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Interregionale Ausgleichspolitik und regionales Wirtschaftswachstum in Deutschland

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Academic year: 2021

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Bericht über den Workshop

„Interregionale Ausgleichspolitik und regionales

Wirtschaftswachstum in Deutschland:

Bestandsaufnahme des politischen Status quo und

vorliegender Forschungsergebnisse“

Grundlagenveranstaltung im Rahmen des Forschungsprojekts

„Bundesstaatliche Ordnung und Bedeutung finanzieller

Ausgleichssysteme für die Raumordnung“ im Auftrag des

Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Projektleitung

Dr. Steffen Maretzke

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn

Bearbeitung

Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)

Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen (GEFRA)

Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS)

Ein Projekt des Forschungsprogramms „Allgemene Ressortforschung“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR).

(2)

Inhaltsübersicht

1. Anliegen des Workshops 3

2. Teilnehmerkreis 4

3. Ablauf 4

4. Ergebnisse 5

4.1 Theoretische Grundlagen der Regionalentwicklung und der Ausgleichspolitik 5

4.2 Wirksamkeit bisheriger ausgleichspolitischer Maßnahmen 7

4.3 Argumente für/gegen eine Neuausrichtung der Raumentwicklungspolitik 9

4.4 Mögliche Inhalte einer neuen Raumentwicklungspolitik 10

4.4.1 Wachstumsorientierte Raumentwicklungspolitik 11

4.4.2 Wachstumsorientierte Raumentwicklungspolitik in Kombination mit

einer Solidaritätsstrategie für benachteiligte Räume 12

4.4.3 Hilfe zur Selbsthilfe 13

4.5 Hinweise und Diskussionen zum Projekt 14

5. Schlussfolgerungen 15

5.1 Schlussfolgerungen für das weitere Vorgehen 15

5.2 Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung der Ausgleichspolitik 15

Anhang

A 1 Tagungsprogramm

A 2 Powerpoint-Präsentationen zu den gehaltenen Vorträgen

A 2.1 Manfred Sinz: Weiterentwicklung der Leitbilder der Raumentwicklung im Spannungsfeld von Wachstums- und Ausgleichzielen

A 2.2 Gerhard Untiedt: Ausgleichspolitische Bestrebungen im Kontext ökonomischer Theorien zur Erklärung der Raumentwicklung

A 2.3 Peter Franz: Vorsprünge von Ballungsräumen bei der wirtschaftlichen Entwicklung – Gibt es Grenzen des Wachstums?

A 2.4 Heiderose Kilper: Begründungen für Ausgleichspolitik

A 2.5 Gerhard Heimpold: Wie ist der Stand der Evaluierung von Ausgleichspolitik mit Hilfe von Fallstudien und Vollzugsanalysen?

A 2.6 Björn Alecke: Wie ist der Stand der Evaluierung von Ausgleichspolitik mit Hilfe von makroökonometrischen Studien?

(3)

1.

Anliegen des Workshops

Am 21.06.2005 fand im Institut für Wirtschaftsforschung Halle ein Workshop zum Thema „Interregionale Ausgleichspolitik und regionales Wirtschaftswachstum in Deutschland: Bestandsaufnahme des politischen Status quo und vorliegender Forschungsergebnisse“ statt. Es handelte sich um eine Veranstaltung im Rahmen des Forschungsprojekts „Bundesstaatliche Ordnung und Bedeutung finanzieller Ausgleichssysteme für die Raumordnung“, das im Auf-trag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in Kooperationen mit der Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen (GEFRA), Münster, und dem Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS), Erkner bei Berlin, durchgeführt wird.

Insgesamt sind im Rahmen des Forschungsprojektes zwei Workshops vorgesehen. Der Workshop am 21.06.2005 hatte den Charakter einer Grundlagenveranstaltung, auf der der politische Status-quo räumlicher Ausgleichspolitik und dazu vorliegende Forschungsergebnisse diskutiert und das Design des Forschungsprojektes vorgestellt werden sollten. Der zweite Workshop, der Ende Januar 2006 stattfinden soll, wird der Vorstellung der Ergebnisse der empirischen Untersuchung sowie der auf dieser Grundlage gezogenen regionalpolitischen Schlussfolgerungen dienen.

Der durchgeführte Workshop und das gesamte Forschungsprojekt sind vor dem Hintergrund der in Gange befindlichen Debatte zu sehen, ob es einen Paradigmenwechsel von einer (bislang praktizierten) starken Betonung des Ausgleichsziels in der Raumentwicklung hin zu einer stärkeren Akzentuierung des Wachstumsziels geben sollte. Vor diesem Hintergrund bestanden die zentralen Anliegen des Workshops darin, einen Überblick über den Stand der Diskussion über neue Leitbilder der Raumentwicklung zu geben, die wirtschaftspolitischen Implikationen regionalökonomischer Theorien darzustellen, ökonomische und außerökonomische Begründungen für ausgleichspolitisches Handeln zu diskutieren und Befunde vorliegender Evaluierungen über die Effekte räumlicher Ausgleichspolitik, speziell in den Bereichen Regionalpolitik, Länderfinanzausgleich und Aktive Arbeitsmarktpolitik, aufzuarbeiten. Verbunden mit der Bestandsaufnahme des theoretischen und empirischen Kenntnisstandes sollte den Teilnehmern zugleich ein Überblick über das vom Projektteam gewählte Untersuchungsdesign gegeben werden.

2.

