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Schlüsselqualifikationen in der Ausbildung des Software Engineering - ein Dilemma und ein möglicher Ausweg

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Academic year: 2022

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Heinrich C. Mayr, Martin Pinzger (Hrsg.): INFORMATIK 2016, Lecture Notes in Informatics (LNI), Gesellschaft für Informatik, Bonn 2016 1055

Schlüsselqualifikationen in der Ausbildung des Software Engineering – ein Dilemma und ein möglicher Ausweg

Yvonne Sedelmaier1, Dieter Landes1

Abstract:Schlüsselqualifikationen sind ein vieldiskutiertes berufspädagogisches Konzept, da sie sowohl für den eigenen aber auch für andere Berufe und Lebensbereiche große Bedeutung haben.

Der Beitrag ruft eine gängige Charakterisierung von Schlüsselqualifikationen in Erinnerung, nach der es sich dabei oft um "höhere" Fähigkeiten handelt, die Aspekte der Persönlichkeitsbildung beinhalten. Somit sind Schlüsselqualifikationen sehr komplex und in der Hochschulausbildung, neben Kompetenzen und Fachwissen, nur sehr eingeschränkt direkt und isoliert zu adressieren. Der Beitrag argumentiert, dass dies im Zusammenspiel mit beruflichen Kompetenzen und in einem aktivierenden Lernsetting erfolgen sollte. Der Beitrag skizziert einen solchen Ansatz in Form eines Software-Engineering-Projekts, in dem Master- und Bachelorstudierende der Informatik zusammenarbeiten.

Keywords:Schlüsselqualifikationen, Kompetenzen, Hochschullehre, berufliche Bildung

1 Einleitung

Seit den 1970er Jahren sind Schlüsselqualifikationen (SQ) ein vor allem in der beruflichen Bildung viel diskutierter Ansatz. Dieser Begriff bietet großen Spielraum für Definitionen und Interpretationen. Es bleibt oft unklar, ob eine Einstellung wie z.B. Teamgeist, eine Handlungsweise wie z.B. Teamarbeit oder eine Fähigkeit wie Teamfähigkeit oder ein gänzlich anderes Qualifikationselement gemeint ist.

Unter SQ werden alle Fähigkeiten zusammengefasst, die sowohl für den eigenen Beruf aber auch für andere Berufe und Lebensbereiche sehr wichtig sind. Es handelt sich dabei oft um "höhere" Fähigkeiten, die Aspekte der Persönlichkeitsbildung (Teamfähigkeit, theoretisches Denken, Selbstständigkeit, etc.) beinhalten, d.h. sie versetzen Berufstätige in die Lage, den Anforderungen der modernen Arbeitswelt zu entsprechen. „Schlüssel- qualifikationen als Berufsqualifikationen sind relativ lange verwertbare funktions- und berufsübergreifende Qualifikationen zum Lösen beruflicher Probleme. Qualifikationsziel ist die berufliche Flexibilität und Mobilität.“ [Wi91, S. 56]

Mertens definiert SQ als „solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr

(a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative

1Hochschule für Angewandte Wissenschaften Coburg, Fakultät Elektrotechnik und Informatik, Friedrich- Streib-Str. 2, 96450 Coburg, {yvonne.sedelmaier, dieter.landes}@hs-coburg.de

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1056 Yvonne Sedelmaier und Dieter Landes Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und

(b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des Lebens [sind].“ [Me74, S. 40]

Mertens unterscheidet also vier Typen von Schlüsselqualifikationen:

 Basisqualifikationen als Qualifikationen höherer Ordnung oder gemeinsame Dritte von Einzelfähigkeiten:

Gebiet der Denkschulung (Logik, analytisches, strukturierendes, konzeptionelles, kreatives, kooperatives Denken, etc.);

selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren;

 Horizont- oder Horizontalqualifikationen, horizonterweiternde Qualifikationen:

Wissen über das Wesen von Informationen, über Gewinnung, Verstehen und Verarbeiten von Informationen;

Sichern eine möglichst effiziente Nutzung der Informationshorizonte der Menschheit, entweder durch Wissen von Fakten oder durch Wissen über einen raschen Zugriff auf Informationen (‚gewusst wo’);

 Breitenelemente sind spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten, die über breite Felder der Tätigkeitslandschaft nachweislich als praktische Anforderung am Arbeitsplatz auftreten, also so bedeutsam zu sein scheinen, dass sie bereits zur Allgemeinbildung zählen.

