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Kandidatnivå Arbeit mit Literatur im DaF Unterricht mit Tschick in Originalfassung als Beispiel

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Academic year: 2022

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Examensarbete

Kandidatnivå

Arbeit mit Literatur im DaF Unterricht mit Tschick in Originalfassung als Beispiel

Wie Leseinteresse geweckt werden kann mit Schwerpunkt auf männlichen Schülern

Use of Literature When Teaching German as a Second Language:

Exploring How to Increase Interest in Reading with Focus on Male Students using Tschick in Original

Författare: Christina Südhoff Handledare: Maren Eckart Examinator: Anneli Fjordevik Ämne/huvudområde: Tyska Kurskod: TY2007

Poäng: 15

Ventilerings-/examinationsdatum: 2021-12-17

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Abstract:

Diese Arbeit befasst sich mit dem Einsatz von Literatur im DaF Unterricht und zeigt mit Tschick in Originalfassung als Beispiel, dass der Einsatz von Literatur viele Anforderungen des schwedischen Lehrplanes erfüllen kann. Darüber hinaus kann die Arbeit mit einem Buch wie Tschick aus kompensatorischen Gründen eine gute Wahl sein, um männliche Schüler zu fördern, was auch für die ganze Klasse positiv ist. Die Arbeit mit dem Roman hat auch gute Möglichkeiten, den

Unterricht zu bereichern und zum Leseinteresse beizutragen.

Schlüsselwörter:

Literaturdidaktik, DaF-Unterricht, Leseinteresse, Tschick, Wolfgang Herrndorf, schwedischen Lehrplan, männliche Schüler

(4)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 2

1.1 Fragestellung ... 2

1.2 Zur Methode ... 3

1.3 Tschick von Wolfgang Herrndorf ... 3

1.4 Eingrenzung ... 4

2 Hauptteil ... 6

2.1 DaF in der schwedischen Schule ... 6

2.2 Literatur im DaF-Unterricht - Ein historischer Rückblick ... 7

2.3 Literatur in Bezug auf den schwedischen Lehrplan ... 8

2.3.1 Der Kurs Tyska 3 ... 10

2.4 Einwände gegen Literatur im DaF-Unterricht ... 13

2.5 Argumente für Literatur im DaF-Unterricht ... 15

2.6 Geschlechtsspezifische Unterschiede im Studienergebnisse und Lesen ... 18

2.7 Auswahl von Literatur für den DaF Unterricht ... 20

2.7.1 Inhaltliche und altersgemäße Angemessenheit ... 21

2.7.2 Sprachliche Angemessenheit ... 23

2.7.3 Erweiterung des Lebens- und Leseerfahrung ... 24

2.7.4 Möglichkeit zu interkulturellen Perspektiven ... 25

2.7.5 Freude am Lesen ... 25

3 Schluss ... 26

3.1 Zusammenfassung ... 26

3.2 Weitere Ideen... 27

Literaturverzeichnis... 28

Primärliteratur ... 28

Sekundärliteratur ... 28

Anhang 1. Vergleich der Anzahl Wörter... 33

(5)

1 Einleitung

Als Teil meines Deutschstudiums habe ich einen sehr guten Kurs in

deutschsprachiger Literatur absolviert. Jede zweite Woche haben wir ein Buch gelesen und diskutiert. Literatur als Studium hat mir sehr gut gefallen, weil ich dabei sehr viel gelernt habe, nicht nur sprachlich, sondern auch über deutsche Kultur, Geschichte und Gesellschaft und gleichzeitig war der Kurs eine reine Freude.

Diese Freude und das Interesse am Lesen würde ich gerne an die Lernenden in der Schule weitergeben. Parallel dazu sehe und verstehe ich, dass große Teile der jüngeren Generation und vor allem männliche Jugendliche gar nicht lesen. Darüber hinaus kann auch festgestellt werden, dass männliche Jugendliche schlechtere Studienergebnisse haben als weibliche.

Mein Anliegen ist also, wie die Schule helfen kann, diese junge Generation zum Lesen zu bringen und wie ein Buch ausgewählt werden kann, das hoffentlich auch das Leseinteresse der männlichen Schüler weckt. Mein Ansatz ist, dass der Einsatz eines Buches wie Tschick1 von Wolfgang Herrndorf im DaF Unterricht ein

möglicher Weg ist, um Leseinteresse zu wecken, mit männlichen Schülern im Fokus.

1.1 Fragestellung

Diese Arbeit befasst sich damit, inwiefern Literatur im schwedischen DaF

Unterricht benutzt werden kann, um Leseinteresse zu fördern mit Schwerpunkt auf männlichen Schülern. Daraus ergeben sich die Fragen, in welchem Ausmaß die Benutzung von Literatur im DaF Unterricht die Anforderungen des schwedischen Lehrplans erfüllt, welche Vor- und Nachteile der Einsatz von Literatur im DaF- Unterricht hat und worauf bei der Auswahl von Literatur geachtet werden muss.

Diese Fragestellungen werden mit Tschick von Wolfgang Herrndorf in Originalfassung als Beispiel untersucht.

1 Wolfgang Herrndorf, Tschick: Roman, 88. Aufl.( Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2021).

(6)

1.2 Zur Methode

Um die oben genannten Fragestellungen beantworten zu können, werden in dieser Literaturarbeit zuerst die Anforderungen des schwedischen Lehrplans und der Kursplan für Tyska 32 untersucht und in Bezug auf Tschick diskutiert. Bei der Auswahl von Forschungsliteratur wurde nach Literatur gesucht, die

Literaturdidaktik für Fremdsprachenerwerb behandelt. Die Fakten zu den

Fragestellungen wurden anhand von Tschick diskutiert. Eine Auseinandersetzung sowohl mit Statistik über das Lesen unter jungen Leuten als auch mit Studien über die Geschlechtsunterschiede von Studienergebnissen ist auch durchgeführt

worden.

1.3 Tschick von Wolfgang Herrndorf

Ich habe in dieser Arbeit gewählt, mit dem Buch Tschick von Wolfgang Herrndorf zu arbeiten. Im nächsten Abschnitt folgt eine Erklärung, warum ich mich dafür entschieden habe, Tschick in Originalfassung als Beispiel für die Arbeit mit Literatur im Unterricht zu benutzen.

Tschick ist ein Buch über die erste Liebe, über das Erwachsenwerden, über Schule, Autofahren und Deutschland, aber auch über richtige Freundschaft und Loyalität.3 Es ist ein Buch darüber, dass der erste Eindruck nicht immer stimmt und gerne überprüft werden kann.4

In einem Interview mit der FAZ bekommt Herrndorf die Frage, ob er absichtlich ein Buch der deutschen Romantik schreiben wollte und er antwortet wie folgt:

[…] das wäre ja generell erst mal nicht falsch. Nur dass man von „beabsichtigt“

bei mir nicht wirklich sprechen kann. Ich denke mir beim Schreiben meist erst mal nicht viel außer „es sollte nicht langweilig sein“5

2 Der Kurs Tyska 3 wird in dem Abschnitt DaF in der schwedischen Schule näher beschrieben

3 Herrndorf 2021.

4 Herrndorf 2021.

5 Kathrin Passig, ”Im Gespräch: Wolfgang Herrndorf: Wann hat es ′Tschick′ gemacht, Herr Herrndorf?”,Frankfurter Allgemeine (FAZ) 31/1 2011, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/

(7)

In diesem Zitat kann auch der Hauptgrund gefunden werden, warum ich gewählt habe, Tschick in Originalfassung als Beispiel für die Arbeit mit Literatur im DaF Unterricht zu benutzen: Es soll nämlich nicht langweilig sein. Ich wollte mit einem Buch arbeiten, das Leseinteresse weckt, aber gleichzeitig mit einem Buch, das gerne mehr als einmal gelesen werden kann. Das Buch entspricht aufgrund seiner Qualität auf mehreren Ebenen diesen Erwartungen. Es muss auch erwähnt werden, dass ich ein Buch gesucht habe, das hoffentlich in der Gruppe der männlichen Schüler, wo extra wenig gelesen wird6, auch Interesse wecken kann. Im Buch Tschick von Wolfgang Herrndorf geht es um zwei männliche Jugendliche, die mit einem Auto einen Roadtrip machen, was gute Möglichkeiten zur Wiedererkennung gibt. Im Hauptteil wird weiter ausgewertet, ob Tschick auch der Forschung nach einer guten Wahl für meine Zielgruppe, die Lernenden in Tyska 3, ist. Darüber hinaus wird analysiert, ob der Zweck, das Leseinteresse zu wecken, erfüllt werden kann.

