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Cavum dentis und Pulpa dentis mandibulärer und maxillärer Backenzähne bei Pferden verschiedenen Alters

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Academic year: 2022

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Aus dem Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Hannover

___________________________________________________________________

Cavum dentis und Pulpa dentis mandibulärer und maxillärer Backenzähne

bei Pferden verschiedenen Alters

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines DOKTORS DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Elmar Westenberger

aus Dortmund

Hannover 2002

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Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. H. Gasse

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. H. Gasse 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. P. Stadler

Tag der mündlichen Prüfung: 19.11.2002

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Meiner Familie

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INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung 9

1.1 Abkürzungen 10

2 Schrifttum 11

2.1 Die Zähne der Säugetiere: Allgemeine Grundlagen 11

2.2 Die Backenzähne des Pferdes 13

2.2.1 Form und anatomische Gliederung 13

2.2.2 Bau der Backenzähne des Pferdes 18

2.2.3 Endodontisches System 21

2.2.4 Postnatale Entwicklung der Backenzähne des Pferdes 23 2.2.4.1 Die fünf Stadien der postnatalen Entwicklung 23 2.2.4.2 Zusammenfassende Betrachtung der postnatalen

Backenzahnentwicklung 32

2.2.4.3 Schluss der Wurzelkanäle der Backenzähne 33 2.3 Zur Histologie der Zahnsubstanzen und der Zahnpulpa 36

2.3.1 Dentin 36

2.3.2 Schmelz 38

2.3.3 Zement 39

2.3.4 Zahnpulpa 40

3 Material und Methoden 42

3.1 Auswahl der Tiere 42

3.2 Auswahl der Proben 42

3.3 Entnahme der Proben 46

3.4 Makroskopische Untersuchung 47

3.4.1 Vorbereitung der Proben 47

3.4.2 Eingießen der Backenzähne in Biodurä 49

3.4.3 Sägen der Biodurblöcke 50

3.4.4 Makroskopische Auswertung und Dokumentation 51

3.5 Histologische Kontrolluntersuchung 51

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4 Ergebnisse 54

4.1 Makroskopische Untersuchung 54

4.1.1 Allgemeine Beobachtungen 54

4.1.2 Unterkieferbackenzähne 57

4.1.2.1 P3 des Unterkiefers, Jahrgänge 1990-1993 (Jahrgangsgruppe A) 58 4.1.2.2 P3 des Unterkiefers, Jahrgänge 1986-1989 (Jahrgangsgruppe B) 59 4.1.2.3 P3 des Unterkiefers, Jahrgänge 1982-1985 (Jahrgangsgruppe C) 59 4.1.2.4 P3 des Unterkiefers, Jahrgänge 1978-1981 (Jahrgangsgruppe D) 60 4.1.2.5 P3 des Unterkiefers, Jahrgänge 1973-1977 (Jahrgangsgruppe E) 61 4.1.2.6 M1 des Unterkiefers, Jahrgänge 1990-1993 (Jahrgangsgruppe A) 61 4.1.2.7 M1 des Unterkiefers, Jahrgänge 1986-1989 (Jahrgangsgruppe B) 62 4.1.2.8 M1 des Unterkiefers, Jahrgänge 1982-1985 (Jahrgangsgruppe C) 62 4.1.2.9 M1 des Unterkiefers, Jahrgänge 1978-1981 (Jahrgangsgruppe D) 63 4.1.2.10 M1 des Unterkiefers, Jahrgänge 1973-1977 (Jahrgangsgruppe E) 64

4.1.3 Oberkieferbackenzähne 65

4.1.3.1 P3 des Oberkiefers, Jahrgänge 1990-193 (Jahrgangsgruppe A) 68 4.1.3.2 P3 des Oberkiefers, Jahrgänge 1986-1989 (Jahrgangsgruppe B) 68 4.1.3.3 P3 des Oberkiefers, Jahrgänge 1982-1985 (Jahrgangsgruppe C) 69 4.1.3.4 P3 des Oberkiefers, Jahrgänge 1978-1981 (Jahrgangsgruppe D) 69 4.1.3.5 P3 des Oberkiefers, Jahrgänge 1973-1977 (Jahrgangsgruppe E) 70 4.1.3.6 M1 des Oberkiefers, Jahrgänge 1990-1993 (Jahrgangsgruppe A) 70 4.1.3.7 M1 des Oberkiefers, Jahrgänge 1986-1989 (Jahrgangsgruppe B) 71 4.1.3.8 M1 des Oberkiefers, Jahrgänge 1982-1985 (Jahrgangsgruppe C) 71 4.1.3.9 M1 des Oberkiefers, Jahrgänge 1978-1981 (Jahrgangsgruppe D) 71 4.1.3.10 M1 des Oberkiefers, Jahrgänge 1973-1977 (Jahrgangsgruppe E) 72 4.1.4 Zusätzliche Befunde an den Oberkieferbackenzähnen P3 und M1 72 4.1.5 Einige hervorzuhebende Befunde im Überblick 75

4.2 Histologische Kontrolluntersuchung 76

4.2.1 Allgemeine Beobachtungen 76

4.2.2 Besondere Beobachtungen 77

(7)

5 Diskussion 79

5.1 Auswahl der Tiere 79

5.1.1 Auswahlkriterien 79

5.1.2 Alter und Anzahl der Tiere 81

5.2 Auswahl der Proben 81

5.3 Vorbereitung und Bearbeitung der Proben 82 5.4 Makroskopische Untersuchung und Lupenuntersuchung 83

5.4.1 Schluss der Wurzelkanäle 83

5.4.2 Übertragbarkeit der Befunde auf das gesamte Gebiss 85

5.4.3 Endodontisches System 86

5.4.3.1 Wurzelkanäle 87

5.4.3.2 Gemeinsame Pulpahöhle 88

5.4.3.3 Pulpaäste 88

5.5 Histologische Kontrolluntersuchung 89

5.6 Anmerkungen zur klinischen Relevanz 91

5.6.1 Einschleifen von Zahnhaken 91

5.6.2 Wurzelspitzenresektion 93

6 Zusammenfassung 95

7 Summary 97

8 Literaturverzeichnis 99

9 Anhang 109

9.1 Anmerkungen zur Zählung der Pulpaäste 109

9.2 Abbildungen 6-32 110

(8)
(9)

1 EINLEITUNG

Die Zähne des Pferdes unterscheiden sich in physiologischer, struktureller und funktioneller Hinsicht von denen des Menschen, des Hundes und der Katze.

Probleme im Bereich des Gebisses des Pferdes stehen, amerikanischen Studien zufolge, an dritter Stelle der häufigsten Krankheitskomplexe (TRAUB-DARGATZ et al. 1991). Dabei treten krankhafte Prozesse in sieben von acht Fällen an den Backenzähnen auf (DIXON et al. 1999, DIXON et al. 2000). Die anatomischen Gegebenheiten am Kopf des Pferdes beschränken die Möglichkeiten einer erfolgreichen Untersuchung und Behandlung des endodontischen Systems und der Wurzeln der Backenzähne erheblich. Häufig bleibt bislang nur die Extraktion der Backenzähne als Methode der Wahl. Sie stellt in Anbetracht der tiefen und schmalen Maulhöhle des Pferdes und ihrer begrenzten Öffnungsmöglichkeit, ferner wegen der beträchtlichen Maße der Zähne sowie ihrer festen periodontalen Einbettung einen zeitaufwändigen und mühsamen Vorgang dar. Deswegen wird vermehrt der Versuch unternommen, alternativ zum oralen einen apikalen Zugang zu wählen. Dieser Zugang ermöglicht in der Kleintiermedizin beispielsweise die Entfernung der Pulpa sowie die Füllung und Versiegelung des endodontischen Systems. Die erfolgreiche endodontische Therapie erfordert jedoch genaue Kenntnisse über die Morphologie der proximalen (wurzelspitzenwärtigen) Zahnabschnitte. Um diese Techniken auch vermehrt beim Pferd anwenden zu können, sind Kenntnisse über die altersabhängigen Veränderungen ihrer Backenzähne für eine erfolgversprechende Behandlung unabdingbar. Detaillierte Informationen darüber sind jedoch rar. Deshalb soll durch diese Arbeit ein speziell auf die Untersuchung des Cavum dentis ausgerichteter Beitrag erbracht werden. Besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, zu klären, in welchem Alter beim Pferd ein physiologischer Schluss des proximalen (wurzelspitzenwärtigen) Endes der Wurzelkanäle nachweisbar ist.

Die Untersuchungen beziehen sich nur auf Großpferde; Ponies werden ausgeschlossen.

(10)

1.1 Abkürzungen

Abb. - Abbildung d. h. - das heißt inkl. - inklusive Kap. - Kapitel mm - Millimeter

m. o. w. - mehr oder weniger Nr. - Nummer

o. g. - oben genannt sog. - so genannt Tab. - Tabelle u. z. - und zwar mm - Mikrometer

(11)

2 SCHRIFTTUM

2.1 Die Zähne der Säugetiere: Allgemeine Grundlagen

Die Zähne, samt Zahnfleisch, das Kiefergelenk und die Kaumuskulatur funktionieren gemeinsam als Kauapparat. Darin bilden die Zähne in ihrer Gesamtheit das Gebiss und stellen als solches den wichtigsten passiven Funktionsteil des Kauapparates dar (ACKERKNECHT 1974).

Bei den Säugetieren werden zwei Arten von Zähnen unterschieden: bewurzelte Zähne und wurzellose Zähne (OBIGER 1939). Dabei erhält - in Verbindung mit den Form- und Strukturmerkmalen - die Dauer des Zahnwachstums besonderes Gewicht.

Bewurzelte Zähne - wegen ihrer geringen Länge auch als brachyodont (im englischen Schrifttum: brachydont) bezeichnet - bilden verhältnismäßig frühzeitig eine oder mehrere Wurzeln aus. Gleichzeitig wird die Pulpahöhle durch eine starke Ersatzdentinbildung eingeengt, so dass die brachyodonten Zähne eine zunehmend eingeengte Pulpahöhle aufweisen. Schließlich kommt an der Wurzelspitze die Neubildung von Dentin und das Längenwachstum der Zähne zum Stillstand. Zu den brachyodonten Zähnen zählen die Zähne des Menschen und der Fleischfresser (JOEST 1915a, BRUHNS 1931, OBIGER 1939, MUYLLE et al. 1999).