 Vintagefaktoren dienen der Aufhebung der durch Innovationen entstandenen Bil- dungsdifferenzen zwischen den Generationen. Mertens gibt dabei der Erwachsenen- bildung einen neuen Stellenwert.

2 Schlüsselqualifikationen in der Hochschulausbildung

Legt man eine dieser gängigen Definitionen von SQ zugrunde, kommt die Hochschul- ausbildung schnell an ihre Grenzen. Eine wesentliche Herausforderung liegt in der Kom- plexität der SQ und somit in der Allgemeinheit des Begriffs von SQ. Zabeck beschreibt das Dilemma mit den SQ treffend [Za89]: Werden SQ zu abstrakt formuliert, sind sie nicht umsetz- und transferierbar; werden sie zu differenziert berufsbezogen formuliert, verlieren sie den Charakter jener psychologischen Kategorien, für die sie sich ausgeben.

Um dieser Problematik zu begegnen und sowohl SQ, als auch zusätzlich Kompetenzen für Software Engineering adressieren zu können, wurde an der Hochschule Coburg ein Kompetenzprofil für Software Engineering entwickelt [SL15b, SL15a]. Dieses Kompetenzprofil beschreibt für Software Engineering spezifische überfachliche Kompetenzen, die als Kompass für die Hochschulausbildung dienen. Daraus werden Lehrziele abgeleitet und dem Primat der Didaktik [Kl64] folgend dann Methoden und

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Schlüsselqualifikationen in der Ausbildung des Software Engineering 1057 Medien in Lehrkonzepten zusammengeführt.

Um die Wirksamkeit dieser Lehrkonzepte zu evaluieren, wurde ein Bewertungsansatz entwickelt und bereits in diversen Lehrveranstaltungen des Software Engineering eingesetzt, der den Kompetenzzuwachs Studierender aufgrund einer Lehreinheit bewertet [SL14a]. Insgesamt zeigt sich, dass aktivierende und induktive Lehrkonzepte für das Training überfachlicher Kompetenzen bzw. SQ zielführend sind [Se16].

3 Beispielhafte Umsetzung in einer Lehrveranstaltung

Eine Lehrveranstaltung, in der überfachliche Kompetenzen eine entscheidende Rolle spielen, ist das Software-Engineering-Projekt [SL14b], das als Abschlussprojekt fungiert.

Dabei bearbeiten Studierende ein komplettes Projekt, von der Anforderungserhebung, i.a.

mit echten, fachfremden Kunden, bis zur Auslieferung. In den Teams arbeiten überwiegend Bachelorstudierende, geleitet wird jedes Team allerdings durch einen Masterstudierenden. Während die Bachelorstudierenden vorwiegend operative Aufgaben haben, kümmert sich der Masterstudierende um die Anpassung des Vorgehensmodells, sowie das Projekt- und Qualitätsmanagement.

