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Inhibition parasitärer Myosine durch niedermolekulare Effektormoleküle

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Academic year: 2022

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(1)

Medizinische Hochschule Hannover

Institut für Biophysikalische Chemie

Inhibition parasitärer Myosine

durch niedermolekulare Effektormoleküle

INAUGURALDISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Naturwissenschaften - Doctor rerum naturalium -

(Dr. rer. nat.)

vorgelegt von

Janna Ehlert

aus Hoya/Weser

Hannover 2020

(2)

Angenommen durch den Senat: 19.05.2020

Präsident: Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. rer. nat. Matthias Preller

Wissenschaftliche Zweitbetreuung: Prof. Dr. rer. nat. Oliver Plettenburg

1. Referent: Prof. Dr. rer. nat. Matthias Preller 2. Referent: Prof. Dr. rer. nat. Oliver Plettenburg 3. Referentin: PD Dr. rer. nat. Martina Mühlenhoff

Tag der mündlichen Prüfung: 19.05.2020 Prüfungsausschuss:

Vorsitz: Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Alves

1. Referent: Prof. Dr. rer. nat. Matthias Preller 2. Referent: Prof. Dr. rer. nat. Oliver Plettenburg 3. Referentin: PD Dr. rer. nat. Martina Mühlenhoff

(3)

Die vorliegende Dissertation wurde unter Anleitung von Prof. Dr. Matthias Preller am Institut für Biophysikalische Chemie der Medizinischen Hochschule Hannover und am Biomolekularen Wirkstoffzentrum in Hannover im Zeitraum von November 2016 bis Februar 2020 angefertigt.

(4)

Ein Teil der Ergebnisse der vorliegenden Dissertation wurde in Peer-Review Zeit- schriften veröffentlicht bzw. zur Veröffentlichung eingereicht oder auf internationalen Konferenzen vorgestellt:

Publikationsliste

[1] J. Ehlert, J. Kronemann, N. Zumbrägel, M. Preller, Molecules, 2019, 24, 4272.

(Umfasst Ergebnisse aus Kapitel 4.1.2).

[2] J. Ehlert, A. Alder, V. Introini, J. Weder, P. Cicuta, T. W. Gilberger, M. Preller, Proceedings, 2019, 22, 9 (Veröffentlichung des Abstracts von Konferenzbei- trag [2], Manuskript [4]).

[3] J. Ehlert, J. Weder, M. Preller, Biophysical J, 2018, 114, 416A (Veröffentli- chung des Abstracts von Konferenzbeitrag [3], Manuskript [5]).

Konferenzbeiträge

[1] Ausgewählter Vortrag beim Symposium des Student’s Chapter der Young Chemical Biology Society in Dortmund, Deutschland am 06.09.2019.

[2] Ausgewählter Vortrag bei der Konferenz „2nd Molecules Medicinal Che- mistry Symposium” in Barcelona, Spanien am 16.05.2019.

[3] Posterpräsentation als Beitrag bei der Konferenz „62nd Annual Meeting” der Biophysical Society in San Francisco, Kalifornien, USA am 20.02.2018.

[4] Posterpräsentation als Beitrag bei der Konferenz „Advances in Chemical Bio- logy 2018” der Dechema e.V. in Frankfurt, Deutschland am 30.01.2018.

[5] Posterpräsentation im Rahmen der Evaluation des Centre for Structural Sys- tems Biology (CSSB) am Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) in Ham- burg, Deutschland am 19.09.2017.

(5)

I

Erklärung

Nach Anlage 4, (gem. § 6 Abs. 2 Nr. 7) der Promotionsordnung der Medizinischen Hochschule Hannover zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der Natur- wissenschaften.

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Dissertation mit dem Titel Inhibition pa- rasitärer Myosine durch niedermolekulare Effektormoleküle eigenständig verfasst habe. Bei der Anfertigung wurde keine Hilfe Dritter in Anspruch genommen und ich habe auch keine entgeltliche Hilfe von Vermittlungs- oder Beratungsdiensten in An- spruch genommen. Es hat niemand unmittelbar oder mittelbar entgeltliche Leistun- gen erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation ste- hen. Die vorliegende Dissertation wurde am Institut für Biophysikalische Chemie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) angefertigt. Praktische Arbeiten wurden zudem auch am Zentrum für Biomolekulare Wirkstoffe (BMWZ) in Hannover, am Bernhard Nocht Institut (BNI) in Hamburg und am Centre for Structural Systems Bio- logy (CSSB) in Hamburg selbstständig durchgeführt.

Die Dissertation wurde bisher nicht für eine Prüfung oder Promotion zur Beurteilung eingereicht und hat auch noch bei keiner anderen Hochschule zur Prüfung vorgele- gen. Ich versichere, dass ich die vorstehenden Angaben mit bestem Wissen voll- ständig und wahrheitsgemäß gemacht habe.

Hannover, 10.07.2020

_________________________________

Janna Ehlert

(6)

II

Danksagung

Für die hervorragende Betreuung, die Überlassung des Themas und die Möglichkeit meine Dissertation am Institut für Biophysikalische Chemie anzufertigen bedanke ich mich besonders bei Herrn Prof. Dr. Matthias Preller. Danke für das entgegenge- brachte Vertrauen und die stets „offene Tür“ für Diskussionen. Ich habe sehr gerne an diesem interessanten Thema und in der Arbeitsgruppe gearbeitet.

Herrn Prof. Dr. Oliver Plettenburg möchte ich für die Übernahme des Korreferats danken, sowie für die nützlichen Diskussionen während der strukturierten Gespräche und die Möglichkeit die Laborausstattung im BMWZ nutzen zu können.

Frau PD Dr. Martina Mühlenhoff danke ich für die Übernahme des Amts der Drittprü- ferin und die Begutachtung meiner Arbeit.

Ich danke meinen Kooperationspartnern auf dem Antimalariaprojekt Prof. Dr. Tim Gilberger (CSSB Hamburg) und Prof. Dr. Pietro Cicuta (University of Cambridge, UK) für die hervorragende Zusammenarbeit. Besonders danken möchte ich auch Arne Alder, der mich in die Handhabung der Experimente mit Plasmodium-Parasiten ein- geführt hat. Außerdem danke ich Arne Alder und Viola Introini für die Durchführung einiger Experimente.

Den Mitgliedern meiner Arbeitsgruppe Wiebke Ewert, Julia Weder, Dr. Dmitrij Malcev und Franz Fischer danke ich für ihre Hilfsbereitschaft und die angenehme Arbeitsat- mosphäre. Dieser Dank geht auch an meine Laborpartner im BMWZ Dr. Franziska Hemmerling, Mara-Carina Scheunert und Dr. Alexandre Silva.

Weiterhin danke ich den Mitgliedern der NMR- und Massenspektrometrie-Abteilung des OCI Dr. Jörg Fohrer, Dagmar Körtje, Monika Rettstadt, Dr. Gerald Dräger und Roswita Reichel für die zügige und kompetente Messung meiner Proben.

Ein besonderer Dank geht an Julia Weder für die Durchführung der Proteinreinigun- gen und der Zytotoxizitätsexperimente sowie Wiebke Ewert für die Bereitstellung ih- rer Glideosom-Abbildung. Ebenfalls danke ich Peter Franz für die häufige Überlas- sung vom restlichen Aktin und dem β-kardialem Myosin und Julia Damiano-Guerico für die Einführung in MTrackJ. Weiterhin bedanke ich mich bei meinen Praktikanten

(7)

III

Jenny Kronemann und Steffen Winkler für die gewissenhafte Durchführung von Ex- perimenten.

Dr. Nadine Zumbrägel danke ich für die biokatalytischen Vorarbeiten zur Synthese unsymmetrischer Biphenylester und die Diskussionsbereitschaft zu diesem Thema.

Ich danke allen Mitgliedern des Instituts für Biophysikalische Chemie für die tolle Zu- sammenarbeit und die angenehme Arbeitsatmosphäre. Herrn Prof. Dr. Dietmar Man- stein danke ich für die Möglichkeit meine Dissertation in dem von ihm geleiteten Insti- tut anzufertigen und die Laborausstattung nutzen zu dürfen. Herrn Prof. Dr. Georgios Tsiavaliaris danke ich für die zahlreichen wissenschaftlichen Diskussionen. Weiterhin möchte ich besonders danken Peter Franz, Wiebke Ewert, Julia Weder, Sarah Ber- ger, Dr. Theresia Reindl, Ian Bresch, Frederic Schwäbe, Dr. Sharissa Latham, Pat- rick Reinke und Joanna Berger für die immer lustigen Mittagspausen und sämtliche Aktivitäten auch außerhalb des Labors.

