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Florian Junne Jana Denkinger Jan Ilhan Kizilhan Stephan Zipfel (Hrsg.) Aus der Gewalt des»islamischen Staates«nach Baden-Württemberg

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Florian Junne | Jana Denkinger | Jan Ilhan Kizilhan | Stephan Zipfel (Hrsg.) Aus der Gewalt des »Islamischen Staates«

nach Baden-Württemberg

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Florian Junne | Jana Denkinger |

Jan Ilhan Kizilhan | Stephan Zipfel (Hrsg.)

Aus der Gewalt des

»Islamischen Staates«

nach Baden-Württemberg

Evaluation des Sonderkontingents für

besonders schutzbedürftige Frauen und Kinder

aus dem Nordirak

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Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.

Dieses Buch ist erhältlich als:

ISBN 978-3-7799-6154-3 Print ISBN 978-3-7799-5455-2 E-Book (PDF) 1. Auflage 2019

© 2019 Beltz Juventa

in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel Werderstraße 10, 69469 Weinheim Alle Rechte vorbehalten

Herstellung: Hannelore Molitor Satz: text plus form, Dresden

Lektorat: Ruth Becker, Dr. Tanja Seifried-Dübon

Druck und Bindung: Beltz Grafische Betriebe, Bad Langensalza Printed in Germany

Weitere Informationen zu unseren Autoren_innen und Titeln finden Sie unter: www.beltz.de

(6)

Inhalt

Geleitwort des Zentralrats der Êzîden 13

Foreword by the UN Under-Secretary-General 14 Rede von Nadia Murad im Landtag Baden-Württemberg 16

Vorwort der Herausgeber 20

Teil I: Historischer Hintergrund und Planung

1 Ezidische Geschichte, erzählt und geschrieben 22 Katharina Brizić und Şefik Tagay

1.1 Eziden im Osmanischen Reich 22

1.2 Eziden in den postkolonialen Nationalstaaten 24

1.3 Eziden in Deutschland 25

1.4 Ausklang und Ausblick 25

2 Der Genozid an den Eziden durch den IS 2014 30 Jan Jessen

3 Politische Rahmenbedingungen, Chronologie und Planung

des Sonderkontingents 43

Aaron Kunze, Hes Sedik und Ruth Becker

3.1 Planung des Sonderkontingents 44

3.2 Personelle Voraussetzungen 46

3.3 Finanzierung der Maßnahmen 47

3.4 Kommunikation mit der Öffentlichkeit 48 3.5 Interview mit Projektleiter Dr. Michael Blume.

„Herr Blume, würden Sie es denn machen ?“ 49

Teil II: Organisation und Durchführung des Sonderkontingents

4 Organisatorische Rahmenbedingungen 62

Aaron Kunze

4.1 Rechtsgrundlagen 62

4.2 Kooperationspartner im Nordirak 65

(7)

5 Auswahl der Frauen im Nordirak und Überführung

nach Deutschland 70

Aaron Kunze, Hes Sedik und Jana Katharina Denkinger

5.1 Auswahlverfahren 71

5.2 Kohortenbeschreibung 72

5.3 Visa-Erfassung 73

5.4 Transfer nach Baden-Württemberg 77

5.5 Interview mit Traumatologe Jan Kizilhan.

„Wir hatten keine Blaupausen, lediglich bekamen

wir den Auftrag: Schauen Sie, ob das möglich ist“ 82 5.6 Interview mit Dolmetscherin Hiser Sedik.

„Meine Fühler für kulturelle und politische Themen

sind jetzt ganz weit ausgestreckt.“ 93

6 Unterbringung und Betreuung der Frauen und Kinder

in den Kommunen 98

Aaron Kunze, Hes Sedik und Martha Engelhardt

6.1 Unterbringung 98

6.2 Betreuung 101

6.3 Interview mit Sozialarbeiterin Miriam Seiter.

„Der Anfang war sehr arbeitsintensiv, turbulent

und anstrengend.“ 103

7 Psychosoziale und psychotherapeutische Versorgung

der Frauen und Kinder 113

Petra Windthorst und Jennifer Hillebrecht

7.1 Einleitung 113

7.2 Psychosoziale Belastungen einer Hochrisikogruppe 114 7.3 Stepped-Care-Ansatz zur psychologischen Versorgung

der Ezidinnen in Freiburg 115

7.4 Beispiel für ein spezialisiertes gruppenpsychotherapeutisches Setting zur Versorgung der Frauen am Standort Tübingen 119 7.5 Interview mit Sozialpädagogin Simone Buck.

„Die Begeisterungsfähigkeit war und ist eine

enorme Ressource“ 125

7.6 Interview mit Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Michael Günter. „Das gesellschaftliche

Schweigen ist eine weitere schwere Traumatisierung“ 132

7.7 Fazit für die Praxis 141

(8)

8 „Ezidische Jungs in Baden-Württemberg“ –

ein Projekt für männliche Jugendliche 145

Tilman Weinig und Leila Younis

8.1 Die „Jungs“ im Projekt 145

8.2 Die Bezugspersonen 146

8.3 Methode und Durchführung 147

8.4 Herausforderungen und Perspektive 148

9 „1 000 Stimmen für Jesiden“ 151

Bettina Schröm

9.1 Die Ausstellung an der Hochschule Konstanz 151 9.2 Interview mit der Leiterin des Kunstprojekts

Prof. Dr. Judith M. Grieshaber. „Gestalten zu wollen

ist ein Urbedürfnis“ 156

10 „Speaking out“ – Sprechen über die Verbrechen 162 Martha Engelhardt

10.1 Interview mit der Überlebenden Salwa Rasho.

„Um weiter zu leben, musste ich akzeptieren,

was passiert ist. Ich wollte einfach leben !“ 162 10.2 Rede von Salwa Rasho vor dem britischen Parlament

am 15. März 2016 171

10.3 Interview mit AMICA-Workshopleiterin Catherina Klop.

„Es gibt keine langfristige, nachhaltige psychosoziale

Prozessbegleitung.“ 175

Teil III: Wissenschaftliche Evaluation des Sonderkontingents

11 Beschreibung des Evaluationsvorgehens 184 Jana Katharina Denkinger, Martha Engelhardt,

Stephan Zipfel und Florian Junne

11.1 Die Perspektive der aufgenommenen Frauen 185 11.2 Die Perspektive der aufgenommenen Kinder 186 11.3 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen 186

11.4 Die Evaluationsstudien 188

12 Der 74. Genozid und die Traumata der Eziden 191 Jana Katharina Denkinger, Caroline Rometsch-Ogioun El Sount,

Martha Engelhardt, Niamh Gibbons, Phuong Pham und Florian Junne

12.1 Einleitung 191

12.2 Methoden 193

(9)

