Der Genius hinter der biologischen Revolution !
Prof. Dr. Theodor Dingermann !
Institut für Pharmazeutische Biologie! Biozentrum!
Max-von-Laue-Str. 9! 60438 Frankfurt am Main! Dingermann@em.uni-frankfurt.de!
„Revolutionen des europäischen
Geistes im 20. Jahrhundert“ !
Der Genius hinter der biologischen Revolution !
Der Genius hinter der biologischen Revolution !
Inhalt: !
• Die geniale Entdeckung und der Beginn der biologischen Revolution
• Der Genius hinter der biologischen Revolution
• Alles begann mit Darwin
• Mendel, ein kongenialer Zeitgenosse Darwins
• Walter Flemming, ein Cytologe, mit einem Blick für bunte Dinger
• Frederic Griffith und sein „transformierendes Prinzip“
• Erwin Chargaff, der unlucky looser
• Der geniale Coup
• Der intelligente experimentelle Beweis
• Die erstaunliche Evolution des Eisfisches
!
Die geniale Entdeckung und der Beginn der
biologischen Revolution !
1953 entdeckten der Brite Francis Crick und US-Amerikaner James Watson, damals
Wissenschaftler am Cavendish Laboratory in Cambridge, die Doppelhelix-Struktur der
Desoxyribonukleinsäure (DNS bzw. DNA).
Die Revolution
in den Biowissenschaften !
Die Revolution
in den Biowissenschaften !
Sie wussten die Erkenntnisse zu nutzen, die Rosalind Franklin und Maurice Wilkins zur gleichen Zeit in der Medical Research Council Biophysics Unit des King's College in London gewonnen hatten.
Entdeckung der DNA im Jahre 1953
Die Revolution
in den Biowissenschaften !
Vom Rennen um die DNA-Struktur bis zur Entschlüsselung des
Humangenoms reihte sich Jahrzehnte lang eine molekularbiologische Sensation an die andere.
Entschlüsselung des humanen Genoms im Jahre 2001/2003
50 Jahre
Alles begann mit Darwin !
Charles Darwin (1809 – 1882) !
Darwins Erklärung der Evolution
(1) In einer Population von Organismen gibt es Subpopulationen, die sich von anderen durch Variationen bestimmter Charakteristika
unterscheiden.
(2) Einzelne Individuen in solchen Subpopulationen unterscheiden sich von anderen dadurch, dass sie gegenüber anderen „fitter“ sind und sich zudem effektiver fortpflanzen.
(3) Wenn diese Eigenschaften an die Nachkommen vererbt werden, wird sich diese Subpopulation gegenüber anderen durchsetzen.
Kurz gesagt: Evolution ist gekoppelt an vergleichsweise effektiverer Reproduktion.
Reproduktion
Modifikation
Selektion 4.000.000.000
Jahre
Darwins Erklärung der Evolution !
Fossilien zeichnen in überzeugender Weise die Evolution nach und waren schon für Darwin eine entscheidende Basis für die Entwicklung seiner Evolutionstheorie.
Wichtig:
1. Fossilien müssen Merkmale "zwischen" den heute existierenden Organismengruppen erkennen lassen.
2. Verknüpfungen müssen zeitlich geordnet sein.
3. Entwicklung muss von “einfach” nach “komplex” verlaufen und nicht umgekehrt.
Der „Fossilienbefund“ als wichtigste Basis der
Evolutionstheorie !
Aber was, wenn „Fossilienbefunde“ wichtig werden, die in der Größenskala der Moleküle
liegen? !
〜 100 Jahre
Der Genius!
Darwin 1859
Franklin Wilkins
Crick Watson 1953
Mendel, ein kongenialer Zeitgenosse
Darwins !
Der Abt C. F. Napp (1792-1867) der Augustiner-Abtei in Alt Brünn nahm 1843 Mendel als Novize in sein Kloster auf.
Mendel sollte sich um Züchtungsprobleme kümmern!
War das Zufall?
Brünn: Das intellektuelle Zentrum Europas
Gregor Mendel, 1822 – 1884 !
Nein!!
Abt Napp: Präsident der Landwirtschaftlichen
Gesellschaft und der Gesellschaft für Obst- und Weinbau, die später in “Pomologische Gesellschaft” umbenannt wurde.
Gregor Mendels Versuchsobjekt: Die Gartenerbse (Pisum sativum).
Seine Resultate publizierte er u.a. 1866 in der Schrift
„Versuche über Pflanzenhybriden“.
Gregor Mendel, 1822 – 1884 !
Mendels Experimente !
Auswahl der Versuchspflanzen*
Der Werth und die Geltung eines jeden Experimentes wird durch die Tauglichkeit der dazu benützten
Hilfsmittel, sowie durch die zweckmässige Anwendung derselben bedingt. Auch in dem vorliegenden Falle kann es nicht gleichgiltig sein, welche Pflanzenarten als Träger der Versuche gewählt und in welcher Weise diese durchgeführt wurden.