Teilnehmerkreis

Am Workshop nahmen 29 Personen teil. Zum Teilnehmerkreis gehörten neben Vertretern des Auftraggebers (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung sowie Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen) und der auftragnehmenden Institute (IWH, GEFRA, IRS) Angehörige aus verschiedenen weiteren Bundes- und Landesbehörden sowie Wissenschaftler aus Forschungsinstituten und Beratungsunternehmen.

(4)

3.

Ablauf

Nach einem Grußwort durch Professor Dr. Ulrich Blum, den Präsidenten des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), und der Begrüßung durch Herrn Dr. Steffen Maretzke vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung als der auftraggebenden Bundesbehörde sowie einer kurzen Überblicksdarstellung zum Projekt durch den Leiter des Projektteams, Professor Dr. Martin T. W. Rosenfeld (IWH), hielt MDirig Manfred Sinz, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), Berlin, das Eingangsreferat über die Weiterentwicklung der Leitbilder der Raumordnung (das Tagungsprogramm mit den kompletten Titeln aller gehaltenen Vorträge und dem zeitlichen Ablauf des Workshops ist im Anhang A 1 enthalten). Nach der Diskussion zum Eingangsreferat folgten Vorträge, die von Mitgliedern des Projektteams gehalten wurden und die gemäß dem generellen Anliegen des Workshops die Funktion hatten, den Stand der Forschung in den für das Forschungsprojekt relevanten Themenfeldern darzustellen. Diese Vorträge konnten zwei Themenblöcken zugeordnet werden: Ein erster Themenblock befasste sich mit den für die räumliche Ausgleichspolitik relevanten regionalökonomischen Theorien. Der zweite Themenblock hatte die Begründungen und den bisherigen Kenntnisstand über die Wirkungen räumlicher Ausgleichspolitik zum Gegenstand.

Der erste Themenblock startete mit einem Vortrag über ökonomische Theorien der Raumentwicklung und deren Implikationen für die Ausgleichspolitik (Vortrag von Dr. Gerhard Untiedt, Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen [GEFRA], Münster), gefolgt von einem Vortrag über den Stand der Erkenntnisse in Theorie und Empirie über Agglomerationsvor- und -nachteile (Vortrag von Dr. Franz, IWH).

Im Rahmen des zweiten Themenblocks wurde ein Referat über die Begründungen für Ausgleichspolitik gehalten (Vortrag von Frau Professor Dr. Heiderose Kilper, Direktorin des Leibniz-Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung [IRS], Erkner bei Berlin). Es folgten Darstellungen von Befunden und methodischen Aspekten der Evaluierung von ausgleichspolitischen Maßnahmen, und zwar von Vollzugsanalysen und mikroökonometrischen Studien (Vortrag von Dr. Gerhard Heimpold, IWH) sowie von makroökonometrischen Stu-dien (Vortrag von Dr. Björn Alecke, Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen [GEFRA], Münster).

Unmittelbar im Anschluss an jeden gehaltenen Vortrag erfolgte eine Diskussion, an der die Workshop-Teilnehmer rege mitwirkten. Weil sich die Diskussionsbeiträge nicht nur mit den unmittelbar zuvor gehaltenen Vorträgen befassten, sondern teilweise auch andere, darüber hinausgehende Aspekte betrafen, wird im Folgenden bei der Zusammenfassung der Ergebnisse keine streng chronologische Darstellung gemäß der Abfolge der Vorträge (die Powerpoint-Präsentationen der gehaltenen Vorträge sind im Anhang A 2 enthalten) und der gehaltenen Diskussionsbeiträge vorgenommen, sondern die Inhalte der gehaltenen Diskussionsbeiträge werden thematisch gebündelt wiedergegeben.

(5)

4.