12.3 Ergebnisse 197

12.4 Diskussion 206

13 Die psychische Belastung der Frauen im Sonderkontingent 211 Jana Katharina Denkinger, Caroline Rometsch-Ogioun El Sount,

Martha Engelhardt, Niamh Gibbons, Phuong Pham, Jan Kizilhan, Stephan Zipfel und Florian Junne

13.1 Einleitung 211

13.2 Methoden 212

13.3 Ergebnisse 214

13.4 Diskussion 218

14 Schmerzen und andere körperliche Beschwerden

der Frauen im Sonderkontingent und ihre Krankheitsmodelle 224 Caroline Rometsch-Ogioun El Sount, Jana Katharina Denkinger,

Lisa Mauel, Martha Engelhardt, Stephan Zipfel und Florian Junne

14.1 Einleitung 224

14.2 Methoden 225

14.3 Ergebnisse 227

14.4 Diskussion 230

15 Traumatische Belastungen und Ressourcen bei Kindern

und Jugendlichen im Sonderkontingent 236

Johanna Graf, Sarah Maria Birkle, Christiane Ganter-Argast, Lisa Mauel, Tobias Renner, Stephan Zipfel und Florian Junne

15.1 Traumafolgestörungen bei Kindern und Jugendlichen 236 15.2 Projekt mit Kindern und Jugendlichen

aus dem Sonderkontingent 239

15.3 Exemplarische Darstellung der Ergebnisse 241

15.4 Vier Fallbeispiele mit Bildern 242

16 Bedarfe, Akzeptanz und Hürden des Versorgungssystems

im Sonderkontingent 249

Martha Engelhardt, Jana Katharina Denkinger, Petra Windthorst, Caroline Rometsch-Ogioun El Sount und Florian Junne

16.1 Einleitung 249

16.2 Versorgung aus Sicht der Mitarbeiterinnen 251 16.3 Versorgung aus Sicht der aufgenommenen Frauen 260

Jana Katharina Denkinger, Martha Engelhardt, Petra Windthorst und Florian Junne

16.4 Diskussion 267

16.5 Fazit und Empfehlungen 271

(10)

17 Zwischen Trauma und Resilienz: Bewältigungsstrategien

der Frauen im Sonderkontingent 276

Jana Katharina Denkinger, Martha Engelhardt, Caroline

Rometsch-Ogioun El Sount, Tanja Seifried-Dübon und Florian Junne

17.1 Einleitung 276

17.2 Methoden 278

17.3 Ergebnisse 280

17.4 Diskussion 289

18 Anforderungen, Kompetenzbereiche und Fortbildungsbedarfe

der Mitarbeiterinnen im Sonderkontingent 297 Martha Engelhardt, Annette Binder, Jana Katharina Denkinger,

Stephan Zipfel und Florian Junne

18.1 Einleitung 297

18.2 Methoden 302

18.3 Quantitative Ergebnisse 304

18.4 Qualitative Ergebnisse 305

18.5 Diskussion 308

19 Die triadische Beziehung in der dolmetschergestützten

Psychotherapie 314

Jennifer Hillebrecht, Leonie Roth, Almut Helmes und Jürgen Bengel 19.1 Der Dolmetschereinsatz in der Psychotherapie 314

19.2 Methoden 317

19.3 Die Therapiebeziehung in der Triade 319

19.4 Diskussion 324

20 Auswirkungen der Arbeit im Sonderkontingent

auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiterinnen 328 20.1 Belastungen und Sekundärtraumatisierung

der Leistungserbringerinnen im Sonderkontingent 329 Jana Katharina Denkinger, Martha Engelhardt,

Petra Windthorst, Stephan Zipfel und Florian Junne 20.2 Auswirkungen der Arbeit in der Flüchtlingsversorgung

auf die professionelle Lebensqualität von professionellen Helferinnen – ein Vergleich mit der allgemeinen

Flüchtlingsversorgung 346 Jennifer Hillebrecht

(11)

21 Hilfreiche Ressourcen und Supervisionsbedarf

der Mitarbeiterinnen im Sonderkontingent 360 Martha Engelhardt, Jana Katharina Denkinger, Annette Binder,

Stephan Zipfel, Tanja Seifried-Dübon und Florian Junne

21.1 Einleitung 360

21.2 Methoden 362

21.3 Quantitative Ergebnisse 364

21.4 Qualitative Ergebnisse 368

21.5 Diskussion 370

22 Bewertung des Sonderkontingents: Die Sichtweisen

der aufgenommenen Frauen 375

Neele Alberts, Florian Junne, Martha Engelhardt, Stephan Zipfel und Jana Katharina Denkinger

22.1 Einleitung 375

22.2 Methoden 376

22.3 Ergebnisse 376

22.4 Diskussion 381

23 Zusammenfassung und Empfehlungen 384

Martha Engelhardt, Jana Katharina Denkinger, Stephan Zipfel und Florian Junne

Teil IV: Ausblick und Perspektiven

24 Gründung des Instituts für Psychotherapie

und Psychotraumatologie in Duhok 394

Jan Kizilhan, Martin Hautzinger, Claudia Klett und Sebastian Wolf

24.1 Einführung 394

24.2 Psychische Gesundheit in der irakischen Bevölkerung 395 24.3 Die Bedeutung transgenerationaler Traumata im Irak 396

24.4 Sexualisierte Gewalt 396

24.5 Psychotherapeutische/psychiatrische Versorgung im Irak 397 24.6 Gründung eines Instituts für Psychotherapie

und Psychotraumatologie im Irak 398

24.7 Traumanetzwerk 399

24.8 Psychotherapeutische Perspektive für die Versorgung

im Irak 400

24.9 Politische Perspektive 401

24.10 Schlussbetrachtung 401

(12)

25 Interview mit der Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal. „Die Eziden haben das Gefühl, von der Weltgemeinschaft im Stich gelassen worden zu sein, wohlwissend, dass mittlerweile die Welt weiß, was den

Eziden passiert ist.“ 404

Teil V: Zusammenfassung (in deutscher und englischer Sprache) Zusammenfassung: Beschreibung und Evaluation

des Sonderkontingents 410

Florian Junne, Jana Katharina Denkinger, Martha Engelhardt und Stephan Zipfel

Historischer Hintergrund und Planung 410

Organisation und Durchführung des Sonderkontingents 411 Wissenschaftliche Evaluation des Sonderkontingents 414

Ein Pilotprojekt mit Modellwirkung 421

Executive Summary: Implementation and Evaluation

of the Special Quota Project 422

Florian Junne, Jana Katharina Denkinger, Martha Engelhardt und Stephan Zipfel

Historical Background and Planning 422

Organization and Implementation of the Special Quota Project 423 Scientific Evaluation of the Special Quota Project 426 A Pilot Project That Might Serve as a Model 432

Herausgeber- und Autorenschaft 434

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(14)

Geleitwort des Zentralrats der Êzîden

Auch wenn die êzîdische Geschichtsschreibung 74 Genozide zählt, stellt das Jahr 2014 eine Zäsur in der Geschichte der Êzîden dar. Durch den Genozid 2014 fand eine Traumatisierung der gesamten êzîdischen Gesellschaft statt – nicht nur bei den Êzîdinnen und Êzîden im ursprünglichen Siedlungsgebiet, sondern auch bei den Êzîdinnen und Êzîden in der Diaspora. Auch wenn die gesamte Gesellschaft traumatisiert war, so gab es doch – oder gerade deswegen – einen gemeinsamen Willen zum Widerstand. Während der Widerstand vor Ort organisiert wurde, ruhten auch die Êzîdinnen und Êzîden in der Diaspora nicht, sondern organisier- ten – in dem ihnen möglichen Rahmen – Hilfe.

