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Archiv "Poliomyelitis-Impfung: Schlußwort" (05.03.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AUSSPRACHE

Stellungnahme

Der Artikel von Herrn Professor Dr. Stickt kann meines Erachtens so nicht einfach hingenommen und ad acta gelegt werden. Wie er selbst in seinem Aufsatz erwähnt, wurde innerhalb von zwei Jahren nach Einführung der Schluckimp- fung Deutschland praktisch frei von dieser Seuche. Daß dies so rasch und kostengünstig durchge- führt werden konnte, ist eindeutig den jetzt so geschmähten Ge- sundheitsämtern zu verdanken und zugleich ein Beweis für die Effizienz eines funktionierenden öffentlichen Gesundheitswesens.

Auch kann nicht hingenommen werden, daß öffentliche Impfter- mine nur aus Angst und Not in An- spruch genommen wurden, es be- stand ja von jeher die Möglichkeit, sich auf eigene Kosten von sei- nem behandelnden Arzt impfen zu lassen, wenn man nicht bereit war, sich „in die Schlange" zu stellen.

Eine große Gefahr sehe ich in der alleinigen Übernahme der Impf- versorgung durch niedergelasse- ne Ärzte, gerade was die von Herrn Prof. Stick) angesprochene sorgfältige Durchimpfung der Be- völkerung anbetrifft. Wie ihm si- cher bekannt ist, ist, seitdem in Bayern die Polio-Wiederimpfung als Reihenimpfung in der Schule nicht mehr erfolgt und auch der Erinnerungseffekt der öffent- lichen Impftermine für Erwachse- ne fehlt, die Durchimpfung in die- sem Bundesland rapide zurückge- gangen. Daß entgegen anderslau- tenden Behauptungen wesent- liche Impflücken bislang nicht be- standen, wurde unter anderem im Land Niedersachsen eindeutig belegt, wo bei Einschulungsunter-

suchungen in den letzten Jahren der Impfstatus erfaßt wird. Danach besteht für Diphtherie und Teta- nus eine 80- bis 90prozentige, bei Polio und Tuberkulose eine über 90prozentige Durchimpfung der ABC-Schützen, welche wohlge- merkt geimpft wurden, als es die Beteiligung der Kassenärzte am Impfprogramm noch nicht gab.

Wesentlich schlechter sieht die Durchimpfung gegen Masern und Mumps aus, hier hat auch das

„Bayernmodell" meines Wissens keine besseren Zahlen vorzuwei- sen. Im Gegenteil, es ist schon wiederholt veröffentlicht worden, in welch dramatischer Weise in Bayern die Durchimpfung der Frauen im gebärfähigen Alter ge- gen Röteln zurückgegangen ist, nachdem dort die Gesundheits- ämter ihre Impftätigkeit einstellen mußten. Über die sehr erfolgrei- che Praxis einer fast vollständigen Durchimpfung geschlossener Jahrgänge gegen Röteln mit sero- logischer Vor- und Nachtestung durch die Gesundheitsämter in Niedersachsen wurde bereits durch Herrn Prof. Windorfer ir dieser Aufsatzserie berichtet.

Dr. med. M. Friedrich Leitender Medizinal-Direktor Arzt für Kinderheilkunde und öffentliches

Gesundheitswesen Rummelweg 18 2900 Oldenburg

Schlußwort

Niemand bezweifelt die großen Verdienste des Öffentlichen Ge- sundheitsdienstes bei der Be- kämpfung von Infektionskrank- heiten: Ist es doch eine der Haupt- aufgaben des Öffentlichen Ge-

sundheitsdienstes, die Gesund- heit von Mensch und Tier zu schützen. Die Prävention ist ein wesentlicher Bestandteil der Auf- gaben des Öffentlichen Gesund- heitsdienstes.

Dies kann auf direktem Wege, wie es Herr Kollege Friedrich an- spricht, geschehen — aber auch indirekt durch die Förderung ge- sundheitspolitischer Maßnahmen, wie zum Beispiel in Bayern mit der Delegierung aller Impfungen an niedergelassene Ärzte. Hier er- innert der Öffentliche Gesund- heitsdienst mit Hilfe von Aufklä- rungsaktionen in Medien und über den ad personam gerichte- ten Versand von Karten an Mäd- chen im 12. Lebensjahr (bezie- hungsweise deren Eltern) zum Beispiel an die Röteln-Impfung.

In der Tat war in Bayern unmittel- bar nach Einführung des soge- nannten „Bayern-Modells" der Durchimpfungsgrad der Mädchen gegen Röteln zwischen dem 10.

und 14. Lebensjahr drastisch zu- rückgegangen; doch inzwischen wurden durch entsprechende In- formation von Ärzten und Eltern und dem Kartenversand sehr gute Durchimpfungen (65 Prozent, in einigen Bezirken über 80 Prozent) erzielt.

Geht man von Rückmeldungen und den Angaben der Ortskran- kenkassen aus, so besteht seit 1983 ein Durchimpfungsgrad ge- gen Masern, Mumps und Röteln der Kleinkinder im 2. Lebensjahr von etwas über 80 Prozent; geht man vom Verkauf der Impfstoffe aus, so ist mit einer Durchimp- fungsrate von 93 Prozent zu rech- nen. Hier hat sich also die indirek- te Hilfe, der Grundsatz der Subsi- diarität, offensichtlich bewährt.