1.4 Eingrenzung

Es ist oft ein Problem, dass das Thema eines Textes passend ist, aber die Sprache eine große Herausforderung sein kann. Dieses Problem kann mit einem Easy Reader gelöst werden. Zu Tschick gibt es den Easy Reader Tschick In Einfacher Sprache7, der das Niveau A2/B1 hat, was natürlich sehr passend für die gedachte Zielgruppe wäre. O´Sullivan und Rösler bezeichnen Easy Readers als s.g.

Vereinfachte Lektüren, die in einfacher Zielsprache verfasst sind.8 Weiter schreiben sie, dass eine gute Adaption von einem Text zu einer angemessenen Herausforderung beitragen kann.9 Bis jetzt gibt es keine praktischen Studien

buecher/autoren/im-gespraech-wolfgang-herrndorf-wann-hat-es-tschick-gemacht-herr-herrndorf- 1576165.html?printPagedArticle=true#pageIndex_4 [geholt 2021-10-30].

6 Laut deutscher Statistiken lesen männliche Jugendliche weniger als weibliche. Vgl. auch Emer O´Sullivan & Dietmar Rösler, Kinder- und Jugendliteratur im Fremdsprachenunterricht, (Tübingen Stauffenburg Verlag, 2013), S.19. In Abschnitt: ′Geschlechtsspezifische Unterschiede im Studienergebnisse und Lesen′, wird mehr im Detail auf die Lesepraxis von Jugendlichen eingegangen.

7 Andreas Lindemann, Tschick In Einfacher Sprache, (Münster Spaß am Lesen Verlag 2020).

8 Emer O´Sullivan & Dietmar Rösler, Kinder- und Jugendliteratur im Fremdsprachenunterricht, (Tübingen Stauffenburg Verlag, 2013), S.60.

9 O´Sullivan & Rösler 2013, S.60.

(8)

darüber, wie eine gute von einer schlechten Adaption unterschieden werden

kann.10 O´Sullivan und Rösler schlagen stattdessen einige allgemeinen Fragen vor, die zum Text gestellt werden können. Unter anderem kann gefragt werden:

- Wie viel vom Text kann gestrichen und geändert werden?

- Können ganze Handlungsverläufe gestrichen werden, um das Buch einfacher zu machen?11

Der Easy Reader zu Tschick, Tschick in Einfacher Sprache ist schätzungsweise 88

% kürzer als das Original, was bedeutet, dass sehr viel gestrichen und verändert worden ist, es ist einfach mit anderen Worten ein ganz anderes Werk.12 Vieles, was im Buch nur angedeutet wird und unterschiedlich interpretiert werden kann, ist in dieser sehr abgekürzten Version explizit ausgesprochen und sogar verändert worden.13

Viel von der ursprünglichen Ästhetik des Textes riskiert in einer sehr

vereinfachten Version verloren zu gehen. O´Sullivan und Rösler schreiben, dass Originaltexte natürlich komplexer sind als Adaptionen in Easy Readers.14

Koppensteiner und Schwarz schreiben zum gleichen Thema, dass die Lernenden immerhin für die Wirklichkeit vorbereitet werden sollen.15 Weiterhin schreiben O´Sullivan und Rösler, dass eine Adaption riskiert zu unterfordern und zu demotivieren, was dazu führt, dass das Lesen langweilig wird. 16 Bevor eine Adaption für den Unterricht gewählt wird, meinen O´Sullivan und Rösler, dass andere Möglichkeiten, produktiv mit dem Originaltext zu arbeiten, erwogen werden sollen. In dieser Arbeit habe ich deswegen gewählt, mit Tschick in Originalfassung zu arbeiten.

10 O´Sullivan & Rösler 2013, S.65.

11 O´Sullivan & Rösler 2013, S.65.

12 Vgl. Anhang 1. Vergleich der Anzahl Wörter.

13 Lindemann 2020.

14 O´Sullivan & Rösler 2013, S.67.

15 Jürgen Koppensteiner & Eveline Schwarz, Literatur im DaF Unterricht – Eine Einführung in Theorie und Praxis (Wien Praesens Verlag, 2012), S.31.

16 O´Sullivan & Rösler 2013, S.68.

(9)

2 Hauptteil

2.1 DaF in der schwedischen Schule

In der schwedischen Schule lernen alle Schüler:Innen Englisch als erste Fremdsprache. Spätestens in der Klasse sechs soll allen Schüler:Innen auch angeboten werden, eine zweite Fremdsprache zu lernen (s.g. moderne Sprachen).17 Alle Schulen müssen mindestens zwei der Sprachen Französisch, Spanisch oder Deutsch anbieten.18 20% aller Schüler:Innen der Klasse sechs haben im Frühjahr 2020 Deutsch als Fremdsprache (DaF) gehabt, in der Klasse neun hatten zum gleichen Zeitpunkt 17% DaF.19 Im schwedischen Gymnasium sinkt die Anzahl der Schüler:Innen, die eine moderne Sprache lernen, aber laut der letzten Statistik von SCB lesen 10% Tyska 3. 20

Mit DaF Lernenden sind in dieser Arbeit Schüler:Innen gemeint, die den Kurs Tyska 3 lesen. Dieser Kurs wird normalerweise im ersten Jahr im schwedischen Gymnasium unterrichtet. Die Note E im Kurs Tyska 3 entspricht der GER21 Niveau A2.2. (vgl. Figur 1)

Figur 1. Vergleich zwischen GER und schwedischen Deutschkursen.

Quelle: Kommentarsmaterial till kursplanen i moderna språk, S.5

17 Skolverket, Dags för skolval, o.J., https://www.skolverket.se/getFile?file=3016 [2021-11-22].

18 Skolförordningen, SFS 2011:185, 9 Kap. 5 §

19 Skolverket, Sök statistik om förskola, skola och vuxenutbildning,

o.J.,https://www.skolverket.se/skolutveckling/statistik/sok-statistik-om-forskola-skola-och- vuxenutbildning?sok=SokA [2021-09-28].

20 Skolverket, Sök statistik om förskola, skola och vuxenutbildning.

21 Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen (Schwedisch GERS).

(10)

Weil diese Arbeit sich mit Literatur im DaF-Unterricht beschäftigt, folgt im

nächsten Abschnitt ein historischer Rückblick über die Funktionen der Literatur im DaF-Unterricht.

2.2 Literatur im DaF-Unterricht - Ein historischer Rückblick

Diese Arbeit befasst sich mit Literaturdidaktik und setzt voraus, dass Literatur ein wichtiger Teil des Unterrichts sein kann. Dabei stellt sich die Frage, welche Rolle die Literatur im DaF-Unterricht bis jetzt gehabt hat.

In Schweden war bis in die 60:er Jahre hinein die Grammatik-

Übersetzungsmethode im Unterricht dominant.22 In dieser Methode hatte Literatur eine wichtige Stellung und Übersetzung diente der Kontrolle des

Verständnisses.23Auch in Europa und in den USA hatte zu diesem Zeitpunkt Literatur eine wichtige Rolle im DaF-Unterricht und es gab einen klassischen Kanon.24

Am Anfang der 60er Jahre kam es zu einer Veränderung, indem die s.g. Audio- Linguale Methode mehr Einfluss bekam.25 In dieser Methode war das Mündliche wichtig und die Lernenden sollten nachsprechen, um die richtigen Strukturen zu lernen.26 Längere literarische Texte hatten hier keinen Platz und Literatur wurde deswegen im Unterricht weniger wichtig.27

In Lgr 69 ging die Entwicklung weiter hin zu der Audio-Lingualen Methode und auch zu der eigentlich früher entstandenen Direkten Methode.28 Bei der Direkten Methode stand genau wie bei der Audio-Lingualen Methode die gesprochene Sprache im Zentrum und Texte waren oft kurz und sprachlich zurechtgelegt.29 Auch Koppensteiner und Schwarz beschreiben, wie die Literatur nach 1968 eine

22 Tornberg 2015, S. 35.

23 Tornberg 2015, S. 35.

24 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.25-26.

