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Fallgeschichte: Ich bin doch gesund Frau Grüneberg erhält die Diagnose Brustkrebs

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Academic year: 2022

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Bildungsstätte Klinikum Arnsberg

Fallgeschichte: „Ich bin doch gesund – Frau Grüneberg erhält die Diagnose Brustkrebs“

Susanne Grüneberg ist 49 Jahre alt. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder, einen 15- jährigen Sohn, Felix, und eine 12-jährige Tochter, Annabell. Frau Grüneberg ist als kaufmännische Angestellte halbtags berufstätig. In ihrer Freizeit ist sie in der 5

Kirchengemeinde sehr aktiv und engagiert sich in der Elternpflegschaft an der Schule ihrer Kinder. Einmal in der Woche geht sie mit ihren Freundinnen walken. Ihr Mann, Matthias, arbeitet in einer Bank und soll in wenigen Wochen die Filialleitung übernehmen. Susanne Grüneberg hat ihren Mann bereits in der Schulzeit kennengelernt. Ihre Ehe und ihrer Familie zeichnet aus, dass sie immer versuchen 10

offen miteinander zu sprechen, und auch die schwierigen Lebensphasen zusammen meistern. Meistens geschieht dies während der Mahlzeiten, bei der alle von ihren Tageserlebnissen erzählen können. Susanne Grüneberg achtet dabei auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Seit einigen Monaten ist die 79-jährige Mutter von Frau Grüneberg auf Hilfe bei der Bewältigung des Haushalts angewiesen.

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Sie lebt in der Nähe in einer eigenen Wohnung.

Vor drei Wochen fühlte ich beim Abtasten meiner linken Brust einen Knoten. Zuerst erschrak ich und versuchte, mich wieder zu beruhigen, indem ich mir sagte, dass ich vielleicht nicht richtig getastet hatte. Dennoch blieb eine Unruhe in mir und ich rief umgehend meinen Frauenarzt an und vereinbarte einen Termin. Sofort schossen mir 20

Gedanken wie `Habe ich Krebs?` durch den Kopf und ich versuchte, bis zum Termin die Gedanken so gut es geht zu unterdrücken. Es wird schon alles gut sein.

Mein Frauenarzt tastete beide Brüste und die Lymphknoten in der Achselhöhle ab.

Danach machte er eine Ultraschall-Untersuchung der Brüste und teilte mir mit, dass eine Mammographie in einer radiologischen Praxis notwendig sei. In seinem Blick sah 25

ich, dass er beunruhigt war. Er erklärte mir, dass er die Ergebnisse abwarten wolle, bevor er einen Befund erhebt. Die Mammographie bestätigte einen tumorverdächtigen Befund. Die Ärzte erklärten mir, dass nun eine Biopsie, eine Untersuchung des Gewebes, stattfinden müsse, um die Diagnose zu sichern und die Art des Tumors zu bestimmen. Ich fühlte mich während des Gesprächs wie in Trance.

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Ich versuchte, genau zuzuhören, und alles zu verstehen, aber meine Gedanken überschlugen sich: Wie geht es nun weiter? Muss die Brust abgenommen werden?

Was wird Matthias sagen? Wie sollen wir das den Kindern erklären? Kann ich noch arbeiten? Ist es so schlimm, dass ich sterben werde? …

Mein Frauenarzt überwies mich an die Klinikambulanz des Brustzentrums. Matthias 35

begleitete mich. Den Kindern sagten wir erst einmal nichts. Wir wollten sie nicht unnötig belasten. Die Biopsie wurde unter örtlicher Betäubung durchgeführt, aber das war nicht schlimm. Viel schlimmer waren die drei Tage danach – warten auf das Ergebnis. Das waren mit die schrecklichsten Tage. Ich ging vormittags arbeiten, konnte mich aber nicht konzentrieren und war froh, als ich mittags nach Hause 40

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konnte. Doch auch hier war es unerträglich: Meine Kinder kamen vergnügt aus der Schule, und ich konnte ihrer Freude nur schwer teilen. Die Angst stieg immer wieder in mir hoch. Ich musste mich sehr zusammenreißen, um mir nicht anmerken zu lassen.

Als ich am dritten Tag zu meinem Frauenarzt ging, um mit ihm über das Ergebnis der Gewebsuntersuchung zu sprechen, hatte ich schon ein ungutes Gefühl. Die Worte 45

meines Frauenarztes klangen dann vernebelt, als er mir die niederschmetternde Diagnose mitteilte: Brustkrebs. Er erklärte mir, dass bei mir ein sogenanntes invasives duktales Mammakarzinom diagnostiziert wurde, also ein Tumor, der zu den häufigsten bösartigen Tumoren der Brust gehört. Ich war trotz des Verdachts völlig schockiert, dass es jetzt gewiss war. Ich habe Brustkrebs. Meine Gedanken überschlugen sich:

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Ich fühle mich doch gesund. Wie kann es sein, dass ich jetzt eine so schwere Krankheit haben soll? Muss ich operiert werden? Wird meine Brust abgenommen?