Den Mitgliedern der Arbeitsgruppen Plettenburg, Kirschning, Cox und Kalesse danke ich für die freundliche Aufnahme im BMWZ und OCI. Besonders bedanken möchte ich mich auf wissenschaftlicher und privater Ebene bei Wiebke Hutwelker und Isabel Hamp sowie Carsten Schotte.

Für das sorgfältige Korrekturlesen dieser Arbeit danke ich Wiebke Ewert, Julia We- der, Janina Meyer, Peter Franz, Anna Luisa Warnke und Dr. Theresia Reindl.

Außerdem danke ich meinen „OCI-Mädels“ Janina Meyer, Anna Luisa Warnke, Dr.

Karen Lebe, Dr. Gesche Berkhan, Dr. Verena Hantke und Dr. Raissa Schor für die vielen Mädelsabende und die tolle Freundschaft. Dieser Dank gilt auch Wiebke E- wert, Lisa Walter, Annina Burhop und Dennis Lübken. An dieser Stelle möchte ich mich zudem bei Christiane Kesper, Insa Johanna Rode, Britta Hagebölling, Franziska Albers und Friederike Bruns für ihre langjährige Freundschaft und Unterstützung in allen Lebenslagen bedanken.

Mein größter Dank gilt meinen Eltern Karin und Lutz, meinem Bruder Torben, meiner Cousine Laura, meinen Großeltern, sowie Elke und Lutz und meinem Freund Peter für die Unterstützung, den Rückhalt und die Motivation während meines gesamten Studiums und meiner Promotion.

(8)

IV

Zusammenfassung

Jährlich infizieren sich über 200 Millionen Menschen mit der Tropenkrankheit Malaria.

Der Großteil der Infektionen und dadurch bedingten 500.000 Todesfälle wird durch den Apicomplexa-Parasiten Plasmodium falciparum (Pf) hervorgerufen. Aufgrund von komplexen Resistenzmechanismen von Pf gegen vorhandene Therapien werden dringend Medikamente mit neuen Wirkmechanismen benötigt. Der Parasit nutzt für die Invasion und Fortbewegung und somit auch für die effiziente Proliferation im menschlichen Wirt einen konservierten Aktomyosinmotorkomplex – das sogenannte Glideosom. Obwohl das parasitäre Myosin A (MyoA) das zentrale kraftgenerierende Protein im Glideosom darstellt, wird es in bisherigen Studien bei der Entwicklung von Antimalaria-Medikamenten kaum berücksichtigt. In der vorliegenden Dissertation wird gezielt eine zuvor identifizierte allosterische Tasche in MyoA angegriffen.

Biphenylester und Diarylamine werden mittels organisch-chemischer Synthese gene- riert und ihr inhibitorisches Potential gegen das parasitäre Myosin A wird durch eine Reihe biophysikalischer Messmethoden nachgewiesen und quantifiziert. Die biomi- metische Synthese unsymmetrischer Biphenylester wird unter Verwendung von Lipa- sen als Biokatalysatoren etabliert und die Reaktionsbedingungen im Hinblick auf die Chemoselektivität der Lipasen optimiert.

In der vorliegenden Arbeit identifizierte Strukturmotive, wie geschützte-phenolische Hydroxygruppen, Benzylester und freie Boronsäuren, erhöhen die inhibitorische Akti- vität und Affinität zum Zielprotein durch vorteilhafte Bindungsenthalpien. Die Sub- stanzen zeigen in vitro sowohl gegen die katalytische Aktivität als auch gegen die mechanische Motorfunktion des Enzyms eine effiziente Inhibition bis in den submik- romolaren Bereich. Die parasitäre Proliferation, die Parasitämie und alle untersuch- ten Glideosom-assoziierten Prozesse sowohl von wirkstoffsensitiven als auch multi- resistenten Pf-Stämmen werden signifikant reduziert. Dieser auf die Invasion, den Egress und die parasitäre Motilität direkt nachgewiesene Effekt der Substanzen be- stätigt zudem die essentielle Rolle von PfMyoA im Glideosom und somit für die Infek- tion. Aufgrund der hohen Aktivität, der geringen Zytotoxizität und der hohen Spezifität im Vergleich zu weiteren Myosinklassen bilden die untersuchten Substanzen vielver- sprechende Leitstrukturen für die Entwicklung neuer Antimalaria-Medikamente und eignen sich als potentielle Werkzeuge für die Aufklärung des Bindungsmodus und Myosin-abhängiger Prozesse in Apicomplexa-Parasiten.

(9)

V

Abstract

More than 200 million people are infected with severe malaria every year. Most of these infections and the nearly half million deaths are caused by the apicomplexan parasite Plasmodium falciparum (Pf). Due to complex resistance mechanisms of the parasites against current treatments new drugs with novel modes of action are highly required. A conserved actomyosin motor complex – the so-called glideosome – ena- bles gliding motility of the parasites and invasion of human host cells, which are es- sential for efficient proliferation of Pf. The key force-producing protein for glideosome function, Myosin A (MyoA), has hardly been considered as a target for antimalarial drug development. This thesis focuses on targeting specifically an identified allosteric pocket of PfMyoA by small molecules.

The generation and inhibitory potency of biphenyl esters and diaryl amines is investi- gated and quantified by combining organic synthesis with a wide range of biophysical methods. Using lipases as biocatalysts, a biomimetic synthesis towards unsymmetric biphenyl esters is established and the conditions for chemoselective conversion of the substrates are optimized.

Specific structural motifs, in particular hydrophobic protection of the phenolic hydroxyl groups, introduction of benzylic esters as well as boronic acid moieties, show in- creased inhibitory potencies and affinities towards the target protein due to favoura- ble binding enthalpies. The compounds effectively inhibit both, the catalytic activity and mechanical motor function of the target protein in vitro in the submicromolar range. Parasite proliferation, parasitemia and glideosome-associated processes of drug-sensitive and multidrug-resistant Pf strains are significantly reduced by the small molecules. This direct inhibitory effect of the compounds on invasion, egress and parasite motility validates the key role of PfMyoA for glideosome activity and infec- tion. The high activity towards the target protein, the low cytotoxicity as well as the specific inhibition as compared to other myosin classes render the developed com- pounds attractive lead structures for future drug development of antimalarials and demonstrate their potency as tool compounds for elucidating the binding mode and myosin-associated processes in apicomplexan parasites, respectively.

(10)

1

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS 1

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 3

1 EINLEITUNG 5

1.1LEBENSZYKLUS VON PLASMODIUM FALCIPARUM 6

1.1.1 Erythrozyten-Invasion durch die Merozoiten 7

1.1.2 Das Glideosom – die parasitäre Bewegungsmaschinerie 9

1.2ENTWICKLUNG VON ANTI-MALARIA-WIRKSTOFFEN 11

1.2.1 Inhibition der Erythrozyten-Invasion 12

1.3MYOSINE –STRUKTUR UND ZYKLISCHE INTERAKTION MIT AKTIN 14

1.3.1 Parasitäre Myosine 17

1.3.2 Modulation von Myosin durch niedermolekulare Effektormoleküle 19 1.4LIPASEN ALS BIOKATALYSATOREN IN DER ORGANISCHEN SYNTHESE 22

2 ZIELSETZUNG 24

3 MATERIAL UND METHODEN 26

3.1CHEMISCHE ARBEITEN 27

3.1.1 Allgemeine Hinweise 27

3.1.2 Kolorimetrische Analyse der Aktivität von Lipasen 29 3.1.3 Untersuchung von Aktivität und Selektivität von Lipasen 29

3.1.4 Versuchsdurchführungen 30

3.2BIOCHEMISCHE UND BIOPHYSIKALISCHE ARBEITEN 41

3.2.1 Allgemeine Informationen 41

3.2.2 Präparative Reinigung von rekombinanten Myosinkonstrukten 42 3.2.3 Präparation von Aktin aus Aceton-Pulver vom Hähnchenmuskel 42 3.2.3.1 Herstellung von Acetonpulver aus Muskelgewebe vom Hähnchen 42 3.2.3.2 Herstellung von Aktin aus Aceton-Pulver 43