25 Tornberg 2015, S. 44-45.

26 Tornberg 2015, S. 44-45.

27 Tornberg 2015, S. 44-45.

28 Tornberg 2015, S. 39.

29 Tornberg 2015, S. 39.

(11)

schwächere Stellung bekam.30 In den siebziger Jahren verzichteten die meisten in Deutschland erschienenen DaF-Lehrbücher auf literarische Texte.31

In den 80er Jahren schlug das Pendel um und es kam zur Rückkehr der Literatur.32 In den 90er Jahren ging die Entwicklung weiter und die Literatur wurde weiterhin wichtiger.33

Im schwedischen Lehrplan Lpf 94 kann folgendes gelesen werden: „Genom att läsa och tillgodogöra sig sak- och skönlitterära texter av ökande svårighetsgrad vidareutvecklas eleverna.“34 Unter der Überschrift Ziel (Mål) steht folgendes über Lesen: „kunna läsa och förstå enklare sak- och skönliteratur.“35 Im jetzt gültigen Lehrplan in Schweden Lgr 11 sind die Formulierungen über Literatur ähnlich und es wird spezifiziert, dass die Lernenden einfache literarische Texte lesen können sollen. Im Europäischen Referenzrahmen aus dem Jahre 2001 werden für Niveau A2 sogar nur kurze, einfache Texte empfohlen.36

Literatur soll also ein Teil vom Unterricht sein, darf aber kurz und einfach sein.

Dies bedeutet nicht, dass längere und etwas schwierigere Texte verboten sind, aber natürlich wird der Unterricht von den Richtlinien beeinflusst.

2.3 Literatur in Bezug auf den schwedischen Lehrplan

In diesem Abschnitt wird ausgewertet, welche Teile vom schwedischen Lehrplan durch die Arbeit mit fiktionaler Literatur erfüllt werden können. Später wird auch ausgewertet, wie die Kriterien für das gewählte Werk, Tschick, erfüllt oder auch nicht erfüllt werden können.

30 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 26.

31 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 26.

32 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 26.

33 Slavica Hršak, Kriterien zur Auswahl literarischer Texte im DaF-Unterricht, Diplomarbeit (Zagreb:

Sveučilište u Zagrebu, 2011), S.6.

34 Skolverket, GyVux1994 Samhällsvetenskapsprogrammet Programmål, kursplaner, betygskriterier och kommentarer (Stockholm: CE Fritzes AB, Allmänna Förlaget, 1994), S.72.

35 Skolverket 1994, S.73.

36 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.27.

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Für die Struktur der Fachpläne des schwedischen Lehrplans gilt: Für jedes Fach gibt es einen s.g. Fachplan. Dieser Fachplan beschreibt zuerst den Zweck des Faches und listet auch s.g. „Zielpunkte“.37 Danach folgt für jeden Kurs eine Beschreibung des zentralen Inhalts und die dazugehörigen

Kenntnisanforderungen.38

Als übergreifender Zweck wird u.a. angegeben, dass die Lernenden ihre

Kenntnisse in der Zielsprache, in diesem Fall Deutsch, entwickeln sollen.39 Weiter sollen die Lernenden auch ihre Kenntnisse über die Gesellschaft entwickeln, d.h.

im Falle Deutsch über die Gesellschaft im deutschen Sprachraum.40 Dass Lesen die Kenntnisse in einer Sprache erhöht, scheint selbstverständlich zu sein, aber für eine ganz konkrete Unterstützung dieser These kann die Examensarbeit von Daniel Johnsson erwähnt werden.41 Johnsson zeigt, dass das Lesen und die Arbeit mit Jugendliteratur in Tyska 3 innerhalb von 10 Wochen das Leseverständnis mit im Durchschnitt 22% erhöht hat.42

Hinsichtlich der Kenntnisse der Gesellschaft, ist Literatur wie Koppensteiner und Schwarz schreiben, „immer greifbar“ d.h. es ist nicht immer für alle möglich, ein Land oder Gebiet zu besuchen. Bücher können aber physisch oder digital in der Bibliothek geliehen oder relativ billig gekauft werden und sind deswegen eine erschwingliche Möglichkeit, Kenntnisse über eine Gesellschaft zu bekommen.43

37 På svenska ”målpunkter”;Skolverket, Så använder du läroplanen, examensmålen och ämnesplanerna, 2021, https://www.skolverket.se/undervisning/gymnasieskolan/laroplan-program-och-amnen-i- gymnasieskolan/sa-anvander-du-laroplanen-examensmalen-och-amnesplanerna [2021-09-30]

38 Skolverket, Så använder du läroplanen, examensmålen och ämnesplanerna.

39 På svenska ”utvecklar kunskaper i målspråket”; Skolverket, Ämne – Moderna språk, o.J., https://www.skolverket.se/undervisning/gymnasieskolan/laroplan-program-och-amnen-i- gymnasieskolan/gymnasieprogrammen/amne?url=-

996270488%2Fsyllabuscw%2Fjsp%2Fsubject.htm%3FsubjectCode%3DMOD%26courseCode%3 DMODXXX03%26tos%3Dgy&sv.url=12.5dfee44715d35a5cdfa92a3#anchor_MODXXX03 [2021-11-19]

40 Skolverket, Ämne – Moderna Språk

41 Daniel Johnsson, Der Einsatz von Jugendliteratur im schwedischen DaF-Unterricht. Planung – Einsatz – Unterrichtsauswertung, Examensarbeit (Eskilstuna, Västerås: Mälardalens högskola, 2017), S. 34.

42 Johnsson 2017, S. 39.

43 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 32.

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Weiterhin schreibt das schwedische Schulamt (Skolverket), dass die Lernenden die Möglichkeit haben sollen, Verständnis für Lebensbedingungen,

Gesellschaftsfragen und die kulturellen Verhältnisse zu entwickeln.44 Auch diese Anforderungen können durch Literatur erfüllt werden.

Im Lehrplan wird auch angegeben, „[u]ndervisningen ska stimulera elevernas nyfikenhet på språk och kultur “.45 Die Arbeit mit einem sorgfältig ausgewählten Werk in Originalfassung müsste gute Möglichkeiten haben, diese Neugier unter den Lernenden zu wecken.

Der Unterricht soll hauptsächlich auf Deutsch sein und die Lernenden sollen den Inhalt in Relation zu eigenen Erfahrungen setzen. Tschick bietet hier gute

Möglichkeiten zur Wiedererkennung, da es unter anderem um junge Leute, Schule und das Erwachsenwerden geht.

2.3.1 Der Kurs Tyska 3

Die gedachte Zielgruppe für diese Arbeit sind Lernende im Kurs Tyska 3 im ersten Jahr im schwedischen Gymnasium. Dieser Teil des Lehrplans ist in drei Teile eingeteilt: Inhalt der Kommunikation, Rezeption und schließlich Produktion und Interaktion. Im Abschnitt Inhalt der Kommunikation steht Folgendes, was für fiktionale Literatur in Frage kommen kann:

„Ämnesområden som är bekanta för eleverna“46 - in Tschick begegnen wir jungen Leuten, die etwas jünger sind als die Lernenden sowie Themen wie Erwachsenwerden, Liebe, Schule und Ferien, die für alle eine Relevanz haben können.47 Auch das Thema mit dem Autofahren ist gerade für viele Jugendliche in Schweden zwischen 15-18 wegen der in den letzten Jahren stark zunehmenden „EPA-Kultur“48 und auch wegen der immer häufiger

44 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

45 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

46 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

47 Herrndorf 2021.

48 EPA wird auf Schwedisch als Bezeichnung für die zum A-Traktor umgebauten Autos benutzt.

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vorkommenden „Moped Autos“ sehr relevant .49 Dies ist auch ein Thema, das für die Gruppe männlicher Schüler gut passen könnte.50

„Vardagliga situationer, intressen, personer, platser, aktiviteter och aktuella händelser”51 In einem Roman wie z.B. Tschick begegnen die Lernenden u.a. alltäglichen Situationen, wie Unterricht in der Schule, Beschreibungen von Interessen und Aktivitäten wie

Computer spielen, Zeichnen oder Partys besuchen, unterschiedliche Personenportraits sind auch vorhanden, wie Eltern, Lehrer und Klassenkameraden.52 Nur aktuelles Geschehen fehlt in den meisten Romanen, und werden besser z.B. in Nachrichten gesucht.