Die Auswahl der Pflanzengruppe, welche für Versuche dieser Art dienen soll, muss mit möglichster Vorsicht geschehen, wenn man nicht in Vorhinein allen Erfolg in Frage stellen will...
*Gregor Mendel: Versuche über Pflanzenhybriden. In: Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. Band 4. Brünn 1866, S. 43-47.
1. Modell testen
Mendels Experimente !
Auswahl der Versuchspflanzen*
…Die Versuchspflanzen müssen nothwendig 1. Constant differirende merkmale besitzen.
2. Die Hybriden derselben müssen während der Blüthezeit vor der Einwirkung jedes fremdartigen Pollens geschützt sein oder leicht geschützt
werden können.
3. Dürfen die Hybriden und ihre Nachkommen in den aufeinander folgenden Generationen keine
merkliche Störung in der Fruchtbarkeit erleiden.
*Gregor Mendel: Versuche über Pflanzenhybriden. In: Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. Band 4. Brünn 1866, S. 43-47.
1. Modell testen
Erbsen
rund runzelig
selfen = mit sich selbst
kreuzen
Mendels Experimente !
1. Modell testen
Genetisch reine Stämme
Erbsen
rund runzelig
Mendels Experimente !
2. Kontrollkreuzung
F
0F
1runzelig war weg
kreuzen
Uniformitätsgesetz: Nachkommen homozygoter Eltern haben denselben Phänotyp
Erbsen
rund runzelig
Mendels Experimente !
3. Selfen
F
1runzelig war weg
kreuzen
F
0selfen
runzelig ist wieder da
F
2!
Erbsen
rund runzelig
Mendels Experimente !
4. Zählen
F
1runzelig war weg
kreuzen
F
0selfen
5474! 1850! 2,96/1
runzelig ist wieder da
F
2!
Spaltungsgesetz: Segregation dominanter und rezessiver Merkmale in F2 im Verhältnis 3:1
Erbsen
rund runzelig
Mendels Experimente !
5. Modell
F
1runzelig war weg
kreuzen
F
0selfen
R/R r/r
R/r
R
R r r
R/R R/r R/r r/r
runzelig ist wieder da
Spaltungsgesetz: Segregation dominanter und rezessiver Merkmale in F2 im Verhältnis 3:1
Mendels Experimente !
6. Vorhersagen
r
R R r
R/r R/r R/r R/r
r/r 1/3 R/R
F
2!
r/r 2/3 R/r
F
2!
kreuzen
Rund/runzelig: 1/0 Rund/runzelig: 1/1
r
R r r
R/r r/r R/r r/r R
R r r
R/R R/r
R/r r/r
"Versuche über Pflanzenhybriden"
Uniformitätsgesetz: Nachkommen homozygoter Eltern haben denselben Phänotyp
Spaltungsgesetz: Segregation dominanter und rezessiver Merkmale in F2 im Verhältnis 3:1
Unabhängigkeitsgesetz: Unabhängige Vererbung einzelner Allele
Gregor Mendel, 1822 – 1884 !
*Gregor Mendel: Versuche über Pflanzenhybriden.
In: Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. Band 4. Brünn 1866, S. 43-47.
Walter Flemming, ein Cytologe, mit einem
Blick für “bunte Dinger” !
Walter Flemming war ein deutscher Cytologe.
Er setzt basische Farbstoffe bei seinen Forschungen ein und sieht erstmalig dünne Gebilde in den Kernen von Zellen, die gerade im Begriffe sind, sich zu teilen.
Walter Flemming, 1843 – 1905 !
Walter Flemming gilt als Gründer der Cyotgenetik und er prägte 1979 die Begriffe Chromatin und Mitose.
Walter Flemming, 1843 – 1905 !
August Weismann Walter Sutton Theodor Boveri Thomas Hunt Morgan
Alfred Sturtevant
Chromosomale Theorie der Vererbung !
1885 – 1915 !
Frederic Griffith, und sein
„transformierendes Prinzip“ !
Als Angestellter im britischen Gesundheitsministerium, forschte er unter sehr primitiven Bedingungen höchst kreativ.
Frederick Griffith, 1877 – 1941 !
mit rauer Oberfläche wachsende S. pneumoniae!
mit glatter Oberfläche wachsende S. pneumoniae!
Was verursacht eine Lungenentzündung?
Streptococcus pneumoniae
Frederick Griffith, 1877 – 1941 !
Das „transformierende Prinzip“ (1928)
Frederick Griffith, 1877 – 1941 !
Das „transformierende Prinzip“ (1928)
Frederick Griffith, 1877 – 1941 !
Das „transformierende Prinzip“ (1928)
Frederick Griffith, 1877 – 1941 !