Dies bedeutete in der Bundesrepublik Deutschland: Mit Politikern und zivil- gesellschaftlichen Akteuren den Kontakt zu suchen und mit ihnen gemeinsam die Möglichkeiten des Eingriffs und der Hilfe zu erörtern und zu beratschlagen;

aber vor allem die Situation, der sich die Êzîdinnen und Êzîden in der Region Shingal ausgesetzt sahen, publik zu machen und in der bundesdeutschen Öffent- lichkeit zu thematisieren. Im Land Baden-Württemberg und seiner Landesregie- rung fanden wir Partner, denen das Leid, das Êzîdinnen und Êzîden seitens des

„Islamischen Staats“ zugefügt wurde, nahe ging und die bereit waren diesen – im Rahmen eines Sonderkontingents – Hilfestellung zukommen zu lassen. Dafür sind wir dem Land Baden-Württemberg zu Dank verpflichtet.

Auch wenn es gilt, den Blick nach vorne zu richten, darf dieser Schrecken nie in Vergessenheit geraten. Denn den Blick nach vorne zu richten bedeutet auch:

Verhältnisse zu schaffen, in denen solch eine Barbarei, solche Verbrechen nie wieder möglich sind. Deswegen gilt es, auch den Opfern dieser Barbarei, dieser Verbrechen zu gedenken. In Deutschland wird nicht umsonst der Erinnerungs- kultur eine außerordentliche Bedeutung beigemessen, denn nirgendwo auf der Welt wurden so mithilfe der Erinnerungskultur die schrecklichen Geschehnisse im Ersten und Zweiten Weltkrieg aufgearbeitet. Man kann die Geschichte nicht zurückdrehen, aber durch die Aufarbeitung in verschiedenen Bereichen das Leid der Betroffenen für alle Akteure zugänglicher machen.

Dieses Buch wird hoffentlich dazu beitragen, dass diese Verbrechen niemals vergessen werden, dass das Gedenken an die Opfer nicht erlischt und dass als Konsequenz daraus sich solch eine Barbarei hoffentlich nie wieder zutragen wird.

Wir danken jedenfalls den Initiatoren und Autoren dieses Bandes, dass sie die Erinnerung wachhalten und wünschen dem Band ein größtmögliches Interesse in der bundesdeutschen Gesellschaft.

Dr. Irfan Ortaç

Vorsitzender des Zentralrats der Êzîden in Deutschland (ZÊD)

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Foreword by the UN Under-Secretary-General

In 2014, the world looked on with horror when the so-called Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL) launched its blitz offensive across northern Iraq striking into the heartland of religious and ethnic communities that had lived in that re- gion for centuries. What was so terrifying was both the level of brutality that ISIL used against those individuals and groups with different religious and political beliefs and the widespread and systematic nature of ISIL’s crimes. The Yazidi community uniquely suffered – Yazidi men and older women were executed, younger women and girls were sold into sexual slavery and raped by multiple perpetrators, and young boys were abducted and conscripted into ISIL forces.

The crimes that ISIL committed against the Yazidis, as well as other religious and ethnic groups such as the Turkmen Shi’a, Christians and Shabak, shocked the conscience of humanity. When confronted with the specter of ISIL’s ongoing acts of terror, war crimes, crimes against humanity and potentially genocide, the question arose: what could the international community do to assist the victims ? In the case of the State of Baden-Wurttemberg, Germany, the answer was to act.

Using a progressive interpretation of the law of the State of Baden-Wurttem- berg and German federal law, government officials such as Dr. Michael Blume, who headed the Special Quota Project, were able to evacuate 1,100 Yazidi women and children from Iraq to Germany. Individuals who were evacuated were as- sessed based on the type of trauma they suffered under ISIL, and whether they could benefit from treatment and adapt to life in Germany. These women and children, many of whom were subjected to horrific sexual crimes, were provided access to medical, psychosocial, housing and livelihood support and were hosted by communities within the State of Baden-Wurttemberg and elsewhere in Ger- many. Unlike with traditional refugee asylum programmes, the women and chil- dren were guaranteed the right to return to Iraq if they chose, so that ISIL did not triumph in its objective to extirpate or exterminate minority groups from the country.

As the Special Representative of the United Nations Secretary-General on Sexual Violence in Conflict, I have had the opportunity to meet not only the Government officials who conceived and implemented the Special Quota Project with remarkable speed and compassion, but also the women and children who have benefited from the programme. I saw first-hand how these women and their children were able not only to survive but thrive in their new surroundings – many of whom suffered the most horrific sexual crimes imaginable.

Also, the women who participated in the programme went through another transformation – they became political advocates for their communities, de- manded the location of missing family members and sought justice for the crimes

(16)

committed against them both as individuals and as a group. It was not a surprise to me that 2018 Nobel Peace Prize winner, Ms. Nadia Murad, was a beneficiary of the programme; nor does it surprise me how countless other Yazidi women who benefited from the Special Quota Project, have also become champions for those in their community whose voices could not be heard. Indeed, since Germany’s federal law permits the use of universal jurisdiction for war crimes, crimes against humanity and genocide, many of these Yazidi women have made themselves available to authorities to seek justice against their perpetrators and contribute to international security more broadly by ensuring that members of ISIL face the justice they rightly deserve.

Over the past several years, there has been a significant debate over global migration, as well as its costs and consequences. The Special Quota Project of Baden-Wurttemberg is an example in the context of that global debate on how victims of sexual violence in conflict and other victims of the world’s most se- rious international crimes can be addressed in a targeted way. Other countries have noticed and followed the example of the State of Baden-Wurttemberg. The Governments of Canada and Australia have implemented similar programmes for vulnerable persons in northern Iraq. And this model could potentially be extended to other victims of rape in war as well as other atrocities. The State of Baden-Wurttemberg and its citizens have provided 1,100 individuals with a chance to rebuild their lives and preserve their culture with positive ramifications for decades to come.