Ergebnisse

4.1

Theoretische Grundlagen der Regionalentwicklung und der

Ausgleichspolitik

Es ist strittig, an welchen Faktoren wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Erhöhung des regionalen Wachstums ansetzen sollten. Die gehaltenen Vorträge sowie die damit verbundene Diskussion verdeutlichten, dass sich aus den regionalökonomischen Theorien nur relativ wenige Ansatzpunkte für ausgleichspolitische Maßnahmen ableiten lassen (vgl. insbesondere den Vortrag von G. Untiedt). Am ehesten lassen sich Ansatzpunkte für ausgleichspolitische Maßnahmen aus der neoklassischen sowie aus der neuen Wachstumstheorie ableiten. In der neoklassischen Wachstumstheorie wird Wachstum mit der Akkumulation von Sachkapital erklärt. Aufgrund abnehmender Grenzerträge des Kapitals kommt es quasi automatisch zum Aufholen armer Regionen. Investitionsfördermaßnahmen können den Aufholprozess rückständiger Regionen beschleunigen, in diesem Falle besteht kein Zielkonflikt zwischen Ausgleichs- und Wachstumsziel. Zu berücksichtigen sind allerdings Unterschiede in der technischen Effizienz zwischen den Regionen. Bei interregionalen Unterschieden hinsichtlich der technischen Effizienz der Produktion kommt es darauf an, die Investitionsförderung als ausgleichspolitische Maßnahme durch Maßnahmen zur Steigerung der technischen Effizienz zu ergänzen, z. B. durch solche im Humankapital- und Infrastrukturbereich sowie durch eine Stärkung innovativer Kapazitäten. Anders als bei der neoklassischen Wachstumstheorie gibt es bei der Neuen Wachstumstheorie kein automatisches Aufholen. Wachstums- und Ausgleichsziel konfigieren. Ausgleichspolitische Ansatzpunkte können im Technologietransfer sowie in der Förderung von Forschung und Entwicklung bestehen. Anders als bei den beiden vorgenannten theoretischen Ansätzen lassen sich aus der Klassischen Außenhandeltheorie ebenso wie aus der Standorttheorie keine Ansatzpunkte für ausgleichspolitisches Handeln ableiten. Gemäß der Neuen Außenhandeltheorie, in der die sektorale Wirtschaftsstruktur eine zentrale Bedeutung hat, könnten Regionen Monopolrenten erzielen, wenn staatliche Strukturpolitik zukunftsträchtige Sektoren fördern würde. Weil aber staatliche Akteure nicht über das Wissen verfügen, welche Sektoren sich tatsächlich als zukunftsträchtig erweisen, ist von einer derartigen sektoralen Strukturpolitik dringend abzuraten. Auch bei Zugrundlegung der Evolutions- und der Polarisationstheorie, bei denen ebenfalls die sektorale Wirtschaftsstruktur eine zentrale Rolle spielt, zusammen mit Ad-hoc-Agglomerationseffekten, ist wegen der vorgenannten Wissensprobleme von einer sektoralen Strukturpolitik abzuraten. Aus der Neuen Ökonomischen Geographie, bei der es sich um formalisierte Darstellungen von Entwicklungen handelt, die zuvor bereits von der Evolutions- und Polarisationstheorie beschrieben wurden, lassen sich keine klaren Ansatzpunkte für ausgleichspolitische Maßnahmen ableiten. Alles in allem bleibt also nur ein relativ schmales Spektrum von Ansatzpunkten für ausgleichspolitische Maßnahmen, das allerdings „Theoriekonsistenz“ (Folie 15 der Präsentation von G. Untiedt) aufweist. Die in neueren regionalökonomischen Theorien als Wachstumsfaktor prominent genannten Agglomerationsvorteile in Gestalt technologischer Externalitäten seien indirekt Gegenstand der Infrastrukturförderung sowie der innovationsorientierten Regionalpolitik, während Agglomerationsvorteile in Form pekuniärer Externalitäten den Marktkräften überlassen werden sollen.

Der an diese Ausführungen anschließende Vortrag von P. Franz zeigte allerdings, dass der Stand der empirischen Forschung zu Agglomerationseffekten bislang wenig brauchbare Ansatzpunkte

(6)

für regionalpolitisches Handeln bietet. Die Darstellungen speziell zum Stand der empirischen Forschung machten die Notwendigkeit einer differenzierten Sicht auf Agglomerationseffekte deutlich: Nicht bei allen Branchen besteht überhaupt die Neigung zur räumlichen Konzentration. Speziell High-Tech-Branchen würden „keinen verstärkten Trend zur räumlichen Konzentration im Sinne von ‚industrial districts’“ (Folie 14 der Präsentation von P. Franz) aufweisen. Dies lässt, so schlussfolgerte der Referent, vermuten, dass für High-Tech-Sektoren Urbanisationsvorteile im Vergleich zu Lokalisationsvorteilen eine größere Bedeutung haben. Technologische Spill-over als Form externer Effekte, die im Kontext mit neueren Theorieanätzen eine zentrale Rolle zur Erklärung räumlicher Wachstumsunterschiede spielen, lassen sich bislang empirisch nur schwierig nachweisen, und Agglomerationsnachteile, die sich auch auf die einzelwirtschaftlichen Kalkulationen von Investoren von Unternehmen auswirken, wurden bislang kaum systematisch erforscht. Hinzu kommen, so der Vortragende, subjektive Einschätzungen zum Verhältnis zwischen Agglomerationsvor- und -nachteilen.

Die Vorträge zu den Implikationen regionalökonomischer Theorien für die Ausgestaltung von Ausgleichspolitik, bei denen aus ökonomischer Sicht nur eine relativ geringe Bandbreite ausgleichspolitischer Handlungsmöglichkeiten sichtbar wurde, leiteten zu den Begründungen für die Ausgleichspolitik über. Diese Begründungen und deren Dynamik waren Gegenstand des Vortrages von H. Kilper. Erläutert wurden verfassungsrechtliche, raumordnungspolitische und ökonomische Begründungen für Ausgleichspolitik. Bei der raumordnungspolitischen Begründung wurde auf das existierende Spannungsverhältnis zwischen dem Ordnungs-, dem Entwicklungs- und dem Ausgleichsziel verwiesen. Bei der ökonomischen Begründung unterschied die Referentin zwischen der Theorie des allokativen und der Theorie des distributiven Marktversagens. Der Vortrag verdeutlichte, dass Ausgleichspolitik in einem föderalen System nichts Starres ist, sondern dass es im Zeitverlauf gewisse Verschiebungen zwischen den Zielen „Integration und Gleichheit“ einerseits und „Eigenständigkeit und Vielfalt“ anderseits geben kann (vgl. Folie 3 des Vortrags von H. Kilper nach Schultze [1983], S. 93). Die Zielstellung gleichwertiger Bedingungen zum Leben, Arbeiten und für die Umwelt seien situationsabhängig und dynamisch und „nicht als absoluter Maßstab“ anzusehen (Folie 8 des Vortrags von H. Kilper). Veränderungen in der Realisierung des Gleichwertigkeitsziels können einschließen, dass sich der Staat dabei „auf bestimmte Bereiche“ (ebd.) beschränkt.

Ob gewisse Umorientierungen bei der Ausgleichspolitik erfolgen sollten, hängt auch von der Wirksamkeit der bisherigen ausgleichspolitischen Maßnahmen ab.