Die zweite Art der Zähne sind die wurzellosen oder hypselodonten (im englischen Schrifttum: hypsodont) Zähne. Ihre Pulpahöhle wird nur in dem zur Reibefläche gewandten Bereich eingeengt; am gegenüber liegenden Ende, das am tiefsten in der Alveole liegt, bleibt die Pulpahöhle weit offen (offene Pulpa). Diese Zähne sind zu andauerndem Längenwachstum befähigt. Zu den hypselodonten Zähnen zählen beispielsweise die Stoßzähne des Elefanten, die Schneidezähne der Nager und die Eckzähne der Eber (JOEST 1915a, BRUHNS 1931, OBIGER 1939, EISENMENGER u. ZETNER 1982, KOCH u. BERG 1993, WEISS 1999). GAENGLER u. METZLER (1992) fügen hinzu, dass auch die Backenzähne von Kaninchen und

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Meerschweinchen permanentes Längenwachstum aufweisen. Die Backenzähne des Pferdes besitzen, als Anpassung an seine spezifischen Ernährungsgewohnheiten (einmaliges Kauen von harten, kieselsäurehaltigen Pflanzenteilen) und dem daraus resultierenden verstärkten Abrieb der Zahnbestandteile, sowohl die Eigenschaften der hypselodonten als auch der brachyodonten Zähne. In ihrem Jugendstadium entsprechen sie dem hypselodonten, im Alter dem brachyodonten Typ (JOEST 1915a, OBIGER 1939, BECKER 1970). WEISS (1999) und BUDRAS u. RÖCK (2000) bezeichnen sie als begrenzt hypselodont.

Andere Autoren wählen eine weitergehende Einteilung:

Zähne mit permanentem Wachstum, ohne Wurzelausbildung und mit lebenslang offenem Wurzelloch werden als elodont bezeichnet (KERTESZ 1993, DIXON 1999).

Zu diesen gehören die Stoßzähne des Elefanten, die Eckzähne des Ebers und des Flusspferdes. Zähne mit begrenztem Wachstum sind dagegen anelodont. An ihnen können Krone und Wurzel unterschieden werden. Mit der Verengung der Wurzelkanäle und -löcher erfährt das Längenwachstum seinen Abschluss. Die Gruppe der anelodonten Zähne wird weiter unterteilt in den hypselodonten und brachyodonten Typ. Hypselodonte Zähne sind langkronig und besitzen vergleichsweise kurze Wurzeln. Der größte Teil der Krone verbirgt sich jedoch subgingival in der Alveole. Im mittleren Lebensalter kommt es dann, begleitet von der fortschreitenden Verengung der Wurzelkanäle, zur Stagnation des Längenwachstums. Die Wurzeln der Zähne vom brachyodonten Typ sind länger als ihre Kronen. Schon im frühen Alter verengen sich ihre Wurzelkanäle und sie erreichen ihre endgültige Form und Größe.

(13)

2.2 Die Backenzähne des Pferdes 2.2.1 Form und anatomische Gliederung

Der Zahn wird in drei Anteile gegliedert (SCHALLER 1992, NOMINA ANATOMICA VETERINARIA 1994; siehe Abb. 1):

Corona dentis

Zahnkrone (mit Schmelz) Cervix dentis

Zahnhals Radix dentis

Zahnwurzel (ohne Schmelz).

Abb.1: Grundmuster der Gliederung eines Backenzahnes am Beispiel einer grob schematisierten Darstellung des Unterkieferbackenzahnes eines Fleischfressers (links) und eines Pferdes mittleren Alters (rechts). Beachte die Proportionen von Corona dentis und Radix dentis (mit zunehmendem Alter des Pferdes verringert sich der Anteil der Corona dentis an der Gesamtlänge des Zahnes).

Diese Gliederung gibt ein Grundmuster vor; es trifft vor allem auf die brachyodonten Zähne zu. Es berücksichtigt den Bau, mit besonderem Gewicht auf der Lokalisation des Zahnschmelzes. In Bezug auf die Lage im Zahnfach wird unterschieden zwischen:

Corona clinica (außerhalb des Zahnfaches gelegen) und

Radix clinica (innerhalb des Zahnfaches gelegen).

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Am hypselodonten Backenzahn des Pferdes besteht keine Trennung in Corona und Cervix (MUYLLE et al. 1999); beide gemeinsam stellen den Zahnkörper, Corpus dentis dar (SCHALLER 1992, NOMINA ANATOMICA VETERINARIA 1994). Ein Teil des Corpus wird als Corona clinica („clinical crown“) außerhalb des Zahnfaches sichtbar. Der intraalveoläre Teil stellt im Sinne einer „reserve crown“ (BAKER 1985) den Abschnitt dar, der erst später aus dem Zahnfach hervortritt. Beide Abschnitte sind in ihrem Längenverhältnis zueinander variabel - dieses beruht auf den besonderen Wachstumsprozessen des Pferdebackenzahnes (siehe im folgenden Kap. 2.2.4).

JOEST (1915b) fasst den Begriff „Zahnkörper“ enger: Er bezieht sich damit nur auf den schmelzhaltigen, längsgefalteten Teil der Zahnsäule; den proximal folgenden kurzen Abschnitt der Zahnsäule bezeichnet er als Zahnsockel und rechnet zum

„Zahnsockel“ auch die Zahnwurzel.

Im Zahninnern befindet sich die vom Dentin umgebene Pulpahöhle, Cavum dentis (NOMINA ANATOMICA VETERINARIA 1994) bzw. Cavum dentis pulpare (BUDRAS u. RÖCK 2000). Sie verengt sich in der Zahnwurzel zum Wurzelkanal, Canalis radicis dentis. Dieser endet an der Wurzelspitze, Apex radicis dentis, mit dem Wurzelloch, Foramen apicis dentis. Durch das Wurzelloch treten Nervenfasern und Blutgefäße in den Zahn ein (KERTESZ 1993). Die Pulpahöhle beinhaltet die Zahnpulpa, Pulpa dentis, die auch als Zahnkeim (FRANCK u. MARTIN 1892) oder Zahnmark (SCHMALTZ 1919) bezeichnet wird. Sie erstreckt sich in den Bereich der Krone als Pulpa coronalis und in den Wurzelbereich als Pulpa radicularis (NOMINA ANATOMICA VETERINARIA 1994).

Alle Bereiche der Pulpahöhle werden auch gemeinsam als endodontisches System

„endodontic system“ (KIRKLAND et al. 1996) zusammengefasst (siehe Kap. 2.2.3).

(15)

Zur Orientierung am Zahn dient die Definition seiner Flächen (siehe Abb. 2 und 3):

Facies occlusalis : die Kaufläche

Facies vestibularis (facialis): äußere, dem Vestibulum oris zugewandte Fläche Facies lingualis: innere, der Zunge zugewandte Fläche

Facies contactus: die den jeweils benachbarten Zähnen einer Zahnreihe zugewandte Fläche, und zwar:

Facies mesialis: mesiale Fläche; am ersten Schneidezahn der Medianen, an den übrigen Zähnen dem ersten Schneidezahn

zugewandte Fläche. Am Backenzahn des Pferdes ist das die rostral gerichtete Fläche.

Facies distalis: die der mesialen Fläche entgegengesetzte Fläche des Zahnes.

Besondere Beachtung erfordern auch die Richtungsbezeichnungen.

Zur Richtungsbezeichnung werden verwendet (Abb. 2 und 3):

Distal bzw. coronal: kauflächenwärts Proximal bzw. apical: wurzelwärts

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Abb. 2: Schematische Darstellung des linken Unterkieferbackenzahnes P3 eines 7- jährigen Pferdes mit der Bezeichnung seiner Flächen und mit Richtungsangaben.

* der Facies distalis gegenüber gelegen ** der Facies vestibularis gegenüber gelegen

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Abb. 3: Schematische Darstellung des linken Oberkieferbackenzahnes P3 eines 7- jährigen Pferdes mit Bezeichnungen seiner Flächen und Richtungsangaben.

* der Facies distalis gegenüber gelegen ** der Facies vestibularis gegenüber gelegen

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2.2.2 Bau der Backenzähne des Pferdes

Die prämolaren und molaren Backenzähne des Pferdes stellen vierkantige, leicht gekrümmte, säulenförmige Gebilde dar. Die Wurzelenden der maxillären Backenzähne stehen der Medianlinie näher als die Kronenden, während die Unterkieferbackenzähne parallel zur Medianen ausgerichtet sind (SCHMALTZ 1919).

Mit Ausnahme des 2. prämolaren (P2) und des 3. molaren Backenzahnes (M3), die in beiden Kiefern eine dreieckige Querschnittsfläche zeigen (JAHN 1966), besitzen die Backenzähne des Oberkiefers eine quadratische, die des Unterkiefers eine rechteckige Querschnittsfläche (SCHMALTZ 1919, HABERMEHL 1961, THOMÉ 1999).

Der Zahn besteht aus den drei mineralisierten Substanzen - Dentin, Schmelz und Zement - sowie der zentral gelegenen Pulpa (WISSDORF et al. 1998, KÖNIG et al.

1999, THOMÉ 1999, WEISS 1999). Zu Innerst befindet sich das die Pulpa umgebende Dentin. Ihm schließt sich der Schmelz an. Er stellt keine m. o. w.

gleichmäßige Kappe dar, sondern ist über den gesamten Zahnkörper in mehrere große Längsfalten, Plicae enameli, gelegt - „schmelzfaltiger“ (HABERMEHL 1961, THOMÉ 1999) oder „plicidenter“ (WEISS 1911) Zahn.

Bei den maxillären Backenzähnen sind - im Unterschied zu den mandibulären - neben dem äußeren Schmelzmantel je zwei Schmelzbecher (GORREL 1997, TREMAINE 1997, THOMÉ 1999), Schmelzeinstülpungen (JOEST 1915b, KILIC et al.

1997a) oder Schmelzhohlzylinder (FINGER 1920) an der Facies occlusalis eingesenkt. Diese Infundibula dentis (NOMINA ANATOMICA VETERINARIA 1994) liegen in rostro-kaudaler Richtung nebeneinander. Das kaudale ist etwas tiefer; beide reichen bis knapp an die Grenze zwischen Corpus und Radix. Ursprünglich sind die Wände der Schmelzbecher mit dem Schmelzmantel verbunden (BUDRAS u. RÖCK 2000), sobald aber der Backenzahn in Reibung kommt, geht diese Verbindung mit zunehmendem Abrieb verloren. Auf der Kaufläche des maxillären Backenzahnes erhebt sich dann der Schmelz als schmale Leisten, Cristae enameli. Sie lassen drei

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voneinander getrennte, in sich aber geschlossene Schmelzlinien erkennen: die des gefalteten Schmelzmantels und die der beiden Hohlzylinder (JOEST 1915b).