Wie sehe ich dann aus? Was wird Matthias sagen? Wi e weit ist der Krebs schon fortgeschritten? Wie sollen wir das den Kindern erklären? Was wird aus meiner Mutter, wenn ich durch die Erkrankung geschwächt bin? Bekomme ich Chemotherapie?

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Werde ich unter Nebenwirkungen leiden, wie unsere Nachbarin, die sich letztes Jahr einer Chemotherapie unterziehen musste? Werde ich starke Schmerzen haben? … Mein Frauenarzt erklärte mir, dass sich die Brustkrebs-Therapie nach dem Krankheitsstadium richtet und daher ein stationärer Aufenthalt im Brustzentrum notwendig sei, um weitere diagnostische Untersuchungen durchführen zu lassen. Wir 60

besprachen das weitere Vorgehen, und eine Woche später wurde ich stationär im Brustzentrum aufgenommen.

Unsere Kinder wurden nach der Schule von unseren Nachbarn versorgt, die Mittagessen kochten und dort auch die Hausaufgaben machten. Wir hatten ihnen schonend erklärt, warum ich ins Krankenhaus muss. Jeden Abend kamen sie mich mit 65

Matthias besuchen. Auch wenn Felix und Annabell versuchten, sich nichts anmerken zu lassen, ich spürte wie sehr sie mich zu Hause vermissten und wie viel Angst sie hatten.

Im Krankenhaus wurden jede Menge Untersuchungen gemacht, um das Krebsstadium zu bestimmen, wie z.B. eine Skelettszintigraphie, eine Röntgen-Thorax- 70

Untersuchung und eine Lebersonographie, um eine mögliche Metastasierung auszuschließen. Die Wartezeiten, bis das Ergebnis der Untersuchung vorlag, waren furchtbar. Die Erkenntnis Brustkrebs zu haben, ist schrecklich, aber noch nicht zu wissen, wie weit der Krebs fortgeschritten ist, ist schwer auszuhalten. Häufig habe ich die Wartezeit überbrückt, indem ich die Flure entlang oder im Park spazieren 75

gegangen bin. Dann endlich die gute Nachricht: Ich habe keine Metastasen, da der Tumor frühzeitig entdeckt wurde. Ich musste weinen – vor Erleichterung …

Im Anschluss an das Staging wird mit Frau Grüneberg das weitere therapeutische Vorgehen abgesprochen. Da es sich bei ihrem Tumor um ein Mammakarzinom der vorläufigen Klassifikation T2 N0 M0 handelt, gilt als wichtigster Therapieschritt die R0- 80

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Resektion. Da der Tumor noch relativ klein ist, kann eine brusterhaltende Therapie (BET) geplant werden. Obwohl die Lymphknoten klinisch unverdächtig erscheinen, wird eine Sentinel-Lymphadenektomie durchgeführt, um eine (Mikro-)Metastasierung der Lymphknoten sicher auszuschließen. Frau Grüneberg hat viele Fragen, insbesondere bezüglich ihrer Heilungschancen und der weiterführenden Therapie.

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Die Ärzte klären sie umfangreich auf und beantworten ihre Fragen. Frau Grüneberg darf noch einige Tage nach Hause, bevor die Operation ansteht. Sie fühlt sich nach wie vor völlig überrollt von der Diagnose und hat große Angst.

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Bildungsstätte Klinikum Arnsberg Felix Grüneberg:

„Seit Mama ins Krankenhaus musste, ist alles anders. Wir gehen nach der Schule zum 90

Mittagessen zu unseren Nachbarn und machen auch dort die Hausaufgaben.

Obwohl ich sie gerne mag, fehlt mir das gemeinsame Mittagessen mit meiner Mama.

Ich fühle mich fremd und irgendwie ohne richtiges Zuhause. Ich habe kaum Lust, nachmittags etwas zu unternehmen. Das Fußballtraining lasse ich momentan auch sausen, weil ich lieber ins Krankenhaus gehe. Papa kommt nachmittags nach Hause 95

und fragt zwar, was wir gemacht haben, aber wenn Annabell oder ich von der Schule erzählen, hört er gar nicht richtig zu. Er sagt, dass wir jetzt stark sein und Mama ganz viel unterstützen müssen. Dann kauft er Blumen, Früchte und Zeitschriften, die wir Mama mitbringen. Er versucht, sich um alles zu kümmern. Aber abends, wenn wir aus dem Krankenhaus kommen, sitzt er häufig noch bis in die Nacht im Wohnzimmer 100

und starrt aus dem Fenster. Wir fahren jeden Abend ins Krankenhaus, um Mama zu besuchen. Ich freue mich, weil sie so vermisse, aber dann ist es schrecklich, weil ich ihre Traurigkeit und Angst sehe. Sie versucht positiv zu sein, um uns nicht zu belasten, aber ich habe große Angst, dass der Krebs sich ausbreitet. Sie im Krankenhaus zurückzulassen, finde ich furchtbar.“

