam geteilte Aufmerksamkeit (Triangulierung)?
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Kommunikation und Interaktion
Blickkontakt:
• Fehlend oder nur kurz, wie künstlich wirkend. Starrt in Ferne bei gleichzeitiger Fokussierung aufs Gesicht des Gegenübers.
• Emotionaler Ausdruck anderer kann nicht „decodiert“ werden.
Mimik:
• Flach oder kaum moduliert, wirkt künstlich, emotionales Erleben kann von Aussenbetrachter nicht adäquat „abgelesen“ werden.
Gestik:
• Wenig oder nicht adäquate, übertriebene Gestik; wirkt angelernt.
Sprache:
• Ungewöhnlich in Sprachmelodie und Geschwindigkeit: Monoton oder überbetont, pedantisch, nicht an Dialog angepasst; altklug wirkend. 17
Kommunikation/Interaktion:
• Monologisches Sprechen:
ungenügende Kenntnisse der Gesprächsregeln, wortwörtliches Verstehen
• logisch- detailverhaftetes Denken:
im Dialog nicht oder kaum veränderbar, kaum lenkbar
• Spezialinteressen/Sonderinteressen (SIs):
Hauptsächlich auf eigene Themen und Gedankengängenfixiert; diese bis ins Detail ausformulierend.
• Stereotypien:
Wiederkehrende Geräusche/Fragen, motorische „Unruhe“
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3. Wahrnehmungsbesonderheiten
Hypersensibilitäten
und/oder HyposensibilitätenTaktile
• weiches, hartes, Kleidung (Ärmel)
• Hände, Füsse, Oberfläche der Haut Akustische
• Lautstärke
Beispiele: Ballons, Hundegebell, „Kassetten in den Händen“
Visuelle
• Licht, bestimmte Farben, bestimmte Geschwindigkeiten, bestimmte Muster Schmerzen
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3. Wahrnehmungsbesonderheiten
Olfaktorische
• Geruchsunterschiede (Bsp. Bus, Schulzimmer, Pet-Flaschen im Supermarkt)
Gustatorische
• Weiche, harte Speisen
• li oder re im Mundbereich Propriozeptive
• Eigene Lage im Raum und Lage im Raum der Anderen Soziale
• Detailwahrnehmung und Sprache (Bsp. „Der fallende Bleistift“)
=> Konsequenz: Häufige Reizüberflutung!
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3. Wahrnehmungsbesonderheiten
.
Spezialinteressen:
• Extrem hohe intrinsische Motivation, intensives und fast ausschliessliches Beschäftigen mit speziellen Themen (Fahrpläne, Flaggen, Fussball-
Ergebnisse, Physik, etc.)
3. Wahrnehmungsbesonderheiten
• Theory der Schwachen Zentralen Kohärenz
• Theory of Mind
• Störungen der Exekutiven Funktionen
• Kontextblindheit 21
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4. Pädagogische Implikationen
• Vom Detail zum Ganzen hin (zuerst Details „vorstellen“)
• Nach Möglichkeit Reizüberflutung reduzieren, Schaffen von zeitlich und örtlich präzise umschriebenen„Ruheinseln“.
• Bereiche klar voneinander abgrenzen („Wann bin ich für mich, wann mit den andern?“)
• Abläufe erklären, überschaubar darstellenfördert Selbstständigkeit
• Seine eigenen Tätigkeiten kommentieren(vor sich Hinsprechen, ohne Anspruch auf Antwort des Gegenübers; laut Denken, laut Fühlen)
4. Pädagogische Implikationen
• Sätze mit genauen Begriffenbestücken;
„bald“, „nachher“, „später“ ersetzen durch genaue zeitliche Angaben.
• Offene Fragen vermeiden: Bsp.: „Schöne Ferien gehabt?“ „Hat es dir gefallen?“ „Wie geht es dir?“, durch konkrete ersetzen.
• Wahrnehmungsbesonderheiten berücksichtigen 23
Unterschiede und Abgrenzungen zw.
ADHS und Autismus
Matthias Huber 20.01.2022
1. Besonderheiten bei Autismus
Qualitative Besonderheitenim Sich-Mitteilen wie Reden, Gestik, Körpersprache
Ungewöhnlicher Blickkontakt, zu schnell sprechen, zu leise reden
Arme und Hände nicht oder ungewöhnlich benutzen, um das Gesprochene zu untermalen
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Qualitative Besonderheitenim Sich-Mitteilen wie Reden, Gestik, Körpersprache
Ungewöhnlicher Blickkontakt, zu schnell sprechen, zu leise reden
Arme und Hände nicht oder ungewöhnlich benutzen, um das Gesprochene zu untermalen.