„Åsikter, känslor och erfarenheter“53 – das Werk Tschick gibt hier viel Anlass zu eigenen Reflexionen über Ansichten, Gefühle und Erfahrungen. Gewisse Abschnitte eignen sich für gemeinsame Diskussionen, andere aber nicht, weil Themen wie erste Liebe oder schwierige Situationen zu Hause zu privat sein können, um in einer Schulklasse diskutiert zu werden.54

„Levnadssätt, sociala relationer och kulturella företeelser [...], även i jämförelse med egna erfarenheter och kunskaper”55 Weil Tschick Deutschland ungefähr im Jahr 2010 beschreibt, kann festgehalten werden, dass die Lernenden etwas darüber lernen können, wie das Leben, kulturell und sozial, in Deutschland für junge Leute

aussehen kann und das besonders für männliche Jugendliche.56

49 Transportstyrelsen, Rekordökning av A-traktorer, 2021, https://transportstyrelsen.se/sv/Nyhetsarkiv /2021/rekordokning-av-a-traktorer/ [2021-11-24].

50 Selbstverständlich haben nicht alle männliche Jugendliche ein Interesse an Autos und das ist auch keine Voraussetzung um das Buch interessant zu finden. Das Thema von geschlechtsspezifischen Lektürepräferenzen wird in Abschnitt 2.7.1 weiter behandelt. Vgl auch Garbe (2008).

51 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

52 Herrndorf 2021.

53 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

54 Christoph Bräuer, Kerstin; Rabenstein & Svenja Strauß, ”Wie findet Literaturunterricht mit textproduktiven Verfahren seine Form? Eine explorative Studie am Beispiel von Herrndorfs

„Tschick“ ”, Zeitschrift für interpretative Schul- und Unterrichtsforschung 5 (2016) 1, S. 127-128.

55 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

56 Herrndorf 2021.

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Dass die Lernenden die Möglichkeit bekommen sollen, den Inhalt in Relation zu eigenen Erfahrungen und Kenntnissen zu setzen, muss im Falle von Tschick, wie oben schon erwähnt, genau überlegt werden. Welche Fragestellungen in der Gruppe (ganze Klasse oder kleinere Gruppen) diskutiert werden sollen und welche besser für eigene Spiegelungen passen, ist eine wichtige Überlegung.

Koppensteiner und Schwarz schreiben: „Eine interessante Überlegung stellt Stütz an, der davor warnt, Jugendlichen Texte anzubieten, die zu viele persönliche Berührungspunkte mit dem eigenen Leben aufweisen (vgl. Stütz 1990)“57Als bestätigendes Beispiel nennen Koppensteiner und Schwarz, dass Lernende mit Migrationshintergrund oft keine Texte lesen wollen, in denen die Situation der Migration behandelt wird. Bräuer, Rabenstein und Strauß haben die gleichen Einwände und erwähnen, dass für gewisse Themen gemeinsame, persönliche Reflexionen vermieden werden sollen. 58 Eine Parallele zu dieser These gibt es auch in Tschick, wo der Deutschlehrer Schürmann Maiks Aufsatz über seine Mutter sehr unpassend findet.59 Alle Anforderungen, die im Lehrplan unter Inhalt der Kommunikation aufgezählt sind, können durch die Arbeit mit dem Roman Tschick erfüllt werden.

Im Abschnitt Rezeption werden Erzähltexte sowohl als Text, aber auch als gesprochene oder dramatisierte Form erwähnt.60 Lediglich in den Kommentaren zum Lehrplan wird verdeutlicht, dass der Unterricht Fiktion als Bücher beinhalten

57 Wolfgang Stütz, „Kriterien zur Auswahl von Literatur für die Oberstufe“ in Literatur im Fremdsprachenunterricht -Fremdsprache im Literaturunterricht, Hrsg. Dietmar Fricke & Albert Reiner Glaap, (Frankfurt:Diesterweg, 1990), zit. in Koppensteiner & Schwarz 2012, S.53

Wie hervorgeht, referieren Koppensteiner und Schwarz hier Wolfgang Stütz 1990. So weit wie möglich bin ich in dieser Arbeit zu der Originalquelle zurückgegangen, aber weil das Buch von Koppensteiner und Schwarz eine Einführung zu diesem Thema ist, besteht der Text hauptsächlich aus anderen Referenzen, die, wie in diesem Fall, in Schweden nicht vorhanden sind und deswegen habe ich die Sekundärquelle benutzt.

58 Bräuer, Rabenstein & Strauß 2016, S. 127-128.

59 Herrndorf 2021, S.32.

60 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

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soll.61 Skolverket schreibt: “[s]å väl sakprosa som skönlitterära texter ingår i det centrala innehållet i ämnet moderna språk.“62

Lesestrategien werden auch unter dem Abschnitt Rezeption im Zentralen Inhalt erwähnt und sind natürlich eine Voraussetzung für die Arbeit mit einem Buch wie Tschick.63 Die Lernenden sollen auch Wörter, Redewendungen, grammatische Strukturen und Rechtschreibung lernen.64 Wie Parkinson und Reid Thomas schreiben, wissen viele erfahrene Lehrende, dass Lesen zu diesen Fähigkeiten beiträgt.65

In der Nacharbeit mit den Themen des Textes können auch viele von den Anforderungen erfüllt werden, die unter Produktion und Interaktion erwähnt werden. 66 Auf diese Anforderungen wird hier nicht weiter eingegangen, weil dies außerhalb des Rahmens dieser Arbeit liegt.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass relativ viele der Anforderungen des Lehrplans durch Arbeit mit Literatur erfüllt werden können. Gleichzeitig geht nur aus den Kommentaren des Lehrplans hervor, dass Literatur ein Teil des Unterrichts sein soll, was dazu führt, dass Literatur im Unterricht keine Selbstverständlichkeit ist.

2.4 Einwände gegen Literatur im DaF-Unterricht

Wie oben erwähnt, ist es nicht selbstverständlich, mit Literatur im DaF-Unterricht zu arbeiten. Unten werden zuerst einige Einwände aus der Forschung präsentiert und dann folgt eine Diskussion darüber, ob diese Einwände in diesem Fall

61 Skolverket, Kommentarsmaterial till kursplanen i moderna språk, 2017,

https://www.skolverket.se/publikationsserier/kommentarmaterial/2017/kommentarmaterial-till- kursplanen-i-moderna-sprak-reviderad-2017?id=3866 [2021-10-12], S.13.

62 Skolverket, Kommentarsmaterial till kursplanen i moderna språk, S.13.

63 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

64 Skolverket, Ämne – Moderna Språk.

65 Brian Parkinson & Helen Reid Thomas,” Teaching Literature in a Second Language”, in Edinburgh Textbooks in Applied Linguistics, Series Editors: Alan Davies and Keith Mitchell, S.30.

66 Exakt welche Anforderungen, die erfüllt werden können, wird in diesen Arbeit nicht festgehalten, weil die Nacharbeit nicht in dem Rahmen dieses Arbeits beschrieben wird.

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zutreffen oder nicht und welche eventuellen Probleme festgehalten werden müssen.

Argumente, die oft gegen den Unterricht mit Literatur aufgeführt werden, sind laut O´Sullivan und Rösler, dass die Zeit im Unterricht dazu fehlt.67 Die wenigen Stunden, die da sind, müssen für Vokabeln, Grammatik und mündliche

Kommunikation benutzt werden.68 Weiter wird aufgeführt, dass das Lesen von Literatur einfach sprachlich zu schwierig ist.69 Dieses Argument wird u.a. von Koppensteiner und Schwarz erwähnt und sie referieren auch den Begriff Literaturschock, der bedeutet, dass das Lesen so schwierig und zeitraubend ist, dass die Lernenden lieber aufhören, Deutsch zu lernen.70 Ein anderes Argument ist, dass die Lernenden kein Interesse an Literatur haben, da es lebensfremd ist.

Schließlich kann auch das Argument erwähnt werden, dass Literatur weltfremd ist und den Lernenden im Alltagsleben nicht hilft. 71

Selbstverständlich wird Lesen im Unterricht Zeit von anderen Unterrichtseinheiten wegnehmen, die Frage ist aber, ob nicht Lesen von Literatur auch effizienter Unterricht sein kann, wo die Lernenden auch Vokabeln und Grammatik lernen.