Auch die Unterkieferbackenzähne sind schmelzfaltig aufgebaut. Ihnen fehlen jedoch die Schmelzbecher (KÖNIG et al. 1999, THOMÉ 1999). Auf den Kauflächen lassen sich deshalb nur die Einfaltungen des Schmelzmantels - zwei lingual und eine bukkal - erkennen. Die Crista enameli stellt hier eine in sich zurücklaufende geschlossene Linie dar (JOEST 1915b).

Der Zement überzieht die Zahnwurzel und darüber hinaus den gesamten Schmelz des Zahnkörpers: Dadurch füllt er die Längsfalten des Schmelzmantels m. o. w. stark aus. Am maxillären Backenzahn werden zusätzlich auch die Schmelzeinstülpungen, die Infundibula dentis, mit Zement gefüllt. An der Reibefläche, Facies occlusalis, werden Zement und Dentin als vergleichsweise weichere Substanzen stärker abgerieben als die Cristae des Schmelzes. Durch das Kauen wird bewirkt, dass - in der Art eines „sich selbst schärfenden Systems“ - ständig scharfe Reibekanten zwischen Furchen und Tälern der weicheren Substanzen „neu“ entstehen (GORREL 1997). Die Faltung des Schmelzes fördert diesen Mechanismus insofern, als daraus eine starke Oberflächenvergrößerung der reibenden Anteile resultiert (BECKER 1970, WISSDORF et al. 1998).

In der Zementauskleidung des Infundibulums sind häufig Defekte erkennbar. Diese, durch Bildungsanomalien verursachten Defekte, treten am ersten maxillären Molaren am häufigsten und deutlichsten auf (BRUHNS 1931). Man findet häufig (BRUHNS 1931) bzw. immer (NIKLAS 1915) einen feinen, zentral im Zement gelegenen Kanal.

NIKLAS (1915) spricht vom Osteozementpulpakanal. Dieser reicht von der Kaufläche proximal, wo er sich zuweilen höhlenartig erweitert. Schon JOEST (1926) begründet dies mit einer Hypoplasie der Zementfüllung - central infundibular cemental hypoplasia (KILIC et al. 1997d) - der eine Insuffizienz des die Zementsubstanz bildenden Zahnsäckchens zugrunde liegt. Durch das Eindringen von Futterbestandteilen verfärbt sich der die Kanälchen umgebende Zement und es

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kommt zu einer Karies sicca der Zementfüllung. Diese äußert sich, stets vom tiefsten Punkt der Schmelzeinstülpung ausgehend, im Auftreten von bröckelig zerfallenem Zement (BRUHNS 1931). Es kommt zu einer „infundibular cement caries/necrosis (BAKER 1974, KILIC et al. 1997d). Davon ist vor allem der erste molare Backenzahn (M1) betroffen.

Die maxillären Backenzähne des Pferdes besitzen drei Wurzeln (WESTMAN 1922, EISENMENGER u. ZETNER 1982, BAKER 1985, BERG 1995, THOMÉ 1999, BUDRAS u. RÖCK 2000), zwei kleinere bukkale und eine größere linguale. Die linguale Wurzel der maxillären Backenzähne kann aber auch geteilt auftreten (FRANCK u. MARTIN 1892); analog berichten QUICK u. RENDANDO (1979), dass die Oberkieferbackenzähne P3, P4, M1 und M2 entweder drei oder vier Wurzeln aufweisen. An den mandibulären Backenzähnen sind zwei Wurzeln (QUICK u.

RENDANDO 1979, EISENMENGER u. ZETNER 1982, SCHUMACHER u. HONNAS 1993, BERG 1995, THOMÉ 1999, BUDRAS u. RÖCK 2000), eine rostrale und eine kaudale, ausgebildet. Der letzte mandibuläre Backenzahn kann dreiwurzelig sein (QUICK u. RENDANDO 1979, DIXON u. COPELAND 1993, SCHUMACHER u.

HONNAS 1993), wobei diese drei Wurzeln hintereinander liegen (SCHMALTZ 1919).

Die Wurzeln eines Backenzahnes divergieren (WEISS 1911, MARTIN 1912, GÜNTHER et al. 1967). Diese Divergenz, die im Unterkiefer größer ist als im Oberkiefer, nimmt mit steigendem Alter zu (SCHMALTZ 1919, BERG 1995).

Die Implantationsrichtungen der verschiedenen Backenzähne sind unterschiedlich.

Der zweite Prämolare ist rostral ausgerichtet, der dritte Prämolare steht senkrecht in der Alveole und die folgenden Backenzähne weisen eine kaudale Ausrichtung auf (HORNICKEL 1934, WISSDORF et al. 1998). Bei den von SCHMALTZ (1919) untersuchten Gebissen stand allerdings der erste Backenzahn senkrecht in der Alveole, während die folgenden kaudal ausgerichtet waren. Die Implantationsrichtungen entsprechen sich im Ober- und Unterkiefer (WEISS 1911, BERG 1995). Das Verhältnis der Längen von Corpus dentis und Radix dentis

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verändert sich mit zunehmendem Alter zu Gunsten der Wurzel (HABERMANN 1963, SCHUMACHER u. HONNAS 1993, siehe Kapitel 2.2.4).

2.2.3 Endodontisches System

Unter dem Begriff endodontisches System (KIRKLAND et al. 1996) werden die verschiedenen Bereiche der Pulpahöhle zusammengefasst (siehe Abb. 4):

- die kauflächenwärts auslaufenden Pulpaäste, „pulp horns“

- die proximal (wurzelwärts) davon gelegene gemeinsame Pulpahöhle, „pulp chamber“

- die Wurzelkanäle, „root canals“.

Die Pulpaäste entstehen dadurch, dass nach der Längsfaltung des Schmelzes auch das Dentin nach innen, also in Richtung Pulpahöhle, eingebuchtet wird; folglich wird die Pulpahöhle eingeschnürt und strahlt dann distal (kauflächenwärts) in mehrere Äste aus (OBIGER 1939). Die Pulpaäste stehen mit der gemeinsamen Pulpahöhle, nicht aber untereinander in Verbindung (KIRKLAND et al. 1996).

An den maxillären Backenzähnen kommt es zur Ausbildung von 5 Pulpaästen (BRUHNS 1931, DIXON 1999).

Die Pulpaäste der mandibulären Backenzähne scheinen hinsichtlich ihrer Anzahl und Anordnung variabel zu sein; gemäß der Darstellung von KIRKLAND et al. (1996) sowie DIXON (1999) treten fünf bis sechs Pulpaäste auf. Dabei können bukkal zwei

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Abb. 4: Grobschematische Darstellung des endodontischen Systems (Pulpaäste, gemeinsame Pulpahöhle, Wurzelkanäle) eines Unterkieferbackenzahnes P4 (links) und eines Unterkieferbackenzahnes M1 (rechts) eines 7-jährigen Pferdes.

(23)

Haupt- und lingual drei bis vier Neben-Pulpaäste unterschieden werden (DIXON u.

COPELAND 1993). OBIGER (1939) hebt hervor, dass nur der mandibuläre P2 und der M3 sechs Pulpaäste aufweisen.

Die ursprünglich gemeinsame Pulpahöhle der mandibulären Backenzähne wird mit zunehmendem Alter durch die Deposition von Dentin in zwei separate Anteile getrennt. Jeder Anteil steht dann kauflächenwärts mit zwei oder drei Pulpaästen in Verbindung und setzt sich wurzelwärts in einem Wurzelkanal fort (KIRKLAND et al.

1996).

Jeder Wurzelast beinhaltet einen Wurzelkanal mit je einem Wurzelloch. Allerdings wurden an der Spitze des mesialen (rostralen) Wurzelastes der mandibulären Backenzähne zwei Wurzellöcher gefunden, die durch fortschreitende Anlagerung von Sekundärdentin entstanden sind (KIRKLAND et al. 1996).

2.2.4 Postnatale Entwicklung der Backenzähne des Pferdes 2.2.4.1 Die fünf Stadien der postnatalen Entwicklung

Postnatal durchlaufen die Backenzähne des Pferdes fünf strukturell deutlich verschiedene Stadien (JOEST 1915a, WESTMAN 1922), Joestsche Stadien (FINGER 1920). Diese Gestaltungsprozesse vollziehen sich am proximalen Ende (Wurzelende). ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING (1955) unterscheiden ebenfalls fünf Stadien, aber mit anderer Namensgebung. Die Beschreibung solcher Stadien - JOEST et al. (1922) weisen ausdrücklich darauf hin - bezieht sich auf den einzelnen Backenzahn und nicht auf das Gebiss als Ganzes. Im Folgenden werden die Veränderungen an den Ersatzbackenzähnen - den Prämolaren des Dauergebisses - und an den Molaren geschildert.

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Erstes Stadium:

Im ersten Stadium, nach ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING (1955) „Phase der Kronenbildung“, sind die Zähne noch nicht durchgebrochen. (Zum Terminus „Krone“

des Pferdebackenzahnes siehe Kapitel 2.2.1). Das Stadium reicht von der Geburt bis zum Alter von 12-14 Monaten. Es umfasst damit die Zeit vom Beginn der Erzeugung der Hartsubstanzen bis zum Heranwachsen des Zahnkörpers zu einer 40-60 mm (JOEST et al. 1922) bzw. 70-80 mm (FINGER 1920) langen Zahnsäule mit quadratischem oder rechteckigem Querschnitt.

Die Anlage hat zunächst die Form einer Kappe (siehe grobschematische Abb. 5). Die Frage, ob diese eine aus 5 „Scherbchen“ sich zusammenfügende (JOEST et al.