4.2

Wirksamkeit bisheriger ausgleichspolitischer Maßnahmen

Die Befunde zu den Effekten ausgleichspolitischer Maßnahmen fallen für die drei im Rahmen des Projekts betrachteten Arten von Ausgleichssystemen (Regionalpolitik/Investitionsförderung, Aktive Arbeitsmarktpolitik und Länderfinanzausgleich) unterschiedlich aus, wie die Vorträge von B. Alecke zu den Ergebnissen makroökonometrischer Evaluierungsstudien sowie von G. Heimpold zu Befunden von Vollzugsanalysen und mikroökonometrischen Studien zeigten. Besondere Aufmerksamkeit zogen die Ausführungen von B. Alecke zu den gesamtwirtschaftlichen Effekten der drei genannten ausgleichspolitischen Systeme auf sich. Um die Wirkungen von Investitionsfördermaßnahmen auf Einkommen und Beschäftigung ermitteln zu können, sind makroökonometrische Querschnitts- und Panelregressionen erforderlich. Aus methodischer

(7)

Sicht ist bei solchen Analysen zwischen der so genannten strukturellen Form, die die gesamte Kette kausaler Beziehungen zwischen der Investitionsförderung einerseits und Investitionen, Einkommen und Beschäftigung andererseits abbildet und der sogenannten reduzierten Form, bei der die Kausalitäten in verkürzter Form modelliert werden, zu unterscheiden. Die wesentlichen Aussagen wichtiger makroökonometrischer Wirkungsanalysen der Investitionsförderung und der Aktiven Arbeitsmarktpolitik sind der tabellarischen Übersicht zu entnehmen, die in den Folien Nr. 14–17 der Präsentation von B. Alecke enthalten ist. Bei der makroökonometrischen Evaluierung der Investitionsförderung zeigten sich, so B. Alecke, „positive Wirkungen“ (Folie 18 der Präsentation von B. Alecke). So hat die Studie von Schalk/Untiedt (2000) für 327 westdeutsche Kreise, die in der sogenannten strukturellen Form (vgl. oben) durchgeführt wurde, eine positive Nettowirkung auf die Investitionen, die Wertschöpfung und die Erwerbstätigkeit gezeigt, wobei die Ergebnisse signifikant waren. Die Analyse von Eckey/Kosfeld, die in der reduzierten Form (vgl. oben) durchgeführt wurde, hat positive Einkommenswirkungen in den Förderregionen gezeigt, die jedoch nicht signifikant waren, und einen nur gering positiven Einkommenseffekt im Nichtfördergebiet (vgl. Folie 14 der Präsentation von B. Alecke). Die Ergebnisse seien kohärent zu den Ergebnissen mikroökonometrischer Studien. Über deren Ergebnisse referierte G. Heimpold. Einzelbetriebliche Wirkungsanalysen auf der Basis des IAB-Betriebspanels zeigten im Bereich der Regionalpolitik Kausalitäten im Sinne positiver Anstoßwirkungen der Investitionsförderung; allerdings seien die Aussagen mikroökonometrischer Studien begrenzt, etwa wegen fehlender Aussagen zu alternativen Verwendungen. Die nicht-ökonometrischen Untersuchungen in Form von Vollzugsanalysen auf der Basis von Förderstatistiken sowie von mikroökonomischen, nicht ökonometrisch basierten Untersuchungen lieferten, so G. Heimpold, zwar Indizien für räumliche Ausgleichswirkungen, mit diesen methodischen Ansätzen könnten jedoch keine Ziel-Mittel-Kausalitäten aufgezeigt werden. Dennoch, so betonte der Referent, erfüllen auch diese Vollzugsanalysen sowie Fallstudien wichtige Funktionen bei der Evaluierung räumlicher Ausgleichspolitik.

Anders als bei der Investitionsförderung zeigten die makroökonometrischen Evaluierungen der Aktiven Arbeitsmarktpolitik ambivalente Befunde: Für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen (ABM und SAM) zeigten sich „tendenziell keine positiven Effekte“, für Maßnahmen, die der Weiterbildung dienen, existierten, so Alecke, „schwach ausgeprägte positive Wirkungen auf die regionalen Arbeitsmärkte“ (Folie 18 der Präsentation von B. Alecke). Der von G. Heimpold gegebene Überblick über mikroökonometrische Studien der Wirkungen aktiver Arbeitsmarktpolitik zeigte ähnliche Befunde. Die Mehrzahl der Studien zeige keine Effekte oder negative Effekte oder keine eindeutig positiven Effekte von Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für die Wiedereingliederung von Teilnehmern an diesen Maßnahmen in den ersten Arbeitsmarkt. In der Diskussion zum Vortrag von G. Heimpold wurde darauf aufmerksam gemacht, dass diese mikroökonometrischen Evaluierungsstudien aktiver Arbeitsmarktpolitik bestimmte Aspekte der Wirkungen ausblenden, etwa die Vermeidung von Kosten, die entstehen, wenn Menschen aufgrund der Belastung durch die Arbeitslosigkeit krank werden (J. Riedel). Von Bedeutung könnten auch Effekte der Aktiven Arbeitsmarktpolitik für den Infrastrukturausbau sein (Verweis von G. Heimpold auf Studien der Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH).