Abhängig davon, wie der Unterricht gestaltet wird, könnte auch die mündliche Kommunikation geübt werden. Laut Krenn in Koppensteiner und Schwarz können mit Hilfe von Literatur möglichst viele Lexeme im Langzeitgedächtnis

eingespeichert werden.72 Wie oben schon erwähnt zeigt die Studie von Johnsson dass Arbeit mit Jugendliteratur in Tyska 3 innerhalb von 10 Wochen das

Leseverständnis mit im Durchschnitt 22% erhöht hat.73

67 O´Sullivan & Rösler 2013, S.42.

68 O´Sullivan & Rösler 2013, S.42.

69 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.29.

70 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 26.

71 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 29.

72 Wilfred Krenn, „Garnierung oder Hauptgericht?Überlegungen zum Einsatz literarischer Kurztexte im Unterricht Deutsch als Fremdsprache“, in Theorie und Praxis. Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache in Österreich., Hrsg. Hans-Jürgen Krumm & Paul R. Portmann-Tselikas, 6/2002 (Innsbruck:Studienverlag, 2003), S.27, zit.in Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 48

73 Johnsson 2017, S. 34.

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Die Einwände, dass Literatur lebensfremd und auch weltfremd ist, sind wirklich davon abhängig, was für Literatur gewählt wird. Da Tschick Fragen behandelt wie erste Liebe, Freundschaft, Schule, Erwachsenwerden und Autofahren kann das Buch weder als lebensfremd noch weltfremd beschrieben werden können.

Der Einwand, dass Literatur sprachlich zu schwierig sein kann, was dazu führen kann, dass das Gegenteil von Leseinteresse entsteht, fordert eine nähere

Diskussion, weil das Risiko im Fall Tschick für Lernende in Tyska 3 vorhanden sein könnte. O´Sullivan und Rösler schreiben, dass ein Text mit viel Dialog das Verständnis erleichtert.74 Der Text im Buch besteht aus vielen Dialogen, was als positiv angesehen werden kann, aber gleichzeitig können die vielen

umgangssprachlichen Ausdrücke des Buches zu Problemen führen.75 O´Sullivan und Rösler schreiben aber zum Thema von umgangssprachlichen oder

ungewöhnlichen Wörtern, dass die Leser auch davon begeistert werden können.76 Es könnte dafür argumentiert werden, dass das Lernen von Wörtern, die in der Wirklichkeit benutzt werden, in sich motivierend und lustig sein kann.

2.5 Argumente für Literatur im DaF-Unterricht

Es bestehen nach Koppensteiner und Schwarz viele Argumente für die Benutzung der Literatur im DaF Unterricht. Diese Argumente können eingeteilt werden in Argumente inhaltlicher Art, sprachlicher Art und methodisch-didaktischer Art.

Eine Auswahl dieser Argumente wird unten präsentiert.77

Richtig ausgewählte Literatur, die persönliches Engagement hervorruft und auch Spannung bietet, hat die Möglichkeit, Interesse zu wecken.78 Literarische Texte bieten auch Abwechslung zu den gewöhnlichen und eher bedeutungslosen Lehrbuchdialogen und die Möglichkeit zur Identifikation mit dem Text für junge Leute.79 Literarische Texte fördern die Phantasie und bieten die Möglichkeit, für

74 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 50-51.

75 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 50-51.

76 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 51.

77 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 30-31.

78 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 30.

79 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 30.

(19)

eine Zeitlang Distanz zum eigenen Leben zu bekommen sowie Hilfe, sich selbst und das Leben besser zu verstehen.80 Koppensteiner und Schwarz schreiben „Man sollte nicht zögern, hier ebenfalls das Wort 'Lebenshilfe' zu benutzen“.81

Sprachliche Argumente sind nach Koppensteiner und Schwarz, dass literarische Texte oft ein korrekteres Deutsch haben als z.B. Zeitungsartikel und auch, dass diese Texte einen Wortschatz beinhalten, der in Lehrbüchern oder Sachtexten nicht vorkommt.82

Nicht zuletzt sollte man auf die Schönheit der Sprache, auf die affektive Komponente hinweisen. Zwar ist zuzugeben, dass die Sprache in jedem

literarischen Text komplexer ist als in einem sorgfältig geplanten Lehrbuch, doch sollen Lernende schließlich mit der wirklichen Welt konfrontiert und nicht in den Ghettos der Lehrbücher eingesperrt werden.83

Diese inhaltlichen und sprachlichen Argumente sind für diese Arbeit wichtig. Ich möchte dafür argumentieren, dass die Literatur wirklich mehr zu bieten hat als was in Lehrbüchern oder Fachtexten normalerweise gefunden werden kann. Dies verdeutlicht ein kleines Beispiel aus Tschick:

Mein Arm hing aus dem Fenster, mein Kopf lag auf meinem Arm. Wir fuhren Tempo 30 zwischen Wiesen und Feldern hindurch, über denen langsam die Sonne aufging, irgendwo hinter Ransdorf, und es war das Schönste und Seltsamste, was ich je erlebt habe.84

Mit den Hintergrundkenntnissen, dass Maik und Tschick hier alleine unterwegs sind, vermittelt das Zitat ein Gefühl von Schönheit und Glück basierend auf Selbstständigkeit.

80 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 30.

81 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 30.

82 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 31.

83 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.31.

84 Herrndorf 2010, S. 104.

(20)

Weiterhin folgen auch einige didaktische Argumente für die Arbeit mit Literatur im DaF-Unterricht. Koppensteiner und Schwarz schreiben, „[d]as unbefriedigende am Sprachunterricht ist ja häufig die Trivialität der Text- und Übungsangebote in manchen Lehrbüchern.“85 Literatur bietet da eine Möglichkeit zu einem mehr lebensnahen Unterricht.86 Literatur ist, wie oben schon beschrieben, „immer greifbar“, es ist eine Möglichkeit, z.B. Deutschland und einen Teil der deutschen Kultur kennenzulernen, ohne sich physisch bewegen zu müssen. Beim Lesen werden Perspektivenwechsel geübt, der Leser bekommt die Möglichkeit, über ethische, kulturelle und politische Unterschiede zur eigenen Welt zu reflektieren.87 Weil beim Lesen dieser Perspektivenwechsel gemacht werden muss, ist ein

wichtiger Schritt getan, um das, was fremd ist, besser verstehen zu können. 88 Dies steht auch im Einklang mit dem schwedischen Lehrplan, der genau das

vorschreibt: „Skolan ska främja förståelse för andra människor och förmåga till inlevelse.“89

Die Forschung zeigt eine starke Korrelation zwischen gutem Lesevermögen und allgemein guten Schulergebnissen.90 Wie oben festgehalten, ist wissenschaftlich gezeigt, dass Lesen von Literatur in der Schule das Lesevermögen verbessert. Wie im späteren Abschnitt mehr im Detail diskutiert wird, sinkt das Lesen in der Freizeit in den letzten 10 Jahren stetig und die letzte zugängliche Statistik zeigt, dass unter ein Drittel der Jugendlichen wöchentlich liest.91 Deswegen kann argumentiert werden, dass Lesen in der Schule und auch im DaF-Unterricht ein Teil des kompensatorischen Auftrags der Schule sein sollte.

85 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.32.

86 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.32.

87 Magnus Persson, ”Läsning i skolan – och läsningen i den högre skolan”, in Läsarnas marknad, marknadens läsare – en forskningantologi SOU 2012:10, Hrsg. Ulla Carlsson & Jenny Johanisson (Stockholm: Fritzes Offentliga Publikationer, 2012), S. 175.

88 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.32.

89 Skolverket, Läroplan för grundskolan, förekoleklassen och fritidshemmet 2011, 6. Aufl. (Stockholm:

Norstedts Juridik, 2019), S. 5.

90 Anna Ekström, Flickor, pojkar, individer – om betydelsen av jämställdhet för kunskap och utveckling i skolan SOU 2010:99, (Stockholm: Fritzes Offentliga Publikationer, 2010), S.83.

91 Myndigheten för ungdoms- och civilsamhällesfrågor [MUCF], Ung idag 2021. Goda levnadsvillkor för många, men inte för alla (MUCF, 2021), S. 57.