1922) oder eine einheitliche, in mehrere Buchten gelegte (KÜPFER 1937) Anlage sei, kann hier vernachlässigt werden. Auf jeden Fall gilt, dass ihr distales - zur späteren Kaufläche gewandtes - Ende zuerst gebildet wird. Am proximalen - wurzelwärtigen - Ende besteht eine proximal weite Öffnung. Die Kappe besteht an ihrer distalen (konvexen) Seite aus dem äußeren Schmelzepithel, an der proximalen (konkaven) Seite aus dem inneren Schmelzepithel; zwischen beiden liegt das lockere Zellgefüge der Schmelzpulpa. Diese Komponenten stellen das so genannte

„Schmelzorgan“ dar. Das innere Schmelzepithel sezerniert zur konvexen Seite hin den Schmelz. Diesem wiederum - folglich auch an der proximalen, konkaven Seite - wird durch mesodermale Odontoblasten sezerniertes Dentin angelagert.

Bereits zum Zeitpunkt ihrer Anlage legt sich die Kappe in die für Ober- und Unterkieferbackenzähne des Pferdes charakteristischen Falten. Die gefalteten Ränder verlängern sich proximal. Dies beruht auf zwei Prozessen. Erstens wächst das schmelzbildende Epithel proximal weiter in die Länge; diesem wird - zweitens - sukzessive von distal nach proximal fortschreitend neu gebildetes Dentin angelagert.

Dadurch entsteht ein proximal offener, distal geschlossener Zylinder, der junge Backenzahn. Sein vollkommen offenes proximales Ende und seine Höhlung sind von der mesodermalen Zahnpulpa - in Bezug auf den noch geringen Differenzierungs- grad besser als „Zahnpapille“ zu bezeichnen (JOEST et al. 1922) - ausgefüllt. Diese

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Abb. 5: Schematische Darstellung der Zahnanlage eines Pferdebackenzahnes.

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Zahnpulpa ist in diesem Stadium eine vollkommen offene Pulpa (JOEST 1915a). Bis zu diesem Zeitpunkt fehlt die Andeutung der Wurzelbildung. Die Ersatzbackenzähne zeigen in diesem Stadium echtes Längenwachstum (JOEST 1915a, ACKERKNECHT 1974) (Zum Längenwachstum siehe auch Kapitel 2.1). Die aus Schmelz und Dentin bestehende Säule des Zahnkörpers erfährt gegen Abschluss des ersten Stadiums eine weitere Ausgestaltung durch die Anlagerung von Zement (Zahnkörperzement) auf der Oberfläche des Schmelzes. Sie beginnt am Distalende, erstreckt sich auf die Seitenflächen des Zahnkörpers, füllt somit die Schmelzfalten aus und erstreckt sich auch in die Infundibula der maxillären Backenzähne hinein.

Die Zementablagerung am distalen Zahnende hängt damit zusammen, dass hier die Epithelzellen des Schmelzorgans atrophieren, so dass der Schmelzmantel direkt an die ihn außen umgebende mesodermale Gewebeformation - das Gewebe des

„Zahnsäckchens“ - grenzt. Diese differenzieren sich hier zu Zementoblasten, die Zement auf der Schmelzoberfläche ablagern. Mit dem weiteren Wachstum des Zahnkörpers rückt die Zementierung immer weiter proximal vor. Am proximalen Ende des Zahnkörpers erfolgt aber in diesem Stadium noch keine Zementablagerung, weil hier die Zellen des Schmelzorgans noch bestehen bleiben; das Proximalende des Zahnkörpers bleibt noch so lange frei von Zement, wie sein Längenwachstum nicht beendet ist. Am Ende des ersten Stadiums ist das solide Drittel des Zahnkörpers von Zement bedeckt, während sein proximaler Abschnitt erst ein dünnes, aus Schmelz und Dentin bestehendes Gebilde darstellt (JOEST et al. 1922). Zu diesem Zeitpunkt besitzen die Backenzähne, entsprechend ihrer offenen Pulpa, echtes Längenwachstum, wie man es bei den wurzellosen Zähnen vorfindet (JOEST 1915a).

Zweites Stadium:

Im zweiten Stadium erreicht die Zahnsäule (ohne Wurzel !) fast ihre definitive Länge.

Während dieser Phase erfolgt der Durchbruch (JOEST 1915a, JOEST et al. 1922).

Im einzelnen geschieht folgendes: Zunächst setzt sich das Längenwachstum des gefalteten Zahnkörpers fort. In den Infundibula der maxillären Backenzähne endet

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dann das Schmelzwachstum, allerdings wächst der Schmelzmantel (ohne Faltenbildung) in Längsrichtung noch um mehrere Millimeter weiter. Schließlich endet auch hier die Schmelzbildung und der Backenzahn wächst ein weiteres kurzes Stück allein durch Verlängerung seines Dentinmantels: so entsteht der proximale, schmelzfreie Abschnitt - der von JOEST (1915a) als „Zahnsockel“ bezeichnete Abschnitt - der Zahnsäule. Deshalb wird dieses Entwicklungsstadium von ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING (1955) als „Phase der Sockel- und Halsbildung“

aufgefasst. Es findet jedoch noch keine eigentliche Wurzelbildung und auch keine wesentliche Verengung der Pulpahöhle am proximalen Ende der Zahnsäule statt.

Der Zahn gewinnt im Weiteren an Masse, u. z. nicht nur durch Verdickung des Schmelzes, sondern durch Apposition von Dentin und Zement: Die Zellen in der Pulpahöhle (Dentinbildner) bzw. die des Zahnsäckchens (Zementbildner) leisten damit den wesentlichen Anteil an der weiteren Ausgestaltung des Zahnkörpers (FINGER 1920). Dieser verdickt sich also, und er verlängert sich auf 80 - 100 mm (bei den Molaren).

Bis zu diesem Entwicklungsstand ist der Zahn durchgebrochen, aber noch nicht in Reibung. Deshalb ist auch die Corona clinica noch gesamthaft von Zement eingehüllt. Der Schmelz ist äußerlich nicht sichtbar zwischen Zement und Dentin eingeschlossen. Der Zahnkörper (Zahnkörper inclusive Sockel nach JOEST [1915a]) ist damit im Wesentlichen fertig ausgebildet, das eigentlich „echte“ Längenwachstum der Zahnsäule ist beendet und es beginnt die Wurzelbildung (JOEST 1915a) - das dritte Stadium der postnatalen Backenzahnentwicklung.

Drittes Stadium:

Im dritten Joestschen Stadium (FINGER 1920), der Phase der Wurzelbildung (ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING 1955), erfährt das bislang noch unfertige Proximalende (Zahnsockel) des Backenzahnes seinen weiteren Ausbau. Es ist gekennzeichnet durch die Bildung der Wurzel sowie durch den beginnenden Abrieb am Distal- ende des inzwischen in Reibung befindlichen Zahnes.

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Der bisher entstandene proximale ungefaltete, kurze, schmelzlose Anteil des Backenzahnes, der Zahnsockel (JOEST et al. 1922) besteht anfangs nur aus einer dünnen Dentinwand, die mit scharfem Rand frei abschließt. Der Zahnsockel erreicht eine Höhe von ca. 10 mm. Er entspricht dem Zahnhals der schmelzhöckerigen Zähne (JOEST 1915a). Die sich anschließende Wurzelbildung setzt damit ein, dass zuerst von den Odontoblasten der Zahnpulpa proximal eine Dentinplatte gebildet wird, die mit dem freien Rand des Zahnkörpers bzw. -sockels über Dentinbrücken in Verbindung tritt. Zwischen diesen Stegen der Dentinplatte und dem freien Rand des Zahnsockels bleiben Öffnungen: am maxillären Backenzahn drei, am mandibulären zwei. Es handelt sich um die primitiven Wurzelöffnungen (JOEST 1915a, JOEST et al. 1922).

Die mediale Wurzelöffnung am maxillären Backenzahn ist die größte. Sie besitzt eine länglich-ovale Gestalt und ist mit ihrem größten Durchmesser in Längsrichtung der Zahnreihe angeordnet. Ihr Längsdurchmesser beträgt 10 mm (JOEST 1915a) bzw.

10 bis 21 mm (FINGER 1920). Die beiden lateralen Wurzelöffnungen sind etwas kleiner und mit einem Durchmesser von bis zu 15 mm etwa gleich groß (FINGER 1920). Die mandibulären Backenzähne besitzen zwei primitive Wurzelöffnungen. Sie haben rostrale bzw. kaudale Lage, weil die oben genannten Stege der Dentinplatte mit der lingualen und bukkalen Seite des Zahnsockels in Kontakt getreten sind.

Durch die beschriebene Bildung der Dentinplatte und ihrer Verbindung mit dem freien Rand des Zahnsockels ist die Zahnsäule auch an ihrem proximalen Ende in den Grundzügen fertiggestellt. Das wesentliche Merkmal dieses Vorgangs ist die damit eingetretene proximale Abschottung des Cavum dentis: als Verbindung nach außen weist das Cavum dentis nur noch die zwei bzw. drei primitiven Wurzelöffnungen auf.

Nun schließt sich der Prozess der Wurzelbildung an. Durch fortlaufende Dentinanlagerung an den freien Rändern der primitiven Wurzelöffnungen kommt es zur Bildung proximal divergierend verlaufender Röhren; diese „Wurzeläste“ bestehen anfangs nur aus Dentin und werden sodann durch Zement verstärkt. Auf diese Weise

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entstehen an den maxillären Backenzähnen meist drei 1, an den mandibulären zwei Wurzeln. Ihre Länge beträgt in diesem Stadium 20 bis 30 mm. Ihr Lumen besitzt zu Beginn die gleiche Weite wie die primitiven Wurzelöffnungen und steht in Verbindung mit der gemeinsamen Pulpahöhle im Zahnsockel und im Zahnkörper.

Die Ausbildung der Wurzel jedes Zahnes nimmt mehrere Jahre in Anspruch. Sie ist bei allen bleibenden Backenzähnen erst zum 7.-8. Lebensjahr beendet (JOEST 1915a). Die Wurzelbildung bringt dem Zahn eine Längenzunahme von 10-15 mm (JOEST 1915a) bzw. 18-30 mm (JOEST et al. 1922). Um diesen Betrag wird der Zahn nach und nach aus der Alveole herausgeschoben. Die Abnutzung an der sich bereits in Reibung befindlichen Corona clinica - jährlich 2 mm (GÜNTHER u.

GÜNTHER 1859), 2,2 mm (JOEST et al. 1922, EISENMENGER u. ZETNER 1982, WISSDORF et al. 1998), 2-3 mm (DIXON 1999), 3 mm (BAKER 1985), 3-4 mm (BECKER 1970, WEISS 1999) - und der dadurch entstehende Längenverlust wird durch die Bildung und Längenzunahme der Wurzeläste ausgeglichen. Der Zahn erfährt demnach bis zu diesem Zeitpunkt keine Verringerung seiner Gesamtlänge.