3.2.4 Steady-state Kinetik 44

3.2.5 Microscale Thermophoresis 45

3.2.6 Thermodynamische Charakterisierung von Protein-Liganden-Bindungen 46

3.2.7 In vitro Motilität 47

3.2.8 Bestimmung der Zytotoxizität 48

3.2.9 Analyse der Verdrängung von Fluoreszenzfarbstoffen 49

3.3ZELLBIOLOGISCHE METHODEN MIT PLASMODIUM FALCIPARUM 50

3.3.1 Plasmodium falciparum Zellkultur 50

3.3.2 Präparation und Färbung von Blutausstrichen 51 3.3.3 Synchronisation der Parasiten zum Trophozoiten-Stadium 51

3.3.4 Inhibition der Parasitämie 51

3.3.5 Fluoreszenz-aktivierte Zellsortierung (FACS) 52

3.3.6 Untersuchung der Proliferation 52

3.3.7 Videomikroskopie zur Beobachtung freier Merozoiten 52 3.3.8 Tracking freier Merozoiten und Quantifizierung ihrer Migration 53

3.4COMPUTERCHEMISCHE ARBEITEN 54

3.4.1 Molekulares Docking 54

(11)

2

3.4.2 Kovalentes Docking 55

4 ERGEBNISSE UND DISKUSSION 57

4.1SPEZIFISCHE INHIBITION VON MYOSIN A AUS PLASMODIUM FALCIPARUM 57 4.1.1 Biphenylester als selektive und effektive Inhibitoren für PfMyoA 58 4.1.1.1 Thermodynamische Optimierung von Biphenylestern 59 4.1.1.2 Biphenylester zeigen ein hohes und selektives Inhibitionspotential 63 4.1.1.3 Biphenylester inhibieren Proliferation und Parasitämie von

Plasmodium falciparum 66

4.1.1.4 Inhibition Glideosom-assoziierter Prozesse in Plasmodium falciparum 70 4.1.1.5 Relevanz der Inhibition von PfMyoA durch Biphenylester 75 4.1.2 Chemoselektive Umsetzung von Biphenylestern mit Lipasen 78 4.1.2.1 Generierung unsymmetrischer Biphenyle im präparativen Maßstab 85 4.1.2.2 Inhibitorisches Potential von unsymmetrischen Biphenylestern 87 4.1.3 Gezielter Angriff eines Lysinclusters innerhalb der allosterischen Tasche

von Myosin A aus Plasmodium falciparum 91

4.1.3.1 Etablierung einer Syntheseroute zu substituierten Diarylaminen 92 4.1.3.2 Boronsäuremotiv erhöht Bindungsaffinität zum Zielprotein 96 4.1.3.3 Selektive Inhibition des Zielproteins durch substituierte Diarylamine 97 4.1.3.4 Inhibition von parasitärer Proliferation, Invasion, Egress und Motilität

101 4.1.3.5 Relevanz der substituierten Diarylamine für die Inhibition von PfMyoA

105

4.2MODULATION VON KLASSE 2MYOSINEN 107

4.2.1 Aktivierung der katalytischen Aktivität von Nicht-Muskel Myosin 2 durch

Biphenylimidoester 6 107

4.2.2 Identifikation von Liganden-Bindungsstellen durch Verdrängung von

Fluoreszenzfarbstoffen 109

5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 115

6 LITERATURVERZEICHNIS 121

7 ANHANG 130

7.1 NMR-Spektren 130

7.2 Zusätzliche Informationen für ausgewählte Experimente 142

7.3ABBILDUNGSVERZEICHNIS 146

7.4TABELLENVERZEICHNIS 148

LEBENSLAUF – JANNA EHLERT 149

(12)

3

Abkürzungsverzeichnis

Å Angström (Einheit)

AC50 Mittlere Aktivierende Konzentration ADMET Absorption, Verteilung, Metabolismus,

Ausscheidung, Toxizität ADP Adenosindiphosphat

ALS Amylotrophe Lateral Sklerose AMP 2-Amino-2-methyl-1-propanol AMPPNP Adenylyl-imidodiphosphat ANL Aspergillus niger Lipase APCI Chemische Ionisation bei Atmos-

phärendruck (atmospheric pressure chemical ionization)

Äq Äquivalente AS272 Ammosamid 272 ATP Adenosintriphosphat B2(OH)4 Tetrahydroxydiboron

bFGF Wachstumsfaktor FGF2 (basic fibro- blast growth factor)

BnBr Benzylbromid BTB Bromthymolblau c

CA Konzentration Chondramid A CaCl2 Calciumchlorid

CALB Candida antarctica Lipase B CC50 Mittlere Zytotoxische Konzentration CD3OD Deuteriertes Methanol

CDCl3 Deuteriertes Chloroform CH2Cl2 Dichlormethan

CH3CN Acetonitril CO2 Kohlenstoffdioxid CRL Candida rugosa Lipase

d Schichtdicke

DBU 1,8-Diazabicyclo[5.4.0]undec-7-en DC Dünnschichtchromatographie Dd Dictyostelium discoideum ddH2O Milli Q Wasser

dH2O Destilliertes Wasser DHE Dihydroethidium DMF Dimethylformamid DMSO Dimethylsulfoxid DNA Desoxyribonukleinsäure DTT Dithiothreitol

E Extinktion

EBM-2 Wachstumsmedium für Endothelzellen (Endothelial Cell Growth Basal Medium) ECFC Primäre Zelllinie aus Endothelzellen

(Endothelial colony forming cells) EC50 Mittlere effektive Konzentraion EGTA Ethylenglycol-bis(aminoethylether)-

N,N,N′,N′-tetraessigsäure

ELC Essentielle leichte Ketten (essential light chain)

ELSD Lichtstreudetektor (evaporative light scattering detector)

ESI Elektronensprayionisation Et2O Diethylether

EtOAc Ethylacetat

FACS Fluoreszenz-aktivierte Zellsortierung (Fluorescence aktivated cell sorting) FeCl3 Eisen(III)chlorid

FI Fluoreszenzintensität

FKS Fetales Kälberserum

fps Bilder pro Sekunde (frames per sec- onds)

h Stunde (Einheit) H2O Wasser

HCl Salzsäure

HCM Hypertrophe Kardiomyopathie hcMEC/D3 Immortalisierte Zelllinie der Blut-Hirn-

Schranke

HEPES 2-(4-(2-Hydroxyethyl)-1-piperazinyl)- ethansulfonsäure

HLH Helix-Loop-Helix HMM heavy mero myosin

HPLC Hochleistungsflüssigkeitschromato- graphie (High performance liquid chro- matography)

HRMS Hochaufgelöste Massenspektrometrie (High resolution mass spectrometry) IC50 Mittlere Inhibitorische Konzentration IMC Intermembrankomplex (inter membrane

complex)

ITC Isotherme Titrationskalorimetrie (iso- thermal titration calorimetry)

K Kontrolle

K2CO3 Kaliumcarbonat

K2HPO4 Di-Kaliumhydrogenphosphat kcal Kilokalorien (Einheit) KCl Kaliumchlorid

KD Dissoziationskonstante kDa Kilodalton (Einheit) KH2PO4 Kaliumdihydrogenphosphat KOAc Kaliumacetat

KOtBu Kalium-tert-Butoxid L Liter (Einheit)

L50 Untere 50 kDa Domäne

LCMS Flüssigchromatographie mit Massen- spektrometrie (liquid chromatography mass spectrometry)

LDH Lactatdehydrogenase LiOH Lithiumhydroxid LP Labeling Puffer

M Molare Masse

m/z Masse-zu-Ladungs-Verhältnis M1E-TM Myosin 1E Tripelmutante M765SSB/

Myo2 Myosin 2 aus Dictyostelium discoideum mbar Millibar (Einheit)

MeCN Acetonitril MeOH Methanol

MgCl2 Magnesiumchlorid MgSO4 Magnesiumsulfat

MHC Schwere Ketten des Myosins (myosin heavy chain)

MHz Megahertz (Einheit) min Minute (Einheit) mL Milliliter (Einheit)

MLC Leichte Ketten des Myosins (myosin light chain)

mM Millimolar (Einheit) MML Mucor miehei Lipase mol Mol (Einheit)

(13)

4

MOPS 3-(N-Morpholino)propansulfonsäure MS Multiple Sklerose

MSD Mittlere quadratische Verschiebung (mean square displacement) MST Mikroscalige Thermophorese (Mi-

croscale thermophoresis) MTIP Myosin Tail Interacting Protein MTRAP Merozoite Thrombospondin-Related