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Annabell Grüneberg:

„Meine Mama fehlt mir. Normalerweise weckt sie mich morgens und macht mir Frühstück bevor ich zur Schule gehe. Jetzt macht Papa das, aber er vergisst immer, was ich am liebsten esse. Und dann vergisst er auch manchmal, mir ein Brot für die 110

Schule mitzugeben. Mama hat das nie vergessen. Ich freue mich immer auf unseren Besuch bei Mama. Dann erzähle ich ihr, was wir in der Schule gemacht haben. Sonst konnte ich ihr das immer mittags sofort erzählen, wenn ich aus der Schule gekommen bin. Mama freut sich auch uns zu sehen, aber wenn ich frage, wann sie wieder nach Hause kommt, guckt sie traurig. Sie vermisst uns auch. Mittags essen wir 115

bei Karin, unserer Nachbarin. Danach muss ich dort Hausaufgaben machen, und Karin kontrolliert sie dann. Sie sagt, Papa ist nach der Arbeit bestimmt zu müde, um dann noch meine Hausaufgaben anzuschauen. Am liebsten möchte ich, dass Mama meine Hausaufgaben anguckt. Aber das geht ja nicht. Abends vermisse ich sie am meisten. Sie erzählt mir immer noch etwas vor dem Schlafen und fragt mich 120

was. Ich schlafe schlecht ein, wenn sie nicht da ist.“

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Bildungsstätte Klinikum Arnsberg Matthias Grüneberg:

„Seit der Diagnose ist unser Leben auf den Kopf gestellt. Susanne ist jetzt in der Klinik und wartet auf die OP. Ich habe das alles noch gar nicht realisiert. Es erscheint mir so unwirklich, dass Susanne Brustkrebs haben soll. Sie ist ganz tapfer und versucht, so gut es geht, mit der Situation umzugehen. Mir fällt das schwer. Bei der Arbeit kann ich 130

mich kaum konzentrieren. Und das jetzt, wo mein Wechsel in die Filialleitung ansteht.

Ich habe Angst, dass ich momentan meine Arbeit nicht so gut mache und dadurch möglicherweise die Beförderung verliere. Außerdem merke ich, wie sehr sich Susanne immer um die Kinder gekümmert hat. Sie vermissen sie, und ich kann ihnen nicht alles geben, was Susanne ihnen gegeben hat. Wenn ich nachmittags nach Hause 135

komme, wollen Felix und Annabell mehr denn je meine Aufmerksamkeit. Es fällt mir schwer, auch immer an alles zu denken, z.B. wer wann Schule hat, wer nachmittags welche Verpflichtungen hat und wann Elternabend ansteht. Ich bin schon froh, dass Karin, unsere Nachbarin, sich mittags um die Kinder kümmert und mich unterstützt.

Das würde ich alles alleine gar nicht schaffen. Abends, wenn die Kinder im Bett sind, 140

sitze ich noch lange im Wohnzimmer. Ich kann ganz schlecht schlafen und komme auch nicht zur Ruhe. Ich mache mir Sorgen um Susanne. Was, wenn die Diagnose schlechter ist, als wir bisher annehmen. Und wenn der Tumor jetzt entfernt ist, kommt er wieder? Wie geht Susanne damit um, dass sie jetzt an der Brust operiert wurde?

Wie wird sie nach der OP aussehen? Mir fällt es schwer, mit Susanne darüber zu 145

sprechen. Meist sind im Krankenhaus ja die Kinder dabei, aber wenn wir abends spät noch telefonieren, habe ich Angst ihr Fragen zu stellen. Sie braucht ja jetzt Kraft und soll sich keine Sorgen um mich oder um uns machen.“

Maria Kleinschmidt (Susanne Grünebergs Mutter):

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„Dass meine Tochter eine so schlimme Krankheit hat, ist schrecklich. Sie hat doch immer gesund gelebt, sich bewegt und ausgewogen gegessen – das ist für mich schwer zu verstehen. Aber am meisten Sorgen macht mir die Zukunft. Susanne ist doch noch so jung und hat Familie … Die brauchen sie. Auch für mich ist es schwer, wie soll ich hier ohne Susanne zurechtkommen? Sie hat mich immer unterstützt und 155

mir beim Haushalt und beim Einkaufen geholfen. Jetzt braucht Susanne meine Hilfe, aber das schaffe ich nicht. Ich kann mich noch nicht einmal um meine Enkel kümmern oder Matthias den Haushalt abnehmen. Das macht mich traurig.“

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