Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 6|
10. Februar 2012 A 235RANDNOTIZ
Michael Schmedt
Was haben Fußball-Trainer Jürgen Klopp, Topmodel Eva Padberg, Bahn-Chef Rüdiger Grube und Mo- deratorin Judith Rakers gemeinsam?
Sie alle werben dafür, sich einen Or- ganspendeausweis zuzulegen. Wie wichtig dies ist, zeigen die Ergebnis- se einer Umfrage der Deutschen Stiftung Organtransplantation: Zwar gaben rund 20 Prozent der Befrag- ten an, einen Organspendeausweis
zu besitzen, in der Realität im Kran- kenhaus lag dann nur in sieben Pro- zent der Fälle eine schriftliche Erklä- rung vor. Aber hat das Engagement von Prominenten aus Politik und Ge- sellschaft tatsächlich eine Wirkung?
Der Autor dieser Zeilen bezweifelte dies eher – bislang.
Jetzt berichteten die Medien, dass Justin Bieber (der Teenie-Pop- star aus Kanada) mit einer Twitter- Meldung für einen Anmeldeschub bei Organspendeausweisen gesorgt habe. Bieber hatte via Twitter auf das Schicksal eines weiblichen Fans, der auf eine Lungentransplan- tation wartet, aufmerksam gemacht und seine „Follower“ aufgefordert, sich für eine Organspende registrie- ren zu lassen. Und die Resonanz war schnell und positiv: „Seit Donnerstag gab es über 1 000 neue Online-Re- gistrierungen“, schrieb das „Trillium Gift of Life Network“, eine vom ka- nadischen Bundesstaat Ontario ins Leben gerufene Organspende-Orga- nisation, auf ihrer Facebook-Seite.
Wohl doch falsch gelegen, muss der Autor einräumen! Und denkt man an ein volles Borussen-Stadion in Dortmund, kann man sich gut vor- stellen, dass ein Aufruf von Jürgen Klopp ebenso wirkt wie eine Twitter- Meldung von Justin Bieber. Nicht- Promis wie Kollegen und Freunde kann man aber auch fragen, denn egal ob Promi oder nicht: Es gibt weiterhin zu wenig Organspender!
Organspende:
Promi-Wirkung
Am Tag des Gedenkens an die Op- fer des Nationalsozialismus, dem 27. Januar, widmete sich der Säch- sische Landtag in einer Gedenkver- anstaltung den durch „Euthanasie“
umgebrachten Kranken und Behin- derten. In Sachsen, auf dem Son- nenstein in Pirna, stand eine der sechs Mordanstalten der „Aktion T4“. Hier wurden rund 15 000 Menschen durch Gas getötet. Im sächsischen Großschweidnitz ka- men nach dem Ende von T4 etwa 5 700 Patienten durch Medikamen- te und eine Hungerdiät zu Tode.
Aber auch das: Schon 1947 standen in Dresden Täter vor Gericht. Nach der „Wende“ wurde auf dem Son- nenstein eine Gedenk- und For- schungsstätte eingerichtet.
Deren Leiter, Dr. Boris Böhm, zeichnete im Sächsischen Land- tag die Entwicklungslinien der
„Euthanasie“ nach, beginnend mit der Idee, Schwachen und Behin- derten die Fortpflanzung zu ver-
„EUTHANASIE“ IN SACHSEN
Gedenken an die Opfer, Erinnerung an die Täter
wehren, bis zur Tat im Nationalso- zialismus: Zunächst die Sterilisa - tion von Hunderttausenden, dann der Mord an 200 000 Menschen oder, je nach Schätzung, auch mehr. Aus Sachsen stammten etwa 23 000. Böhm: Es gebe keine Ge- meinde oder Stadt im Lande, aus der nicht Opfer gekommen wären.
Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler (CDU) vermerkte, das Tö- ten sei „unter den Augen der Öf- fentlichkeit, mitten in Sachsen“ ge- schehen. Er sprach von der Vor - stufe zum Holocaust. Tatsächlich wurden die auf dem Sonnenstein gewonnenen Erfahrungen in den Vernichtungslagern im Osten um- gesetzt. Er wie Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) riefen da- zu auf, die Menschenwürde im All- tag zu verteidigen. Bei der Gedenk- stunde im Landtag waren die Frak- tionen stark vertreten – bis auf die NPD. Sie blieb wie schon in den
Vorjahren fern. NJ
Die Kindervorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 werden sehr gut ange- nommen. Die Teilnahmerate an den Untersuchungen U3 bis U7 beträgt
im Schnitt 95 Prozent; die U7a bis U9 werden zu 85 bis 90 Prozent an- genommen. Das geht aus dem Bar- mer GEK Arztreport 2012 hervor.
Besonders gut würden die Untersu- chungen im Saarland angenommen, wo Eltern seit 2007 per Brief ge- zielt eingeladen würden.
VORSORGE FÜR KINDER
Mehr Sprachstörungen und ADHS
Der stellvertretende Vorstandsvor- sitzende der Barmer GEK, Rolf- Ulrich Schlenker, lobte das „ausge- zeichnete Versorgungsniveau“. Klas- sische Kinderkrankheiten wie Wind- pocken, Scharlach oder Röteln hät- ten die Ärzte im Griff. Dafür seien neue Kinderkrankheiten wie Sprach- entwicklungsstörungen, Neuroder- mitis und die Aufmerksamkeitsdefi- zit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) entstanden.
Bei 10,3 Prozent aller Kinder wurden Sprachentwicklungsstörun- gen diagnostiziert. Eine Häufung gibt es im sechsten Lebensjahr:
37,8 Prozent der Jungen und 29,6 Prozent der Mädchen erhielten in diesem Alter eine Diagnose. Das habe dazu geführt, dass bei 19,8 Prozent der Jungen und 14,2 Pro- zent der Mädchen eine logopädi- sche Behandlung verordnet wurde.
Allein die Barmer GEK habe dafür 70 Millionen Euro ausgegeben. fos Die U-Unter-
suchungen werden von der großen Mehr- heit in Anspruch
genommen.
Foto: dpa