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Anette Stork

Zwischen Professionalität und dem guten Herzen. Ehrenamtliche Mitarbeit in der Telefonseelsorge. Unter besonderer Berücksichtigung von Aspekten der nichtprofessionellen Mitarbeit

SoSe 97, Beiträge zur Diakoniewissenschaft N.F. 75, 81 Seiten + Anhang

Das Jahr 1997 ist für die Telefonseelsorge ein besonderes Jahr. Zum einen blickt sie auf ein 40jähriges Bestehen in Deutschland zurück, zum anderen sind seit dem 1. Juli d.J. alle Telefonseelsorgeanschlüsse flächendeckend koordiniert, d.h. von jedem Ort in Deutschland aus ist die Telefonseelsorge qua Euro-Notrufnummer zu erreichen: gebührenfrei und datengeschützt. Eine Besonderheit der Telefonseelsorge von jeher ist die Mitarbeit Ehrenamtlicher. Die Arbeit unternimmt den Versuch, einerseits die Institution Telefonseelsorge in ihrer Entwicklung, ihrem Selbstverständnis, ihren Möglichkeiten und Grenzen darzustellen und andererseits Fragen der Mitarbeit in den Mittelpunkt zu rücken, wobei nach der besonderen Chance der Mitarbeit Ehrenamtlicher für die Arbeit der Telefonseelsorge gefragt wird.

Im ersten Hauptteil wird ein Portait der Telefonseelsorge gezeichnet. Einen besonderen Schwerpunkt bildet hierbei die Frage nach dem Standort der Telefonseelsorge in Kirche und Gesellschaft. Fragen nach ihrer Verortung im Netz der psychosozialen Einrichtungen, nach ihrem Selbstverständnis sowie nach ihrer theologischen und diakonischen Dimension werden aufgeworfen. Ganz unterschiedliche Einschätzungen treten dabei zutage: Zum Teil wird ihr eine Vorreiterrolle als Einrichtung im Schnittpunkt zwischen Kirche und Gesellschaft zugesprochen, dann aber wird auch kritisch nach ihrer „corporate identity“ gefragt. Spannend wird es, wenn Chancen und Grenzen des Mediums Telefon in den Blick geraten. Die Möglichkeit der Anonymität, der schnellen Erreichbarkeit machen als „niedrige Schwellen“

mit die besondere Chance aus. Gleichzeitig ist aber zu fragen, ob nicht eine paradoxe Art von Nähe entsteht, ob echte soziale Kontakte nicht verhindert werden. Die Telefonseelsorge, die ein „Phänomen unserer Gesellschaft“ ist, darf die gesellschaftliche Verflochtenheit der ihr anvertrauten Probleme nicht ignorieren.

Teil 2 thematisiert die Mitarbeit in der Telefonseelsorge. Einen Interessensschwerpunkt bildet hier das Ehrenamt. Wichtige Gestaltungsmerkmale, die auch bei der Diskussion um die „neue Ehrenamtlichkeit“

immer wieder hervorgehoben werden, werden genannt: Möglichkeiten der Qualifikation (Aus- und Weiterbildung, Supervision), geregelte Kriterien für die Mitarbeit, Mitsprachemöglichkeiten, eigenverantwortliche Tätigkeit, Mitarbeit in einem Kreis von Gleichgesinnten, persönlicher Gewinn.

Gerade der letzte Punkt, die persönliche Bereicherung, wird im Unterschied zum Ehrenamt von einst (christlich motiviert und hingebungsvoll) betont. Grundlegendes Motiv für die ehrenamtliche Tätigkeit ist aber auch das Engagement für die Mitmenschen.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Frage nach der Qualität der Mitarbeit von Laien, die in der Arbeit zumeist als nichtprofessionelle Mitarbeiter/ innen bezeichnet werden. Aspekte der Mitarbeit von qualifizierten Laien, auch aus den Bereichen Psychologie und Soziale Arbeit werden zusammengetragen. Dabei ergibt sich, daß sich Nicht-Profis vor allem in der Krisenhilfe bewährt haben, geht es hier doch häufig erst einmal nicht um konkrete Hilfen und gut strukturierte Gespräche, sondern zunächst um einen Menschen, der da ist, Anteil nimmt, zuhört. Außerdem wird immer wieder betont, daß die Nicht-Profis, eben weil sie nicht „verbildet“ durch eine Ausbildung sind, spontaner und gefühlsnäher dem Menschen in Not begegnen können und Wärme und Einfühlungsvermögen tatsächlich unverkrampfter entstehen. Als Stärke der Profis wird zweifelsohne das Durchschauen, das Strukturieren, das „Auf-den-Punkt-Bringen“ genannt, Eigenschaften und Fähigkeiten, die besonders in der weiterreichenden Beratungsarbeit unerläßlich sind. Ihre Professionalität kann ihnen aber auch im Wege stehen, nämlich dann, wenn es darum geht, einfach „nur“ Mitmensch zu sein, nicht zu analysieren oder nach verborgenen Motiven Ausschau zu halten.

Ein dritter Teil schließlich stellt Konzeption und Ergebnisse einer Umfrage dar, die unter den Mitarbeiter/innen der Telefonseelsorge Rhein-Neckar zum Thema nichtprofessionelle ehrenamtliche Mitarbeit gestartet wurde. Die obigen Überlegungen zu Gestaltungsaspekten des Ehrenamtes finden dabei breite Zustimmung. Hinsichtlich des Komplexes der nichtprofessionellen Mitarbeit ergibt sich aus der Einschätzung der Mitarbeitenden, daß als Stärken der „Laien“ besonders betont werden: Motivation;

Besinnung auf die menschliche, weniger die sachliche Seite eines Problems; Fähigkeit, Anteil zu nehmen und Wärme spüren zu lassen. Eigene Krisen- und Lebenserfahrung spielt hingegen eine überraschend geringe Rolle. Die Nicht-Profis laufen Gefahr, womöglich Kern und Tiefe eines Problems zu verkennen, eigene Probleme zu „lösen“, in ein Ratgeberverhalten zu verfallen und nicht genügend

Diplomarbeit am Diakoniewissenschaftlichen Institut

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Distanz zu wahren. Außerdem pflegen sie sich, was schwierige und ernst erscheinende Situationen angeht, selbst zu unterschätzen.

Als Ergebnis dieses Teils läßt sich festhalten: Die Arbeit der Telefonseelsorge, die als Krisenintervention, aber auch als Begleitung von Menschen in (Dauer-)Krisen verstanden werden kann, deren Mitarbeiter/innen auf „große“ und „kleine“ Probleme ansprechbar sind und den Anrufenden ein Ohr und die eigene Gefühlswelt „leihen“, wird durch die Mitarbeit von nichtprofessionell ausgebildeten Menschen wesentlich bereichert. Daß die Arbeit durch Ehrenamtliche geschieht, verleiht ihr ein Potential an Vielfalt und Motivationen.

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