Anonymous Protein

Myo Myosin

N/A kein Effekt (not available) Na2CO3 Natriumcarbonat

Na2SO4 Natriumsulfat NaCl Natriumchlorid NAD+/

NADH Nikotinaminadenindinukleotid (oxi- dierte/reduziert)

NaHCO3 Natriumhydrogencarbonat NaN3 Natriumazid

nd nicht bestimmt (not determined)

NH3 Ammoniak

nm Nanometer (Einheit) NM2a/

NM2c Nicht-Muskel-Myosin 2a/c (non-muscle myosin 2a/c)

NMR Kernresonanzspektroskopie (Nuclear magnetic resonance)

OH-Gruppe Hydroxy-Gruppe OM Omecamtiv mecarbil P. falcipa-

rum (Pf)

Plasmodium falciparum PBP Pentabromopseudilin

PCL Pseudomonas cepacia Lipase PClP Pentachloropseudilin

Pd(OAc)2 Palladium-(II)-acetat Pd-X-

phos-G2 2nd Generation XPhos Pd Precatalyst PE Petrolether

PEP Phosphoenolpyruvat

PFL Pseudomonas fluorescens Lipase Pi / PO4 Phosphat

PK Pyruvatkinase

PPBA 3-[4-(3-phenyl-2-pyrazolin-1-yl)-benz- ene-1-sulfonyl-amido]-phenylboron- säure

PPL Porcine pancreas Lipase

ppm Ein Teil einer Million (part per million) Q-TOF Quantitatives Flugzeitmassen-

spektrometer (quantitative time-of-flight mass spectrometer)

R Universelle Gaskonstante RBC Humane Erythrocyten (Red Blood

Cells)

RF Retentionsfaktor (DC)

RLC Regulatorische leichte Kette (regulatory light chain)

RNL Rhizopus niveus Lipase ROL Rhizopus oryzae Lipase

RPMI Kulturmedium für menschliche Blutzel- len (entwickelt am Roswell Park Memo- rial Institute)

RTS,S Vakzin Mosquirix s Sekunde (Einheit)

Sf9 Immortalisierte Insekten-Zelllinie aus Ovar-Zellen von Spodoptera frugiperda SFO System Fluidics Organizer

SH3 Src Homolog 3 Domäne (Src-homology 3)

SI Selektivitätsindex Ss Sus scorfa

T Temperatur

T. gondii (Tg)

Toxoplasma gondii TAG Triacylglycerin

TBAI Tetrabutylammoniumiodid TFP Trifluoperazin

THF Tetrahydrofuran TP Thermophorese Puffer

TRIS Tris(hydroxymethyl)aminomethan TRITC 5(6)-Tetramethylrhodaminisothiocyanat U50 Obere 50 kDa Domäne

UPLC Ultrahochleistungsflüssigkeitschroma- tographie (Ultra performance liquid chromatography)

v/v Volumenprozent

w/v Massenkonzentration (weight/volume) WHO Weltgesundheitsorganisation (World

Health Organisation) Xphos Dicyclohexyl(2',4',6'-

triisopropylbiphenyl-2-yl)phosphan β-card β-kardial

∆G0 Freie Enthalpie

∆H0 Enthalpie

∆S0 Entropie

ε Extinktionskoeffizient λem Emissionswellenlänge λexc Anregungswellenlänge µM Mikromolar (Konzentration) 3D Drei-Dimensional

(14)

5

1 Einleitung

Parasiten aus der Gruppe der Apicomplexa sind u.a. verantwortlich für die Infektions- krankheiten Malaria, Toxoplasmose oder Kokzidiose. Während Kokzidiose und To- xoplasmose hauptsächlich Infektionen bei Tieren auslösen bzw. fruchtschädigend wirken, ist eine Malaria-Erkrankung die häufigste Infektionskrankheit beim Menschen.

Die Tropenkrankheit Malaria wird durch eine Infektion mit einem Parasiten der Gat- tung Plasmodium ausgelöst.1,2 Für das Jahr 2018 schätzte die Weltgesundheitsorga- nisation (WHO, World Health Organisation Malaria Report 2019) circa 228 Millionen Malaria-Infektionen weltweit mit 405.000 Todesfällen.1 In den Malaria-Risikogebieten leben weltweit 3.2 Milliarden Menschen.1 Der Parasit Plasmodium falciparum ist ver- antwortlich für 50% der Infektionen in Südostasien und für 99.7% in Afrika. Er gilt aufgrund des durch ihn ausgelösten Krankheitsverlaufs und der Anzahl der Todesfäl- le als der gefährlichste der humanpathogenen Plasmodium-Parasiten.3,4 Die Anzahl der Erkrankungen ist in den letzten Jahren wieder angestiegen. Dieser Anstieg ist zum einen auf die Resistenzen gegen vorhandene Medikamente zurückzuführen und zum anderen auf den schlechten Zugang zu Behandlungen für Erkrankte in den be- troffenen Gebieten bzw. Entwicklungsländern. Vor allem die Resistenzbildung der Parasiten gegen bisher effiziente Behandlungen stellt ein großes Problem bei der Bekämpfung der Infektionen dar.1,5 Aus diesem Grund ist es von hohem Interesse Medikamente und Behandlungsansätze mit neuen Wirkmechanismen zu finden, um die Zahl der Malaria-Erkrankungen und der daraus resultierenden Todesfälle zu re- duzieren.

(15)

6

1.1 Lebenszyklus von Plasmodium falciparum

Plasmodium falciparum besitzt, ähnlich wie andere Apicomplexa-Parasiten, einen sehr komplexen Lebenszyklus (Abbildung 1).6–8 Der Lebenszyklus kennzeichnet sich durch einen ständigen Wirtswechsel zwischen der weiblichen Stechmücke der Gat- tung Anopheles (Endwirt) und dem Menschen (Zwischenwirt). Durch den Wirtswech- sel zwischen Mücke und Mensch ist sowohl die hohe endemische Verbreitung ge- währleistet als auch die vollständige Entwicklung des Parasiten gesichert.

Der Speichel der weiblichen Anopheles Mücke beinhaltet Gerinnungshemmer und die Parasiten in Form von Sporozoiten, die durch einen Stich in die Blutlaufbahn des Menschen übertragen werden. Die Sporozoiten gelangen durch den Blutstrom zur Leber und befallen dort die Hepatozyten. Innerhalb der Hepatozyten reifen die Sporozoiten zum Leberschizonten und durch Schizogenie (mitotische Zellteilung) entstehen Merozoiten. Das Leberstadium hat eine Dauer von 5 - 6 Tagen und in die- ser Zeit werden circa 40000 Merozoiten gebildet. Die Merozoiten werden zurück in die Blutbahn freigesetzt und dringen nach weiteren 5 - 6 Tagen in die Erythrozyten (RBC) ein.

Abbildung 1: Lebenszyklus von Plasmodium falciparum (orientiert an Cowman et al.)6.

In der Abbildung sind lediglich die in der vorliegenden Arbeit betrachteten Stadien dargestellt. Zu- nächst überträgt die weibliche Anopheles Mücke durch einen Stich die Parasiten in Form von Sporo- zoiten. In der Leber entwickeln sich die Sporozoiten zu Merozoiten, welche ins Blut freigesetzt werden.

Im Blutstadium findet die Invasion der Erythrozyten statt. Anschließend entwickelt sich der Parasit über Ring- und Trophozoitenstadium zum Schizonten mit bis zu 32 neuen Tochtermerozoiten, welche während des sogenannten Egress freigesetzt werden. (Bausteine der Abbildung modifiziert aus Smart Servier Medical Art, licensed under Creative Common Attribution 3.0 Generic License).