(21)

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf dem Leseinteresse der männlichen Schüler.

Dieser Fokus ist auch aus einem kompensatorischen Grund gewählt, weil die Statistiken zeigen, dass die Unterschiede der Studienergebnisse zwischen den Geschlechtern in Sprachfächern extra groß ist zum Nachteil von männlichen Schülern. Im nächsten Abschnitt wird dieses Thema weiter beschrieben.

2.6 Geschlechtsspezifische Unterschiede im Studienergebnisse und Lesen

Männliche Schüler haben über längere Zeit schlechtere Studienergebnisse gehabt als weibliche Schülerinnen und die Unterschiede werden immer größer.92 Diese Unterschiede sind in Sprachfächern am deutlichsten.93 Sie sind unabhängig von allen anderen Faktoren, wie das Ausbildungsniveau der Eltern, Wohnort oder ob die Lernenden in Schweden geboren sind oder nicht.94

Die Gründe für diese Unterschiede sind komplex und werden nicht ausgehend in dieser Arbeit analysiert, es kann aber festgehalten werden, dass weibliche

Jugendliche einen größeren Wortschatz und ein besseres sprachliches Vermögen als männliche Jugendliche haben.95 Zugleich gibt es eine starke Korrelation zwischen gutem Lesevermögen und allgemein guten Schulergebnissen.96

In Deutschland zeigt die Statistik deutlich, dass Jungen weniger als Mädchen lesen:

Mädchen lesen der Studie zufolge häufiger als Jungen: 42 Prozent der befragten Mädchen gaben an, täglich oder mehrmals in der Woche in einem gedruckten Buch zu lesen, bei Jungen lag der Anteil nur bei 28 Prozent. 20 Prozent der Jungen gab an, nie in einem Buch zu lesen, bei Mädchen waren dies nur zehn Prozent.97

92 Fredrik Zimmerman, Det tillåtande och det begränsande En studie om pojkars syn på studier och ungdomars normer kring maskulinitet, wissenschafliche Arbeit (Göteborg: Göteborgs Universitet, 2018), S. 23.

93 Ekström 2010, S. 83.

94 Zimmermann 2018, S. 23-24.

95 Ekström 2010, S. 83.

96 Ekström 2010, S. 83.

97 Statista GmbH, Lesehäufigkeit von Büchern bei Jugendlichen 2020, 2021,

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/29226/umfrage/lesehaeufigkeit-von-buechern-bei- jugendlichen/ [2021-11-24].

(22)

Die PISA Untersuchung im Jahr 2000 hat unter anderem gezeigt, dass Jungen bedeutend schlechtere Ergebnisse haben als Mädchen.98 Dies ist immer noch der Fall und die Situation in Deutschland und Schweden ist ähnlich.99 Skolverket schreibt in den Kommentaren zu der PISA Untersuchung im Jahr 2018: „[i]

läsförståelse presterar flickor signifikant bättre än pojkar i samtliga länder med en genomsnittlig skillnad i OECD på 30 poäng. I Sverige är skillnaden

34 poäng[…].“100

Die Forschung hat versucht, diese Resultate zu erklären. Christine Garbe vertritt die These, dass Lesen von den Kindern in der Schule als weiblich konnotiert gesehen wird, weil die Einführung in die Schriftlichkeit weitgehend durch Mütter und Grundschullehrerinnen stattfindet.101

Es ist aber nicht unbedingt gesagt, dass diese Schlussfolgerung auf schwedische Verhältnisse übertragen werden kann. Das System für Elterngeld in Schweden hat dazu geführt, dass auch Männer Zeit mit den Kindern verbringen. 2020 haben Väter ein Drittel der s.g. Elterntage ausgenutzt, was widerlegt, dass nur Mütter mit den Kindern zu Hause sind.102 Die Verhältnisse in der Grundschule sind in

Schweden und in Deutschland ähnlich mit überwiegend weiblichem Personal.103 Zimmerman schreibt aber auch zu diesem Thema, dass die meisten Studien zeigen, dass keine Korrelation zwischen dem Geschlecht der Lehrenden und der Leistung

98 Christina Garbe, Weshalb lesen Mädchen besser als Jungen? Genderaspekte der Leseförderung, Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Leselust statt PISAfrust“ der HSA Luzern am 13. Januar 2003, S. 1, http://docplayer.org/23983728-Weshalb-lesen-maedchen-besser-als-jungen-genderaspekte-der- lesefoerderung.html [2021-11-15].

99 Skolverket, Pisa 2018 15-åringars kunskaper i läsförståelse, matematik och naturvetenskap, 2019,

https://www.skolverket.se/download/18.75bdbbb116e7434ebf8595/1575624399449/pdf5347.pd f, [2021-11-29], S. 28.

100 Skolverket, Pisa 2018 15-åringars kunskaper i läsförståelse, matematik och naturvetenskap, S.28.

101 Garbe 2003, S. 19.

102 Ylva Larsson, ”Pappor tar ut tre av tio föräldradagar – långt till jämställdhet”, SVT:s nyheter 20/4 2020, https://www.svt.se/nyheter/ekonomi/pappor-tar-ut-tre-av-tio-foraldradagar-langt-till- jamstalldhet [2021-11-15].

103 79% der Grundschullehrer und 93% der Lehrer in der s.g. Vorschulklasse (förskoleklass) sind Frauen.

https://skr.se/skr/arbetsgivarekollektivavtal/personalochkompetensforsorjning/forskolaochskola /lararstatistik.28986.html [2021-11-15].

(23)

der Lernenden besteht.104 Die letzte schwedische Statistik zeigt auch, dass der Unterschied zwischen den Geschlechtern in Bezug auf das Lesen sinkt. Das Lesen unter den Jugendlichen in Schweden sinkt seit 2007 stetig. Die letzte Statistik von MUCF aus dem Jahr 2021 zeigt, dass 32% der weiblichen Jugendlichen jede Woche Bücher lesen, während die entsprechende Ziffer für männliche Jugendliche 29% ist.105 Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist zwischen 2015 und 2018 gesunken und ist nicht mehr statistisch sichergestellt.106

Mit diesen Fakten als Basis könnte dafür argumentiert werden, dass der Ansatz dieser Examensarbeit falsch oder unnötig ist, weil kein Unterschied mehr zwischen den Geschlechtern in Bezug auf Lesen besteht. Der Unterschied in den

Schulergebnissen besteht aber immer noch zwischen den Geschlechtern und auch die Korrelation zwischen Lesen und Schulergebnissen, deswegen kann immer noch dafür argumentiert werden, dass es interessant ist zu untersuchen, ob ein Buch ausgewählt werden kann, das männlichen Schülern extra gut passt.

Dazu schreibt Garbe, dass geschlechtsspezifische Leseförderung sehr wichtig ist.107 Zimmermann erwähnt auch einen wichtigen Punkt: Wenn die männlichen Schüler gefördert werden, profitieren auch die weiblichen davon, weil das Klima im Klassenzimmer ruhiger wird und alle besser lernen können.108 Als nächstes wird diskutiert, was die Forschung über die Auswahl der Literatur sagt.

2.7 Auswahl von Literatur für den DaF Unterricht

Um erfolgreich mit Literatur im DaF-Unterricht arbeiten zu können, muss zuerst das richtige Buch gefunden werden. Im Folgenden werden aus der Forschung und auch im Einklang mit dem schwedischen Lehrplan einige Kriterien für die

Auswahl eines Buches beschrieben und gleichzeitig diskutiert, ob Tschick eine mögliche Wahl ist.

