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Objektive Hermeneutik in Wissenschaft und Praxis. Reihe herausgegeben von Thomas Loer, independent, Bergkamen-Overberge, Deutschland

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Objektive Hermeneutik in Wissenschaft und Praxis

Reihe herausgegeben von

Thomas Loer, independent, Bergkamen-Overberge, Deutschland

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Objektive Hermeneutik in Wissenschaft und Praxis

— in memoriam Ulrich Oevermann (1940–2021) —

DieReihe Objektive Hermeneutik in Wissenschaft und Praxiswill Forschern, Stu- denten und Praktikern anhand von auf je spezifische Datentypen und unterschiedliche Gegenstände bezogenen Einführungen Gelegenheit bieten, sich mit der Objektiven Her- meneutik vertraut zu machen – und zwar auf eine Weise, die neben der Veranschaulichung des konkreten forschungspraktischen Verfahrens auch die methodologische Begründung und ihre Verankerung in einer Theorie der Konstitution ihres Gegenstandes verdeutlicht.

Die materiale Fragestellung ist für das methodische Vorgehen in der Objektiven Her- meneutik zentral, weshalb in die verschiedenen Felder und Facetten ihrer Anwendung mit einer Reihe kompakter, jeweils spezifisch zugeschnittener Lehrbücher eingeführt wird. In ihnen werden materiale Forschungsergebnisse bei gleichzeitiger expliziter Darstellung des Vorgehens dargelegt; zugleich wird durch Klärungen der konstitutionstheoretischen und methodologischen Einbettung ein tiefgreifendes Verständnis der Begründung des methodischen Vorgehens ermöglicht.

Jeder Band enthält ein Glossar, in dem die Begriffe der Objektiven Hermeneutik knapp und prägnant erläutert werden; außerdem finden sich jeweils an entsprechender Stelle eingebaut Exkurse, die objekttheoretische Begriffe und Zusammenhänge ebenso erläutern wie für das jeweilige Ausdrucksmaterial spezifische technische Begrifflichkei- ten. Da die Objektive Hermeneutik sich – etwa im Sinne methodischer Supervision aber auch zu Zwecken der Sensibilisierung – auch für die Selbstaufklärung von Praxis der pädagogischen, sozialpädagogischen, therapeutischen bis hin zu beraterischen Profes- sionen bewährt hat, wird, je nach Datentypus und Gegenstandsbezug auch der Aspekt der praktischen Anwendung der Methode in den Bänden der Reihe eine Rolle spielen.

Insgesamt geht es der Reihe darum, den Interessenten an der Objektiven Hermeneutik im wissenschaftlichen Diskurs, in Forschung und Lehre in den Wissenschaften von der sinnstrukturierten Welt sowie in den genannten praktischen Zusammenhängen die Erschließungsmöglichkeiten der Methode zugänglich zu machen und deren Diskussion und Weiterentwicklung zu befördern.

Ulrich Oevermann, der die Objektive Hermeneutik begründete und über mehr als ein halbes Jahrhundert durch ihre Anwendung permanent weiterentwickelte und konsolidierte, ist diese Reihe gewidmet.

Reihenherausgeber: Dr. phil. Thomas Loer, habilitierter Soziologe, ist Lehrbe- auftragter an der International Psychoanalytic University Berlin sowie freiberuflich tätig.

More information about this series athttps://link.springer.com/bookseries/16738

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Thomas Loer

Interviews analysieren

Eine Einführung am Beispiel von Forschungsgesprächen mit

Hundehaltern

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Thomas Loer independent

Bergkamen-Overberge, Deutschland

ISSN 2731-0345 ISSN 2731-0353 (electronic) Objektive Hermeneutik in Wissenschaft und Praxis

ISBN 978-3-658-35432-9 ISBN 978-3-658-35433-6 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-35433-6

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio- grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.deabrufbar.

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Lektorat/Planung: Cori A. Mackrodt

Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature.

Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

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Für Elisabeth Flitner (1951–2017)

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Vorwort

Die Buchreihe Objektive Hermeneutik in Wissenschaft und Praxis, die mit die- sem Band eröffnet wird, will anhand von unterschiedlichem Datenmaterial und anhand unterschiedlicher Gegenstände den Lesern Gelegenheit bieten, sich mit der Objektiven Hermeneutik vertraut zu machen – und zwar auf eine Weise, die neben der Veranschaulichung des konkreten forschungspraktischen Verfahrens auch die methodologische Begründung und ihre Verankerung in einer Theorie der Konstitution ihres Gegenstandes verdeutlicht. Dieses mit dieser Buchreihe nun begonnene Unterfangen ist schon mehrfach von verschiedenen Kollegen und auch von mir visiert, auch schon mit verschiedenen Verlagen verhandelt und angekün- digt worden. Dass es immer wieder scheiterte, ist nicht zufällig; dass nunmehr versucht wird, es auf diese Weise, als Buchreihe, zu realiseren, ebenso wenig;

beides wird auf den ersten Seiten dieses Bandes begründet. Ob es nunmehr und auf diese Weise gelingen wird, muss sich im Laufe der nächsten Jahre zeigen;

ob der erste, hier vorliegende Band in dieser Hinsicht gelungen ist, müssen die Leser entscheiden. Dass ich dieses Wagnis unternehmen konnte, liegt nicht zuletzt daran, dass ich immer wieder Gelegenheit hatte, mit der Objektiven Hermeneutik zu forschen und diese Forschungen in unterschiedlichen Kollegenkreisen zu dis- kutieren. Dass ich dieses Wagnis unternommen habe, habe ich Elisabeth Flitner zu danken, die immer wieder auf die Notwendigkeit einer solchen Einführung hingewiesen und gedrängt hat, eine solche zu erarbeiten. Der verehrten Kollegin, die viel zu früh verstarb, aber allen, die sie kannten, lebendig im Gedächtnis bleibt, sei die Eröffnung dieser Reihe von Einführungen gewidmet.

Die Objektive Hermeneutik darf zwar mittlerweile als eingeführte und bewährte Methode gelten, keineswegs aber hat sie die Form eines standardisierten Verfahrens angenommen – und kann dies auch ihrer eigenen Logik nach nicht, ist doch die Sachangemessenheit des methodischen Vorgehens ein zentrales Prinzip,

VII

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VIII Vorwort das schon bei ihrer Entstehung eine entscheidende Rolle spielte. Die einzelnen Bände dieser Reihe sind diesem zentralen Prinzip verpflichtet und werden von daher eher als Variationen des Themas der Methode der Objektiven Hermeneu- tik erscheinen, als dass sie den jeweils behandelten Datentypus oder den jeweils behandelten Gegenstand einem Methodenschema subsumieren. Gleichwohl soll eine Explikation der Terminologie und eine Exemplifikation des jeweiligen Vor- gehens das den Variationen zugrundeliegende Thema kenntlich machen und den Anforderungen an begriffliche Klarheit und Deutlichkeit gerecht werden. Und so ist auch das Wort ‚Beispiel‘ im Untertitel nicht im Sinne von beliebiger Illustra- tion sondern als typischer Fall des Darzustellenden zu verstehen – in dem Sinne, dass dieses aus jenem entfaltet wird.

Die Entwicklung und Entfaltung einer Methode, in der ein forschendes Vor- gehen systematisiert wird, ist ein fortschreitender Prozess, im Laufe dessen die Methode auch zunehmend in einer Methodologie begründet und zugleich die Konstitution ihres Gegenstandes theoretisch aufgeklärt wird – und so ist es nicht verwunderlich, dass im Laufe dieses Prozesses unterschiedliche Termini ausprobiert werden, um die Momente und Aspekte von Methode, Methodolo- gie und Konstitutionstheorie auf den Begriff zu bringen.1 Wem es dabei v. a.

um die materiale Forschung geht, dem ist die Prägnanz der objetktheoreti- schen Begriffe wichtiger als die Benennung des Inhalts seines methodischen Werkzeugkastens, zumal die einmal geprägten Termini für ihn selbst eher den Charakter von Symbolen im Wortsinne haben, deren sachlichen Widerpart sie für ihn aufgrund seiner Erfahrung des Entstehungskontextes unmittelbar aufrufen.