This book will be an introduction to a broader audience about the Special Quota Project and I hope it will also be a contribution to the global debate on migration especially in the aftermath of conflicts where rape has been used as a tactic of war and terror on a massive scale. I welcome this book as an addition to that discussion and as a positive example of how women and children were given a chance to rebuild their lives. In the future, we may see many more books, arti- cles and debates about the horrendous crimes committed by ISIL and the tactics used to defeat them on the battlefield, from a broad range of persons seeking to leave their mark on an issue of global importance as part of their legacy. However, we should remember that for many women and children who survived ISIL’s atrocities, a small programme at State level in southwest Germany has had one of the most significant impacts on their lives and indeed the history of their entire people.

Ms. Pramila Patten

United Nations Under-Secretary-General and Special Representative of the United Nations Secretary General on Sexual Violence in Conflict

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Rede von Nadia Murad im Landtag Baden-Württemberg

Nadia Murad ist Überlebende des Genozids an den Eziden und Teilnehmerin des Sonderkontingents des Landes Baden-Württemberg für besonders schutz- bedürftige Frauen und Kinder aus dem Nordirak. Als UN-Sonderbotschafterin für die Würde der Opfer von Menschenhandel kämpft die heute 26-Jährige für die Rechte der Eziden und erhielt für ihr Engagement 2018 den Friedensnobel- preis. Am 01. 12. 2016 sprach Nadia Murad vor dem baden-württembergi- schen Landtag.

Im Sommer vor zwei Jahren war ich noch ein Mädchen voller Träume. Ich hatte eine große Familie und viele Freunde in Kocho – jenem Dorf, das heute nicht mehr existiert. Wie andere Mädchen meines Alters freute ich mich auf die Zu- kunft, lernte mit Neugier in der Schule, schätzte schöne Kleider, lachte viel und hatte die Hoffnung auf ein gutes Leben.

Daesh, die Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates, haben mein Dorf, meine Familie und auch meine Träume zerstört. Die Terroristen haben unsere Familien auseinandergerissen, viele ermordet – vor allem die Männer – und uns Frauen und Kinder behandelt, als wären wir keine Menschen, als hätten wir kei- nen Wert.

Sie haben das alleine aus dem Grund gemacht, weil wir Eziden in ihren Augen

„Ungläubige“ sind. Sie wollten uns vernichten. Sie verübten einen Völkermord.

Manchmal habe ich gedacht, dass sie auch mich zerstört haben. Und manchmal habe ich Gott gefragt, warum Er mich nicht auch sterben ließ wie meine Mutter und meine Brüder.

Doch heute stehe ich hier und spreche zu Ihnen als Frau, die Daesh nicht zer- stören konnte, die überlebt hat. Und ich bin nicht alleine: Es gibt viele von uns, und Lamiya Bashar und Farida Khalaf sind heute auch hier zu Gast. Wir sagen:

Nicht wir haben unsere Ehre verloren, sondern nur Daesh und deren Freunde haben ihre Ehre verloren. Und wir beten täglich, dass noch mehr von uns aus den schmutzigen Händen der Terroristen befreit werden können.

Wir glauben, dass wir auch deswegen überlebt haben, um der Welt von den Verbrechen von Daesh zu berichten, um die Welt um Hilfe zu bitten, und um dafür einzutreten, dass die Täter vor internationale Gerichte gestellt werden. Nie- mand soll sagen können, er habe von diesen Verbrechen nichts gewusst !

Dabei geht es um Gerechtigkeit, nicht um Rache. Und es geht uns darum, dass

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wir Jugendliche auch in Europa davor bewahren, sich dieser Ideologie des Hasses anzuschließen. Denn wenn die Welt es den Terroristen erlauben würde, sich nur die Bärte abzurasieren und so zu tun, als ob nichts geschehen wäre – dann wird der Terror nicht enden. Dann wird der Genozid verdrängt und vergessen, dann wird es weitere Gruppen wie Daesh geben. Und sie werden weitere Völker wie das der Eziden auslöschen – ganz gleich ob jetzt oder später.

Bitte verstehen Sie daher, dass wir nicht schweigen werden, nicht schweigen können, bis diese Ideologie des Hasses restlos überwunden ist ! Daher danke ich allen, die sich mit uns dafür einsetzen, dass die Terroristen vor ein internationales Gericht gestellt werden; namentlich unserer Freundin und Anwältin Amal Cloo- ney und ihrem Team sowie Luis Ocampo und vielen weiteren Freunden.

Und ich danke besonders Ihnen, dem Land Baden-Württemberg. Denn wir haben in der Gefangenschaft von Daesh gefürchtet, dass die Welt uns vergessen hat und nicht unterstützen wird. Dabei waren die Verbrechen dieser Terroristen der Welt bekannt, Daesh hat sich sogar mit ihnen gebrüstet !

Sie, sehr geehrter Ministerpräsident Kretschmann, haben gemeinsam mit Ih- rem Minister Klaus-Peter Murawski das Flehen des Zentralrates der Eziden in Deutschland gehört. Baden-Württemberg hat und braucht keine eigene Armee.

Doch Sie haben den Vorschlag gemacht, dass Ihr Land bis zu 1 000 Frauen und Kinder aus Kurdistan-Irak holen kann, die in den Händen von Daesh gewesen sind und alles verloren haben.

Sie haben mit diesem Vorschlag nicht nur unser Leben gerettet, sondern auch unsere Stimmen. Hätten Sie uns nicht die Sicherheit und Unterstützung gegeben;

wie hätten wir sprechen können ? Und wer hätte uns gehört ? Dass ich zu den Vereinten Nationen, zu Ihrer Bundeskanzlerin und heute auch zu Ihnen sprechen kann, wäre ohne dieses Sonderkontingent nicht möglich gewesen. Ich habe dies bisher in allen Ländern berichtet und werde es weiterhin tun – Ihre Landesregie- rung ist die erste weltweit, die solch ein humanitäres Projekt durchgeführt hat.

Bitte nehmen Sie den Dank aller Geretteten dafür an.

Baden-Württemberg ist erfreulicherweise eine Demokratie, keine Diktatur.

Ich weiß: Dass das Sonderkontingent Wirklichkeit werden konnte, liegt an allen Mitgliedern der Regierung und an Ihnen, den Abgeordneten dieses Parlaments.

Ich habe erfahren, dass Vertreter aller Parteien dieses Parlaments im Jahr 2014 diesem „Sonderkontingent für schutzbedürftige Frauen und Kinder aus dem Nordirak“ zugestimmt haben. Sie alle haben sich für die Menschlichkeit entschieden. Auch die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg, die uns aufgenommen haben, haben dies freiwillig getan. Ich möchte allen Mitarbeitern und vor allem den Sozialarbeiterinnen, Dolmetscherinnen und Ehrenamtlichen für ihre wertvolle Arbeit und Unterstützung danken.