Ich stimme jedoch zu, daß neben öffentlichen Impfterminen auch Dauerimpfstellen und Beratungs- stellen an Gesundheitsämtern für Impfungen erhalten bleiben soll- ten. Die größte Effizienz dürfte durch eine fruchtbare Zusammen- arbeit zwischen niedergelassenen

Poliomyelitis-Impfung

Zu dem Beitrag von Professor Dr. med. Helmut Stickt in Heft 35/1985, Seiten 2488 bis 2489

626 (66) Heft 10 vom 5. März 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

(2)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AUSSPRACHE

Ärzten und Öffentlichem Gesund- heitsdienst (wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten) zu erzie- len sein.

In Bayern ist die Polio-Schluck- impfung ohne jegliche Einschrän- kung öffentlich empfohlen. Die Kosten für die Impfung werden von den RVO-Kassen übernom- men; davon ausgenommen ist le- diglich die von den Gesundheits- ämtern in den 4. Schulklassen an- gebotene Auffrischimpfung. Nach

Stellungnahme I

Unter dem Titel „Paramedizini- sches Therapieverhalten chro- nisch Multiple-Sklerose-Kranker"

schreibt Herr Bayerl, daß be- stimmte Teile dieser Kranken so- genannte paramedizinische The- rapieformen in Anspruch neh- men. Unter anderem werden da Ultraschall (38 Prozent), Heilkräu- ter (31 Prozent), spezielle Diäten (35,8 Prozent) und homöopathi- sche Mittel (38 Prozent) genannt.

Seit wann sind diese Therapie- methoden paramedizinisch? Die Therapie mit Heilkräutern wurde und wird von vielen Ärzten, die doch wohl auch Mediziner sind, angewandt, desgleichen die Ho- möopathie, die eine medizinische Methode ist, wenn sie auch nicht allgemein üblich ist und von man- chen als wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt bezeichnet wird. Spezielle Diäten sind mei- stens von Ärzten entwickelt wor- den, mag nun ihr Erfolg bei der MS auch unsicher sein (Evers-Di- ät). Aber was ist letztendlich da nicht fragwürdig? Ist etwa die all- gemein anerkannte symptomati- sche Therapie mit Kortikostero-

den Erhebungen durch die Ge- sundheitsämter anläßlich der Auf- frischungsimpfungen gegen Po- liomyelitis in den 4. Klassen verfü- gen in Bayern (1984) 85,2 Prozent dieser Schüler über einen ausrei- chenden Impfschutz.

Professor Dr. med. Helmut Stickl Technische Universität

Abteilung für Umwelthygiene und Impfwesen

Lazarettstraße 62 8000 München 19

Iden und Immunsuppressiva so ganz ohne Fragezeichen, da sie ja zugegebenermaßen in keiner Weise kausal ist? Es ist so leicht, Methoden, die nicht im Gleich- schritt mit der großen Masse ge- hen, als paramedizinisch zu diffa- mieren, damit man mit seiner ei- genen Unfähigkeit nicht gar so schlecht dasteht. Vielleicht wäre es auch nützlich gewesen, die Me- thoden der Hausärzte dieser be- dauernswerten Kranken einmal statistisch zu untersuchen. Viel- leicht würde man da auch eini- ge „paramedizinische" Mediziner entdecken.

Dr. Gerhardus Lang

Allgemeinmedizin — Homöopathie Klinge 10, 7325 Boll

Stellungnahme II

Der kausal nicht therapierbare Multiple-Sklerose-Kranke sucht verständlicherweise nach jedem Strohhalm. In der sogenannten Außenseitermedizin hat gerade die Akupunktur bei dieser Erkran- kung zu heftigen Diskussionen geführt. Bei meinem 4wöchigen

Studienaufenthalt in Peking muß- te ich feststellen, daß die Diagno- se multiple Sklerose für die Chi- nesen nicht faßbar war und die multiple Sklerose lediglich als Lähmungserkrankung behandelt wurde, die als chronische und langdauernde Erkrankung be- kanntlich der Akupunktur nur sehr mäßig zugänglich ist. Ich habe dies meinen Multiple-Sklerose- Patienten mitteilen können. Das Problem des paramedizinischen Therapieverhaltens liegt wie hier sehr oft in der Unwissenheit über die Möglichkeiten und Unmög- lichkeiten der Paramedizidin bei den niedergelassenen Ärzten.

Dr. med. Walter Köster Praktischer Arzt, Naturheilverfahren Friedrichstraße 4 7840 Müllheim/Baden

Schlußwort

In unserem Beitrag über das The- rapieverhalten chronisch Multi- ple-Sklerose-Kranker ging es uns um die Sorgen und Nöte unserer MS-Patienten. Keinesfalls um eine überflüssige Aufwärmung eines alten Schulenstreites. Mit Herrn Dr. G. Lang stimmen wir überein, daß eine unkritische Anwendung immunsuppressiver Maßnahmen bei Multiple-Sklerose-Kranken als viel schlechter beurteilt werden muß als eine kritische Anwendung homöopathischer Mittel. Zugege- benermaßen ist der Ausdruck

„Paramedizin" vielleicht mißver- ständlich, weil das Wissen um die Bedeutung griechischer Präposi- tionen verlorengegangen ist. Wir möchten feststellen, daß es uns si- cher nicht um die Diffamierung von Methoden oder gar Kollegen zu tun war, sondern um Ehrlich- keit im Umgang mit unseren be- troffenen Patienten.

Dr. med. Johannes R. Bayerl Chefarzt der

Neurologischen Klinik Heinrich-Lanz-Krankenhaus Feldbergstraße 68-70 6800 Mannheim 1

Paramedizinisches

Therapieverhalten chronisch Multiple-Sklerose-Kranker

Zu dem Beitrag von Professor Dr. med. Johannes R. Bayerl et al.

in Heft 43/1985, Seiten 3189 bis 3190

628 (68) Heft 10 vom 5. März 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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