Im Verlauf der Weiterentwicklung und Weiterverbreitung der Methode aber tritt dann dieser Symbolcharakter zurück und die Termini müssen für die Begriffe, die sie bezeichnen, einstehen. Deshalb ist es im Versuch einer systematischen Darstellung opportun, die Terminologie zu bedenken, eingedenk der Erkennt- nis, die Adorno bezüglich der philosophischen Terminologie formulierte: dass

„in Wirklichkeit die philosophischen Worte nicht nur miteinander, sondern auch mit der Sache zusammenhängen.“ (1973/1982, S. 7) Dies gilt unseres Erachtens

1Dies führte teilweise gar dazu, dass die Bezeichnung der Methode selbst zeitweilig in

„strukturale Hermeneutik“ abgeändert wurde; so ist teils von „der objektiven oder auch struk- turalen Hermeneutik“ (Oevermann und Simm 1985 [Perseveranz]: 136, s. auch 280), „der objektiven und strukturalen Hermeneutik“ (a. a. O.: 186), „einer objektiven strukturalen Her- meneutik“ (a. a. O.: 300), der „strukturalen objektiven Hermeneutik“ (a. a. O.: 303) oder auch nur „der strukturalen Hermeneutik“ (a. a. O.: 221 u. passim) die Rede. Dass dies ein vorüber- gehendes Zugeständnis an unverständige Kritiker der Bezeichnung ‚Objektive Hermeneutik‘

war, wird auch daran deutlich, dass die in einem Vortrag verwendete Bezeichnung ‚struk- turale Hermeneutik‘ (Oevermann 1990 [strukturale]) in der veröffentlichten Fassung (1993 [Subjektivität]) dann wieder zurückgenommen wurde.

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Vorwort IX für jedweden wissenschaftlichen Terminus, wenn anders mit Recht beansprucht wird, dass der Begriff, den er bezeichnet, an der Sache etwas aufschließt, dass er also die Erkenntnis eines Gegenstands ermöglicht. Insofern finden sich in diesem Buch einige terminologische Unterschiede zu den Bezugstexten aus Geschichte und Gegenwart der Objektiven Hermeneutik; diese Unterschiede werden an den entsprechenden Stellen benannt, nicht aber jedesmal thematisiert, wenn Texte, die andere Termini verwenden, zitiert werden.

Aus dem gleichen Grund bezeichne ich dasjenige Erhebungsinstrument, um dessen Auswertung es hier gehen soll: das unstrukturierte, lebendige zu Forschungszwecken geführte Gespräch, nicht mit dem gängigen Terminus ‚In- terview‘, sondern als Forschungsgespräch;der Terminus ‚Interview‘ ist nämlich eine Bezeichnung, worunter eher mehr als weniger standardisierte Gesprächs- formen begriffen werden. Allerdings musste ich mich im Austausch mit mit der Objektiven Hermeneutik arbeitenden Kolleginnen und Kollegen belehren lassen, dass auch dort, wo nicht-standardisierte Gespräche zu Erhebungszwe- cken oder zur Eruierung von Möglichkeiten der Klärung einer praktischen Frage geführt werden, diese unbefangen als Interviews bezeichnet werden; zudem wären, so ein triftiger Einwand, wegen der Verbreitung dieses Terminus potenzi- elle Gesprächspartner bei Anfragen vermutlich irritiert, wenn sie dabei mit einem nicht-eingeführten Terminus konfrontiert würden. Da also der Terminus ‚Inter- view‘ in Forschungszusammenhängen weit verbreitet ist, habe ich mich dazu durchgerungen, ihn doch für den Titel zu verwenden. Dies fällt etwas leichter, wenn man sich vergegenwärtigt, dass, auch wenn die Form der Erhebung von Daten durchaus relevant ist, für die methodische Forschung – zumal für eine rekonstruktive Methode wie die Objektive Hermeneutik – allemal die Auswertung des erhobenen Materials entscheidend bleibt.2

Overberge den 2. Aug. 2021

Thomas Loer

2Cori Antonia Mackrodt, die Lektorin des Verlags, der ich an dieser Stelle für die ange- nehme und in jeder Hinsicht förderliche Zusammenarbeit danken möchte, empfahl mir, eine Anmerkung zur sogenannten gendergerechten Schreibweise zu machen. Grundsätzlich ist es so, dass derjenige, der von einer geltenden Regel abweicht, seine Abweichung begrün- den muss, nicht derjenige, der sich an die Regel hält. Die Regel um die es hier geht, lautet:

Wissenschaftliches Schreiben ist zu sprachlicher und begrifflicher Prägnanz verpflichtet.