Und erlauben Sie mir auch, besonders die Menschen anzusprechen, die ihr eigenes Leben eingesetzt haben, um uns zu retten und in Sicherheit zu bringen:

das Team des Sonderkontingentes unter Leitung von Dr. Michael Blume. Heute

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anwesend sind aus seinem Team Professor Ilhan Kizilhan, Hes Sedik, Mirza Din- nayi und Simone Helmschrott. Sie und einige andere haben dem Land Baden- Württemberg große Ehre gemacht; und sie haben uns Hoffnung gegeben. Sie alle haben uns gezeigt, dass die Welt uns nicht vergessen hat, dass wir doch noch eine Zukunft haben werden und dass das Unrecht am Ende nicht siegen wird.

Im Namen aller Opfer des Terrors und aller 1 100 Frauen und Kinder, die Sie in Sicherheit gebracht haben, danke ich Ihnen aus tiefstem Herzen !

Für Deutschland mag es dabei Alltag sein, dass Frauen und Männer, Christen, Eziden, Muslime und auch Menschen ohne Religion zusammenarbeiten. Doch die ehrenwerten Botschafter des Irak und der Region Kurdistan-Irak werden Ih- nen bestätigen, dass dies leider alles andere als selbstverständlich ist.

Terroristen und Verräter haben es an vielen Orten geschafft, das Vertrauen zwischen den Religionen und Völkern so zu zerstören, dass die Gewalt kein Ende nimmt. Und sie werden nicht damit aufhören, sondern weiterhin versuchen, Angst, Hass und Kriege zwischen den Menschen zu säen.

Doch eine Rückkehr in die Heimat wird nur möglich sein, wenn die Eziden wieder Vertrauen in ihre Zukunft und ihr Land bekommen können. Dazu ge- hört, dass die Geschehnisse um Daesh ehrlich aufgearbeitet werden. Schon jetzt erleben wir leider Versuche, die Geschichte unseres Volkes nachträglich so um- zudeuten, dass der Genozid verdrängt und verschwiegen wird. Ich danke da- her auch Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihren Vorschlag einer Autonomie des ezidischen Volkes mit internationaler Hilfe und Aufsicht. Ich bitte die Re- gierungen in Irak und in Kurdistan-Irak um mehr Unterstützung des ezidischen Volkes und aller anderen religiösen Minderheiten im Irak wie etwa Christen und Sabier sowie um ihre Einsicht dafür, dass Vertrauen wiedergewonnen werden muss.

Jedoch dieses Mal mit Tiefgründigkeit und Gewissheit, sodass sich die Ge- schehnisse nicht wiederholen. Solange keine handfesten Lösungen für die Eziden sowie für andere religiöse Minderheiten im Irak und in Kurdistan-Irak gefunden werden, werden diese Menschen ihre Heimat in Richtung Europa verlassen – so wie die Eziden aus Syrien und aus der Türkei geflüchtet sind.

Nur so kann Daesh wirklich besiegt werden, der Wiederaufbau gelingen und der Strom der Flüchtlinge in andere Länder enden. Nur so kann mein Volk in seiner Heimat überleben.

Liebe Frau Präsidentin, lieber Herr Ministerpräsident, geehrte Abgeordnete, mir ist die große Ehre bewusst, die Sie mir erwiesen haben, als Sonderbotschafte- rin der Vereinten Nationen vor Ihnen zu sprechen. Und ich will dies nicht nur im Namen meines Volkes und aller Opfer von Daesh tun, sondern auch im Namen aller Flüchtlinge, die Deutschland bei sich aufgenommen hat.

Die meisten sind gute Menschen, auch wenn sie oft mit anderen Werten auf- gezogen wurden, ihre geliebte Heimat nicht freiwillig verlassen und furchtbare Dinge erlebt haben. Gerade weil wir Krieg und Gewalt selbst erlebt haben, stehen

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wir aber auch an Ihrer Seite, wenn es darum geht, Terroristen und Kriminellen Einhalt zu gebieten !

Denn die allermeisten von uns wissen, was sie Deutschland und seinen Men- schen zu verdanken haben. Wir wissen, dass Deutschland kein Öl hat, sondern seinen Wohlstand aus dem Fleiß und der Bildung seiner Menschen schöpft. Ge- nau deshalb konnte es eine glückliche Demokratie werden. Wir wissen, dass die Kirchen dieses Landes aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben, dass sie den Dialog mit Andersglaubenden suchen, dass sie Bedürftigen mit Liebe begeg- nen und Hassprediger in ihren Reihen nicht mehr dulden.

Von muslimischen Gemeinschaften und Regierungen wünsche ich mir die gleiche Entschlossenheit in der Auseinandersetzung mit dem Extremismus. Jetzt sollten sich vor allem Muslime und deren Religionsträger und Oberhäupter öf- fentlich gegen Extremismus, Terrorismus und Gewalt aussprechen und alle ande- ren Religionen, Ethnien und Nationalitäten akzeptieren und respektieren.

Wann immer im Namen Gottes Feindschaft und Hass gepredigt werden, lei- den und sterben Menschen ! Wir Aufgenommenen wissen, dass wir ein Teil von Deutschland werden können, wenn wir die Gesetze achten, die Sprache lernen und mitarbeiten. Deutschland ist vielen von uns zu einem Segen geworden; noch in Generationen wird man daran denken. Und wir wollen alles dafür tun, dass auch wir wiederum zu einem Segen für Sie werden können.

Nadia Murad

(21)

Vorwort der Herausgeber

Das Sonderkontingent für besonders schutzbedürftige Frauen und Kinder aus dem Nordirak ist als humanitäres Projekt in dieser Form bislang einzigartig. Die Landesregierung Baden-Württemberg und in der organisatorischen Leitung das Staatsministerium Baden-Württemberg haben hier politisch und organisatorisch Neuland betreten, um nach den Schreckensereignissen des 74. Genozids an den Eziden und angesichts der Notlage der Überlebenden im Nordirak Hilfe zu leis- ten. In ganz Baden-Württemberg haben Kommunen ihrerseits Verantwortung innerhalb des Projekts übernommen und mit viel Engagement jeweils für eine Gruppe der 1 100 Überlebenden die häusliche Unterbringung und ein spezifi- sches Versorgungsangebot entwickelt und durchgeführt.