AD(H)S?
Meiden von Blickkontakt wegen innerer Ablenkung, nicht weil Mimik schwer zu decodieren
Zu schnell oder zu leise sprechen: Kann auf Anfrage adäquat wiederholen
Unauffällige Gestik
1. Besonderheiten bei Autismus
Soziale Interaktion:
Umgang mit Gleichaltrigen, Schwierigkeiten: Wie auf andere zugehen? Wann etwas agen? Wie Gespräch beginnen? Was sagen, was nicht sagen? Wie Gestik einsetzen?
Intuition fehlt, vieles muss über den Kopf gelernt werden.
Zum Beispiel: «Hallo, wie geht‘s?»
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Soziale Interaktion:
Umgang mit Gleichaltrigen, Schwierigkeiten: Wie auf andere zugehen? Wann etwa sagen? Wie Gespräch beginnen? Was sagen, was nicht sagen? Wie Gestik einsetzen?
Intuition fehlt, vieles muss über den Kopf gelernt werden.
Zum Beispiel: «Hallo, wie geht‘s?»
AD(H)S?
Hyperaktiv, getrieben, kann Danke und Bitte sagen
Kann auf andere Kinder zugehen, intuitives Wissen eher da (Problem es einzusetzen)
Weiss, dass man nicht mehrmals das Gleiche fragen sollte.
1. Besonderheiten bei Autismus
Ungewöhnliche Interessen(Spezialinteressen):
Bsp.: Zugsfahrpläne, Pilze, Klopfen oder Finger bewegen, stereotypes Fragen stellen, bestimmte Games
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Ungewöhnliche Interessen(Spezialinteressen):
Z.B.: Zugsfahrpläne, Pilze, Klopfen oder Finger bewegen, stereotypes Fragen stellen, bestimmte Games
AD(H)S?
Öfters altersadäquate Interessen, kann sie mit anderen teilen
Bsp.: Games, Youtube, Compi, Mode, Fussball, Sport allgemein
1. Besonderheiten bei Autismus
Wiederkehrende Verhaltensmuster:
Finger biegen, häufig symmetrische hypermotorische Bewegungen
Spezialinteresse ordnen (Quartett-Karten, Sammel-Karten, Spielzeug im Zimmer,…): Oft immer auf die gleiche Art
Spezialinteressen oft alleine ausüben oder nur unter bestimmten Bedingungen mit Anderen
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Wiederkehrende Verhaltensmuster:
Finger biegen, häufig symmetrische hypermotorische Bewegungen
Spezialinteresse ordnen (Quartett-Karten, Sammel-Karten, Spielzeug im Zimmer,…): Oft immer auf die gleiche Art
Spezialinteressen oft alleine ausüben oder nur unter bestimmten Bedingungen mit Anderen
AD(H)S?
Hypermotorische Bewegungen mit mehr Freiheitsgraden, teilweise ungerichtet, zappelig
Ordnen von Dingen: Kann flexibler unterbrochen oder nach neuen Regeln geordnet werden.
1. Besonderheiten bei Autismus
Wahrnehmung:
Ungewöhnliches Empfinden(taktil, auditiv, visuell, gustatorisch, olfaktorisch)
Wahrnehmung extrem sensibel und stark ausgeprägt
Häufige Reizüberflutung
Detailsehen vs. Überblickssehen: Kleinste Details und Veränderungen fallen auf. Bsp: Baumstamm
Visuelle Stärke
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Wahrnehmung:
Ungewöhnliches Empfinden(taktil, auditiv, visuell, gustatorisch, olfaktorisch)
Wahrnehmung extrem sensibel und stark ausgeprägt
Häufige Reizüberflutung
Detailsehen vs. Überblickssehen: Kleinste Details und Veränderungen fallen auf. Bsp: Baumstamm
Visuelle Stärke
AD(H)S?
Filterschwäche
Auditive Verarbeitung (akustisches Gedächtnis)
Auditive Serialität (Gehörtes linear, der Reihe nach wieder geben)
Abgelenkt durch sozial Interessantes
1. Besonderheiten bei Autismus
Veränderungsangst/-irritation (Zeit, Ort, Ablauf):
Z.B:
Auf Spielplatz A gehen….
Kleider nass, umziehen…
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Veränderungsangst/-irritation (Zeit, Ort, Ablauf):
Z.B.: Auf Spielplatz A gehen….
Kleider nass, umziehen…
AD(H)S?