Diese Regel ist in der Logik der Sache begründet, geht es in der Wissenschaft doch darum, Erkenntnis zu gewinnen, indem Gegenstände methodisch aufgeschlossen und auf den Begriff gebracht werden. Wenn nun aus Gründen praktischer Wertung, die, da ist Max Weber voll

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X Vorwort

und ganz zuzustimmen, als praktisch eingenommene Wertposition in der Wissenschaft nichts zu suchen hat (vgl. 1919/1985, S. 600 f.), von dieser Regel abgewichen werden soll – etwa indem dort, wo es, wie beim „essentiellen Gebrauch oder bei indefinit-unspezifischer Bezug- nahme“, darum geht, „potentielle Referenzentitäten begrifflich [zu] charakterisieren“, und wenn dabei „Geschlechtsidentität nicht zu den begrifflichen Merkmalen [zählt], auf die es ankommt“ (Zifonun 2018, S. 50), diese Geschlechtsidentität dennoch benannt (oder durch falsche Partizipialkonstruktionen oder zu Unleserlichkeit führende Asterisken repräsentiert) werden soll –, dann müssen diejenigen, die dies tun oder verlangen, es begründen.

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Nachwort zu Vorwort

Am 11. Oktober 2021 verstarb Ulrich Oevermann; aufgrund des bereits fortge- schrittenen Herstellungsprozesses dieses Buches konnten an den Stellen, an denen auf ihn persönlich bezug genommen wird, keine Änderung mehr vorgenommen werden. Dass ohne Ulrich Oevermann die Objektive Hermeneutik kaum, jeden- falls nicht in der Gestalt, wie wir sie heute kennen, in das Licht der Wissenschaft getreten wäre, liegt auf der Hand; dass sie nach seinem Tode eine andere sein wird, da sie auf den entflammenden Lehrer, der die Methode, die theoretischen Implikationen und vor allem die Haltung des wissenschaftlichen Geistes, unab- hängig, voller permanenter Neugier, freimütiger Offenheit und unerschöpflicher Entdeckerfreude, an seine Studenten, Diplomanden, Doktoranden und an weitere unzählige Teilnehmer seiner Vorlesungen, Seminare und Forschungspraktika wei- tergab, verzichten muss, ist zu beklagen und zu bedauern. Einzig in seinem Geiste weiter mit der Objektiven Hermeneutik zu arbeiten und ihre Fortenwicklung und Verbreitung zu betreiben, kann sachhaltigen Trost geben.

Wangerooge den 15. Nov. 2021

Thomas Loer

XI

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Vorbemerkung

Die Objektive Hermeneutik ist die Schöpfung Ulrich Oevermanns, der sie zunächst während einer Zusammenarbeit mit Tilman Allert, Helga Gripp, Eli- sabeth Konau, Lothar Krappmann, Kurt Kreppner, Erna Schröder-Caesar und Yvonne Sch¨utze entwickelte, dann aber durch Jahre hindurch nahezu der ein- zige war, der sie ausarbeitete, ihre Anwendungsmöglichkeiten amplifizierte und sie stringent entfaltete, und alles Missvergn¨ugen, welches die Methode, die sie begründende Methodologie und die die Sozialwissenschaften auf neue Weise grundlegende Konstitutionstheorie bei den sozial- und kulturwissenschaftlichen Zeitgenossen hervorrief, hat sich als Kritik auf sein Haupt entladen. Auch heute noch, wo Oevermann längst nicht mehr der einzige Objektive Hermeneut ist, kann keiner besser als er wissen, was die Objektive Hermeneutik ist, wodurch sie sich von anderen Weisen die menschliche Praxis zu erforschen unterschei- det und was mit ihrem Namen belegt werden sollte oder besser anders zu benennen wäre. Insofern ist allen Lesern dringlich empfohlen, sich mit den Schriften Oevermanns vertraut zu machen, auch wenn sie ihnen ein gerüttelt Maß an geistiger Anstrengung abverlangen. Bei bequemen Abkürzungen, die auf Leserfreundlichkeit ausgerichtete Einführungen bieten, sollte der Leser sich zumindest exemplarisch der Schwierigkeiten des Geländes vergewissern, durch das die umständlicheren ersten Wege führten. Die vorliegende Einführung bemüht sich, der Maxime „Was man später wegläßt, muß man vorher wenigstens gewußt haben.“ (Brückner 1994/o. J., S. 252) zu folgen, und stellt keineswegs den Versuch dar, durch „kühne Usurpation“3 sich an die Stelle der unverzichtba- ren materialen und theoretischen Arbeiten zu setzen, in denen die Objektive Hermeneutik elaboriert wurde und in denen sie sich weiter entfaltet.