Die Verantwortlichen auf allen Ebenen der Mitarbeit standen im Verlauf des Sonderkontingents vor zahlreichen Herausforderungen: von der politischen Wil- lensbildung bis zur Entscheidung für die Durchführung, über die Auswahl der Frauen und Kinder vor Ort, bis hin zur konkreten Vorbereitung und Durchfüh- rung der Versorgung in den einzelnen Kommunen, waren viele Hürden zu neh- men. Mit Ankunft der vielfach nach extremer sexualisierter Gewalt und Verskla- vung schwerst traumatisierten Frauen und Kinder sahen sich auch die beteiligten Sozialarbeiterinnen, Dolmetscherinnen, Therapeutinnen und Ärztinnen in den Kommunen besonderen Herausforderungen in der bestmöglichen Begleitung der überlebenden Frauen und Kinder gegenüber. Die sehr spezifischen Kompe- tenzen, um diese Herausforderungen zu bewältigen, konnten teilweise erst im Laufe der Erfahrungen entwickelt und den Anforderungen angepasst werden.

Diese Erfahrungen sowohl aus Sicht der Überlebenden als auch der professio- nellen und ehrenamtlichen Helfer zu erheben und aufzuarbeiten, war ein wichti- ges Ziel der hier vorliegenden Evaluation des Sonderkontingents im Auftrag des Staatministeriums Baden-Württemberg.

Mit der Beschreibung der Rahmenbedingungen des Sonderkontingents und der Zusammenschau der Ergebnisse der Evaluation kann dieses Buch für künf- tige Projekte ähnlicher Zielrichtung eine Ressource sein. Auch ist dieses Buch eine Stimme der Überlebenden und will deshalb die Gräueltaten, die die Men- schen im Nordirak erlitten haben, dokumentieren, etwa in der Form von Zitaten aus Einzelinterviews. Vor allem aber ist dieses Buch auch Zeugnis des Überle- benswillen und der Zukunftsorientierung vieler Frauen und Kinder im Sonder- kontingent, die trotz der massiven Gewalt, die sie durchleben mussten, ihren Weg in ein neues Leben finden wollen.

Tübingen und Villingen/Duhok, im Juni 2019

Florian Junne, Jana Denkinger, Jan Kizilhan, Stephan Zipfel

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Teil I

Historischer Hintergrund und Planung

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1 Ezidische Geschichte, erzählt und geschrieben

Katharina Brizić und Şefik Tagay

Die Geschichte der ezidischen Bevölkerung ist zunächst eine mündlich er- zählte. Dieser Umstand hat eine reiche Überlieferung, aber auch ein Einfallstor für wiederholte Missachtung und Verfolgung mit sich gebracht. Schon im 18. Jahrhundert ging deshalb aus massiver Verfolgung eine große ezidische Diaspora hervor, und die Diaspora wiederum brachte Schrifttum hervor. Durch die Geschichte hindurch, aber besonders seit dem Vernichtungsfeldzug des so- genannten Islamischen Staates (IS) im Jahr 2014, durchläuft deshalb das Ezi- dentum einen gesellschaftlichen Wandel bis hin zu dem Wunsch, überlieferte Texte in einem „Heiligen Buch“ der Eziden zu verschriftlichen. Der folgende Bei- trag zeichnet die lange ezidische Geschichte in ihrem erzählten wie auch ge- schriebenen Charakter in einigen wenigen zentralen Linien nach.

1.1 Eziden im Osmanischen Reich

Eine reiche mündliche Überlieferung kennzeichnet die Geschichte der Eziden (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 23; 38 – 40; 47). Bis weit in die Gegenwart ist dies in traditionell dörflichen Gemeinschaften des Nahen Ostens üblich: Man schreibt nicht Geschichte, sondern man erzählt sie (vgl. Allison u. Kreyenbroek, 2013).

Auch als Religion ist das Ezidentum deshalb weithin von Mündlichkeit und einer eigenständigen, täglich gelebten religiösen Praxis geprägt (Kizilhan, 2013, S. 179;

Kreyenbroek, 1995, S. 18; Spät, 2013).

Mündlichkeit macht jedoch auch verletzlich. Einer relativ kleinen und macht- losen Bevölkerung kann Mündlichkeit leicht zum Vorwurf und Verhängnis werden. In der Geschichte der Eziden geschah dies überaus oft, auch weil die Verschriftlichung von oral vermittelten religiösen Inhalten ein Ergebnis oft lang- dauernder Entwicklungen ist (vgl. hierzu etwa den Paderborner Rechtswissen- schaftler Dieter Krimphove vergleichend zu den Schriften im Judentum, Chris- tentum und Islam, z. B. Krimphove 2008) und weil sich mit Schrift solcherart immer auch Prestige verbindet. Die muslimischen Nachbarn der Eziden definier- ten sich selbst folglich als „Buchreligion“, die Eziden hingegen definierte man als Menschen „ohne Buch“ und als „illiterat“ (Rodziewicz, 2018, S. 263). Mündlich- keit konnte aber auch dann zum Verhängnis werden, wenn Außenstehende nach

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schriftlichen Belegen für das Ezidentum und seine Ursprünge suchten – und keine Belege fanden. Rasch entstanden aus Vermutungen dann Klischees und Stereotype, ja man klagte die Eziden gar der „Häresie“ an. So wurde das Feh- len von geschriebener ezidischer Geschichte fehlinterpretiert zu einem generellen Fehlen ezidischer Geschichte, ja sogar zum Fehlen der Daseinsberechtigung für die der „Häresie“ Verdächtigten (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 23; 48).

Mehr oder weniger friedlich dürften deshalb nur die Anfänge ezidischer Ge- schichte verlaufen sein, soweit diese Anfänge überhaupt bekannt sind. Belegt ist kein Religionsgründer, jedoch sehr wohl die Person des Scheich Adi (geboren um das Jahr 1074), welcher das Ezidentum maßgeblich zu jener Religion reformierte, wie wir sie heute kennen. So führte er das Kastenwesen ein, das die ezidische Gemeinschaft in zwei Priesterkasten (Piren und Scheichen) und eine Kaste der Laien (Muriden) einteilt. Diese Reform wird von der ezidischen Gemeinschaft bis heute als wichtiger Schutzmechanismus vor der jahrhundertelangen Verfolgung bewertet, insbesondere in der Osmanischen Zeit (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 68 – 69).

Allerdings führten die politischen Rivalitäten und der ökonomische Druck im damaligen Osmanischen Reich schon bald nach dem Tod des Scheich (um 1162) zu vermehrten gewaltsamen Konflikten, und schließlich im 15. Jahrhundert zur endgültigen Trennung zwischen Eziden und muslimischen Nachbarn (Tagay u.

Ortaç, 2016, S. 46 – 47).