(16)

7

Nach der erfolgreichen Invasion in die Erythrozyten entwickelt sich der Parasit über ein Ring- und Trophozoitenstadium zum Schizonten, in dem bis zu 32 Tochtermero- zoiten gebildet werden. Während des Egress (Austritt aus den Erythrozyten) werden diese wieder ins Blut freigesetzt und sind in der Lage weitere Erythrozyten zu befal- len.8,9 Die Dauer des Blutstadiums beträgt pro Zyklus 48 Stunden.10 Die Merozoiten benötigen für den Invasionsprozess lediglich 30 - 40 Sekunden nach dem Egress.11,12 Die Entwicklung vom Ringstadium zum Trophozoiten beträgt circa 24 Stunden. Nach weiteren 24 Stunden hat sich der Trophozoit zum Schizonten mit den Tochtermerozoiten weiterentwickelt.6

Während des Blutstadiums treten die Symptome der Malaria-Erkrankung, wie Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen, Schüttelfrost und Krämpfe auf.1 Bei der Bindung an die Erythrozyten können Aggregate aus mehreren roten Blutkörperchen (sogenannte Rosetten) gebildet werden. Durch die Rosetten können Blutgefäße blockiert werden, sodass das Gehirn möglicherweise nicht mehr genügend mit Sauerstoff versorgt wird, was schließlich zum Tod führt.13,14 Im Knochenmark können die Merozoiten in einer geschlechtlichen Vermehrung Gametozyten bilden, welche durch einen erneu- ten Biss mit der weiblichen Anopheles Mücke von dieser aufgenommen werden kön- nen. Im Darm der Mücke entstehen aus den Gametozyten neue Sporozoiten, welche anschließend wieder in die Speicheldrüsen der Mücke gelangen.6

1.1.1 Erythrozyten-Invasion durch die Merozoiten

Die Invasion der Erythrozyten ist ein komplexer Prozess und ein essentieller Schritt im Lebenszyklus von Apicomplexa-Parasiten.6,8 Wichtige Bestandteile des Merozoi- ten für den Invasionsprozess sind die Dichte Granula, die Rhoptrien und die Mikro- neme, welche an der Anlagerung, der Invasion und der Bildung der parasitophoren Vakuole beteiligt sind.6,15 Der Invasionsprozess besteht aus verschiedenen einzelnen Schritten (Abbildung 2a).16 Zunächst findet ein erster Kontakt zwischen dem Parasi- ten und der Oberfläche der Erythrozyten statt. Dieser Kontakt ist reversibel, löst je- doch eine Deformationswelle in der Erythrozytenmembran aus.16 Der Parasit ist hier- bei beliebig orientiert, weshalb im nächsten Schritt für eine erfolgreiche Invasion eine Reorientierung zum apikalen Ende des Merozoiten stattfindet. Durch die hohe Affini- tät zwischen den Membranproteinen der roten Blutkörperchen und den Adhäsions- proteinen auf den Merozoiten wird eine starke Interaktion hervorgerufen.17–20 Nach

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der Reorientierung erfolgt die irreversible Ausbildung der Tight Junction.21 Diese wandert mit Hilfe der Glideosom-Aktivität (Kapitel 1.1.2) vom apikalen zum posterio- ren Ende und der eigentliche Invasionsprozess findet statt.2,22,23 Parallel hierzu wer- den die Oberflächenproteine des Merozoiten proteolytisch gespalten und der Parasit befindet sich schließlich in der parasitophoren Vakuole, während die Membran der Wirtszelle verschlossen und intakt bleibt (Echinozytose).24,25 Die parasitophore Va- kuole stellt für den Parasiten die optimale Umgebung für die Vermehrung dar, da sie vor dem Abbau durch Lysosomen schützt und Signalstoffe freigesetzt werden kön- nen.26

Abbildung 2: Schema und Kinetik der Invasion in Erythrozyten (orientiert an Cowman et al.)8. a: Der Invasionsprozess kann in fünf Schritte eingeteilt werden: Erster Kontakt, Reorientierung, Aus- bildung der Tight Junction, Invasion mit Glideosom-Aktivität und der Echinozytose. (Bausteine der Abbildung modifiziert aus Smart Servier Medical Art, licensed under Creative Common Attribution 3.0 Generic License) b: Zeitlicher Ablauf des Invasionsprozesses und des Beginns des Blutstadiums unter- teilt in Egress, Prä-Invasion, Invasion und Echinozytose (zur Verfügung gestellt von Viola Intronini, Cavendish Laboratory, Cambridge).

Die Dauer des Invasionsprozesses beträgt nur wenige Minuten (Abbildung 2b).11,27,28 Nach dem Egress bleiben die Merozoiten außerhalb der Erythrozyten nur für 30 – 40 Sekunden überlebensfähig und müssen in dieser Zeit in die roten Blutkörperchen eindringen. Die Prä-Invasion dauert hierbei ca. 11 Sekunden und die Invasion mit der Glideosomaktivität ca. 17 Sekunden. Die Dauer der Echinozytose kann bis zu 11 Mi- nuten betragen.

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9

1.1.2 Das Glideosom – die parasitäre Bewegungsmaschinerie

Der Parasit nutzt als Bewegungsmaschinerie einen Aktin-Myosin-Motorkomplex, wel- cher auch als Glideosom bezeichnet wird. Dieser besitzt eine tragende Rolle an di- versen essentiellen Prozessen während des parasitären Lebenszyklus, z. B. an der aktiven Fortbewegung der Sporozoiten oder auch am Egress und Invasion während des Blutstadiums.2,29 Das Glideosom besteht aus diversen Proteinen und besitzt ei- nen sehr komplexen molekularen Aufbau (Abbildung 3).

Abbildung 3: Schematische Darstellung der parasitären Bewegungsmaschinerie – das soge- nannte Glideosom aus Plasmodium falciparum (orientiert an Boucher et al.)30.

Das Glideosom ist im peripheren Raum der Plasmamembran des Parasiten und dem Inneren Membrankomplex (IMC) lokalisiert.31 Über Wechselwirkungen der mikrone- malen Liganden des Parasiten mit den Rezeptoren auf der Oberfläche der Erythrozy- ten findet der erste Kontakt statt. Die Liganden interagieren mit dem Transmembran- protein Thrombospondin-Related Anonymous Protein der Merozoiten (MTRAP), wel- ches für die Kommunikation zwischen den extrazellulären Adhäsinen und dem para- sitären Zytoskelett verantwortlich ist.32–34 Das MTRAP wiederum wechselwirkt mit der Aldolase, die mit dem parasitären F-Aktin verbunden ist.35–37 Das Motorprotein des Glideosoms stellt das parasitäre Myosin A (PfMyoA) der Klasse 14 dar und vervoll- ständigt den Aktin-Myosin-Motorkomplex. PfMyoA spielt eine kritische Rolle bei der Parasitenbewegung und der Invasion in die menschlichen Wirtszellen, da es durch

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seine ATPase-Aktivität chemische Energie in mechanische Energie umwandelt und dadurch die treibende Kraft des Glideosoms darstellt.6,8,23,32,38 Die Motorfunktion des PfMyoA bewirkt die Verschiebung der durch die Tight Junction gekoppelten RBC- Membran, durch die Bewegung von PfMyoA entlang der kurzen Aktin-Filamente.37 Die leichten Ketten des PfMyoA sind die ELC (essential light chain, s. Kapitel 1.3) und das Myosin Tail Interacting Protein (MTIP).31,35,39 Durch die Interaktion vom MTIP mit den Glideosome Associated Proteins (GAP) ist das Glideosom im IMC ver- ankert.40,41

Die Proteine des Multienzymkomplexes weisen hoch-konservierte Strukturen inner- halb der Gruppe der Apicomplexa auf.32,33 Die hoch-konservierten Bereiche sind wichtig für die Funktion der Proteine. Aus diesem Grund und aufgrund der essentiel- len Bedeutung des Glideosoms für die parasitären Bewegungsprozesse stellen die beteiligten Enzyme interessante Zielproteine für die Entwicklung neuer Anti-Malaria- Medikamente dar.

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1.2 Entwicklung von Anti-Malaria-Wirkstoffen

Die klinische Therapie von Patienten mit einer Malaria-Infektion erfolgt in den meis- ten Fällen mit der effizienten Kombinationstherapie aus Artemisinin mit Chloroquin oder Sulfadoxin-Pyrimethamin (Abbildung 4).1 Der Einsatz dieser Therapien in Kom- bination mit dem aktiven Schutz vor Moskitos durch Insektizide oder Moskitonetze reduzierte die Anzahl von Malaria-Infektionen um 20 Millionen Fälle und ca. 200.000 Todesfälle zwischen 2010 und 2017. Seit 2015 ist jedoch die Anzahl der Infektionen wieder leicht angestiegen. Verantwortlich hierfür sind der unzureichenden Zugang zu Anti-Malaria-Medikamenten in den betroffenen Regionen sowie die Resistenzbildung der Parasiten gegen die vorhandenen Therapien.1 Die Wirkmechanismen der bishe- rigen Therapien betreffen u.a. die Inhibition der Folsäure-Biosynthese (Sulfadoxin- Pyrimethamin, Cycloguanil) und der Kristallisation von Hämozoin (Chloroquin, Chinin, Mefloquin) sowie der Bildung von freien Radikalen, die der Zerstörung des Parasiten dienen (postulierter Mechanismus für Artemisinin).1,42,43

Abbildung 4: Chemische Strukturen der am häufigsten eingesetzten Therapeutika bei einer Malaria-Infektion.