104 Zimmerman 2018, S.28.

105 MUCF, 2021, S. 57.

106 MUCF, 2021, S. 57.

107 Garbe 2003, S.7.

108 Zimmerman 2018, S.15.

(24)

Vor den 60er Jahren gab es einen gültigen Kanon, Bücher, die einfach gelesen werden sollten.109 Heutzutage liegt diese Verantwortung eher auf den einzelnen Lehrenden, gleichzeitig ist die Didaktik von der Rezeptionsästhetik beeinflusst, was bedeutet, dass die Auswahlkriterien von Büchern von der Zielgruppe beeinflusst werden.110 Koppensteiner und Schwarz schreiben: „Für Lehrende besteht eine Art Zwang, Kriterien nicht aus privater, aus persönlicher

Voreingenommenheit aufzustellen, sondern sie immer in einen pädagogischen Kontext zu stellen.“111 Allgemein formuliert schreiben O`Sullivan und Rösler, dass ausgewählte Texte inhaltlich und sprachlich fordern und fördern, aber gleichzeitig nicht überfordern sollen.112

Sowohl Koppensteiner und Schwarz als auch O´Sullivan und Rösler schlagen eine Reihe von Kriterien vor, die bei der Auswahl von Literatur berücksichtigt werden können.113 Einige dieser Kriterien werden unten beschrieben und anhand von Tschick als Beispiel diskutiert.

2.7.1 Inhaltliche und altersgemäße Angemessenheit

Bredella in Koppensteiner und Schwarz argumentiert dafür, dass Jugendliche sich besonders für Texte interessieren, wo Helden Grenzen überwinden und auch für Protagonisten, die zur Identifikation geeignet sind.114 Wie kann „Grenzen

überwinden“ verstanden werden? In DWDS steht zu „überwinden“: „einen starken äußeren oder inneren Widerstand besiegen „.115 Ein Zitat aus Tschick kann

anschaulich machen, welche Widerstände der Held des Buches, Maik überwinden

109 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.51.

110 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.51.

111 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 52.

112 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 47.

113 Koppensteiner & Schwarz 2012, S. 52; O´Sullivan & Rösler 2013, S. 49.

114 Lothar Bredella & Eva Burwitz-Melzer, Rezeptionsästhetische Literaturdidaktik mit Beispielen aus dem Fremdsprachenunterricht Englisch (Tübingen: Narr, 2004), zit.in Koppenstein & Schwarz 2012, S. 52- 53.

115 Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, DWDS das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache,O.J., https://www.dwds.de/wb/%C3%BCberwinden [2021-11-10].

(25)

muss. Am Anfang des Buches denkt Maik darüber nach, warum er keinen Spitznahmen hat:

Wenn man keinen Spitznahmen hat, kann das zwei Gründe haben. Entweder man ist wahnsinnig langweilig und kriegt deshalb keinen, oder man hat keine Freunde.

[...] Es gibt auch noch eine dritte Möglichkeit. Es kann sein, dass man langweilig ist und keine Freunde hat. Und ich fürchte, das ist mein Problem.116

Maik ist am Anfang des Buches in der Schule unsichtbar und hat keine Freunde.

Tschick durchschaut, was Maik fehlt, er muss auffallen, und die beiden fahren mit Maiks Zeichnung für Tatjana zu Tatjanas Party. Maik gibt Tatjana die Zeichnung und die beiden Freunde gehen wieder zum Auto.

„Soll ich´s ihnen noch zeigen?“, fragte Tschick.

„Mach was du willst!“, schrie ich. Ich war so erleichtert.

Tschick raste auf das Ende der Sackgasse zu, riss das Steuer kurz nach rechts und nach links, zog an der Handbremse und machte mitten auf der Straße eine 180º- Drehung[...]Er beschleunigte am rotgeklinkerten Haus vorbei, und nur aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie da immer noch standen auf dem Bürgersteig. Die Zeit schien angehalten zu sein. Tatjana mit der Zeichnung in der Hand, André mit dem Mountainbike und Natalie, die gerade von hinten durch den Garten kam.

Der Lada schmierte mit sechzig um die nächste Kurve, und meine Fäuste hämmerten auf das Armaturenbrett.

„Gib Gas!“, rief ich.

„Mach ich doch.“

„Gib mehr Gas!“ rief ich und sah meinen Fäusten beim Hämmern zu.

Erleichterung ist gar kein Ausdruck.117

Jeder, der irgendwann eine schwächere Position in einer Gruppe gehabt hat, kann sich wahrscheinlich mit Maiks Gefühlen von Erleichterung und Revanche in diesem Zitat identifizieren.

116 Herrndorf 2010, S. 21.

117 Herrndorf 2010, S. 93-94.

(26)

Empirische Forschung hat gezeigt, dass geschlechtsspezifische Lektürepräferenzen vorhanden sind.118 Christine Garbe schreibt dazu,” Jungen bevorzugen Spannung und Aktionsreichtum: Abenteuer und Kampf, Herausforderung und Bewährung, Reise- und Heldengeschichten”.119 Tschick als moderner Heldenroman erfüllt diese Anforderungen gut. Garbe schreibt weiter, dass weibliche Jugendliche eher

flexibel sind und auch s.g. „Jungenbücher“ lesen.120 Männliche Jugendliche sind aber eher konservativ und wollen keine „Mädchenbücher” lesen.121 Die beiden Protagonisten in Tschick sind männlich und bieten deswegen gute

Identifikationsmöglichkeiten für männliche Schüler, aber der Forschung von Garbe folgend sollte das Buch auch für weibliche Jugendliche möglich sein können.

Koppensteiner und Schwarz betonen, dass die verwendeten Texte dem

Erfahrungshorizont und der Altersstufe der Lernenden angepasst sein sollen.122 Das Buch Tschick passt zu der Altersstufe der Lernenden in Tyska 3. Die Protagonisten sind zwar etwas jünger als die Lernenden, die Themen sind aber immer noch für die Zielgruppe relevant. Der Erfahrungshorizont des Buches müsste passend sein, da es sich um Themen handelt, die für junge Leute bekannt sind.

2.7.2 Sprachliche Angemessenheit

Koppensteiner und Schwarz betonen, dass die verwendeten Texte an das intellektuelle Niveau und die Vorkenntnisse der Lernenden angepasst sein sollen.123 Die Vorkenntnisse in Form von sprachlicher Angemessenheit sind hier das Fragezeichen. Die nötigen Vorkenntnisse, um das Buch ganz normal zu lesen,

118 Christine Garbe, ”„Echte Kerle lesen nicht!?“ - Was eine erfolgreiche Leseförderung für Jungen beachten muss. ”, in Handbuch Jungen-Pädagogik. Matzner, Michael; Tischner Wolfgang (Hg.), (Weinheim u. Basel: Beltz 2008), S.14

119 Garbe 2008, S. 314

120 Garbe 2008, S. 314

121 Garbe 2008, S. 314

122 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.53.

123 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.53.

(27)

sind, wie schon in der Einleitung diskutiert ist, für die gedachte Zielgruppe höchst wahrscheinlich nicht da.

Als Lösungen dazu gibt es viele Ansätze, zum Beispiel, dass die Lernenden sich Vorkenntnisse beschaffen durch das Hören oder Lesen in der Muttersprache und/oder mit der Hilfe von Film oder Theater. Wenn die Lernenden sich die Vorkenntnisse beschaffen haben, können sie gewisse Teile intensiv lesen. Das Lesen kann auch mit der Hilfe von Vokabellisten und/oder reziprokem Lesen124 vereinfacht werden. Diese Vorschläge zum praktischen Unterricht liegen aber außerhalb des Rahmens dieser Arbeit.

Wie schon erwähnt, schreiben O´Sullivan und Rösler, dass viele Forscher Dialoge als positiv sehen, um die Sprache zu vereinfachen.125 Weiter betonen sie, dass Alltagsvokabular und Authentizität oft als positive Begriffe gesehen werden, aber es muss aufgepasst werden, damit nicht übersehen wird, was gerade die Sprache interessant macht.126 Sie betonen auch, dass umgangssprachliche Ausdrücke ein Bestandteil der Kinder- und Jugendliteratur sind und dass viele Texte viel verlieren würden, wenn die Protagonisten diese Sprache nicht benutzen dürften.127 Tschick hat wie betont viel Dialog und auch relativ viel Umgangssprache, auch wenn diese Sprache nicht exakt der heutigen Jugendsprache entspricht, sondern eher

abgewogen ist.128 Im Interview mit der FAZ bekommt Herrndorf eine Frage nach der Verwendung von Umgangssprache und er erklärt, dass er gezielt vorsichtig damit umgegangen ist:Wenn man erst anfängt, mit Slang um sich zu schmeißen, wird man doch schon im nächsten Jahr ausgelacht“.129

124 Reziprokes Lesen baut auf der Methode des reziproken Lernens und ist eine Methode wo die Lernenden am Ende der Stunde feste Fragen diskutieren. Vgl. Sandra Håkansson, La lectura extensiva en la enseñanza de español como lengua extranjera, Doktorarbeit, (Lund: Lunds universitet, 2014), S.46.