(8)

4.3

Argumente für/gegen eine Neuausrichtung der Raumentwicklungspolitik

Die momentan in der Diskussion befindlichen Veränderungen im Verständnis von Ausgleichspolitik bildeten einen zentralen Gegenstand insbesondere des Eingangsreferates von M. Sinz, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin sowie zahlreicher Diskussionsbeiträge während des Workshops. Wesentliche Antriebe für einen Paradigmenwechsel, bei dem wieder mehr räumliche Unterschiedlichkeit hingenommen würde, werden in den „fiskalischen Zwängen“ (U. Blum), in der demographischen Situation (M. Sinz, G. John) sowie in der Herausbildung einer neuen Liga von Metropolregionen (M. Sinz) gesehen. Letztere bedeuten größere Verflechtungsräume und neue Implikationen für die Ausgleichspolitik. An die Stelle der traditionell in der Raumordnungs- und -entwicklungspolitik üblichen Stadt-Land-Debatte trete nunmehr die Frage, wieviel Bevölkerung man von einem Zentrum aus erreichen kann (M. Sinz).

Insbesondere anwesende Vertreter von Bundes- und Landesbehörden thematisierten im Kontext mit der Neuausrichtung der Ausgleichspolitik auch die Impulse, die diesbezüglich von der Europäischen Regionalpolitik ausgingen (C. Schneider, G. John). Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union nach außen wäre ein vordringliches Ziel. Speziell für westdeutsche Regionen würde es künftig u. U. gar keine ausgleichsorientierte Regionalpolitik mehr geben.

In der Diskussion wurde auch die Frage gestellt, ob es überhaupt eine Ausgleichspolitik des Bundes und der EU geben solle oder ob diese staatlichen Ebenen nicht lediglich auf das Setzen eines Ordnungsrahmens für die Regelung des interregionalen Wettbewerbs beschränken sollten (M. T. W. Rosenfeld). Zwar konnte man aus der überwiegenden Mehrzahl der Diskussionsbei-träge eine Befürwortung räumlicher Ausgleichspolitik ablesen. Es wurde jedoch auf eine Reihe ökonomischer Probleme hingewiesen, die mit der Durchführung räumlicher Ausgleichspolitik verbundenen seien. Ausgleichspolitik trage normativen Charakter, die Ergebnisse ausgleichspolitischer Maßnahmen bewirken nicht zwangsläufig eine optimale Faktorallokation (G. Untiedt). Man müsse sehr viel Geld in die Hand nehmen, um sich gegen starke Marktkräfte zu stemmen, und die Wirkungen seien angesichts existierender Pfadabhängigkeiten der re-gionalen Entwicklung sowie angesichts multipler Gleichgewichte nicht genau vorhersehbar (C. Krieger-Boden). Die regionalökonomischen Modelle würden immer nur Ausschnitte der tatsächlichen Entwicklung abbilden können, man müsste Pfadabhängigkeiten modellieren (A. Ziegler).

4.4

Mögliche Inhalte einer neuen Raumentwicklungspolitik

Gemeinsam war den meisten Beiträgen die Auffassung, dass Änderungen in der Ausgestaltung der Ausgleichspolitik erforderlich sind. Bezüglich der Inhalte einer neuen Raumordnungspolitik gab es im Workshop unterschiedliche Akzentsetzungen. Die unterschiedlichen Positionen rührten offensichtlich aus dem existierenden Spannungsverhältnis bzw. aus den Konflikten zwischen Wachstums- und Ausgleichsziel her, von dem die Ausgleichspolitik gekennzeichnet ist (Vorträge von M. Sinz, H. Kilper und Diskussionsbeiträge von K. Lammers). Einer der Knackpunkte der potentiellen Nichtverträglichkeit von Wachstums- und Ausgleichsziel wurde, der Diskussion zufolge im Problem der Identifikation der förderungswürdigen Regionen gesehen. Es könne zu Effizienzverlusten kommen, wenn man auf die falschen Regionen setze (G. Untiedt).

(9)

Als wesentliche Impulse für die Debatte über eine Neuorientierung der Raumentwicklungspolitik brachte M. Sinz ein, dass

– das Denken in Raumkategorien zugunsten eines Denkens in zu lösenden Aufgaben überwunden werden müsse,

– sich (entgegen bisher verbreiteter Vorstellungen) Raumordnung nicht zwangsläufig gegen die Marktkräfte stemmen müsse, notwenig sei statt dessen eine „adaptive Sichtweise“, – räumliche Ausgleichsmechanismen, die der Markt hervorbringt, nicht zwingend durch

Politikmaßnahmen gesteuert werden müssen und

– Wachstums- und Ausgleichsziele Gegenstand aller Leitbild-Eckpunkte der Raumordnung seien, d. h. sowohl des Leitbildes Wachstum als auch der Leitbilder Daseinsfürsorge, Ressourcenmanagement sowie europäischer Integration.

Bezüglich der Richtungen der künftigen Ausgestaltung von Raumentwicklungspolitik ließen sich im Eingangsreferat von M. Sinz und in der Diskussion drei wesentliche Elemente erkennen: Erstens: Erkennbar ist ein Paradigmenwechsel zugunsten einer wachstumsorientierten Raumentwicklungspolitik.

Zweitens: Eine wachstumsorientierte Raumordnungspolitik bedarf einer Kombination mit einer Solidaritätsstrategie für benachteiligte Räume.

Drittens: Hilfe für benachteiligte Räume sollte einer Strategie der „Hilfe durch Selbsthilfe“ hohen Stellenwert einräumen.

Die zu diesen drei Aspekten geführten Diskussionen werden in den folgenden drei Unterabschnitten (4.4.1–4.4.3) zusammenfassend wiedergegeben.

