E
s soll ja durchaus Banken geben, denen noch nicht die Steuerfahndung auf die Pelle gerückt ist. Doch de- ren Zahl wird offenbar immer kleiner, so sehr haben in den zurückliegenden Monaten die fiskalischen Argusaugen ein Geldhaus nach dem ande- ren danach durchleuchtet, ob sich nicht doch das eine oder andere unveranlagte Luxem- burger Wertpapierdepot auf- spüren ließe.Nun kennen Sie ja genü- gend die aktuelle Presseland- schaft, um zu wissen, daß die Ausbeute der Steuerfahnder als üppig zu bezeichnen ist, was zwingend zu der Frage führt, ob sich in einem solchen Fall eine Selbstanzeige über- haupt noch lohnt. Und wenn ja: Wie muß man so ein Ding abfassen, damit Reue und Form eine gelungene Einheit bilden? Fälschlicherweise gibt es ziemlich viele Leute, die
den Kopf trotz (wegen?) Lu- xemburger Verflechtungen in den Sand stecken, obwohl die Steuerfahndung bereits die Hausbank oder deren Zentra- le durchstöberte.
Dabei ist der Dreh- und Angelpunkt die wichtige Fra- ge, bis zu welchem Zeitpunkt eine Selbstanzeige noch zum rettenden Ufer führt. Wäh- rend früher die herrschende juristische Meinung eher die war, daß nach der Durchsu- chung bei einer Bank die (in- dividuelle) Tat der Steuerhin- terziehung schon als „ent- deckt“ galt, läßt sich das heute nicht mehr aufrechterhalten!
Nach neuerer Rechtspre- chung des Bundesgerichts- hofes kann es nämlich durch-
aus sein, daß selbst dann, wenn keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt und dennoch Depots entdeckt wurden, noch keine Steuer- hinterziehung sicher ange- nommen werden könne.
Denkbar wäre zum Beispiel, daß hohe Werbungskosten zu der Nichterklärung geführt haben oder daß die Wertpa- piere für Dritte gehalten wur- den. Genau aus diesem Mög- lichkeitsspektrum heraus fol- gert die Annahme, daß eine Bankendurchsuchung nicht als einzelne Tatentdeckung gewertet werden kann!
Aus der etwas abstrusen Argumentationskette folgt nun aber, gottlob, daß eine Selbstanzeige auch nach Be-
kanntwerden der Durchsu- chung noch strafbefreiend wirkt. Vorausgesetzt, die Selbstanzeige wird sofort durch den Täter (oder durch den beauftragten Steuerbe- rater) erstattet. Wichtig ist, daß bei zusammen veranlag- ten Eheleuten beide unter- zeichnen.
Apropos Dokument: Die Selbstanzeige ist prinzipiell nicht an die Schriftform ge- bunden; sie empfiehlt sich gleichwohl dringend aus Be- weisgründen, weil auch deren Inhalt es dem Finanzamt er- lauben muß, aus den Angaben (notfalls schätzen) der Selbst- anzeige einen neuen Steuer- bescheid zu erstellen. Wer zum Schluß noch darauf ach- tet, daß die Anzeige an sein eigenes Finanzamt zu richten ist und nicht etwa an das der durchsuchten Bank, sollte sei- nen Nöten ein gutes Ende be- reiten können. Börsebius
[36] Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 31–32, 5. August 1996
S C H L U S S P U N K T
Post Scriptum
E
inmal fragte ich Karpow und Kasparow, was sie sich von der Fee mit den drei Wünschen erbäten, und erhielt von beiden die- selbe Antwort: „Nichts. Ich will alles aus eigener Kraftschaffen.“ Die Hilfe von Ärzten und Psychologen bei ihren WM-Kämpfen neh- men sie allerdings doch ger- ne in Anspruch, vielleicht werden diese aber auch nur in einem grandiosen nar- zißtischen Akt dem eigenen Ich einverleibt. Um die
Ecke lauert der „plural ma- jestatis“. Ärzte dürften, heute wie früher, im allge- meinen etwas weniger ver- messen sein, wie eine mir just von Kasparow selbst mitgeteilte Episode veran-
schaulichen soll. Danach wurden die Kranken im al- ten Rom mit ihren Betten auf die Straße getragen, um Meinung und Rat der Vor- übergehenden bei Diagnose und Therapie einzuholen.
Dieses probate Verfahren ist zwar bei einem Schach- turnier grundsätzlich auch denkbar, doch aus irgend- welchen Regel- und Gleich- heitsgrundsätzen untersagt.
Selbst ist hier der Mann be- ziehungsweise die Frau, das galt auch bei der letzten Deutschen Ärztemeister-
schaft. Dennoch mußte man nicht unbedingt auf jegliche Unterstützung verzichten.
Als sich in der dritten Run- de Dr. G. Fischer und Dr.
Schulze-König gegenüber- saßen, zog doch ersterer
Sultan Mehmet (nicht den Lausebengel Scholl) als Ta- lisman aus der Tasche und stellte ihn neben sein Brett, worauf Dr. Schulze-König postwendend mit einem kleinen Bären antwortete:
Beide freuten sich wie Schneekönige, befreiendes Lachen hallte durch den Saal.
Wie heißt es doch schon beim großen rumänischen Schriftsteller Sadoveanu:
„Weil auch das Schachspiel eine Medizin ist, allerheilig- ster Vater!“
Solch eine Medizin kann schmecken, oder auch nicht.
Das gleiche gilt gelegentlich für Bauern.
Dr. Bosse hatte im letz- ten Zug mit seinem Läufer einen weißen Bauern auf d5 verschnabuliert und dachte sich vermutlich nichts Böses – alles scheint in bester Ord- nung zu sein. Doch dieser Bauer sollte sich überra- schend als höchst un- bekömmlich erweisen. Se- hen Sie, wie Dr. Moise als Weißer am Zug mit einer feinen Kombination eine schwarze Figur eroberte?
Lösung:
Börsebius über Steuerfahndung
Ertappt oder nicht?
Sultan Mehmet versus kleiner Bär
DR. MED. HELMUT PFLEGER
Das Läuferschach 1.Lb5+! de- maskierte den Angriff der
weißen Dame auf den gefräßi- gen schwarzen Läufer d5. Scheinbar hatte dieser genü-
gend vorgesorgt: 1.... Lc6 pa-
rierte Schachgebot und Läufer- bedrohung. Nun kam indes nach Läuferabtausch 2.Lxc6+ Sxc6 die „Gemeinheit“ 3.Dd5! Beide schwarzen Springer wa- ren angegriffen, nur einer konn- te sich retten, wonach Weiß natürlich großen V orteil hatte.