0as System ,,llopolo"
Die 1933 gegnindeten Napolas (offiziell:
NPEA,,,Nationalpolitische
Erziehungs- anstalten") hatten das Zrel, die künftigezivile Elite des
NS-Staats auszubilden:eine
kompromisslosnach
Maßgabe der NS-Ideologie handelnde Führungsspitze, die gleichzeitig die ,,gute Gesellschaft" des ,,Dritten Reichs" hervorbringen sollte.Bis 1945 gab es
in
Deutschland und den neuangegliederten Gebieten ca. 40 Napolas. Insgesamt haben sie etwa 15 000 Schüler ausgebildet.Vorbild für die
Napola-Pädagogik waren die englischen Public Schools unddie
preussischen Kadettenanstalten. Die Rekrr-rtierung der Schüler erfolgte unterscharfen
Auswahlkriterien.Der
ideale Napola-Schüler (,Jungmann") warvon rei- ner arischer Herkunft und körperlich fit, dazu risikofreudig, überdurchschnittlich intelligent, nicht brav, sondern vom Cha-rakter her
eher rebellisch. .fungmannen sollten spezifi sche Fähigkeiten entwickeln:insbesondere den Willen und das Vermö- gen, Führungspositionen einzunehmen.
Ihnen und ihren Eltern wurde eine Erzie- hung auf höchstem Niveau versprochen, mit gesicherten Chancen
für
eine spätere Karriere. Mittellose Familien waren vom Schulgeld ausgenommen, manche erhiel- ten sogar finanzielle Unterstützung.Schon die Aufnahmeprüfung verlangt den Knaben List und Mut ab, die internen Aufnahmerituale sind teilweise grausam
und
erniedrigend.Ahnlich wie bei
derArmee geht
esin der
Aufnahmephase zunächst darum, die zivile Identität undIndividualität
des Schülers aufzuheben:aus dem Knaben einen ,Jungmann" zu machen. Von nun an lebt er
in
Uniform.Das Leben ist
in
,,Zügen" organisiert und streng kollektiv geregelt. Die kleinste Ver- fehlung des Einzelnen ziehtdie
Bestra- fung des ganzen ,,Zuges" nach sich. Stra-fen wie winterliche
Nachtmärschein
kurzen Hosenmit
beladenem Rucksack sind typisch und üblich.Neben
dem
körperlichenDrill
sind die SchüIer einer intensiven nationalsozi- alistischenIndoktrination
unterworfen, die nicht a1s ,,Schulfach" gelehrt, sondernin
denAlltag
des Schullebens verwoben ist. Jeder Jungmann soll sich als siegrei-cher
Herrenmenscherfahren,
zugleich aber lernen, sich bedingungslos unterzu- ordnen und ohne Widerspruch zu gehor- chen. ,,Du bist besser!" ist ebenso Parole der Napola wie ,,Du bist nichts-
Dein Volk ist alles." Permanent steht der Schülerin
der Spannung, besser als alle anderen und gleichzeitig ,,nicht gut genug" zu sein, dem Ideal nicht zu genügen. Die Anstaltsregieverhindert eine freie Entfaltung
seiner Individualität.Nur in der
Gruppefühlt
sich derJungmann sicher.In der letzten Phase des Krieges schlie- ßen sich
die
älteren Schüler häufig den kämpfenden Einheiten an. Als überzeugte Anhänger des Regimes kämpfen viele vonihnen mit
fanatischer Hingabe.In
den letzten Kriegswochen fällt etwa die Hälfteder
betreffenden Jahrgänge.Nach
der Kapitulation sagt man den Uberlebenden, dass alles, was man ihnen beigebracht hat, alles, was sie zu idealisieren gelernt haben,falsch war. Man behan-
delt sie wie
Verfemte,gefährliche
Bastardeund gibt ihnen
zu ver- stehen, dass sie künftig bessernicht von
ihrer Schulherkunft sprechen sollten.Einige haben
die-ses
Schweigegebotihr
Leben lang durchgehal-
ten:
Selbstihren
Kin-dern haben sie
nichtsoder wenig von
ihrerNapola-Zeit erzählt. An dieser kommunikativen Lücke setzt der Film an. Er eröffnet einen Dialog zwischen den Generationen und
zeigt
exemplarisch,wie sich
das ,,Erbe der Napola" bis aufden heutigen Tag aus- wirkt.llie Protogonisten
Zwei Familien
- ein
Rätsel. Was ist wäh-rend des
Nationalsozialismusmit
demVater geschehen?
Der eine Vater, Gero Karrer, lebt nicht mehr.
Er
hat sich zusammenmit
seiner Frau umgebracht, als sich die ersten Zei- chen vonAlter
und Krankheit meldeten.Seine Tochter kann dem Vater keine Fra- gen mehr stellen. Mehr als 20Jahre nach dem Doppelselbstmord der Eltern beeibt sie sich mit ihren Söhnen auf eine Spuren- suche, die zur Napola-Zeit des Vaters
führt -
und zum Geheimnis der Mutter.Der andere Vater, Erwin Schuppe, ist BOjährig immer noch der Patriarch. Noch heute steht er zur Parole ,,Gelobt sei, was
hart macht" als
Erziehungsideal. Seine Kinder, insbesonderedie
Tochter Mari- anne, kämpfen bis heute damit, dass sie vom Vater nach solchen Maximen erzogen worden sind.Ist
etwas vom NS-Erbe inihre
eigene Psyche eingepflanzt worden?Die
Suche nach Antworten konfrontiertden Vater mitAnklagen und Fragen
-
undsetzt sich fort bis zur Enkelin.
Der Film beschreibt die Wirkung national- sozialistischer Eliteerziehung. Prominente ehemalige NS-Eliteschüler
schildern -
teilweisean den
Originalschauplätzen (Stuhm, Loben, Neuzelle, Plön,Vogelsang, Traiskirchen)-
denAlltag
dieser Schu-len:
Der
Literaturkritiker
Hellmuth Kara- sek bericftet von der ihm verhassten kör- perlichen Ausbildung.der
Überwindungkörperlicher
Grenzen,von
Müdigkeit, Angsten und Mutproben. Theo Sommer,der
ehemalise Herausgeberder
,,Zeit",fragt
sich,ob die
Auswahlkriterienfür die Elite wirklich so
schlecht gewesenseien. Harald Ofner, der ehemalige öster- reichische Justizminister, erzählt, wie die Pfadfinderspiele
im Internat
angesichts desnäher
rückenden Kriegsgeschehens immer mehr zu paramilitärischen, aggres- siven Trainings ausgeartet sind. Der Diri- gentJoachim CarlosMartini,
als Kindin
Chile unter,Nicht-Weißen' aufgewachsen, berichtet von seiner Außenseiter-Situationin
der Napola: seiner Angst vor Prügeln und dem ,,Stülpen" (nachtsmit
dem Bett umgeworfen werden).HERRENKINDER ist ein Film über Des-