A1294 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 236. Juni 2008
K U LT U R
regelmäßig Ausstellungen zum The- ma Garten statt. Außerdem wird hier wissenschaftlich über Gartenkunst und Landschaftskultur gearbeitet.
Der Park des Wasserschlosses wurde zu Beginn des 18. Jahrhun- derts von Thomas Blaikie angelegt.
Der schottische Gartenarchitekt hatte zuvor in Paris die Gärten von Baga- telle und Monceau geschaffen. Auf- grund seiner Artenvielfalt ist der Dycker Schlosspark eine Rarität un- ter den europäischen Gärten. „Ich be- schloss, alle unter freiem Himmel in hiesigem Klima ausdauernden Bäu- me und Sträucher vollständig aufzu- nehmen“, hatte seinerzeit der Haus- herr verfügt. Fürst Joseph zu Salm- Reifferscheidt-Dyck war nicht nur ein aufgeklärter Herrscher über sein Miniterritorium, sondern auch ein wissenschaftlich interessierter Freund der Botanik.
So lustwandelt der heutige Besu- cher unter 200 Jahre alten Baumgi- ganten. Exotische Zeugen fürstlicher Sammelwut wie eine Sumpfzypresse
D
as Rheinland als Städterei- gen zwischen Bonn und Duisburg und dem sich anschließen- den aufreizend unspektakulären Niederrhein gilt nicht gerade als Heimat grüner Paradiese. Das wird sich nun ändern. Mit der noch jun- gen „Straße der Gartenkunst zwi- schen Rhein und Maas“, die zu Dut- zenden historischen Garten- und Parkanlagen führt, tritt das Rhein- land an die Seite so berühmter Gar- tenlandschaften wie dem Tal der Loire oder manch englischer Graf- schaft.Ausladende Anlagen mit ba- rocken Blumenparterres, Spiegel- weihern und verschwiegenen Bos- kettgärten liegen ebenso entlang der Route wie Gärten im englischen Landschaftsstil mit ihren Hügeln, Teichen, Baumgruppen, Wiesen und den mäandernden Wegen, die im- mer wieder überraschende Raum- bilder erschließen.
Pflicht ist ein Besuch in der Ba- rockwelt der zum Weltkulturerbe der UNESCO zählenden Gärten von Schloss Augustusburg in Brühl und von Schloss Benrath in Düsseldorf.
Dem stehen echte Entdeckungen ge- genüber: der Skulpturenpark von Schloss Moyland bei Kleve, der an Sanssouci erinnernde Terrassengar- ten von Kloster Kamp oder das Natur und Kunst verbindende Gartenreich in den Auen des Flüsschens Erft auf der Insel Hombroich in Neuss.
Fürstliche Sammelwut
Als Fixpunkt der „Straße der Garten- kunst“ fungiert Schloss Dyck zwi- schen Neuss und Mönchengladbach.
Dieses Zentrum für Gartenkunst und Landschaftskultur lädt die Besucher zu einer Reise ein, die vom Land- schaftsgarten des 19. Jahrhunderts bis zu Schöpfungen der Gegenwart führt.
Im Schloss und seinen Vorburgen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts finden
aus Florida oder ein Riesenmammut- baum aus Kalifornien, Säuleneichen und Rieseneiben, Magnolien und Robinien, Azaleen und Rhododen- dren säumen den Weg. Vielfältige Sichtachsen eröffnen immer wieder neue Ansichten der Schlossbauten und der benachbarten Halbinsel, auf der die Orangerie liegt. Nur dieser Teil des Gartens weist noch barocke Gestaltungselemente auf.
Vernachlässigte Schätze
Vor den Toren des historischen En- sembles wogt ein Meer aus bis zu vier Meter hohem Chinaschilf, das einen Schatz versteckt. In 22 kleinen Gär- ten haben junge Landschaftsarchi- tekten ihrem Einfallsreichtum freien Lauf gelassen. Im „Garten der Eitel- keiten“ wandelt man auf den Spuren der Pflanzensymbolik, lässt sich im„Garten der freundlichen Nachbarn“
von der friedvollen Atmosphäre an- regen und spürt die meditative Kraft des „Judäischen Gartens“.
Wer nach der Zeitreise durch den Park und die neuen Gärten von Schloss Dyck auf den Geschmack gekommen ist, der kann in der Um- gebung weitere grüne Entdeckun- gen machen: die Parks der Wasser- schlösser in Wickrath und Neersen, der Hofgarten in Düsseldorf oder die von reichen Textilfabrikanten im 19. Jahrhundert angelegten Vil- lengärten in Krefeld.
Fast alle Anlagen sind erst in den letzten Jahren aus einem Dornrös- chenschlaf geweckt und behutsam in ihren historischen Zustand zurück- versetzt worden. Als Katalysator fun- gierte 2002 die bundesweit erste de- zentrale Landesgartenschau, die er- folgreich das Bewusstsein für die ver- nachlässigten Schätze geweckt hat und den Anstoß für die „Straße der Gartenkunst“ gab. Informationen:
www.strasse-der-gartenkunst.de. I Ulrich Traub
„STRASSE DER GARTENKUNST“ IM RHEINLAND
Aus dem Dornröschenschlaf erwacht
Verspielte Barockgärten und englische Landschaftsarchitektur – Einblicke in 300 Jahre Gartenkunst
Foto:Stiftung Schloss Dyck
Rarität:„Ich be- schloss, alle unter freiem Himmel in hiesigem Klima ausdauernden Bäu- me und Sträucher vollständig aufzu- nehmen“, verfügte der Herr von Schloss Dyck.