4.4.1 Wachstumsorientierte Raumentwicklungspolitik

Im Rahmen der Debatte über die Inhalte einer neuen Raumentwicklungspolitik spielte die Frage nach dem „Wo“ und „Wie“ der Stärkung der Stärken eine wichtige Rolle.

Bezüglich des „Wo“ wurde im Kontext mit der Stärkung der Stärken insbesondere auf die Bedeutung der sogenannten Metropolregionen eingegangen. Hierbei handelt es sich, wie M. Sinz ausführte, um Raumeinheiten einer neuen Liga, oberhalb der derzeitigen Oberzentren, mit weiterreichenden Verflechtungsbeziehungen (vgl. dazu auch die kartographischen Darstellungen in der Präsentation von M. Sinz). In der Diskussion wurde die Frage gestellt, ob sich die Metropolregionen, die von M. Sinz kartographisch dargestellt wurden, inter-subjektiv vergleichbar identifizieren lassen (K. Lammers). M. Sinz betonte dazu, dass es sich bei den ausgewiesenen Metropolregionen um eine Mischung aus „Analytik, Politisierung und Imaginisierung“ handele. Die Metropolregionen seien auch „Wachstumsmotoren“ und Regionen, wo der „Strukturwandel voranschreitet und gefördert wird“ (M. Sinz). Aber auch außerhalb der Metropolregionen gäbe es Wachstumsregionen.

Was das „Wie“ der Stärkung der Stärken betrifft, müsse es, so M. Sinz, über unterschiedliche Mechanismen, etwa über den Finanzausgleich oder über unterschiedliche Organisationsstrukturen erfolgen. Zum Stärken der Stärken gehöre auch das Bündeln der Kräfte und deren Vernetzung. M. Sinz nannte drei Instrumente, die zur Stärkung der Stärken der Metropolregionen beitragen können: Erstens die Bemühungen von Regionen um das Etikett „Metropolregion“ und den diesbezüglichen Wettbewerb der Regionen; zweitens: spezielle Programme der Europäischen

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Union (von denen M. Sinz erwartet, dass sie verfügbar sein werden); drittens den Ausbau der transnationalen Verkehrsverbindungen, deren Knoten die Metropolregionen seien. Es wurde aber auch deutlich gemacht, dass eine wachstumsorientierte Raumentwicklungspolitik einschließt, gemeinsam Verantwortung zu erkennen und Solidarität zu üben (vgl. Abschnitt 4.4.2).

Während die Etikettierung von Regionen als Metropolregionen bezüglich ihrer empirischen Fundierung (vgl. oben) zwar kritisch hinterfragt, aber nicht generell in Frage gestellt wurde, gab es eine deutlich ablehnende Position zur Frage, ob Raumentwicklungspolitik einzelne zukunftsträchtige Sektoren gezielt unterstützen sollte. Dies wurde mit Verweis auf die mit einer solchen sektoralen Strukturpolitik verbundenen Identifikationsprobleme (staatlichen Akteuren fehlt das Wissen, welche Sektoren sich tatsächlich als zukunftsträchtig erweisen) als sehr problematisch angesehen. Davon sei dringend abzuraten, die Auswahl zukunftsträchtiger Sektoren müsse dem Markt überlassen werden (G. Untiedt). Dies schließe freilich nicht aus, dass sich Politik um eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Regionen bemüht, dies sollte aber durch Verbesserungen der allgemeinen Rahmenbedingungen und nicht durch eine aktive Industriepolitik geschehen (G. Untiedt in Erwiderung auf eine Frage von M. Gornig). Anders sei die Situation beim Zentrale-Orte-System, bei dem der Staat in der Verantwortung ist, weil es um die Versorgung mit öffentlichen Leistungen geht (G. Untiedt).

4.4.2 Wachstumsorientierte Raumentwicklungspolitik in Kombination mit einer

Solidaritätsstrategie für benachteiligte Räume

M. Sinz vertrat die normative Position, dass eine politische Stärkung der Metropolregionen für diese die Verpflichtung bringt, ihrer Peripherie zu helfen. Er sprach von einer „Wachstumsstrategie mit eingebauter Solidaritätsstrategie“. Kontrovers blieb in der Diskussion, ob diese räumlichen Verantwortungsgemeinschaften/Solidargemeinschaften von Kern und Peripherie, die aus den neuen Metropolregionen und ihrem schwächeren Umland bestehen sollen, auch zur Bildung neuer administrativer Einheiten führen müßten (vgl. z. B. die Diskussionsbeiträge von H. Kilper und C. Krieger-Boden). Anders als in einer Familie (diese war von M. Sinz als Beispiel einer Verantwortungsgemeinschaft angeführt worden) ließe sich eine räumliche Verantwortungsgem einschaft nicht auf moralischem Druck gründen. Dieser funktioniere zwar in einer Familie, nicht aber in einer Region, die sich aus verschiedenen administrativen Einheiten zusammensetzt. M. Sinz erwiderte, dass momentan an Veränderungen in der administrativen Gliederung nicht gedacht sei, und er zählte verschiedene Beispiele auf, wo Agglomerationen die Initiative ergriffen und ihren Blick über die eigenen administrativen Grenzen hinaus richten würden (z. B. Region Stuttgart). Kooperationen und Vernetzungen würden sich in größerem regionalen Maßstab abspielen, mit der angesprochenen Verantwortungsgemeinschaft von Kern und Peripherie (vgl. auch die Karte „Metropolitane Netzwerke“ in der Präsentation von M. Sinz (S. 17) nach Stiens 2003). M. Sinz merkte jedoch an, dass diese Entwicklungen letztendlich auch eine staatliche Absicherung finden müssten.