Auch die Entwicklung von Vakzinen gegen eine Malaria-Infektion erhält große Auf- merksamkeit, da mit Hilfe eines präventiven Impfstoffes auch endemische Regionen erreicht werden können, in denen eine medizinische Versorgung schwer zugänglich ist. Das Vakzin Mosquirix (RTS,S) besteht aus rekombinantem Circumsporozoite Protein und mit ihm konnten erste Erfolge in klinischen Studien erzielt werden.44 Je- doch liegt die Effizienz lediglich zwischen 30 und 50% und die Impfung besteht aus mehreren Zyklen, die über einen Zeitraum von zwei Jahren bei kleinen Kindern durchgeführt werden müssen.45

Die Resistenzen gegen die vorhandenen Medikamente sind kein regionales Problem, sondern treten weltweit in allen Malaria-Regionen auf.1 Aus diesem Grund ist es dringend notwendig Medikamente mit neuen Wirkmechanismen zu entwickeln, die eine Aktivität auch gegen resistente Stämme der Plasmodium Parasiten aufweisen

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und die Parasitämie deutlich reduzieren. Mit einer Aktivität dieser potentiellen Medi- kamente gegen unterschiedliche Stadien des parasitären Lebenszyklus‘ könnten zu- dem Resistenzbildungen möglicherweise verringert werden.46

1.2.1 Inhibition der Erythrozyten-Invasion

Die Invasion der Merozoiten in die Erythrozyten besteht aus einer Abfolge mehrerer koordinierter und irreversibler Prozesse. Da die Merozoiten extrazellulär vorliegen, ist der periphere Bereich dementsprechend leicht zugänglich. Eine Inhibition eines die- ser Prozesse würde somit zu einer Störung des Gesamtprozesses führen, sodass die Proliferation des Parasiten nicht mehr stattfinden kann.46 Dass der Eintritt in die Wirtszelle ein effektiver Angriffspunkt für Medikamente darstellt, ist auch aus anderen Therapien von Infektionen bekannt, wie z.B. bei der Therapie des Humanen Immun- defizienz Virus‘ (HIV) oder aus Studien mit von Trypanosoma cruzi.47–50 Die Struktu- ren der an der Invasion beteiligen Enzyme und Proteine des Glideosoms sind zudem hoch-konserviert und einzigartig innerhalb der Apicomplexa. Durch die hohe Komple- xität bieten sich viele mögliche Angriffsziele für Wirkstoffe,32,33 wie in aktuellen Stu- dien beschrieben z.B. die Störung von Protein-Protein-Interaktionen (PPI), die Inhibi- tion von Proteasen oder der Aktin-Myosin-Motoraktivität.46

Im Hinblick auf die Störung von PPIs befassen sich aktuelle Studien mit der Entwick- lung neuer Wirkstoffe. Dazu zählen Heparin-ähnliche Moleküle, die den Kontakt und die Reorientierung der Parasiten auf der Erythrozytenmembran stören, indem sie an die Oberflächenproteine und mikronemalen Liganden des Parasiten binden und so die PPI zu den Proteinen des Erythrozyten inhibieren können.51,52 Zudem zeigten Studien die Möglichkeit die Ausbildung der Tight Junction zu hemmen, indem synthe- tische Peptide die PPI von AMA1 (apical membrane antigen 1) und RON2 (RBC bound rhoptry neck 2) unterbinden könnten.53,54 Eine weitere wichtige Bedeutung während der Invasion besitzen die Proteasen PfSUB1 und Plasmepsin IX und X.

Verschiedene Studien zeigten eine mögliche Inhibition von PfSUB1 u.a. durch Cpd255 und von Plasmepsin durch Hydroxyethylamin-Derivat 49c56, Aminohydantoi- ne57,58 und Arylpyrrolidine59 (Abbildung 5).

Aufgrund der essentiellen Bedeutung des Glideosoms für den Lebenszyklus von Api- complexa Parasiten ist die parasitäre Bewegungsmaschinerie ein interessantes An- griffsziel für die Entwicklung neuer Therapien. Diverse Studien zeigten z. B. die Inhi-

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bition von Kinasen, die die Proteine des Glideosoms phosphorylieren und somit regu- lieren (Abbildung 5). Vielversprechende Substanzen hierfür sind u.a. trisubstituierte Purine (Purfalcamin)60 und Imidazopyridazine61, die die Calcium-abhängige Protein Kinase 1 (PfCDPK1) inhibieren, oder Thieno-[2,3-b]pyridine62, die die Glycogen- Synthase Kinase 3 (PfGSK3) hemmen. Direkte Angriffsziele im Glideosom sind in neueren Studien u.a. das parasitäre filamentöse Aktin (F-Aktin) und die PPI zwischen MTIP und dem parasitären Myosin (Abbildung 5). Eine Inhibition des F-Aktins kann durch Cytochalasine63 oder verkürzte Latrunculin-Derivate64 erfolgen. Für peptido- mimetische Strukturen31,65 oder Pyrazol-Harnstoff-Derivate66 konnte in ersten Studien gezeigt werden, dass die MTIP-PfMyoA-Interaktion unterbunden werden könnte.

Abbildung 5: Chemische Strukturen der Invasions-Inhibitoren unterteilt in Kinase-, Protease- und Aktin-Myo/MTIP-Inhibitoren.

Niedermolekulare Effektormoleküle, die als Zielprotein direkt das parasitäre Myosin A besitzen, sind bisher in der Entwicklung neuartiger Substanzen noch nicht berück- sichtigt worden.

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1.3 Myosine – Struktur und zyklische Interaktion mit Aktin

Myosine sind Motorproteine, deren katalytische Aktivität die Umwandlung von chemi- scher Energie in kinetische Energie bewirkt. Zusammen mit Aktin sind Aktin-Myosin- Komplexe die am häufigsten vorkommenden Proteine in der Natur.67 Durch konfor- mationelle Änderungen, die durch die freigesetzte Energie aus der ATP-Hydrolyse stattfinden können, bewegt sich das Myosin entlang von filamentösem Aktin. Aktin- Myosin-Komplexe sind an diversen zellulären Prozessen beteiligt, wie z.B. an der Muskelkontraktion, an Transportprozessen oder der Endozytose. Aufgrund der Mit- wirkung an einer Vielzahl von Prozessen werden Myosine mit diversen Krankheiten in Verbindung gebracht, wie z.B. Krebs, Diabetes, neurodegenerative Erkrankungen oder Myopathien.67 Der molekulare Aufbau der Myosine besteht aus einer Kopf-, ei- ner Nacken- und einer Schwanzdomäne. Die Kopfdomäne besteht aus der Motor- und Nackendomäne, beinhaltet die Aktin- und ATP-Bindungsstellen und ist Teil der sogenannten schweren Kette (MHC, myosin heavy chain).68–70 Untersuchungen der in vitro Motilität zeigten, dass die Kopfdomäne alleine in der Lage ist sich entlang von Aktinfilamenten zu bewegen.71 In der Nackendomäne befinden sich die IQ-Motive, welche die leichten Ketten (MLC, myosin light chains) binden. Sie dient dadurch als Hebelarm, der die Bewegung verstärkt.72,73 In Klasse 2 Myosinen können die leichten Ketten entweder regulatorisch (RLC) oder essentiell (ELC) sein. Für die Schwanz- domäne kommen unterschiedliche Strukturen vor, so besitzen Muskelmyosine (der Klasse 2) beispielsweise eine α-helikale coiled coil Struktur, welche die Filamentbil- dung der Muskeln ermöglicht.74 Anhand phylogenetischer Untersuchungen der hoch- konservierten Kopfdomäne kann die Myosin-Superfamilie in 35 Klassen unterteilt werden (eine genauere Betrachtung der in der vorliegenden Arbeit verwendeten Klassen erfolgt in Kapitel 1.3.1).75