Zum Tragen kommen im Zuge des Projekts auf Masterniveau mit „selbständigem Planen, Durchführen und Kontrollieren“ durchaus SQ im Sinne der Definition von Mertens; auf Bachelorniveau sind allerdings im Wesentlichen überfachliche Kompetenzen aus den Bereichen Angemessenheit, Zielorientierung und Problembewusstsein des Kompetenzprofils SWEBOS [SL14a, SL15a] zu nennen, die einen anderen Charakter als SQ besitzen. Die Lehrenden agieren in dieser Lehrveranstaltung im Hintergrund als Coaches, die Studierenden versuchen im Sinne des aktiven und induktiven Lernens [Pr04, PF06] Aufgaben und Problemstellungen zunächst eigenständig zu verstehen und bewältigen. Verstärkt wird der Lerneffekt zusätzlich dadurch, dass die Studierenden zum Ende des Projekts ihre Zusammenarbeit im Team in einer schriftlichen Selbstreflexion bewerten. Zudem sollen sie über weitere überfachliche kontextsensitive Kompetenzen im Software Engineering reflektieren, die im Projekt besonders relevant sind. Diese Selbstreflexion wird dann in einem gemeinsamen Abschlussgespräch des Teams, einem Post-Mortem-Review, thematisiert.

4 Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Konzept der SQ einen sehr hohen Anspruch in die Hochschullehre bringt, da sich SQ nicht einfach vermitteln, sondern bestenfalls trainieren lassen. Da jedoch arbeitsplatzbezogenes Faktenwissen immer schneller veraltet, kommt in modernen Gesellschaften Bildungsinhalten mit höherem Abstraktionsniveau besondere Bedeutung zu. Folglich muss ein Studium neben Fachwissen auch allgemeine und kontext-sensitive überfachliche Kompetenzen i.V.m. SQ adressieren.

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1058 Yvonne Sedelmaier und Dieter Landes

Danksagung

Das Projekt EVELIN wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PL12022A im Rahmen des Qualitätspakts Lehre gefördert.

Literaturverzeichnis

[Kl64] Klafki, W.: Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. In (Roth, H.;

Blumenthal, A. Hrsg.): Didaktische Analyse. Schroedel, Hannover; S. 5–34, 1964.

[Me74] Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 7; S. 36–43, 1974.

[PF06] Prince, M. J.; Felder, R. M.: Inductive Teaching and Learning Methods: Definitions, Comparisons, and Research Bases. In Journal of Engineering Education, 95; S. 123–

138, 2006.

[Pr04] Prince, M. J.: Does Active Learning Work? A Review of the Research. In Journal of Engineering Education, 93; S. 223–231, 2004.

[Se16] Sedelmaier, Y.: Interdisziplinäre Fachdidaktik für Software Engineering Forschungsbasierte Entwicklung und Evaluation eines anwendungsbezogenen didaktischen Ansatzes. opus, Bamberg, 2016.

[SL14a] Sedelmaier, Y.; Landes, D.: A Multi-Perspective Framework for Evaluating Software Engineering Education by Assessing Students' Competencies. SECAT - A Software Engineering Competency Assessment Tool. In (IEEE Hrsg.): 44th Frontiers in Education (FIE); S. 2065–2072, 2014.

[SL14b] Sedelmaier, Y.; Landes, D.: Practicing Soft Skills in Software Engineering. In (Yu, L.

Hrsg.): Overcoming Challenges in Software Engineering Education. IGI Global; S. 161–

179, 2014.

[SL15a] Sedelmaier, Y.; Landes, D.: Überfachliche Kompetenz im Software Engineering - Modellierung, Förderung und Messung in der Hochschulausbildung. In (Riegel, U. et al.

Hrsg.): Kompetenzmodellierung und -messung in den Fachdidaktiken. Waxmann, Münster; S. 111–130, 2015.

[SL15b] Sedelmaier, Y.; Landes, D.: SWEBOS - The Software Engineering Body of Skills. In International Journal of Engineering Pedagogy (iJEP), 5; S. 12–19, 2015.

[Wi91] Wilsdorf, D.: Schlüsselqualifikationen. Die Entwicklung selbständigen Lernens und Handelns in der industriellen gewerblichen Berufsausbildung. Lexika Verlag, München, 1991.

[Za89] Zabeck, J.: "Schlüsselqualifikationen" - Zur Kritik einer didaktischen Zielformel. In Wirtschaft und Erziehung, 41; S. 77–86, 1989.

Referenzen

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