Eine solche wird erst eintreten, nachdem das Längenwachstum der Wurzel beendet ist.

Viertes Stadium:

Das vierte Stadium der postnatalen Entwicklung der Backenzähne, die Phase der Stabilisierung (ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING 1955), beginnt mit dem 7. oder 8.

Lebensjahr und erstreckt sich bis zu 14. Lebensjahr (JOEST et al. 1922) bzw. bis zum 18. Lebensjahr (JOEST 1915b, ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING 1955). Es beinhaltet die Zeit, in der sich die Backenzähne durch fortschreitende Abnutzung ihres inzwischen in Reibung gekommenen distalen Endes verkürzen. Gleichzeitig erfahren der Zahnkörper sowie der Zahnsockel mit den Wurzeln ihren weiteren, insbesondere inneren Ausbau (JOEST et al. 1922).

1 Nach WEISS (1911) ist der mediale (linguale) Wurzelast eigentlich das Ergebnis der Verschmelzung zweier Wurzeläste („Doppelwurzelast“); sie bleiben mitunter getrennt.

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An der Corona clinica wird die Verkürzung allerdings nicht erkennbar. Sie ragt bei allen Backenzähnen gleichbleibend ca. 20 mm über den Alveolarrand hervor.

Dadurch wird die Funktion des Kaumechanismus lebenslang gewährleistet. Die gesamthafte Verkürzung des Zahnes wird demnach nur an seinem in der Alveole befindlichen Anteil erkennbar. Dieser verkürzt sich relativ, weil der Backenzahn entsprechend seines Abreibeverlustes aus der Alveole nachgeschoben wird. Das

„Nachgeschobenwerden“ beruht auf verschiedenen Mechanismen. Der größte Teil dieses Vorgangs wird durch eine Knochenzubildung (Spongiosaapposition) am Boden der Alveole zwischen den Wurzelästen bewirkt. Dadurch verringert sich die Tiefe der Alveole. Außerdem kommt es, ab dem 15. Lebensjahr (BECKER 1970, NIEBERLE u. COHRS 1970, WEISS 1999), zu einer Hyperplasie des Wurzelzements und zu einer Atrophie der Alveolarfortsätze („scheinbares Nachgeschobenwerden“). Dadurch wird der Backenzahn schrittweise angehoben.

Der innere Ausbau des Zahnes beruht auf der weiteren Dentinerzeugung seitens der Zahnpulpa. Dieses sekundäre Dentin (Ersatzdentin) lagert sich dem bereits bestehenden Dentin von innen an. Dadurch werden einerseits die Dentinschichten verstärkt, während andererseits die gesamte Pulpahöhle - Wurzelkanäle inbegriffen - nach und nach verkleinert wird. Davon ist in besonderem Maß zunächst der distale Teil des Zahnes betroffen. Dorthin erstreckt sich die Pulpa in Form mehrerer

„Pulpaäste“ (d.h. nicht als große, einheitliche Höhle). Diese Pulpaäste obliterieren allmählich von ihrem distalen Ende her und es entstehen Dentinsäulen, die sich zwischen Kaufläche und Distalende der Pulpahöhle erstrecken. Sie verhindern eine abriebbedingte Öffnung der Pulpahöhle (OBIGER 1939).

Währenddessen wird auch von den im proximalen Anteil des Zahnkörpers und im Zahnsockel gelegenen Pulpaanteilen Ersatzdentin gebildet. Das Ersatzdentin lagert sich kontinuierlich in verschiedenen Regionen an: entlang der proximalen Enden der Schmelzlängsfalten; bei den maxillären Backenzähnen zusätzlich an den Wänden der Infundibula; an jener horizontalen Dentinplatte, die die ehemals weite Öffnung des Zahnsockels „abschottet“. Diese Dentinplatte wird dadurch zu einem massiven,

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etwa 10 mm starken Gebilde, das als „interradikulärer Sattel“ zwischen den Wurzel- ästen gelegen ist (JOEST et al. 1922).

Während dieser fortschreitenden Dentinbildung werden intraalveolär der Zahnkörper und die Wurzeln fortlaufend durch Zementanlagerung verstärkt. Das Schmelzgerüst bleibt unverändert (JOEST 1915b). Nun schließt sich das fünfte und letzte Stadium der postnatalen Entwicklung an.

Fünftes Stadium:

Diese Entwicklungsphase ist gekennzeichnet durch die fortschreitende Verkürzung des Zahnes infolge der Abnutzung seines distalen Endes, durch die Hyperplasie des Wurzelzements und durch die fortschreitende Reduktion der Pulpahöhle infolge fortgesetzter Dentinneubildung. Dem fünften Stadium werden die Zähne des über 15 Jahre (JOEST et al. 1922), 16 Jahre (FINGER 1920) bzw. 18 Jahre alten Pferdes (JOEST 1915b, ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING 1955) zugeordnet.

Insbesondere die Wurzeläste und die Basalfläche des interradikulären Sattels werden durch fortschreitende Zementanlagerungen verstärkt, die schließlich eine Dicke von bis zu 15 mm erreichen. Um die Dicke dieser angelagerten Zementschicht wird der Zahn in der Alveole emporgeschoben (so genanntes falsches Längenwachstum [JOEST et al. 1922]). Der Raum zwischen den Wurzelästen wird immer mehr von Zement ausgefüllt, die Kontur der Wurzeläste selbst erhält zunehmend eine plumpe Form. Sämtliche beschriebene Vorgänge dienen ausschließlich dazu, die Corona clinica auf der für den Kauvorgang notwendigen Höhe zu halten. Dazu trägt auch die in höherem Alter einsetzende senile Atrophie der Alveolarfortsätze bei. So wird die Tiefe der Alveole verringert, ein größerer Teil des distalen Endes des Backenzahnes freigelegt und der Zahn dadurch scheinbar nachgeschoben (JOEST et al. 1922). Im Alter von 20 Jahren haben sich die Backenzähne von ursprünglich bis zu 105 mm Länge (drittes Stadium) auf eine Gesamtlänge von etwa 35 mm verkürzt.

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Die fortschreitende Ersatzdentinbildung engt die Pulpahöhle schließlich bis auf einen kleinen Rest ein. Dieser Vorgang ist gleichbedeutend mit der senilen Atrophie der Pulpa (JOEST et al. 1922). Auch die Wurzelkanäle erfahren eine erhebliche Verengung. Schließlich tritt ein vollständiger Verschluss der Wurzelkanäle und eine Verödung der Pulpa ein, so dass der Zahn abstirbt. Deshalb wird dieses fünfte Stadium der postnatalen Zahnentwicklung von ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING (1955) als „Phase der Verödung“ bezeichnet. Das Absterben des Zahnes ist jedoch nicht gleichbedeutend mit seinem Ausfall. Ein Zahnverlust wird durch die Form des Zahnes verhindert: erstens durch die Divergenz der Wurzelspitzen, zweitens dadurch, dass der Zahnkörper und seine Wurzeln stets einen Winkel bilden (SCHLAAK 1938). Backenzähne sehr alter Pferde zeigen oft eine vollkommen glatte Kaufläche (senile Glättung) oder sie besitzen gar eine muldenförmige Aushöhlung (Exkavation) (JOEST 1926, BECKER 1970, NIEBERLE u. COHRS 1970, WEISS 1999). Zu diesem Zeitpunkt sind die Schmelzfalten bereits vollständig verschwunden, so dass der Hauptteil des Zahnes aus Dentin und Zement besteht. Die Wurzeläste stellen nunmehr nur noch Stummel dar.

2.2.4.2 Zusammenfassende Betrachtung der postnatalen Backenzahn- entwicklung

Der equine Backenzahn unterliegt zeitlebens äußeren und inneren Umgestaltungsvorgängen. Bis zum einschließlich dritten postnatalen Stadium ist eine aufsteigende Tendenz zu erkennen (JOEST 1915b). Dieser Zeitraum wird deshalb auch als die progressive Phase der Zahnentwicklung aufgefasst; die Zähne weisen echtes Längenwachstum auf. Der Übergang vom dritten ins vierte Stadium kennzeichnet in etwa den Höhepunkt der Zahnentwicklung. Er kann zeitlich im allgemeinen in das 6. Lebensjahr (JOEST 1915b) bzw. 4. bis 6. Lebensjahr (JOEST et al. 1922, OBIGER 1939, KRÖLLING u. GRAU 1960) eingeordnet werden. Für die einzelnen Backenzähne liegt dieser Entwicklungshöhepunkt, bedingt durch ihre unterschiedliche Durchbruchszeit, zeitlich etwas verschieden. Mit der Fertigstellung

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der Wurzeln (Abschluss des dritten postembryonalen Stadiums) endet das echte Längenwachstum. Stattdessen wird durch die beschriebenen kompensatorischen Vorgänge (Ersatzdentin- und Zementbildung) die stetige, kauabriebbedingte Verkürzung des Zahnes ausgeglichen. Dieser Zeitraum wird von JOEST (1915b) als absteigende oder regressive Phase der Zahnentwicklung bezeichnet. Die Zahnlänge nimmt mit zunehmendem Alter ab. Beide Phasen - die progressive und die regressive - greifen zeitlich ineinander, da der distale Teil des Backenzahnes schon in Reibung kommt und abgenutzt wird, bevor die Ausbildung des proximalen Endes überhaupt abgeschlossen ist.

Die Entwicklung der Milchbackenzähne spielt sich grundsätzlich in der gleichen Weise ab. Wie bei den Ersatzprämolaren lassen sich auch hier fünf Entwicklungsstadien unterscheiden. Ein wichtiger Unterschied liegt jedoch in der wesentlich kürzeren Entwicklungszeit, die nur etwa 2,5 bis 3 Jahre umfasst. Die einzelnen Entwicklungsstadien sind deswegen weniger deutlich ausgeprägt und greifen vermehrt ineinander (insbesondere die Stadien drei, vier und fünf). Die Entwicklung der Milchprämolaren verläuft synchron, d.h. alle Backenzähne des Gebisses befinden sich im gleichen Stadium. Zum Zeitpunkt der Geburt sind die Milchprämolaren so weit entwickelt, dass sie - dem dritten Stadium entsprechend - einen fertigen Zahnkörper besitzen und ihre Wurzeln bereits ausgebildet sind. Somit fallen bei ihnen nur die Stadien vier und fünf in die postnatale Entwicklungsphase.

