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Archiv "Erfurt: Quo vadis, Medizinische Hochschule?" (21.12.1992)

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Erfurt

Quo vadis,

Medizinische Hochschule?

Quo vadis — so war im Juli ein Artikel im Deutschen Ärzte- blatt überschrieben, der sich mit den Zukunftsperspektiven der Medizinischen Akademien der ehemaligen DDR befaßte.

Damals vertrat der Erfurter Rektor, Prof. Dr. Dr. Walter Kür- zel, die Auffassung, „abgewickelt" werde in keinem Fall. Doch seit November ist klar: Die Medizinische Hochschule Erfurt stellt den Lehrbetrieb 1994 ein. Was sagt Rektor Künzel dazu?

abbrechen. Schweden verfüge, so Hagenfeldt, über Erfahrungen mit medikamentösen Abtreibungsme- thoden. Doch die Nebenwirkungen seien bisher schwerwiegend gewe- sen. Erst RU 486 habe neue Mög- lichkeiten geboten.

Den politischen Hintergrund be- leuchtete Gunnar Soderholm. Er er- innerte daran, daß das schwedische Abtreibungsrecht 1975 in Kraft ge- treten sei. Etwa zehn Jahre lang sei daran nicht gerüttelt worden, doch seit Ende der 80er Jahre würden Le- bensschützer-Gruppierungen mehr und mehr aktiv. Da Schweden sich

Die Chronik der Tage bis Ende November klingt fast wie eine Neu- auflage der „Wende": Massende- monstrationen von Studenten im Verein mit ihren Hochschullehrern und dem Personal, Protestbriefe aus aller Welt, Sympathiekundgebungen der Erfurter Bürger. Nicht nur der Rektor reagierte mit Enttäuschung, Trauer, aber auch Empörung auf den Beschluß des Thüringer Kabi- netts vom 3. November, die erst im Juli diesen Jahres per Gesetz aus der ehemaligen Medizinischen Akade- mie geschaffene Medizinische Hoch- schule zum 31.12.1993 zu schließen.

Pikanterweise wurde dieser Ent- schluß einen Tag nach der Aufnah- me eben dieser Hochschule in die Bundeshochschulrektorenkonferenz bekannt. Noch am Vortag war bei ei- nem Treffen in der Staatskanzlei von zwei Hochschulstandorten Medizin

derzeit jedoch in einer kritischen wirtschaftlichen Situation befinde, sei das Thema Reform des Abtrei- bungsrechts ebenso wie andere The- men von der politischen Tagesord- nung verschwunden. RU 486 wurde im September 1992 in Schweden auf den Markt gebracht, nachdem sich zahlreiche Pharmazeuten, Gynäko- logen, Mitglieder des Parlaments und der Gesellschaft für Familien- planung vehement dafür eingesetzt hatten — ein Vorgehen, das Soder- holm den Vertretern anderer Län- der, die die Zulassung von RU 486 erwirken wollen, empfahl. th

zu hören, nachdem Jenaer Studenten gegen die angebliche Verlagerung von Augen- und Zahnheilkunde nach Erfurt protestiert hatten.

Die Hiobsbotschaft traf eine hal- be Stunde vor einer schon seit zwei Wochen geplanten Personalver- sammlung ein, auf der der Thüringer Minister für Wissenschaft und Kunst, Dr. Ulrich Fickel, die geball- ten Aggressionen der Mitarbeiter zu spüren bekam. Geplant sei die Um- wandlung in ein Krankenhaus der Maximalversorgung und die Bildung eines biomedizinischen Forschungs- zentrums (ohne Lehrbetrieb) „an"

der geplanten Universität Erfurt.

Von den jetzt 3 200 Mitarbeitern werden nach Aussage des Rektors etwa 2 700 in den Kliniken und etwa 150 in dem Forschungszentrum wei- terbeschäftigt werden — Entlassun- gen sind also wohl nicht zu umgehen.

Nur die Zahnmedizin werde zu- nächst über den Schließungstermin hinaus weitergeführt.

Künzel kritisierte die Entschei- dung: Investitionen seien auch in das zukünftige Krankenhaus erforder- lich; die Bildung des Forschungszen- trums koste 20 Millionen DM — teu- rer wäre wohl auch die Weiterfüh- rung der Hochschule nicht gewesen.

Deshalb erhebe man auch den Vor- wurf einer politischen, nicht einer Sachentscheidung.

Maßvollen Reaktionen des Rek- tors und des Senats standen massive- re der Studentenschaft gegenüber.

Bereits am 4. kam es zu ersten Stu- dentenprotesten im Senatssaal. Am 5. fuhren Erfurter Studenten in zwei Sonderwagen der Bahn nach Jena und demonstrierten durch „Beset- zung" der Hörsäle die unzureichen- de Platzkapazität im medizinischen Bereich. Am 6. bildeten Menschen.

eine Kette zum Landtag. In der ge- genüberliegenden Hautklinik traten Studentinnen und Studenten in ei- nen Hungerstreik, den sie erst am 15.

beendeten. Autofahrer nicht nur aus Erfurt bekundeten der gleichzeitigen Mahnwache durch lang anhaltendes Hupen ihre Sympathie.

Einem Aufruf der Studenten zur Demonstration am 12. folgten nach Angaben der Polizei 30 000 Men- schen — nachdem am gleichen Tag auch der Landtag mehrheitlich der Schließung der Hochschule zuge- stimmt hatte. Wie sich die Termine gleichen: Am 12.11.1816 wurde die Universität Erfurt durch Beschluß der preußischen Regierung geschlos- sen!

Inzwischen gibt es mehr als 70 000 Unterschriften für den Erhalt der Hochschule und Schreiben an den Ministerpräsidenten, den Wis- senschaftsminister und den Rektor aus aller Welt, einschließlich der al- ten Bundesländer. Gewendet hat sich jedoch nichts: Die Studienab- schlüsse für alle Erfurter Studenten sollen gesichert werden; ab Januar 1994 dann unter der „Hoheit" der Universität Jena. Die ersten Studen- ten zogen bereits die Konsequenzen:

40 aus dem 3. Studienjahr wechsel- ten bisher nach Dresden, Halle und Leipzig.

Dr. med. Gerhard di Pol A1-4356 (28) Dt. Ärztebl. 89, Heft 51/52, 21. Dezember 1992

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