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P O L I T I K MEDIZINREPORT
(24) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 3, 22. Januar 1999 Die mittlere intraindividuelle Er-
höhung betrug bei Patienten mit initial einer Zweifach-Kombination nach 18 Monaten 148 CD4-Zellen/µl, während sich Patienten mit Dreifach- Kombination im Mittel um 190 CD4- Zellen/µl verbesserten.
Die mittlere intraindividuelle Logstufenänderung betrug zu Monat 18 für die Zweifach-Kombinationen
minus 1,57 Log- stufen und für die Dreifach-Kombi- nationen minus 2,02 Logstufen (Grafik 3). Der Unterschied zwi- schen den beiden Therapiegruppen ist zu jedem ein- zelnen Zeitpunkt ab Monat drei statistisch signifi- kant.
Der Anteil der Patienten mit einer Viruslast un- ter 500 Kopien/
ml ist über alle Beobachtungs- zeitpunkte unter den Dreifach- Kombinationen statistisch signi- fikant höher als unter Zweifach-Kombinationen (je- weils p < 0,01). Nach der 18monati- gen Therapie war die Anzahl der HIV-1-RNA-Kopien bei 46 Prozent der Patienten mit einer initialen Zweifach-Therapie unter 500 Ko- pien/ml, während dies bei den Pa- tienten mit einer Dreifach-Kombi- nation 66,1 Prozent der Patienten waren (p = 0,001).
Diskussion: Die derzeitige Dis- kussion um eine optimale Behandlung schlägt sich in Konsensus-Beschlüssen nieder (2, 3, 4, 5), die nur teilweise der klinischen Realität gerecht werden.
Ein Hauptpunkt der heutigen Diskus- sion – initiale Dreifach-Therapien gel- ten derzeit als Standard – ist die Frage, ob am Anfang klassensparend (zum Beispiel ohne Protease-Inhibitoren) behandelt werden soll und wie inten- siv die Anfangsbehandlung sinnvoller- weise sein sollte (6).
In frühen Phasen der HIV-Er- krankung ist die Grundlage des Ein- satzes von Proteaseinhibitoren nicht in erster Linie der klinische Wirksam- keitsnachweis, sondern die Verbesse- rung der Surrogatmarker Viruslast und CD4-Lymphozyten.
Das Prinzip „Hit hard and early“
wird bei inzwischen zehn- bis 20jähri- gen Therapiehorizonten auch wegen der fehlenden Möglichkeit einer Maintenance-Therapie (7, 8, 9) hin- terfragt. ART-96-Evaluationsgruppe Für die ART-96-Evaluationsgruppe: Dr. med.
Hans Jäger (München), Eva Wolf (München), Gertrud Hammel (Augsburg), Thomas Zwin- gers (Augsburg), Armin Goetzenich (Aachen), Dr. med. Heribert Knechten (Aachen) Literaturquellen und die vollständige Liste der teilnehmenden Zentren an der ART-96-Un- tersuchung sind in einem Sonderdruck zusam- mengestellt, der zu beziehen ist über: Kura- torium für Immunschwäche, Mozartstraße 3, 80336 München, Fax 0 89/5 32 86 51.
Tabelle
Antiretrovirale Medikamente zur Behandlung der HIV-Infektion
Nukleosidartige Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (RTI)
Abkürzung Freiname Handelsname
AZT Zidovudin Retrovir
d4T Stavudin Zerit
ddI Didanosin Videx
ddC Zalcitabin Hivid
3TC Lamivudin Epivir
AZT+3TC Zidovudin/Lamivudin Combivir
ABC Abacavir Ziagen
Nichtnukleosidartige RT-Inhibitoren (NNRTI)
NVP Nevirapin Viramune
DLV Delavirdin Rescriptor
EFV; Efavirenz Sustiva
früher: DMP-266
Protease-Inhibitoren (PI)
SQVhard gel caps. Saquinavir Invirase
SQVsoft gel caps. Saquinavir Fortovase
oder FTV
RTV Ritonavir Norvir
IDV Indinavir Crixivan
NFV Nelfinavir Viracept
Das Robert Koch-Institut (Berlin) hat den Erhebungsbo- gen für Meldungen nach der Laborberichtsverordnung um ei- nen Durchschlag für den behandelnden Arzt ergänzt. Die
„Verordnung über die Berichtspflicht für positive HIV-Be- stätigungsteste“ (Laborberichtsverordnung) verpflichtet seit dem 1. Januar 1988 unter anderem Laborärzte zu anonymen Berichten, die nach Möglichkeit auch Angaben enthalten sol- len zum vermutlichen Infektionsrisiko, zu den ersten beiden Ziffern des Wohnortes, zum Serostatus des Untersuchten vor der aktuellen Untersuchung.
Laborärzten sind diese Angaben oftmals nur nach Rück- fragen beim Einsender des Untersuchungsmaterials möglich.
Dies führte häufig dazu, daß entsprechende Angaben in dem Bericht an das Robert Koch-Institut fehlten. So ist es zu er- klären, daß in Analysen deshalb nur in maximal 50 Prozent al- ler Meldungen auf ein Infektionsrisiko zurückgegriffen werden konnte. Besonders nachteilig wirkten sich diese lückenhaften Angaben aus, wenn es um die Frage nach Mehrfachmeldungen ging. Aber auch regionale Verteilungen können auf dieser Da- tenbasis nur unter Vorbehalt errechnet werden.
Die neuen Erhebungsbögen sollen diesen Problemen Rechnung tragen und die Datenqualität des HIV-Registers
verbessern. Dies ist um so wichtiger, als die bisher hervorra- genden Daten aus dem AIDS-Fallregister, auf die in Analy- sen stets zurückgegriffen wurde, künftig nicht mehr in dem gewohnten Umfang Verwendung finden könnten. Vor dem Hintergrund besserer Behandlungsmöglichkeiten treten AIDS-definierende Erkrankungen später auf und werden folglich auch erst später gemeldet. Dies führt zu rückläufigen Zahlen im AIDS-Fallregister und somit zu einem sinkenden Kenntnisstand über die epidemiologische Situation der HIV- Infektion in Deutschland. Nun ist dem Befund, der dem be- handelnden Arzt von seinem Labor zugeht, ein Durchschlag beigefügt, auf dem die nach der Laborberichtsverordnung er- forderlichen und zulässigen Angaben eingetragen werden können.
Behandelnde Ärzte werden daher gebeten, diesen aus- gefüllt direkt an das Robert Koch-Institut zurückzusenden.
Für den einzelnen Arzt handelt es sich in der Regel durch eine geringe Anzahl von Berichten um einen vertretbaren Arbeits- aufwand. Für das Robert Koch-Institut hingegen bedeutet dies eine große Hilfe bei der Erfüllung seiner Aufgabe, die epidemiologische Situation zu analysieren und in handlungs- bezogene Empfehlungen umzusetzen. RKI