2.2.4.3 Schluss der Wurzelkanäle der Backenzähne

Der im vierten postnatalen Entwicklungsstadium eingeleitete Verschluss der Pulpahöhle durch Ersatzdentin (siehe 2.2.4.1) beginnt distal und setzt sich in Richtung auf die Zahnwurzel fort: Mit zunehmendem Alter bilden die der Pulpahöhle innen tapetenartig anliegenden Odontoblasten sekundäres Dentin (Ersatzdentin), das sich innen an das vorhandene primäre Dentin anlagert. Dadurch wird das Lumen der Pulpahöhle verkleinert und schließlich ausgefüllt (FINGER 1920, JOEST et al.

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1922, BRUHNS 1931, HABERMEHL 1961, NIEBERLE u. COHRS 1970, ACKERKNECHT 1974). Dieser Prozess erfasst schließlich auch die wurzelwärtigen Bereiche der Pulpahöhle, d.h. die „Wurzelkanäle“. Auch dort führt die Ersatzdentinbildung, gemeinsam mit der Hypertrophie des Wurzelzements (JOEST 1915b, JOEST et al. 1922, BECKER 1970, KIRKLAND et al. 1996), zur Einengung und zum Verschluss. Damit kommt gemäß JOEST et al. (1922) die Nährstoffversorgung des Zahnes zum Erliegen. Daneben können pathologische Veränderungen, die mit einer vermehrten Ersatzdentinbildung einhergehen, zu einem verfrühten Schluss von Pulpahöhle und Wurzelkanälen führen (VOSS 1936). Die Angaben über den Zeitpunkt dieses Geschehens (Alter des Pferdes) variieren im Schrifttum sehr stark. KERTESZ (1993) datiert dies grob auf das „mittlere Lebensalter“, andere Autoren gelangen - offenbar auf der Basis unterschiedlicher Methoden - zu Ergebnissen, die eine extreme Spannweite aufweisen; die Daten - einschließlich methodischer Aspekte - sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

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Tab. 1: Angaben im Schrifttum über den Schluss der Wurzelkanäle von Backenzähnen des Pferdes.

Lebensalter Autor Methode

„Into early middle age“ KERTESZ (1993) - Keine Altersangabe, aber:

„5-8 Jahre nach Durchbruch“.

KIRKLAND et al. (1996) DIXON (1999) *)

radiologisch, computertomographisch 9-15 Jahre OBIGER (1939) *) makroskopisch

„Tiere höheren Alters“ JOEST (1926) -

18 Jahre NIEBERLE u. COHRS

(1970) -

>18 Jahre JOEST (1915b) makroskopisch

18-20 Jahre JOEST et al. (1922) -

20 Jahre FINGER (1920) makroskopisch

20 Jahre HABERMANN (1963) radiologisch

„In hohem Alter“ SCHLAAK (1938) -

„Sehr alte Tiere“ HABERMEHL (1961) -

*) Angaben nur über mandibuläre Backenzähne.

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2.3 Zur Histologie der Zahnsubstanzen und der Zahnpulpa 2.3.1 Dentin

Die Hauptmasse des Zahnes wird von dem Dentin - „Zahnbein“, Dentinum, Substantia eburnea - gebildet (HABERMEHL 1961, ACKERKNECHT 1974).

Entsprechend der Reihenfolge seiner Entstehung wird primäres und sekundäres Dentin unterschieden. Diesem „regulären“ oder „physiologischen“ Dentin wird das bei pathologischen Prozessen entstehende „reparative“, „irreguläre“ oder „tertiäre“

Dentin gegenübergestellt (KILIC et al. 1997c, DIXON 1999).

Das sekundäre Dentin unterscheidet sich beim Pferd vom gelblich-weißen primären Dentin durch seine bräunliche Farbe. Ursache dafür ist die Aufnahme von Farbpigmenten des Futters (nachdem die ursprüngliche Schmelzkappe abgerieben und so das Dentin an die Reibefläche gelangt ist). Sekundäres Dentin wird deswegen makroskopisch am Schneidezahn in Form des Zahnsternchens und auf der Kaufläche der Backenzähne als bräunlich gefärbter Bereich erkannt (DIXON 1999).

Dentin ist ein dem Knochen verwandtes, diesen an Härte übertreffendes Gewebe.

Chemisch besteht es aus ca. 13,5% H2O, 17,5% organischen Substanzen und zu 69% aus Mineralstoffen (SMOLLICH 1992). Anorganische Substanzen liegen als Hydroxylapatitkristalle aus Kalzium und Phosphat (LIEBICH 1999) und als Karbonatverbindungen vor (HABERMEHL 1961). Zu den organischen Substanzen zählen vorwiegend Kollagen und die Grundsubstanz mit ihren Glykoproteinen und Glykosaminoglykanen (LIEBICH 1999) sowie Mucopolysaccharide (DIXON 1999).

Die organischen Substanzen werden von den Odontoblasten sezerniert. Diese Zellen bilden das Tropokollagen zur Synthese von Kollagenfibrillen und das zunächst unmineralisierte Praedentin (Praedentinum). Anschließend werden im Zuge der Mineralisation kalzium- und phosphathaltige Granula synthetisiert; so wird aus dem Praedentin das (mineralisierte) Dentin.

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Im Gegensatz zum Knochen ist das primäre Dentin ein zell- und gefäßfreies Hartgewebe (LIEBICH 1999). Nur an der Kontaktfläche zur Zahnpulpa bleiben tapetenartig Odontoblasten (Dentinoblasten) angeordnet (WEISS 1911, KRÖLLING u. GRAU 1960, LIEBICH 1999). Diese entlassen nach peripher vorwiegend radiär orientierte, sich nachfolgend verzweigende Fortsätze, die Processus dentinoblastini oder Tomes Fasern. Sie liegen in 1-3 mm weiten, dem Stofftransport dienenden Dentinkanälchen, Tubuli dentinales (SMOLLICH 1992), die ihrerseits von mineralisiertem, peritubulärem Dentin umgeben sind (KILIC et al. 1997c, LIEBICH 1999). Die Wand dieser Kanäle, die Neumann Scheide (Dentinum peritubulare), ist als dünne, mineralstofffreie Zone vom umgebenden Dentin zu unterscheiden. An der Grenze zum Zement befindet sich die Tomes Körnerschicht. Dieser auch als Mantelschicht (LIEBICH 1999) bezeichnete Bereich setzt sich aus schwächer mineralisiertem (SMOLLICH 1992) bzw. unmineralisiertem (LIEBICH 1999) Intertubulardentin zusammen. In die verkalkte Grundsubstanz sind parallel zur Oberfläche verlaufende, kollagene Fasern eingebettet (KRÖLLING u. GRAU 1960).

Das sekundäre Dentin weist unregelmäßig verlaufende Dentinkanälchen auf. Es ist reich an (schwach mineralisiertem) Intertubulardentin (SMOLLICH 1992). Da (mineralisiertes) peritubuläres Dentin fehlt, ist das sekundäre Dentin vergleichsweise weich und wird deshalb stärker abgerieben (DIXON 1999).

Zusammen mit den Processus dentinoblastini ziehen marklose und markhaltige Nervenfasern in die Dentinkanälchen (LIEBICH 1999); allerdings steht dies - genau wie eine durch die Odontoblastenfortsätze vermittelte Schmerzwahrnehmung - beim Pferd in Frage (DIXON 1999).

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2.3.2 Schmelz

Der rein weiße bis leicht bläuliche (ACKERKNECHT 1974) Schmelz - Enamelum, Email, Substantia adamantina - ist das härteste (HABERMEHL 1961, ACKERKNECHT 1974, LIEBICH 1999) und dichteste (DIXON 1999) Gewebe des Körpers. Es besteht zu 95% aus anorganischer Substanz, davon zu 90% aus Apatit (KRÖLLING u. GRAU 1960). Der Schmelz ist zellfrei. Deshalb fehlt auch die Möglichkeit der Reparation. Der Schmelz setzt sich aus sechsseitigen bis polyedrischen Schmelzprismen (Prismata enameli) zusammen. Sie besitzen einen Durchmesser von 5-9 mm und bestehen zu 90% aus Hydroxylapatitkristallen (Crystallum hydroxyapatiti) sowie Resten organischer Substanz (LIEBICH 1999) - HABERMEHL (1961) geht von 100% anorganischer Substanz aus. Die Schmelzprismen sind in Gruppen zusammengefasst und bogen- oder schraubenförmig angeordnet. Ihr Verlauf wird in der Hunter-Schreger Streifung sichtbar (KRÖLLING u. GRAU 1960).

Beim Pferd werden aufgrund unterschiedlicher Anordnung der Schmelzprismen drei

„equine“ Schmelztypen (GORREL 1997) unterschieden. Schmelz vom equinen Typ 1 zeichnet sich durch parallele Reihen von vorwiegend oval gestalteten Schmelzprismen aus. Dazwischen befinden sich dichte Schichten interprismatischer Substanz. Equiner-Typ-1-Schmelz tritt im Grenzbereich zum Dentin auf. Equiner- Typ-2-Schmelz ist durch kreis-, schlüsselloch- bis hufeisenförmig angeordnete Schmelzprismen charakterisiert. Dieser Schmelztyp liegt der Schmelz-Zement- Grenze benachbart. Sowohl an der Schmelz-Dentin- als auch an der Schmelz- Zement-Grenze befindet sich eine dünne, unregelmäßige Schicht von equinem-Typ- 3-Schmelz. Dieser setzt sich aus runden Schmelzprismen zusammen, die von großen Mengen interprismatischer Substanz umgeben sind. Dadurch entsteht eine honigwabenartige Struktur (KILIC et al. 1997b). Die Oberkieferbackenzähne des Pferdes enthalten überwiegend Schmelz vom equinen Typ 1, während der Schmelz der Unterkieferbackenzähne annähernd gleiche Anteile von Schmelz des Typs 1 bzw. Typs 2 aufweist (DIXON 1999).