125 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 50.

126 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 51.

127 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 51.

128 Universität Duisburg Essen: Wissenschaftliches Internetportal für Kindermedien und Jugendmedien, Herrndorf, Wolfgang: Tschick, 2014,

https://www.kinderundjugendmedien.de/index.php/literaturkritiken/1069-herrndorf-wolfgang- tschick [2021-11-10].

129 Passig FAZ 31/1 2011.

(28)

Zusammengefasst ist Tschick in authentischer Sprache mit viel Dialog geschrieben und müsste nach den Kriterien von O´Sullivan und Rösler passend sein können, obwohl einige Maßnahmen notwendig sein werden, damit die Lernenden in Tyska 3 vom Umfang des Buches nicht überfordert werden.

2.7.3 Erweiterung des Lebens- und Leseerfahrung

Auch wenn wir aus anderen Gründen lesen, können wir beim Lesen viel über das Leben lernen. Möglichkeiten zur Selbstreflexion sind auch frequent vorhanden, wenn der Leser sich mit dem Text in Verbindung setzen kann. Wenn Tschick oder Teile von Tschick gelesen und verstanden werden, müsste auch die Leseerfahrung erweitert werden. Den internen Prozessen, die in den Leser:Innen vorgehen und eventuell zu größerer Lebenserfahrung beitragen, müssten nach der

rezeptionsästhetischen Literaturdidaktik individuell unterschiedlich sein.

O´Sullivan und Rösler betonen zu diesem Kriterium, dass bei der Auswahl eines passenden Themas besonders die Möglichkeiten zu Identifikation wichtig ist und weisen darauf hin, dass hier auch ein Geschlechtsaspekt vorhanden ist.130

2.7.4 Möglichkeit zu interkulturellen Perspektiven

Dieses Kriterium von Koppenstein und Schwarz passt sehr gut mit den oben bereits genannten Anforderungen des schwedischen Lehrplans zusammen.

Teile der deutschen Gesellschaft, die in Tschick beschrieben werden, sind die Schule, die Polizei, Krankenpflege und die Jurisdiktion. Natürlich sind die Beschreibungen Teil einer fiktiven Geschichte und dürfen nicht als absolute Wahrheit verstanden werden, trotzdem wird ein Bild dieser Instanzen in der Gesellschaft gegeben. Die Lernenden, die Tschick lesen, können ein größeres Verständnis für unterschiedliche Lebensbedingungen in Deutschland bekommen.

Auch Gesellschaftsfragen werden im Buch berührt, wie z.B. Alkoholismus, Kriminalität und Armut.

130 O´Sullivan & Rösler 2013, S. 52.

(29)

2.7.5 Freude am Lesen

Wenn die oben genannten Kriterien erfüllt sind, sollte nach Koppensteiner und Schwarz das Lesen auch Spaß machen.131 Welches Buch Freude am Lesen bringt, müsste aber auch individuell sein. Wenn auf all die guten Rezensionen und Empfehlungen, die zu Tschick gehören, vertraut werden kann und die Lehrenden auch überzeugt und enthusiastisch sind, müssten auf jeden Fall gute Möglichkeiten für Leseinteresse da sein.

3 Schluss

3.1 Zusammenfassung

Die Arbeit mit Literatur kann relativ viele der Anforderungen des Lehrplans erfüllen. Tatsächlich können alle Anforderungen, die im Lehrplan für Tyska 3 unter „Inhalt der Kommunikation“ aufgezählt werden, durch die Arbeit mit Literatur und auch mit Tschick als Beispiel erfüllt werden. Wichtig zu betonen ist aber, dass der Vergleich mit eigenen Erfahrungen nicht für alle Themen als Gruppendiskussion geeignet ist.

Wie in dieser Arbeit beschrieben ist, besteht ein Unterschied in den

Schulergebnissen zwischen den Geschlechtern zum Nachteil von den männlichen Schülern. Deswegen kann es aus kompensatorischen Gründen interessant sein, mit einem Buch zu arbeiten, dass inhaltlich besonders männliche Schüler interessieren könnte.

Ein Kriterium bei der Auswahl von Literatur ist, dass die Literatur uns helfen soll, unsere Lebens- und Leseerfahrung zu erweitern. O´Sullivan und Rösler betonen zu diesem Kriterium, dass bei der Auswahl eines passenden Themas besonders die Möglichkeiten zu Identifikation wichtig sind und weisen darauf hin, dass hier auch ein Geschlechtsaspekt vorhanden ist. Wie die Argumentation in dieser Arbeit gezeigt hat, gibt Tschick gute Möglichkeiten zur Identifikation und es kann dafür

131 Koppensteiner & Schwarz 2012, S.56.

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argumentiert werden, dass der Roman besonders gut an die männlichen Schüler angepasst ist. Der Roman Tschick passt auch zur Altersstufe der Lernenden in Tyska 3 und der Erfahrungshorizont des Buches müsste passend sein, da es sich um Themen handelt, die für junge Leute bekannt sind.

Es bestehen Vor- und Nachteile mit Literatur in DaF Unterricht. Der in dieser Arbeit gefundene wichtigste potenzielle Nachteil ist der Einwand, dass Literatur sprachlich zu schwierig sein kann, was dazu führen kann, dass das Gegenteil von Leseinteresse entsteht. Zusammengefasst ist Tschick aber in authentischer Sprache mit viel Dialog geschrieben und müsste für die gedachte Zielgruppe passend sein können, obwohl einige Maßnahmen notwendig sein werden, damit die Lernenden vom Umfang des Buches nicht überfordert werden. Diese Maßnahmen sind aber in dem Rahmen dieser Arbeit nicht näher beschrieben.

Es bestehen viele Vorteile mit der Benutzung von Literatur in DaF Unterricht. Hier kann angeführt werden, dass die Literatur sprachlich wegen der Schönheit und Korrektheit der Sprache mehr zu bieten hat als was in Lehrbüchern oder

Fachtexten normalerweise gefunden werden kann. Wie oben erwähnt, gibt richtig ausgewählte Literatur, so wie Tschick, jungen Leuten die Möglichkeit zu

Identifikation und Engagement beim Lesen. Wenn das Buch wie in diesem Falle auch Spannung bietet, besteht die Möglichkeit, Leseinteresse zu wecken.

Diese Arbeit zeigt, dass der Einsatz von Tschick in Originalfassung beim DaF Unterricht in Tyska 3 viele Anforderungen des Lehrplanes erfüllen kann und aus kompensatorischen Gründen eine gute Wahl sein kann, um die männlichen Schüler zu fördern, was auch für die ganze Klasse positiv ist. Die Arbeit mit dem Roman hat auch gute Möglichkeiten, den Unterricht zu bereichern und zum Leseinteresse beizutragen.

3.2 Weitere Ideen

Für weitere Arbeiten wäre es interessant, auch eine Studieneinheit auszuarbeiten, um festzustellen, wie am besten mit Literatur in Originalfassung gearbeitet werden

(31)

kann. Es wäre aber auch sehr interessant gewesen, die Arbeit mit praktischen Untersuchungen zu ergänzen, die didaktischen Vorschläge wirklich praktisch durchzuführen und die Lernenden darüber zu befragen, ob das Niveau für sie angemessen war, ob es wirklich interessanter war als das Lehrbuch und natürlich auch zu messen, ob sich das Lesevermögen verbessert hat.

Bei der Auswahl von Unterrichtsmodellen ist es wichtig, Wege zu finden, die das Lesen für die Lernenden vereinfacht und unterstützt.

(32)

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Herrndorf, Wolfgang, Tschick: Roman, 88. Aufl. (Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2021) (Erstausgabe 2010).

Sekundärliteratur

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Bräuer, Christoph; Rabenstein, Kerstin & Strauß, Svenja.“ Wie findet

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Garbe, Christine, ”„Echte Kerle lesen nicht!?“ - Was eine erfolgreiche Leseförderung für Jungen beachten muss. ”, in Handbuch Jungen-Pädagogik.

(33)

Matzner, Michael; Tischner Wolfgang (Hg.), (Weinheim u. Basel: Beltz 2008), S.

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Referenzen

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