Die Motordomäne des Myosins besteht aus vier verschiedenen Subdomänen (obere und untere 50 kDa-Domäne, C-terminale Converter-Domäne, N-terminale SH3- homologe Domäne, Abbildung 6).67 Die obere und die untere 50 kDa-Domänen (U50 und L50) bilden zusammen eine sieben-strängige β-Faltblattstruktur aus, die von α- Helices umgeben ist. Zwischen diesen beiden Domänen befindet sich eine große Cleft, die zusammen mit Loop 2, 3 und 4, sowie dem CM-Loop und dem Aktivie- rungs-Loop und dem Helix-Loop-Helix-Motiv (HLH) die Aktinbindestelle bildet. Über Loop 2 und den Strut sind die U50 und L50 miteinander verbunden. Zudem ent-

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scheidet die Länge und Ladung von Loop 2 über die Aktinaffinität.76–78 Das Phosphat des Nukleotids wird durch Switch 1 und 2 sowie den P-Loop (U50) gebunden. In An- wesenheit eines Nukleotids bilden Switch 1 und 2 eine Salzbrücke zwischen einem Arginin- (R238 bei DdMyo2, Switch 1) und einem Glutamatrest (E459 bei DdMyo2, Switch 2) aus.79 Konformationelle Änderungen innerhalb dieser Tasche führen über eine allosterische Kommunikation zu weitreichenden strukturellen Bewegungen in- nerhalb des Myosins. So zeigten Studien zum Beispiel, dass ein Lysinrest (K265 bei DdMyo2) innerhalb der Cleft die allosterische Kommunikation zwischen Aktin- und Nukleotidbindestelle über die sogenannte Transducer-Region gewährleistet.80,81 Eine Kommunikation zum Converter wird über die in der L50-Domäne liegenden Relay-, sowie die SH1 und SH2 Helices vermittelt. Durch die konformationellen Änderungen dieser Elemente wird über die Rotation der Converter-Domäne das Schwingen des Hebelarms ermöglicht. Die Converter-Domäne interagiert zudem mit den leichten Ketten der Nackenregion.67

Abbildung 6: Myosinstuktur unterteilt in die vier Subdomänen (orientiert an Preller et al.)67. Gezeigt sind die U50- (blau) und die L50-Domänen (grün), sowie die N-terminale SH3-Domäne (cyan) und der Converter (violett). Des Weiteren sind die Cleft und die Aktin- sowie Nukleotidbindestellen gekennzeichnet, deren Strukturelemente, die an der Bindung von Aktin (CM-Loop, Loop 2, 3, 4 und HLH-Motiv) bzw. des Nukleotids (Switch 1 und 2 (hier S1 und S2) und P-Loop) beteiligt sind, sind in rot dargestellt. Die Abbildung wurde anhand von DdMyo2 (PDB: 2JHR) mit Pymol generiert.

Die Interaktion zwischen Aktin und Myosin kann anhand des von Lymn und Taylor postulierten chemomechanischen Zyklus beschrieben werden (Abbildung 7).82 Dieser

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wurde durch die Ergebnisse kinetischer und strukturbasierter Studien ergänzt. Das Myosin kann sich in unterschiedlichen Zuständen befinden, die als rigor, post rigor, pre power-stroke und post power stroke bezeichnet werden, und deren Affinität zum Aktin sich stark unterscheidet.83,84

Abbildung 7: Zyklische Interaktion zwischen Myosin und Aktin nach Lymn-Taylor.82

Im rigor-Zustand findet eine hoch-affine Wechselwirkung zwischen Myosin und Aktin statt. Das Myosin befindet sich hierbei im Nukleotid-freien Zustand (apo).85 Die Cleft ist geschlossen und Switch 1 und 2 geöffnet. Durch die Bindung von ATP findet im Myosin eine Konformationsänderung in Switch 1 statt, welche das Öffnen der Cleft bewirkt, wodurch die Bindungsaffinität zum Aktin stark verringert wird. Das abdissozi- ierte Myosin befindet sich im post rigor-Zustand. Durch anschließende konformatio- nelle Änderungen schwingt der Hebelarm während des Recovery strokes von der down (post rigor)- in die up (post recovery stroke)-Position, welche zur Vorbereitung für die nachfolgende ATP-Hydrolyse dient.67 Dadurch interagieren Switch 1 und 2 mit ATP, sodass dieses hydrolysiert wird und schließlich eine Rückbindung zum Aktin erfolgt und sich das Myosin im schwach gebundenen pre-power-stroke Zustand mit partiell geschlossener Cleft befindet. Nach der Rückbindung ans Aktin wird das

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Phosphat freigesetzt (Pi-release) und der Kraftschlag (power-stroke) findet statt.86 Durch den Kraftschlag schwingt der Hebelarm zurück in die down-Position und das Myosin verschiebt das Aktin-Filament. Konformationelle Änderungen der Relay-Helix infolge der Bewegung innerhalb von Switch 2 werden durch die Interaktion mit der SH1-SH2-Region verstärkt, was letztendlich zu einer Rotation des Converters wäh- rend des Kraftschlags führt, wodurch der Hebelarm seine Position ändert.67 Dadurch wird die Interaktion zum Aktin verstärkt, sodass das Myosin stark gebunden im post power-stroke-Zustand vorliegt. Durch die Freisetzung von ADP geht das Myosin er- neut in den hoch-affinen rigor-Zustand über.67

1.3.1 Parasitäre Myosine

Wie in Kapitel 1.3 beschrieben, wurden Myosine anhand phylogenetischer Analysen in 35 verschiedenen Klassen eingeteilt, die jeweils aus verschiedenen Isoformen be- stehen. Sie können in konventionelle Myosine (Klasse 2: Muskel-, Herzmuskel-, Nicht-Muskel (NM) Myosine) und unkonventionelle Myosine eingeteilt werden. Die konventionellen Myosine sind an diversen zellulären Prozessen beteiligt, wie z.B. der Muskelkontraktion, der Bildung der Lamellipodia oder der Endo- und Exozytose. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der selektiven Inhibition von parasitären Myo- sinen (unkonventionell). Innerhalb der Apicomplexa-Parasiten (21 Spezies) existieren 114 unkonventionelle Myosine, von denen die meisten der Klasse 14 angehören. Für Toxoplasma gondii (Tg) wurden elf Myosine (A-K) und für P. falciparum (Pf) sechs Myosine (A-F) identifiziert, die den Klassen 14, 22 und 6 zugeordnet sind.

Das am besten charakterisierte Myosin für Tg und Pf ist das Klasse 14 Myosin A (MyoA), welches durch seine Schlüsselrolle als Kraft-generierendes Enzym eine es- sentielle Bedeutung für die Funktion des Glideosoms besitzt. Zusammen mit dem parasitären Aktin bildet es die molekulare Basis für die parasitäre Motilität und die Invasion (s. Kapitel 1.1.2). Im Vergleich zu eukaryotischen Myosinen ist es mit 93 kDa relativ klein (wie auch das parasitäre F-Aktin) und besitzt lediglich eine 30%ige Sequenzhomologie zu anderen Myosinklassen.87,88 MyoA ist ein einköpfiges, schnelles Myosin, das sich in Richtung des positiven Endes entlang des Aktinfila- ments bewegt (Aktinfilamente besitzen ein positives und negatives Ende, an welchen die Polymerisation bzw. Depolymerisation stattfinden).89 Die degenerierten IQ-Motive des Hebelarms interagieren mit MTIP, welches als leichte Kette fungiert. Studien

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zeigten, dass MyoA zwei essentielle leichte Ketten besitzt (MTIP und ELC in Pf, MLC1 und ELC in Tg).90–93 In neueren Studien gelang sowohl die rekombinante Prä- paration von PfMyoA91 als auch die von TgMyoA94. Durch Aufklärung der Struktur von TgMyoA und mechanistischen Analysen konnte gezeigt werden, dass TgMyoA eine hohe Affinität zu den leichten Ketten besitzt, welche auch zur Maximierung der Kraftgenerierung dient.92 Außerdem steigert eine Phosphorylierung am N-Terminus die Motilität und den Egress sowie die Stabilität. Innerhalb der TgMyoA-Motor- domäne wurden allosterische Taschen mit bekannten allosterischen Taschen in wei- teren Myosinklassen verglichen, welche sich durch signifikante Sequenzunterschiede (sogar zu PfMyoA) stark unterscheiden, sodass eine selektive Inhibition durch nie- dermolekulare Effektormoleküle möglich zu sein scheint.95 Auch die Strukturaufklä- rung von PfMyoA identifizierte die Möglichkeit dieses spezifisch zu inhibieren. Wei- terhin ergab sich, dass die ELC nur dann eine hohe Affinität zu PfMyoA zeigt, wenn MTIP am Myosin gebunden ist.91 Die Strukturanalyse von PfMyoA zeigt innerhalb der Motordomäne atypische Interaktionen, z.B. elektrostatische Wechselwirkungen mit dem verlängerten N-Terminus, die voraussichtlich zur Verlängerung des pre power- stroke Übergangszustands beitragen.96 Außerdem konnte für die Phosphorylierung von S19 eine interessante regulatorische Funktion nachgewiesen werden, da eine Phosphorylierung im Sporozoiten-Stadium zu einer höheren Motilität führte, eine Dephosphorylierung bei den Merozoiten jedoch mit einer größeren Kraft einhergeht.96