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2.3.3 Zement

Das Zement - Cementum, Substantia ossea, Substantia osteoidea - bildet zusammen mit der Wurzelhaut (Periodontium, Alveolarmembran), dem Alveolarknochen und der Zahnpulpa (Pulpa dentis) den Zahnhalteapparat (LIEBICH 1999). SMOLLICH (1992) dagegen zählt an Stelle der Zahnpulpa die Gingiva zum Zahnhalteapparat dazu. Von den drei am Zahnaufbau beteiligten Hartgeweben ist das Zement die weichste Substanz. Es lagert sich durch appositionelles Wachstum dem Zahnschmelz außen auf und bedeckt bei allen Haussäugetieren die Wurzeln sämtlicher Zähne (Wurzelzement); als Kronenzement überzieht es beim Wiederkäuer auch die Kronen der Backenzähne und beim Pferd die Kronen aller Zähne des Gebisses (WEISS 1911). Die Schmelzfalten und Schmelzeinstülpungen (Infundibula) der Backenzähne des Pferdes sind ebenfalls durch Zement ausgefüllt (HABERMEHL 1961). Im histologischen Aufbau (KERTESZ 1993) und in seiner mechanischen Charakteristik ist es der geflechtfaserigen Knochensubstanz ähnlich. Das Zahnzement ist im Gegensatz zum Knochen jedoch viel widerstandsfähiger gegen Druckerosion (KÖNIG et al.1999).

Das Zement besteht zu 65% aus anorganischen - vornehmlich Hydroxylapatit - und zu 35% aus organischen Substanzen (Kollagenfibrillen) und Wasser. Im Gegensatz zum Schmelz verleiht ihm der hohe Anteil an organischem Material, ähnlich dem Dentin, eine gewisse Flexibilität (DIXON 1999). An seinem Aufbau sind Zementzellen (Zementocyti), Kollagenfasern und die mineralisierte Grundsubstanz beteiligt. Die Zementzellen liegen dabei in Zementhöhlen und kommunizieren über sehr lange und weit verzweigte Fortsätze miteinander (WEISS 1911). Im Zement kommen zwei Gruppen von Kollagenfasern vor: Schmale nach innen gewandte Fasern, die von den Zementoblasten synthetisiert werden, und große, nach außen orientierte Kollagenfasern, die von den Fibroblasten der periodontalen Membran gebildet werden. Letztere werden als Sharpey Fasern bezeichnet. Sie durchqueren den periodontalen Raum und verbinden sich mit dem Alveolarknochen (LIEBICH 1999).

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Zementzellen und Kollagenfasern sind nicht gleichmäßig diffus verteilt. Aufgrund der lokalen Anhäufung einzelner Komponenten sind drei Zonen zu unterscheiden: zell- und faserfreie Bereiche (zum Schmelz hin), zellfreie aber fibrillenreiche Zonen (dem Wurzeldentin benachbart) und zell- und faserreiche Zonen (verstärken vornehmlich den Zahnhalteapparat an der Wurzel).

Das Zement selbst ist frei von Nervenfasern und Blutgefäßen (THOMÉ 1999). Im Kontaktbereich zwischen Zement und Dentin stehen die Dentinkanälchen mit den ihnen homologen Zementkanälchen in Verbindung (KRÖLLING u. GRAU 1960). Die Zementoblasten werden über das Gefäßsystem der periodontalen Membran ernährt.

Dies veranlasst DIXON (1999) dazu, den Zement und die periodontale Membran als funktionelle Einheit aufzufassen.

2.3.4 Zahnpulpa

Der histologische Aufbau der Pulpa des Pferdeszahnes ist bis heute nicht vollständig erforscht; zahlreiche Informationen sind von den brachyodonten Zähnen abgeleitet (DIXON 1999). Die Pulpa ist ein weiches Gewebe und behält ihren ursprünglichen mesenchymal-gallertigen Charakter bei. Sie besteht aus zellreichem Bindegewebe mit feinen Fasern (Kollagen-Typ-III) und wenigen elastischen Fasern, in das Fibroblasten und Retikulozyten eingelagert sind (LIEBICH 1999). Die Zellen sind miteinander verbunden und verzweigen sich sternförmig (KRÖLLING u. GRAU 1960). Das lockere Gewebe schließt Blutgefäße und Nervenfaserbündel ein.

Lymphgefäße fehlen (LIEBICH 1999).

Eine schmale Prädentinschicht bildet die Grenze zwischen Zahnpulpa und Dentin.

Auf ihr sind tapetenartig Odontoblasten angeordnet. Sie entlassen Zellfortsätze als Tomes Fasern in die Dentinkanälchen (siehe oben) und Fortsätze in die Pulpa.

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Die Nervenfasern - zahlreiche sensible und wenige vasomotorische (LIEBICH 1999) - erreichen die Zahnpulpa gemeinsam mit den Blutgefäßen über das Wurzelloch (SCHUMACHER u. HONNAS 1993). Die sensiblen Fasern entstammen dem Nervus trigeminus (WISSDORF et al. 1998). Im Kronenbereich der Pulpa bilden die Trigeminusfasern den Raschkow Plexus. Die sympathischen Fasern stehen mit dem Ganglion cervicale craniale in Verbindung (DIXON 1999).

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3 MATERIAL UND METHODEN

3.1 Auswahl der Tiere

Die zur Untersuchung verwendeten Proben stammten von 49 Großpferden, die im Jahr 2000 in der Tierklinik Hochmoor, der Pferdeklinik Kerken, der Bergischen Tierklinik Heiligenhaus sowie der Klinik für Pferde der Tierärztlichen Hochschule Hannover aus medizinischen Gründen euthanasiert worden sind. Ihr Alter wurde dem klinischen Vorbericht entnommen, d. h. die Daten beruhen auf den Angaben der Besitzer bei Einstallung ihrer Pferde in die jeweilige Klinik. Darüber hinaus stammten sie von Tieren aus der Rossschlachterei Steffen, Geesthacht. Von den Schlachtpferden wurden nur dann Proben entnommen, wenn deren Geburtsjahr in einem Pferdepass dokumentiert war. Eine Schätzung des Zahnalters wurde in keinem Fall durchgeführt.

3.2 Auswahl der Proben

Es wurden für diese Untersuchung 49 Pferde im Alter von 7 bis 27 Jahren ausgewählt (Tab. 2).

Beachte: Es wird stets das Geburtsjahr (Jahrgang) des Pferdes angegeben; die Proben- (Zahn-) entnahme erfolgte im Jahr 2000.

Von diesen wurden exemplarisch die Backenzähne P3 und M1 des Unter- und Oberkiefers untersucht, und zwar wie folgt:

(a) Jeweils aus dem linken Unter- und Oberkiefer wurden der P3 und M1 herauspräpariert („isoliert“); diese 196 Zähne wurden zunächst makroskopisch inspiziert. 124 von ihnen (62 mandibuläre, 62 maxilläre), wurden

(43)

Tab. 2: Altersverteilung der zur Probenentnahme verwendeten Pferde

à Geburtsjahr; Probenentnahme im Jahr 2000

Der im Hinblick auf Diskrepanzen im Schrifttum besonders kritische Zeitraum

Jahrgang à Anzahl der Pferde

1993 3 1992 3 1991 3 1990 3 1989 3 1988 3 1987 3 1986 2

1985 1

1984 2

1983 3

1982 3

1981 3

1980 3

1979 3

1978 1

1977 2 1976 3 1975 1 1974 - 1973 1

å 49

(44)

anschließend in Biodur™eingebettet und quer gesägt (siehe Kap. 3.4). Die Altersverteilung ist in den Tabellen 3, 4, 5, 6 ersichtlich; zur besseren Übersicht wurden die Jahrgänge zu Jahrgangsgruppen A, B, C, D, E zusammengefasst.

(b) Backenzähne P3 und M1 der rechten Kieferhälften dienten der histologischen Kontrolluntersuchung (siehe Kap. 3.5). Dafür wurden nur Proben aus bestimmten Jahrgangsgruppen herangezogen (siehe Tab. 3, 4, 5, 6), in denen dies aufgrund makroskopischer Adspektion oder aufgrund widersprüchlicher Angaben im

Schrifttum angeraten schien. Die Zahl der histologisch untersuchten Zähne betrug insgesamt 28.

Tab. 3: Anzahl untersuchter Unterkieferbackenzähne P3, nach Jahrgängen geordnet

Gruppe Jahrgänge à Anzahl gesamt*

Anzahl isoliert**

Anzahl quer gesägt**

Anzahl His- tologie***

A 1990-1993 24 12 2 -

B 1986-1989 22 11 3 -

C 1982-1985 18 9 9 2

D 1978-1981 20 10 10 5

E 1973-1977 14 7 7 -

à Geburtsjahr; Probenentnahme im Jahr 2000

* linke und rechte, ** nur linke, *** nur rechte Backenzähne

Der im Hinblick auf Diskrepanzen im Schrifttum besonders kritische Zeitraum

(45)

Tab. 4: Anzahl untersuchter Unterkieferbackenzähne M1, nach Jahrgängen geordnet

Gruppe Jahrgänge à Anzahl gesamt*

Anzahl isoliert**

Anzahl quer gesägt**

Anzahl Histologie***

A 1990-1993 24 12 2 -

B 1986-1989 22 11 3 -

C 1982-1985 18 9 9 2

D 1978-1981 20 10 10 5

E 1973-1977 14 7 7 -

à Geburtsjahr, Probenentnahme im Jahr 2000

* linke und rechte, ** nur linke, *** nur rechte Backenzähne

Der im Hinblick auf Diskrepanzen im Schrifttum besonders kritische Zeitraum

Tab. 5: Anzahl untersuchter Oberkieferbackenzähne P3, nach Jahrgängen geordnet

Gruppe Jahrgänge à Anzahl gesamt*

Anzahl isoliert**

Anzahl quer gesägt**

Anzahl His- tologie***

A 1990-1993 24 12 2 -

B 1986-1989 22 11 3 -

C 1982-1985 18 9 9 1

D 1978-1981 20 10 10 4

E 1973-1977 14 7 7 2

à Geburtsjahr, Probenentnahme im Jahr 2000

* linke und rechte, ** nur linke, *** nur rechte Backenzähne

Der im Hinblick auf Diskrepanzen im Schrifttum besonders kritische Zeitraum

(46)