3Freud 1914/1981: 44; dort finden sich auch weitere Formulierungen, die hier in den ersten Sätzen verwendet wurden.

XIII

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XIV Vorbemerkung Die Lage stellt sich allerdings wie folgt dar: Die Objektive Hermeneu- tik ist mittlerweile eine verbreitete Methode in der Soziologie und anderen Sozialwissenschaften. Zudem werden Verfahrensweisen der Methode, wie etwa die Sequenzanalyse, in andere Forschungsverfahren eingebaut. Gleichwohl aber gibt es bisher nur eine systematische Einführung in die Forschungstechnik (Wernet 2000/2009) sowie ein „Studienbuch für den Einstieg“ (Wernet 2021);

eine eingängige Gesamteinführung, die auch die systematische Einbettung in Konstitutionstheorie und Methodologie darstellt, so dass die Arbeit mit der Forschungsmethode Objektive Hermeneutik und ihr Erlernen fundiert und fass- lich möglich ist, fehlt hingegen.4 Die Bedeutung der materialen Fragestellung5 für das methodische Vorgehen in der Objektiven Hermeneutik macht ein sol- ches Unterfangen auch schwierig, wenn nicht gar undurchführbar. Eine reine Methodeneinführung ist nämlich der Objektiven Hermeneutik nicht angemes- sen; will man den gleichwohl berechtigten vorhandenen Wünschen nach einer entsprechenden Einführung nachkommen und der Besonderheit der Objektiven Hermeneutik gerecht werden – also die Sachangemessenheit der Methode inte- gral in ihre Darstellung aufnehmen – so muss man einen anderen Weg gehen.

Die Erarbeitung einer Einführung in die Objektive Hermeneutik hat jeweils an einem Beispiel, das aus materialen Forschungen hervorgegangen ist, zu erfol- gen. Einem solchen Ansinnen wird eine Folge von Einzelbänden, die jeweils solche Beispiele vorstellen und mit dem Rahmen einer expliziten methodolo- gischen Begründung versehen, eher gerecht als ein kompaktes, alle Datentypen abdeckendes Kompendium.6In ihnen soll es darum gehen, materiale Forschungs- ergebnisse bei gleichzeitiger expliziter Darstellung des Vorgehens darzulegen und so in die Grundlagen und Verfahren der Objektiven Hermeneutik einzuführen. Es ist klar, dass dabei jeder Band auch Klärungen der konstitutionstheoretischen und methodologischen Einbettung bieten und so ein tiefgreifendes Verständ- nis der Begründung des methodischen Vorgehens ermöglichen muss. Das setzt

4Die „Einführung in das Werk Ulrich Oevermanns“ von Detlef Garz und Uwe Raven (2015) weist an zentralen Stellen der Theoriearchitektonik begriffliche Unklarheiten auf, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Zum Theorie- und Forschungsprogramm Oevermanns s.

Sutter 1997.

5Andreas Wernet verweist zwar zu Recht darauf, dass „die Methode der Objektiven Herme- neutik […] ‚Fingerübungen‘ ermöglicht“, die „an x-beliebigen Sequenzen, die man irgendwo aufschnappt […][,] versuchs- und ‚spaßeshalber‘ kontextfrei“ durchgeführt werden können (2021: 53), aber er hält zu Recht eben auch fest: „Allerdings lösen solche Fingerübungen nicht das Problem eines sinnvollen Gebrauchs der Methode.“ (A. a. O.: 54).

6In dem Handbuch zur Methode der Objektiven Hermeneutik (Franzmann et al. i. Vor- ber.) wird man demnächst einen Überblick in Beiträgen zu einzelnen Datentypen bzw. For- schungsgegenständen finden können.