Das „transformierende Prinzip“ (1928)
Frederick Griffith, 1877 – 1941 !
Das „transformierende Prinzip“ (1928)
Oswald T. Avery, 1877 – 1955 !
Die Wiederentdeckung der Griffith-Entdeckung (1944)
Erwin Chargaff, der unlucky looser !
Chargaff entdeckte die Basen Adenin und Guanin sowie Thymin und Cytosin in der DNA und stellte die so genannten Chargaff’schen Regeln auf.
Erwin Chargaff, 1905 – 2002 !
%C = %G!
%A = %T
Erwin Chargaff, 1905 – 2002 !
5'-ATGCCAGG-3'!
3'-TACGGTCC-5'!
Anzahl Basen:
A: 3 T: 3 C: 5 G: 5!
10
16 = 62,5%
"GC-Gehalt" ist organismusspezifisch G+C
A+T+G+C [%]
Erwin Chargaff, 1905 – 2002 !
Gattung GC-Gehalt
Streptomyces coelicolor 72 % Mycococcus xanthus 68 % Halobacterium sp. 67 %
Homo sapiens 40 %
Saccharomyces cerevisiae 38 % Arabidopsis thaliana 36 % Methanosphaera stadtmanae 27 % Plasmodium falciparum 20 %
Erwin Chargaff, 1905 – 2002 !
Chargaff über Watson & Crick:
“That such pygmies should cast such giant shadows only shows how late in the day it is”
Chargaff hatte alles, um das Geheimnis der DNA zu lüften:
Aber: Der entscheidende Geistesblitz kam ihm nicht!
Der geniale Coup !
Was Chargaff und Pauling nicht schafften, hatte Watson und Crick am 28. Februar 1953 geschafft.
Francis Crick, 1916 – 2004 ! James Watson, 1928 !
"It has not escaped our notice that the specific pairing we have postulated immediately
suggests a possible copying mechanism for the genetic material."
Der intelligente experimentelle Beweis !
1958
b c
Matthew Meselson, 1930 ! Franklin W. Stahl, 1929 !
a
1958 Matthew Meselson, 1930 !
Franklin W. Stahl, 1929 !
Die erstaunliche Evolution des Eisfisches !
1928: Forschungs- und Nachschubschiff S.S. Norvegia bricht zu einer Reise in die Antarktis auf.
Detlef Rustad: ein Student der Zoologie.
Ziel war die Insel Bouvet, irgendwo im Niemandsland.
Die erstaunliche Evolution des Eisfisches !
1929 hörte der norwegische Biologe Johan Ruud von dieser Entdeckung.
Erst 1953 gelang es ihm, selber einen lebenden Eisfische zu fangen und zu untersuchen.
Das “Blut“ des Eisfisches enthielt nur 1% Zellen. Keine der Zellen war rot.
Andere Fische haben einen Anteil von 15-18% roter Blutzellen im Blut.
Beim Menschen beträgt der Anteil an Erythrozyten ca. 45% des
Blutes.
Die erstaunliche Evolution des Eisfisches !
Was soll das?
Vor 40.000.000 Jahren öffnete sich durch den Nordwärtsdrift von Südamerika und Australien die Drake Passage auf der Südhalbkugel, so dass eine zirkumpolare Ozeanzirkulation möglich wurde. Diese führte dazu, dass sich Oberflächen- und Tiefengewässer um mehr als 10°C abkühlten.
Alle Wirbeltiere „flohen“, denn hier wurde es lebensgefährlich.
Nur der Eisfisch blieb.
Um zu überleben, trennte er sich von den vielen Zellen in seinem Blut und pumpte
einfach Meerwasser durch seinen Körper, um ihn mit Sauerstoff zu versorgen.
Die erstaunliche Evolution des Eisfisches !
Man verliert die Gene
β-Globin-Gen α-Globin-Gen β-Globin-Gen
Ein molekulares Fossil
α-Globin-Gen
Oder sie werden zum Tummelplatz
von Mutationen
Woher wissen wir, dass er sich von seinem
Blut „trennte“? !
Mit dem Verlust des Hämoglobins entstand ein neues Problem: Die Gefahr, dass ein kleiner Eiskristall alles zum Gefrieren bringt.
Die Lösung: Das Antifrost-Protein (Anti-Freeze-Glykoprotein, AFGP)
Verlieren und gewinnen = optimieren !
Der Genius hinter der biologischen Revolution ! hat es möglich gemacht, auf eine neue Art von
Fossilien zu schauen !
DNA !
Der Genius hinter der biologischen Revolution !
Prof. Dr. Theodor Dingermann !
Institut für Pharmazeutische Biologie! Biozentrum!
Max-von-Laue-Str. 9! 60438 Frankfurt am Main! Dingermann@em.uni-frankfurt.de!