Für die Eziden als zahlenmäßig unterlegene Minderheit begann damit spä- testens im 16. Jahrhundert „[…] eine Historie von staatlich angeordneten oder zumindest geduldeten systematischen Vernichtungsfeldzügen, Strafexpeditionen und religiöser, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entrechtung und Margina- lisierung“ (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 22). Das Osmanische Reich ging im Übrigen dazu über, die Autonomie lokaler Bevölkerungsgruppen, auch der Eziden, mehr und mehr zu beschneiden. Der bereits genannte Häresie-Verdacht tat ein Üb- riges: Sowohl die ezidischen Autonomiebestrebungen gegenüber den Osmanen als auch die ezidische „Häresie“ gegenüber dem Islam wurden nun bekämpft. In der Folge sandten die muslimisch-sunnitischen osmanischen Herrscher ebenso wie einige lokale Fürsten der muslimisch-sunnitischen Kurden immer wieder Strafexpeditionen gegen die Eziden aus (auf dem Gebiet der heutigen Südost- türkei und des heutigen Nordirak; vgl. Tagay u. Ortaç, 2016, S. 48 – 49). Das Jahr 1832 markiert einen bis dahin einzigartigen Höhepunkt an Gewalt, als eine ezi- dische Region des heutigen Nordirak praktisch zur Gänze entvölkert, ihre Ein- wohnerschaft vertrieben und ermordet wurde; nur wenige entkamen (Açıkyıldız, 2010, S. 52).

Wiederholte Massaker, Pogrome und Bekehrungsversuche zum Islam führten bereits ab dem 18. Jahrhundert zur Flucht vieler Eziden aus dem Osmanischen Einflussbereich in die nördlich gelegenen Kaukasusregionen des heutigen Ar- menien und Georgien. Diese frühe ezidische Diaspora trug bald neue Früchte:

Im armenischen Jerewan entstand eine ezidische akademische Elite (Açıkyıldız

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2010, S. 69 – 70). Diese trug später auch zu einer weiteren Verbreitung von Schrift in der ezidischen Gesellschaft bei (Rodziewicz, 2018, S. 368), ebenso wie Eziden maßgeblich dazu beitrugen, die kurdische Sprache zu pflegen und kurdisches Schrifttum zu stärken: Eziden in Jerewan gründeten 1930 die weltweit erste kur- dischsprachige Zeitung Riya Teze (Der neue Weg) sowie 1931 den ersten kurdisch- sprachigen Sender im Rahmen von Radio Jerevan (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 116).

Das tief sunnitisch-muslimisch geprägte Osmanische Reich forderte unter- dessen immer mehr Opfer unter den dort verbliebenen nicht-muslimischen Be- völkerungen. Die Verfolgung gipfelte im Völkermord an den Armeniern 1915 (ausführlich z. B. in Hennerbichler et al., 2015). Zwischen den Verfolgten – ar- menischen, aramäischen und assyrischen Christen, kurdischen und zazakischen Aleviten sowie Eziden – entstanden gleichzeitig oftmals enge Verbindungen, um einander in der jeweiligen Bedrohungslage behilflich sein zu können (Açıkyıldız, 2010, S. 57; Arslan u. Osztovics, 2018, S. 25; 29).

1.2 Eziden in den postkolonialen Nationalstaaten

Das Ende des Osmanischen Reichs (1922) markierte eine entscheidende Wende:

Der neu entstandene Nationalstaat Türkei (1923) verstand sich als säkular. Reli- gion spielte damit nur mehr eine untergeordnete Rolle, zumindest von staatlicher Seite, und symbolisierte allenfalls die „rückständige“ Vergangenheit (ausführlich in Brizić, 2007). Nach dem Ende der englischen und französischen Kolonialherr- schaft folgten auch die neuen Staaten Syrien (1946) und Irak (1961) ähnlich der Türkei dem Säkularismus. Für die Eziden bedeutete das zunächst den Beginn einer Zeit, die frei war von religiös motivierter Verfolgung (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 52).

Indes tat sich in den neuen Nationalstaaten aber eine neue Bruchlinie auf:

In der Türkei war es die Bruchlinie zwischen der türkischen Staatsnation und den nicht-türkischen Minderheiten; und in Syrien und dem Irak war es dieselbe Bruchlinie zwischen der jeweils arabischen Staatsnation und den nicht-arabi- schen Minderheiten. Diese nicht-türkischen bzw. nicht-arabischen Minderheiten waren aber zu einem erheblichen Teil Kurden – und zu diesen gehörten auch, zumindest sprachlich, die Eziden (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 52).

Was also als eine Befreiung der Eziden von religiöser Verfolgung begonnen hatte, endete als neue, diesmal ethnisch und sprachlich begründete Verfolgung.

Insbesondere der Nationalstaat Türkei duldete bis in die jüngste Vergangenheit keine andere Sprache als Türkisch, weder im öffentlichen Leben noch in der Insti- tution Schule oder in den Medien. Phasenweise war es sogar im privaten Bereich verboten, Kurdisch zu sprechen. Die kurdischen Sprachen der Türkei (Kurmancî und das eigenständige Zazakî) wurden damit gleichsam zum „Verstummen“ ge- bracht (s. dazu ausführlich Brizić, 2007). Es war also nicht mehr (nur) die Reli-

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gion, sondern nun auch das Kurdentum bzw. die kurdische Sprache der Eziden (Kurmancî), die ihnen zum Verhängnis wurde.

Die Eziden im Nahen Osten wurden solcherart im 20. Jahrhundert erneut zu Verfolgten. Auch in Syrien und dem Irak, aber besonders in der Türkei, führte die massive nationalstaatliche und sprachliche Repression insgesamt dazu, dass die kurdische Sprache gleichsam „unhörbar“, die kurdische und die ezidische Ge- schichte aber geradezu „unsichtbar“ wurden (Brizić u. Grond, 2017; Haig, 2003;

s. auch Six-Hohenbalken, 2015). Und so begann gegen Ende des 20. Jahrhun- derts erneut, wie schon zu Osmanischen Zeiten, vor allem aus der Türkei ein massenhafter ezidischer Exodus. Die meisten der Betroffenen flüchteten nach Deutschland.

1.3 Eziden in Deutschland

Seriöse Forschung und Berichterstattung zu ezidischen Belangen war bis da- hin kaum vorhanden gewesen (Rodziewicz, 2018, S. 260). Jetzt aber, Ende des 20. Jahrhunderts, widmet sich Forschung erstmals intensiver den Fragestellungen zu den ezidischen Themen: Wissenschaftliche Gutachten über die Lage in der Türkei waren maßgeblich daran beteiligt, dass den Geflüchteten politisches Asyl in Deutschland gewährt wurde (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 94).