Die Funktion der weiteren Myosine von Pf ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Die Klasse XIV Myosine PfMyoB und PfMyoE werden wie PfMyoA in allen infektiösen Stadien (Sporozoiten, Merozoiten und Ookineten) exprimiert und überlappen in ihrer Lokalisierung. PfMyoE scheint eine Rolle bei der Absonderung der Parasiten aus dem Speichel der Anopheles Mücke im Sporozoitenstadium zu spielen.97 PfMyoC (Klasse 22) und PfMyoF (Klasse 6) sind bei der Zellteilung im asexuellen Stadium essentiell und PfMyoD (Klasse 6) ist möglicherweise an der Rosettenbildung betei- ligt.97–99 Weitere parasitäre Myosine, wie TgMyoH oder TgMyoC (beide Klasse 14), scheinen aufgrund initialer Experimente und ihrer Lokalisation eine Funktion während der Invasion zu besitzen.100,101

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19

1.3.2 Modulation von Myosin durch niedermolekulare Effektormoleküle

Aufgrund ihres häufigen Vorkommens kamen Myosine zunächst nicht als attraktive Zielmoleküle bei der Entwicklung von Wirkstoffen infrage, obwohl ihre Beteiligung an diversen Krankheitsformen bekannt war. Neuere Studien zeigen jedoch die Möglich- keit der selektiven Modulation spezifischer Myosinisoformen durch niedermolekulare Effektormoleküle (Abbildung 8) entweder durch Inhibition oder Aktivierung. Hierbei rückten vor allem allosterische Modulatoren in den Fokus, da die Aminosäurese- quenz in den identifizierten allosterischen Taschen weniger konserviert ist als die der Nukleotid- und Aktinbindestellen. Dennoch sind die Modulatoren aufgrund ihrer Ne- benwirkungen und teilweise noch eher geringen Spezifizität noch nicht für den klini- schen Alltag gebräuchlich.

N N

O2N

O OH

NH

Br Br

Br OH

Br

Br

N S F3C

N N

N N O

NH2

NH2 O

O NH

Cl Cl

Cl OH

Cl

Cl

S-(-)-Blebbistatin Pentachloropseudilin Pentabromopseudilin

Trifluoperazin Ammosamid 272 Myosin-Inhibitoren

Abbildung 8: Chemische Strukturen ausgewählter Myosin-Inhibitoren.

Die ersten identifizierten allosterischen Inhibitoren waren 2,3-Butandion-monoxim (BDM) und N-Benzyl-p-Toluol-sulfonamid (BTS).102–104 Das inhibitorische Potential dieser Verbindungen liegt bei 5 mM (BDM) bzw. 5 µM (BTS) für die Hemmung der katalytischen Aktivität (ATPase-Rate) von Klasse 2 Myosinen. Die Spezifität und Se- lektivität dieser Substanzen ist jedoch sehr gering, weshalb sie in der heutigen Zeit kaum noch Anwendung finden.

S-(-)-Blebbistatin zeigt eine hohe Affinität und Spezifizität für Myosine der Klasse 2 (Muskel und nicht-Muskel). Die mittlere inhibitorische Konstante (IC50) liegt im unte- ren mikromolaren Bereich.105 Es bindet in der inneren Cleft und geht dort hydrophobe

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20

Wechselwirkungen sowie Wasserstoffbrückenbindungen zu den Aminosäuren der allosterischen Tasche ein (cyan, Abbildung 9).106 Blebbistatin stabilisiert den met- astabilen Übergangszustand (pre-power-stroke), sodass das Phosphat nicht freige- setzt werden kann. Aufgrund der schlechten Löslichkeit, der fluoreszierenden und lichtsensitiven Eigenschaften sowie der hohen Zytotoxizität wurden Derivate entwi- ckelt, um diese Eigenschaften zu verbessern. Hierbei wurden vor allem Modifikatio- nen am Phenylring (para-Nitro- und para-Aminoblebbistatin) eingeführt.107–110

Des Weiteren wurden Pseudiline als inhibitorische Substanzen verschiedener Myo- sinklassen identifiziert.81,111 Pentachloropseudilin (PClP) zeigt eine Selektivität ge- genüber Klasse 1-Myosinen mit inhibitorischen Konstanten im unteren mikromolaren Bereich.112 Durch die Bindung von PClP wird die allosterische Kommunikation zwi- schen der Aktin- und Nukleotidbindestelle gestört. Pentabromopseudilin (PBP) inhi- biert die ATPase-Rate und Motorfunktion von Klasse 2 und 5 Myosinen.81,111 Es bin- det innerhalb der Cleft, ca. 7.5 Å entfernt von der Blebbistatin-Bindestelle in der äu- ßeren Cleft nahe der Aktinbindestelle (blau, Abbildung 9). Die Bindung von PBP stei- gert die Affinität zu ADP und verringert die Affinität zu ATP, wodurch der chemome- chanische Zyklus inhibiert wird.

Abbildung 9: Bindestellen der Myosinmodulatoren Pentabromopseudilin, Blebbistatin und O- mecamtiv mecarbil.

Dargestellt sind die Bindungsstellen von PBP (blau, PDB: 2JHR)113, Blebbistatin (cyan, PDB: 1YV3)106 und OM (grün, PDB: 5N69)114 als Oberflächen im DdMyo2 (PDB: 2JHR) pre-power-stroke Zustand, bearbeitet mit Pymol. (Die Struktur von OM befindet sich eigentlich in β-kardialem Myosin, wurde je- doch hier zur Veranschaulichung der Bindestellen mit DdMyo2 überlagert.)

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21

Trifluoperazin weist ebenfalls ein inhibitorisches Potential gegenüber Klasse 2 und 5 Myosinen auf, wobei es die ATPase-Rate und die Motorfunktion der Myosine inhibiert mit IC50-Werten im mittleren mikromolaren Bereich.115 Mavacamten ein weiterer My- osin-Inhibitor besitzt ein inhibitorisches Potential gegenüber β-kardialem Myosin.

Durch die Bindung von Mavacamten reduziert sich die Sarcomer-Aktivität und dadurch die kardiale Kontraktilität, was Mavacamten zu einem potentiellen Wirkstoff für Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) macht.116 Auch der Inhibitor CK-571 inhi- biert das Myosin der glatten Muskulatur, durch die Bindung in einer neu-identifizierten allosterischen Tasche ergibt sich das Potential der Entwicklung neuartiger Wirkstoffe.

CK-571 bindet in einer allosterischen Tasche, die sich während des recovery strokes öffnet.117

Zudem wurden zwei Myosin-Aktivatoren identifiziert: EMD57033 und Omecamtiv me- carbil (OM). Beide Substanzen aktivieren die Funktion von β-kardialem Myosin und eignen sich daher als potentielle Wirkstoffe zur Behandlung von Herzinsuffi- zienz.118,119 OM bindet in der Motordomäne (grün, Abbildung 9) des kardialen Myo- sins zwischen der U50-Domäne und dem Converter und zeigt keine Interaktionen zu Myosinen der glatten und skeletalen Muskulatur.120 Durch die Bindung von OM in der allosterischen Tasche wird der Hebelarm stabilisiert, was schließlich in einer erhöh- ten Anzahl an gebundenen Myosinköpfen auf einem Aktinfilament resultiert.120 Neue- re Studien zeigen jedoch, dass der Wirkmechanismus noch nicht vollständig aufge- klärt ist, da die hohe Calciumsensitivität von OM zu einer Reduktion der Kontraktilität und Motilität führen kann, was einem kontraintuitiven Verhalten gegenüber der Akti- vierung der katalytischen Aktivität entspricht.114,121 EMD bindet laut computerchemi- schen Vorhersagen ebenfalls in der allosterischen Tasche, in der auch OM bindet und aktiviert die ATPase-Rate, zeigte jedoch auch einen aktivierenden Effekt auf My- osine der Klassen 2, 3 und 6.119

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