Tab. 6: Anzahl untersuchter Oberkieferbackenzähne M1, nach Jahrgängen geordnet

Gruppe Jahrgänge à Anzahl gesamt*

Anzahl isoliert**

Anzahl quer gesägt**

Anzahl Histologie***

A 1990-1993 24 12 2 -

B 1986-1989 22 11 3 -

C 1982-1985 18 9 9 2

D 1978-1981 20 10 10 4

E 1973-1977 14 7 7 1

à Geburtsjahr, Probenentnahme im Jahr 2000

* linke und rechte, ** nur linke, *** nur rechte Backenzähne

Der im Hinblick auf Diskrepanzen im Schrifttum besonders kritische Zeitraum

3.3 Entnahme der Proben

Von den euthanasierten oder geschlachteten Großpferden wurden die Köpfe möglichst bald nach dem Tod der Tiere (spätestens 6h post mortem) mit dem Messer im Atlantooccipitalgelenk abgesetzt. Danach wurden die lateralen und medialen Flächen von Ober- und Unterkiefer bis auf das Periost freipräpariert. Mit der elektrisch betriebenen Knochensäge (Fabrikat Schmid & Wezel, Maulbronn, Type EFA 63) wurden die Schädelknochen durchtrennt: im Unterkiefer wurden die Sägeschnitte rostral im Bereich des Margo interalveolaris und kaudal im Ramus mandibulae gelegt. Am Oberkiefer wurde der erste Sägeschnitt rostral ebenfalls im Bereich des Margo interalveolaris geführt, der zweite rostral des medialen Augenwinkels. Dann erfolgte ein Schnitt in der Medianen durch den Nasenrücken entlang des Septum nasi und durch den harten Gaumen. Aus den geöffneten

(47)

Nasenhöhlen wurden die Nasenmuscheln herausgelöst. Von den so präparierten Oberkieferhälften wurden schließlich mit dem Beil oder mit der Bandsäge (Fabrikat Kolbe GmbH, Elchingen, Typ K 420, Sägeblatt 3150 mm x 16 mm) die Knochenanteile dorsal des Canalis infraorbitalis unter Schonung der Zahnwurzeln sorgfältig entfernt. Die so gewonnenen Unter- und Oberkieferhälften wurden dann in 10%iger Formalinlösung für mindestens drei Wochen in gekühlten Räumen aufbewahrt. Anschließend wurden mit der o.g. Bandsäge die Backenzähne P2, P4 und M2 längs durchtrennt. Auf diese Weise gelang eine mechanisch weitgehend schonende Annäherung an die von ihnen flankierten Backenzähne P3 und M1. Diese blieben also zunächst noch von den jeweils durchtrennten Nachbarzähnen und den Alveolargeweben umgeben. Zwecks Orientierung wurde an der lingualen Kronenfläche sowie im rostralen Teil der Kaufläche mit dem elektrisch betriebenen Zahnbohrer (Fabrikat Schick Dentalgeräte, Schemmerhofen, C2 Antriebsgerät) je eine leichte Mulde gebohrt.

Die Proben wurden vor dem jeweils folgenden Arbeitsschritt mindestens einen Tag gewässert, um sie von Formalinresten zu befreien.

3.4 Makroskopische Untersuchung 3.4.1 Vorbereitung der Proben

In Vorversuchen an überzähligen Zähnen (d. h. solchen, die nicht für die eigentlichen Untersuchungen vorgesehen waren) wurde erprobt, wie die Backenzähne unter größtmöglicher Schonung ihrer Zahnwurzeln von den sie umgebenden Hartgeweben befreit werden konnten - die mit Hammer und Meißel bearbeiteten Proben hatten nämlich aufgrund der unkontrollierbaren Krafteinwirkung zahlreiche Wurzelbeschädigungen aufgewiesen.

Deshalb wurden nun die Proben unterschiedlich lange und bei verschiedenen Raumtemperaturen in unterschiedlich konzentrierte Kalilauge eingelegt.

(48)

Als Methode der Wahl stellte sich schließlich die Behandlung der Proben mit 45%iger Kalilauge bei Raumtemperatur dar (Zeitdauer: siehe unten). Dazu wurden die Proben einzeln in beschriftete Gläser gelegt. Knochen und Zement verhielten sich unter Kalilaugeneinwirkung nahezu gleich; um eine Beschädigung des Zahnzements zu vermeiden, wurde der Fortschritt der Entkalkung mindestens zweimal täglich kontrolliert. Die Proben wurden immer dann aus der Kalilauge entnommen, wenn sich der Knochen mit dem Zahnmeißel vom Alveolarrand her leicht lösen ließ oder die benachbarten Zähne ihren Halt verloren hatten. Mit dem Zahnmeißel und der Knochenzange wurde das nun weiche Alveolargewebe unter größtmöglicher Schonung der Zahnsubstanzen vorsichtig gelöst. Zur Erleichterung dieses Arbeitsschrittes waren an den mandibulären Proben vor dem Einlegen in Lauge Kerben in den Alveolarknochen eingesägt worden, um präformierte Bruchkanten zu schaffen. Proben, deren Alveolargewebe für die manuelle Lösung noch zu fest war, wurden in Wasser gelegt. Die fortschreitend leichter lösbaren Gewebe wurden bei täglicher Kontrolle nach und nach entfernt.

Die vollständig isolierten Zähne wurden schließlich zum Trocknen einzeln in ein beschriftetes Plastikschälchen gelegt. Nach dem Trocknen erfolgte die Markierung der Zähne. Mit dem Bleistift wurden auf der bukkalen Fläche die Probennummer, das Geburtsjahr und die Zahnkennzeichnung (P3 und M1) aufgetragen. Dann wurde die linguale Fläche der maxillären Backenzähne, einschließlich der lingualen Wurzel, mit einem gelben Farbstrich versehen. Die rostrale Fläche, einschließlich der rostralen, bukkalen Wurzel, wurde mit roter Farbe gekennzeichnet. Die linguale Fläche der mandibulären Backenzähne erhielt, einschließlich der rostralen Wurzel, einen gelben Farbstrich. Im selben Arbeitsschritt wurden die Zahnwurzelspitzen äußerlich adspektorisch auf das Vorhandensein von Wurzellöchern untersucht.

(49)

3.4.2 Eingießen der Backenzähne in Biodurä

Zum Eingießen der Backenzähne wurde eine von den Zentralen Forschungswerkstätten der Medizinischen Hochschule Hannover hergestellte Form (Abb. 6) aus PVC- Platten verwendet 1. Auf einer Grundplatte von 440 mm x 110 mm x 10 mm wurden stirnseitig zwei 52 mm x 50 mm x 12 mm große PVC-Platten festgeschraubt. Drei weitere PVC-Platten blieben zunächst ohne feste Verbindung.

Zwei Platten mit den Maßen 440 mm x 52 mm x 12 mm wurden als Seitenwände durch Klemmzwingen mit den festen Platten verbunden. Die dritte Platte entsprach in ihren Maßen den beiden stirnseitigen Platten. Sie diente als verschiebbare Trennwand, wenn nicht die gesamte Form verwendet werden sollte. Im verbundenen Zustand ergab sich somit eine längliche, trogähnliche, rechtwinklige Form mit den Innenmaßen 408 mm x 50 mm x 52 mm. Alle Innenflächen dieser Form wurden vor jedem Gießvorgang mit Alkohol gereinigt und mit Silikonspray als Trennmittel behandelt. Zum Eingießen wurde Biodurä 2 E 20 farblos in Verbindung mit dem dazugehörigen Biodurä Härter E2 verwendet, im Verhältnis von 100 zu 45 Gewichtsteilen. Diese Substanzen bilden ein Epoxidharzsystem, das für die Gefäßdarstellung von Präparaten entwickelt wurde. Nach dem Einfüllen der zwei Komponenten in einen Glasbehälter wurden diese mit einem Holzstäbchen 5 Minuten lang umgerührt. Zunächst wurde eine Grundschicht von ca. 4 mm Höhe gegossen. Dazu waren jeweils 75 g Biodurä E 20 und 33 g Biodurä Härter E2 erforderlich. Zum Aushärten verblieb die so gefüllte Form bei Raumtemperatur unter dem Abzug. Nachdem die Grundschicht soweit ausgehärtet war, dass sie die Backenzähne tragen konnte, wurden diese längs in die Form gelegt. Dies geschah frühestens 3 Stunden nach dem Eingießen der Grundschicht. Danach wurde die Form so weit mit frisch angerührter Biodurmischung aufgefüllt, dass die Zähne ca. 4 mm bedeckt waren. Zur Füllung der gesamten, mit maxillären Backenzähnen gefüllten Form wurden jeweils 375 g Biodurä E 20 und 168 g Biodurä Härter E2

1 Herrn Buchhorn und Herrn Roskowski sei für die freundliche Unterstützung und für die Anfertigung der Form ganz herzlich gedankt.

2 Biodurä Products, Heidelberg

(50)

verwendet. Für die mit mandibulären Backenzähnen ausgelegte Form wurden 325 g Biodurä E 20 und 146 g Biodurä Härter E2 benötigt. Insgesamt wurden 18 Blöcke gegossen.

3.4.3 Sägen der Biodurblöcke

Die Biodurblöcke wurden in der glastechnischen Werkstatt der Medizinischen Hochschule Hannover 1 mittels einer Glasschneidemaschine (Fabrikat B+C, Giessen) geschnitten. Im ersten Arbeitsschritt wurde jeder Biodurblock jeweils zwischen den eingebetteten Zähnen durchtrennt, um mehrere kleinere, jeweils einen einzigen Zahn enthaltende Blöcke zu erlangen. Von diesen einzelnen Blöcken wurde daraufhin am wurzelseitigen Ende soviel Epoxidharz abgetrennt, bis der äußerste Punkt der Zahnwurzel erreicht war. Danach wurde am Anschlag der Schneidemaschine eine Schichtdicke von 5 mm gewählt. Mit dieser Einstellung wurden die Zähne von der Wurzel aus distalwärts so lange in Scheiben geschnitten, bis auf den entstehenden Querschnittflächen Schmelz erkennbar war. Danach wurde die Schichtdicke auf 10 mm vergrößert und so lange weitergeschnitten, bis die Pulpaäste verschwunden waren. In den Fällen, in denen noch Pulpaäste sichtbar waren, die folgende Schnittebene sich jedoch bereits über der Kaufläche befunden hätte, wurde die Schichtdicke wieder auf 5 mm reduziert. Bedingt durch die Dicke des Sägeblatts von 1,3 mm musste pro Schnitt mit einem entsprechenden Substanzverlust gerechnet werden. Jede Scheibe wurde nach dem Abtrocknen beschriftet (Abb. 7).

1 Herrn Becker und Herrn Potthast gebührt mein ganz herzlicher Dank für die freundliche und großzügige Unterstützung und für die technische Einführung am Gerät.

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