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Vorbemerkung XV bereits bei der Planung einer Forschung an, betrifft die Frage der Fallauswahl, der Selektion der Datentypen und der Erhebung, der spezifischen Fragen der Analyse der jeweiligen Datentypen der hermeneutischen Forschung und führt bis zur besonderen Form der Ergebnisdarstellung und – bei praktischen Fragestel- lungen wie etwa Beratung – des Transfers der gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis. Exemplarische Analysen sollen dabei dem Leser das jeweilige herme- neutische Vorgehen konkret deutlich und nachvollziehbar machen. Die aus den in den systematischen Eingangskapiteln jeweils knapp dargestellten konstituti- onstheoretischen und methodologischen Grundlagen der Objektiven Hermeneutik sich ergebenden forschungs- und erkenntnislogischen Besonderheiten, die mit den unterschiedlichen Ausdrucksmaterialitäten und Protokolltypen verbunden sind, werden in den einzelnen Bänden dann entsprechend konkretisiert. Als Moment der Erkenntnisgewinnung durch Strukturgeneralisierung, die als der Zielpunkt der hermeneutischen Analysen zu verstehen ist, wird auch die Ergebnisdarstellung begriffen und entsprechend dargelegt.

Da die Objektive Hermeneutik ein Verfahren darstellt, das nicht nur für die wissenschaftliche Forschung sondern auch für Beratungsaufgaben in besonde- rer Weise geeignet ist, werden auch diesem – zunehmend relevant werdenden – Aspekt der Methode, der besondere Herausforderungen an Ökonomie in der Ana- lyse und Suggestivität in der auf Transfer angelegten Ergebnisdarstellung stellt, eigene Bände gewidmet werden.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . 1

Zur Bezeichnung ‚Objektive Hermeneutik‘ . . . 1

Zum Entstehungskontext der Objektiven Hermeneutik . . . 4

Zu einigen konstitutionstheoretischen und methodologischen Grundlagen . . . 6

Vorbemerkung . . . 6

Zum Problem des Verstehens . . . 7

Ausdrucksgestalt – Protokoll und Text . . . 10

Erzeugungs- bzw. Eröffnungsparameter: Regeln . . . 11

Auswahl- bzw. Entscheidungsparameter: Fallstruktur . . . 12

Sequenzanalyse . . . 14

Entscheidung und Selbstrechtfertigung . . . 15

Gültigkeit (Validität), Zuverlässigkeit (Reliabilität), Objektivität . . . 19

Konstitutionstheorie und Methodologie, Methode, Kunstlehre . . . 24

Lesart . . . 26

Verschiedene Datentypen . . . 28

Methodisches Vorgehen . . . 31

Vorbemerkung . . . 31

Forschungsplanung . . . 31

Feldzugang . . . 43

Datenerhebung . . . 44

Datenaufbereitung . . . 47

Datenauswertung . . . 49

Pragmatische Rahmung und Fallbestimmung . . . 49

Sequentialität der Datenauswertung . . . 53

Sequenzanalyse . . . 57

XVII

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XVIII Inhaltsverzeichnis

Fallanalysen . . . 59

Fallanalyse 1 . . . 59

Analyse des Beginns der Aufzeichnung . . . 59

Analyse einer thematisch einschlägigen Stelle zur Bildung einer ersten Fallstrukturhypothese . . . 84

Anreicherung und Präzisierung der Fallstrukturhypothese . . . 84

Versuch der Falsifizierung der Fallstrukturhypothese . . . 98

Zur Genese der Fallstrukturgesetzlichkeit . . . 104

Überlegungen zu weitergehende Fragen . . . 105

Fallanalyse 2 . . . 106

Analyse des Beginns der Aufzeichnung . . . 106

Analyse einer thematisch einschlägigen Stelle zur Bildung einer ersten Fallstrukturhypothese . . . 116

Anreicherung und Präzisierung der Fallstrukturhypothese . . . 140

Versuch der Falsifizierung der Fallstrukturhypothese . . . 140

Zur Genese der Fallstrukturgesetzlichkeit . . . 145

Überlegungen zu weitergehende Fragen . . . 153

Strukturgeneralisierung . . . 154

Zur Ergebnisdarstellung . . . 155

Reflexionen zum methodischen Vorgehen . . . 156

Vorbemerkung . . . 156

Zu einigen Schritten des methodischen Vorgehens . . . 157

Epilog und Glossar . . . 161

Glossar . . . 162

Anhang . . . 187

Literatur . . . 191

Referenzen

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