- Keine Veränderungsangst, eher interessiert an Veränderungen oder froh, wenn weniger monoton
1. Besonderheiten bei Autismus
Durchschnittliche oder überdurchschnittliche Intelligenz:
gutes logisches Verständnis
Kein Erziehungsfehler, vorhandenseit Geburt!
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Durchschnittliche oder überdurchschnittliche Intelligenz:
gutes logisches Verständnis
Kein Erziehungsfehler, vorhandenseit Geburt!
AD(H)S?
Kein Erziehungsfehler, vorhandenseit Geburt!
1. Besonderheiten bei Autismus
Kommunikation/Interaktion
Monologisches Sprechen, lückenhafte Kenntnisse der Gesprächsregeln, wortwörtliches Verstehen (nicht Sprunghaft, eher assoziativ)
Als ob im Gehirn „der soziale Speicher“ fehlt.
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Kommunikation/Interaktion
Monologisches Sprechen, lückenhafte Kenntnisse der Gesprächsregeln, wortwörtliches Verstehen (nicht Sprunghaft, eher assoziativ)
Als ob im Gehirn „der soziale Speicher“ fehlt.
AD(H)S?
Kann dialogisch und sozio-emotional (besser) kommunizieren (u.U. sprunghaft)
1. Besonderheiten bei Autismus
Autismus:
Logisch-detailverhaftetes Denken, im Dialog nicht oder kaum veränderbar, schwer lenkbar.
Thema wechseln gelingt nicht.
AD(H)S?
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1. Besonderheiten bei Autismus
Autismus:
Logisch-detailverhaftetes Denken, im Dialog nicht oder kaum veränderbar, schwer lenkbar.
Thema wechseln gelingt nicht.
AD(H)S?
Logik und Umgangssprache
soziale Sprache vorhanden, Thema wechseln möglich
1. Besonderheiten bei Autismus
Denken:
• Spezialinteressen/Sonderinteressen: Intrinsische Motivation!
Funktion: Sinnvolles erkennen können, Mustererkennung, Orientierungshilfe, Stabilität und Stressreduktion, etc.
• Hauptsächlich auf eigene Themen und Gedankengänge fixiert, diese bis ins Detail ausformulieren, Gegenüber geht vergessen. Keine/kaum geteilte Aufmerksamkeit ersichtlich.
• Stereotypien:Wiederkehrende Geräusche, Fragen, motorische Unruhe
• Sich freuen: Monologische Freude >Dialogische Freude (Geteilte Freude) 19
1. Besonderheiten bei Autismus
AD(H)S?
• Spezialinteressen/Sonderinteressen: Intrinsische und extrinsische Motivation!
Funktion: Sinnvolles erkennen können, Mustererkennung, Orientierungshilfe, Stabilität und Stressreduktion, etc.
• Nicht nur eigene Themen und Gedankengänge -> geteilte Aufmerksamkeit herstellbar.
• Stereotypien:keine bekannt
• Sich freuen: Monologische Freude < Dialogische Freude (Geteilte Freude)
Zu beachten:
Symptome und Verhaltensweisenkönnen auch bei anderen Störungsbildern auftreten, aber:
Unterschied:
Qualität, Ausprägungsgrad und Veränderbarkeit (Flexibilität, Rigidität)!
=>Frage ist nicht so sehr, ob sich ein Symptom oder eine Verhaltensweise zeigt, sondern, wie es oder sie sich zeigt!
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2. Stärken bei autistischer Wahrnehmung und Denkart
• Logisch-konkretes Denken
• visuelle Verarbeitung(kleinste Details fallen auf, können abgespeichert werden)
• Erkennen von Gesetzmässigkeiten/Planänderungenim Alltag
• Spezialinteressen:Umfangreiche oder detailbezogene Kenntnisse
• Nichtoder deutlich weniger mit Vorurteilen behaftetals typische Kinder
• Sozialer Druckinteressiert nicht oder wenig: Bsp.: Rauchen, Trinken, Markenkleidung, etc.
3. Wahrnehmung/Tatsachen/Meinungen
Wahrnehmung:
Neurotypisch-spezifisch: Autismusspezifisch:
- Schwerpunkt Personen - Schwerpunkt Objekte
- Sensorisches: - Sensorisches:
Filtern und Diskriminieren alles gleichzeitig, Reizüberflutung - Schnelle Anpassungan neue Sit. - Anpassungsschwierigkeiten
- Übersicht - Detail
- Logik undIntuition - vor allem Logik - Dialog: Beziehungsebene - Dialog: Sachebene
Bei AD(H)S?