Ferner wurden im Kontext mit der Solidaritätsstrategie Implikationen für die öffentliche Daseinsvorsorge thematisiert. Es gehe um die Sicherung von Standorten für die öffentliche Daseinsvorsorge. Speziell in Ostdeutschland gehe es (vor dem Hintergrund der demographischen Veränderungen) um die Prüfung von Defiziten und von Bündelungsbedarf (M. Sinz). Es gelte, die Frage zu beantworten, wo, in welchen Größenordnungen, unter Zugrundelegung welcher Erreichbarkeitsstandards die neue Daseinvorsorge ausgestaltet werden soll. Momentan gäbe

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es Auslastungsgrade bei der Daseinsvorsorge, die nicht mehr wirtschaftlich seien. Es entwickele sich ein zunehmender Trade-off zwischen Erreichbarkeit und Effizienz. Notwendig ist, diesen Trade-off zu identifizieren und Handlungsbedarf herauszuarbeiten. Durch den demographischen Wandel werde die Nachfragestruktur ausgedünnt. Es werde zur Reduzierung der Zentralen Orte kommen müssen, beispielsweise um zwei Drittel. Die dann noch vorhandenen zentralen Orte müssten eine „Solidaritätsfunktion“ ausüben. Dazu bedürfe es einer Ausgleichspolitik. Zur Operationalisierung des Gleichwertigkeitspostulats sei es notwendig, Mindeststandards im Sinne zumutbarer Distanzen zu setzen. Als Gegenpol zur Formulierung der Notwendigkeit einer räumlichen Konzentration bei der Daseinsvorsorge wurde – zugespitzt – die Frage gestellt, ab wann Dörfer geräumt werden sollten?

Thematisiert wurde in der Diskussion auch ein wichtiger Aspekt der instrumentellen Ausgestaltung der Ausgleichspolitik, nämlich die Frage, ob es zweckmäßiger sei, ungebundene Transfers zu gewähren oder ob zweckgebundene Transfers zielführender seien. In der Diskussion gab es Fürsprecher für beide Arten der Mittelvergabe (C. Krieger-Boden vs. G. John). C. Krieger-Boden plädierte für die Vergabe ungebundener Transfers. G. John machte auf einen Trade-off zwischen dem bürokratischen Aufwand, der im Kontext mit der Vergabe zweckgebundener Zuweisungen entstehe und der Gewährleistung eines aus der Sicht des Mittelgebers zielführenden Mitteleinsatzes hin. Als Beispiele nannte G. John die Handhabung des Investitionsfördergesetzes einerseits und die Regelung zur Mittelvergabe im Rahmen des Solidarpaktes II andererseits. Kritisch wurde von G. John angemerkt, dass die Mittel des Solidarpaktes II, die den Ländern ohne konkrete Zweckbindung zufließen, lediglich vom Freistaat Sachsen konsequent zum Schließen der Infrastrukturlücke verwendet würden. In der Diskussion blieb diese kritische Anmerkung nicht unwidersprochen. F. Scharr verwies darauf, dass alle ostdeutschen Bundesländer überdurchschnittliche Infrastrukturausgaben tätigten. Betont wurden aber nicht nur staatliche Ausgleichsinstrumente (und die Notwenigkeit ihrer Erneuerung), sondern auch die Ausgleichsmechanismen des Marktes, die in Form von räumlicher Mobilität sowie von Preis- und Einkommensunterschieden auftreten (M. Sinz). Der Staat müsse nicht intervenieren, wenn der Ausgleich auf der Grundlage der Marktkräfte funktioniert. Als Beispiel wurde die räumliche Korrelation hoher Wohnkosten mit großer Wirtschaftskraft und hohem Einkommensniveau genannt. P. Franz merkte an, dass man diesbezüglich Ausgleichszahlungen an Geringverdiener (Wohngeldstufen) auch als Weg ansehen könne, die Wachstumsregionen weiter zu stärken. Zu prüfen bleibe ferner, ob mittels Privatisierungen in Bereichen, in denen es eine öffentliche Daseinsvorsorge gibt, eine vernünftige Daseinsvorsorge geleistet werden könne. M. Sinz vertrat die Auffassung, dass dies in Teilen in der jetzigen Gesellschaft nicht denkbar sei.

4.4.3 Hilfe zur Selbsthilfe

Es wurde auch diskutiert, wie künftig die Hilfe für die schwächsten Regionen aussehen sollte. Von mehreren Diskussionsrednern (z. B. M. Gornig, J. Riedel) wurde angemerkt, dass sich die Unterstützung für die schwachen Regionen nicht auf die Gewährleistung einer Mindest-Daseinsvorsorge beschränken dürfe. Ohne Ökonomie gehe es nicht (M. Gornig). J. Riedel betonte in diesem Zusammenhang das Erfordernis, die schwachen Regionen dazu zu befähigen, sich selbst zu helfen. Dies sei in der bisherigen Diskussion im Workshop zu wenig thematisiert worden. Es dürfe bei der Ausgleichspolitik nicht nur um die Sicherung von Grundbedürfnissen gehen, sondern auch um die Befähigung der Leute, sich selbst aus der

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schwierigen Situation herauszubringen. Die Argumentation mit Marktunvollkommenheiten zur Begründung von Ausgleichspolitik sei, so J. Riedel, sehr abstrakt. Erforderlich sei beispielsweise die Vermittlung angepaßter Bildungsinhalte und die Verbesserung der Absorptionsfähigkeit von Regionen für neue Technologien. Möglicherweise böten die etablierten ökonomischen Theorien und Modelle nicht hinreichend Ansatzpunkte für die Ausgestaltung einer solchen Politik einer Hilfe zur Selbsthilfe, und man müsste gegebenenfalls auch Anleihe in anderen Theoriezweigen, etwa in der Entwicklungsökonomik, nehmen.