Aber auch schon zuvor waren Eziden aus der Türkei nach Deutschland ge- kommen, und zwar ab den 1960er Jahren als „türkische Gastarbeiter“. Große ezidische Gemeinschaften entstanden vor allem in den Bundesländern Nieder- sachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen (Tagay u. Ortaç, 2016, S. 94; 97). Diese ältere Zuwanderung von Arbeitskräften und die neuere Zuwanderung politisch Verfolgter bedingten schließlich, dass Deutschland im 20.  Jahrhundert „zur zweitwichtigsten Heimat der Eziden“ wurde (Can, 2016, S. 10).

Das 20. Jahrhundert hat also, nach zwei Phasen der Zuwanderung, eine maß- gebliche ezidische Diaspora in Deutschland entstehen lassen. In jüngster Gegen- wart erwies sich dies als rettend: Denn es war die ezidische Diaspora, die im Jahr 2014 die deutsche Politik auf die nordirakischen Eziden und auf die genozidale Verfolgung durch die Terrormiliz IS aufmerksam machte. Damit begann die dritte und wohl dramatischste Phase ezidischer Zuwanderung nach Deutschland;

sie wird in den Beiträgen dieses Bandes ausführlich besprochen werden.

1.4 Ausklang und Ausblick

Immer noch befindet sich ein erheblicher Teil der Eziden auf der Flucht, sei es innerhalb des Nahen Ostens oder aber irgendwo auf dem Weg nach Europa. Eine gezielt unterstützende, gemeinsame europäische Politik ist deshalb gefragt, um

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die Aufnahme Verfolgter in der Europäischen Union zu koordinieren (Weiden- holzer u. Kampl, 2017, S. 267 – 268). So ungewiss die Zukunft europäischer Auf- nahmepolitik sein mag, so ist doch gewiss: Deutschland hat sich mit rund 100 000 Eziden als das Land mit der weltweit größten ezidischen Diaspora etabliert.

Hier schließt sich der Kreis zurück zum Beginn: zur Mündlichkeit ezidischer Geschichte. Auch heute noch ist die mündliche Tradierung Kernstück dieser Ge- schichte; aber sie wird mittlerweile flankiert von der schier grenzenlosen Reich- weite der Schriftlichkeit, sei es medial, künstlerisch-literarisch oder wissenschaft- lich. Und gerade diese Verschiebung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit veranschaulicht enorme gesellschaftliche Wandlungsprozesse: So fordern die Ezi- den in der Diaspora zunehmend für ihre seit Jahrhunderten mündlich überliefer- ten Texte, die sogenannten Qewls, die Verschriftlichung in Form eines „Heiligen Buches“ der Eziden (Tagay u. Ortaç, 2017, S. 119; 102 – 103; 147; 148).

Kurdische Sprachen, ezidische Stimmen und ezidische Geschichte sind heute längst nicht mehr „unhörbar“ und „unsichtbar“. Vielmehr haben es die Kriege im Nahen Osten – auch für die europäische Öffentlichkeit – relevant werden lassen, was in den kurdisch bewohnten Regionen der Türkei, Syriens und des Irak vor sich geht. Und schon davor hat eine rege Diaspora in mehreren europäischen Ländern die Grundlagen für die Schriftsprachlichkeit und Standardisierung kur- discher Sprachen und für die Bildung der in der Diaspora aufwachsenden Kin- der gelegt (Akın, 2017; Tagay u. Ortaç, 2016, S. 11; Rodziewicz, 2018, S. 368).

Gleichzeitig damit haben ezidische Menschen, insbesondere Frauen, ihre Stimme erhoben, und zwar sowohl mündlich als auch schriftlich und mit internationa- ler Reichweite; zahlreiche (auto)biografische Werke zeugen davon (z. B. Murad, 2017; Otten, 2017 u. v. m.).

Auch in der Diaspora aber bleibt die lange Verfolgungs- und Leidens- geschichte im kollektiven Traumagedächtnis der Eziden und ihrer Identität un- gebrochen präsent (Brizić et al., 2016; Tagay et al., 2017, S. 1946). Gerade vor dem Hintergrund des Genozids von 2014 unterliegt die Identitätsfrage einem hoch- intensiven, auch kontroversen Diskurs. Die kulturelle und religiöse Dynamik der ezidischen Gesellschaft, etwa in der deutschen Diaspora, setzt auf diese Weise vielfältige Transformationsprozesse in Gang, die womöglich auch weltweit Ver- änderungen in der ezidischen Religion und Gesellschaft anstoßen werden (Tagay u. Kuş, 2016, S. 64 – 66). Ezidische Geschichte, soweit wir sie überblicken können, nimmt hier also eine Wendung. Eine neue Generation von Eziden in Deutschland ist dabei, ezidische Geschichte zu erzählen und zu schreiben.

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Literatur

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Wiener Jahrbuch für Kurdische Studien 5 (S. 264 – 269). Wien: Praesens.

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Gewalt und Flucht aus Sicht von betroffenen Kindern im Sonderkontingent

Bildbeschreibung: Der 16-jährige Zeichner dieses Bildes lebt seit drei Jahren in Deutschland und befindet sich derzeit im Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Be- ruf (VAB3). Die IS-Kämpfer, welche sich nach der Erinnerung des Jungen größ- tenteils in Gruppen aufhielten, trugen Bart, „gefleckte Schals“ und lange Gewän- der. Die Gewänder waren weiß, grau und schwarz, manchmal habe auch er sich schwarz anziehen müssen. Er sei beim IS gefangen gewesen, er habe Angst vor dem Tod gehabt. Wohin sein Vater und seine Brüder vom IS gebracht wurden, wisse er nicht. „Und da noch ein Auto dazu“, äußerte der Junge und zeichnete das Auto auf der rechten Seite des Bildes. Sein anschließender Versuch einen IS- Kämpfer mit Gewehr auf dem Auto zu malen, ist auf dem Bild rechts zu sehen.

Kunsttherapeutische Erläuterung: Ein differenziert gezeichneter IS-Kämpfer hält eine Maschinenpistole waagrecht vor seinem Körper. Er steht auf der lin- ken Bildhälfte ohne Bezug zum Umraum und blickt den Betrachter direkt an.

Im rechten Hintergrund des Blattes ist ein Auto mit einer bewaffneten Figur im Heckbereich zu sehen. Diese Zeichnung ist nur flüchtig anskizziert, unvollstän- dig und im Gegensatz zum IS-Kämpfer mit einem Strichmännchen stark verein- facht dargestellt. Eventuell ist die unvollendete Darstellung der rechten Bildhälfte damit zu begründen, dass die zeichnerische Auseinandersetzung mit diesen Bild- inhalten emotional überforderte und der Zeichner sie schnell beenden wollte.

Aufgrund der zeichnerischen Kompetenz, die anhand des IS-Kämpfers sichtbar wird, ist nicht davon auszugehen, dass der Zeichner nicht in der Lage war, das Auto und die Person realistisch auszugestalten.

Referenzen

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