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3. Wahrnehmung/Tatsachen/Meinungen
Wahrnehmung:
Neurotypisch-spezifisch: Autismusspezifisch:
- Schwerpunkt Personen - Schwerpunkt Objekte
- Sensorisches: - Sensorisches:
Filtern und Diskriminieren alles gleichzeitig, Reizüberflutung - Schnelle Anpassungan neue Sit. - Anpassungsschwierigkeiten
- Übersicht - Detail
- Logik undIntuition - vor allem Logik - Dialog: Beziehungsebene - Dialog: Sachebene
Bei AD(H)S?
Wahrnehmungsunterschiede:
NT-Menschen(«Um was geht es?») Präferenz für Überblick
ASS-Menschen(«Was hat es?») Präferenz für Konkretes
Präferenz für Verknüpfungenzu bisher Erlebtem (retrospektiv-lastige Assoziations-Induzierung)
-> Erkennen von Analogien!!
Präferenz für unabhängige, in sich stimmige Details (Assoziationen am momentanen Gegenstand – ev. «1 zu 1-Detail-Analogien»)
-> Erkennen von Unterschieden!!
Präferenz für relevantesund soziale Gesetzmässigkeiten
Präferenz für relevantes und irrelevantes
Präferenz, soziale Skriptsabzuspeichern Präferenz für (physikalische) Gesetzmässigkeiten («Bleistift auf Boden»)
Präferenz für unterschiedliche Genauigkeitstypen (Bsp.: «Wie viele können »Velo fahren» s. «Wie viele
Präferenz für Korrektheit, Genauigkeit («Wir waren 127 Kinder im Chor»)
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ADHS/POS Asperger-Syndrom Wahrnehmung/Kognition:
- Wahrnehmungsstörungen (visuell, auditiv), Aufmerksamkeitsstörung, Impulsivität, Hyperaktivität
- Explorieren von Gegenständen - Sich in Zukunft denken können
- Wahrnehm.besonderheiten, detailfokussiert, Spezialinteressen
- auditiv/visuell: häufig sehr schlecht oder sehr stark - Wenig oder einseitiges Explorieren von
Gegenständen
- Sich nicht gut in Zukunft denken können Soziales:
- Peers: Schwierigkeiten, nach Medikation veränderbar
- Wutausbrüche vorhersehbarer und nachvollziehbarer
- Agieren mehr, wollen Reaktionen
- adäq. nonverbale Signale aussenden erschwert - Wutausbrüche wenig nachvollziehbar - Reagiert auf Sachebene besser als auf
Beziehungsebene (Triangulierung erschwert) - Beobachten mehr, wollen Gleichförmigkeit - Veränderungsangst (-Wut)
Schule:
- Lernen: Für LPs vorhersehbarer, was geht und was nicht geht
- Langsamkeit, die nicht zu kogn. Fähigkeiten passt - Antwortlatenz
- Pädagogische Interventionen greifen nicht/zu wenig - Ausgeprägte unerklärliche Lern-/Leistungsschwan-
kungen
- Probleme mit Transfer
- Hyperaktivität sozialabhängig, sterotyp(er), gerichteter 27
ADHS/POS Asperger-Syndrom
Netz:Eltern und Lehrer:
- Wenn funktionale Familie und LPs.: Mehr Übereinstimmung, Einigkeit zw. Schule und Elternhaus
- grössere Uneinigkeit, da Kind unterschiedlich wahrgenommen wird/sich in zwei versch. Systemen unterschiedlich verhält
- Lehrpersonen fühlen sich hilfloser, Selbstzweifel, da Pädagogik nicht/kaum greift
Spielverhalten:
- Kreativ, gemeinsam, offen
Spielverhalten:
- nach Plan, weniger gemeinsam, definiert
Medizin/Psychologie
Theory of Mind, Exekutivfunktionen, Impulskontrolle
Medizin/Psychologie
Theory of Mind, Perspektivenübernahme, Exekutivfunktionen, Kontextabhängigkeit
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Pädagogische Implikationen
• Sich sprachlich begleiten (deskriptives Beschreiben)
• Vom Detail zum Ganzen hin
• Nach Möglichkeit Reizüberflutung reduzieren
• Schaffen von zeitlich und örtlich präzise umschriebenen„Ruheinseln“
• Abläufe erklären, überschaubar darstellenfördert Selbstständigkeit
• Seine eigenen Tätigkeiten kommentieren
• Sätze mit genauen Begriffenbestücken
• Offene Fragen vermeiden, durch konkreteersetzen
• Wahrnehmungsspezifische (-berücksichtigende) Diskussionen
• Spezialinteressen nutzen!
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