4.5

Hinweise und Diskussionen zum Projekt

Es lag in der Natur des Workshops und des Themas, dass eine sehr breitgefächerte Diskussion geführt und große Erwartungen bezüglich der Projektergebnisse geäußert wurden. Angesprochen wurden eine Reihe von Erkenntnisdefiziten in Theorie und Empirie, die allerdings aufgrund ihrer Vielfalt und Komplexität die Möglichkeiten des Forschungsprojektes bei weitem übersteigen. Be-sondere Erwartungen wurden insbeBe-sondere bezüglich der Befunde zu den makroökonomischen Effekten von Ausgleichspolitik (K. Lammers) sowie zu den Fragen geäußert, welche Regionen die Wachstumsregionen seien, ob es die Agglomerationsräume oder ob es andere Teilräume seien und ob speziell die Teilräume, die von den ausgleichspolitischen Maßnahmen profitieren, zu diesen Wachstumsregionen gehörten, durch welche Maßnahmen die Entwicklung in den Agglomerationsräumen vorangebracht werden könne, wie mit den so genannten Mindeststandards der Daseinsvorsorge umgegangen werden solle und was möglicherweise im Falle eines Umsteuerns der Raumentwicklungspolitik und einer entsprechenden Mittelreduzierung in wirtschaftsschwachen peripheren Regionen passieren würde (S. Maretzke). Gegenstand der Untersuchungen zu den Effekten der Ausgleichspolitik in den Fallstudien-regionen sollte auch sein, inwieweit dort eine selbsttragende Entwicklung zustande gekommen ist, oder ob es sich eher um Strohfeuer-Effekte handelt (H. Osenberg). Von Interesse war auch die Frage, auf welche Bereiche sich die künftige staatliche Ausgleichspolitik konzentrieren solle (M. Gornig). Erstrebenswert wäre auch, im Kontext mit der Zukunft der Ausgleichspolitik auf den demographischen Wandel sowie auf Gebietsreformen und Länderfusionen mit einzugehen (F. Segebade). Insbesondere von den Vertretern von Bundes- und Landesbehörden wurde die Erwartung geäußert, dass das Forschungsprojekt dazu beitragen könne, über eine notwendige Neuausrichtung der Raumentwicklungspolitik ins Gespräch mit den regionalen Akteuren zu kommen und für die zu führende Debatte Denkanstöße zu geben (G. John, F. Segebade). Bei den Fallstudien sollten auch die unterschiedlichen Strategien in den Regionen berücksichtigt und miteinander verglichen werden (M. Schönert), auch sollte beachtet werden, dass Wirkungen aus den Fördermaßnahmen teilweise mit großer zeitlicher Verzögerung auftreten (ders.).

5.

Schlussfolgerungen

5.1

Schlussfolgerungen für das weitere Vorgehen

Die Diskussion im Rahmen des Workshops hat generell das vom Bearbeiterteam in Abstimmung mit dem Auftraggeber gewählte Vorgehen, nämlich eine Kombination makroökonometrischer Untersuchungen mit der Durchführung von Fallstudien bestätigt, und sie hat wichtige Denkanstöße gegeben für Fragestellungen, die im Rahmen der Möglichkeiten in die Untersuchungen mit einfließen sollten. Zu den Fragestellungen für die Fallstudien gehört auch

(13)

die Frage danach, welche Strukturen in diesen Regionen ursächlich für die Wirtschaftsschwäche sind und auch die Frage nach dem Zusammenspiel der drei in die Untersuchung einbezogenen Ausgleichssysteme mit anderen ausgleichspolitisch relevanten Politikmaßnahmen.

5.2

Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung der Ausgleichspolitik

Der Workshop hat für die Politikberatung wesentliche Stylized Facts zusammengetragen, die etwas über die Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftspolitischen Beeinflussbarkeit räumlicher Wirtschaftsstrukturen sowie die ökonomischen Risiken einer solchen Politik aussagen und die als Denkrichtungen bei der Neuausrichtung der deutschen und europäischen Raumentwicklungspolitik dienen können (vgl. insbesondere Abschnitt 4.4).

In der Debatte wurde aber auch die Auffassung geäußert, dass die Öffentlichkeit auf einen Paradigmenwechsel in der Raumentwicklungspolitik, über den auf dem Workshop diskutiert wurde, nicht vorbereitet sei, und dass es diesbezüglich Handlungsbedarf gebe.

Ferner wurde mehrfach darauf verwiesen, dass Politikmaßnahmen, mit denen gezielt ein räumlicher Ausgleich erreicht werden soll, in einen breiten Kranz raumwirksamer Fachpolitiken, etwa der Forschungs- und Technologiepolitik sowie der militärischen Beschaffung, eingebettet seien, über deren Gesamtwirkungen man (trotz vorhandener Untersuchungsansätze beim BBR) keine umfassenden Kenntnisse hätte (G. John).

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