• Keine Ergebnisse gefunden

Datei öffnen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Datei öffnen"

Copied!
77
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

MONATSBERICHT Juli 2002

M O N AT S B E R I C H T

EC B EZB

EKT

B CE

EKP

DE

E U R O P Ä I S C H E Z E N T R A L B A N K

J u l i 2 0 0 2

EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

(2)

M O N A T S B E R I C H T

J u l i 2 0 0 2

E U R O P Ä I S C H E Z E N T R A L B A N K

(3)

© Europäische Zentralbank, 2002

Anschrift Kaiserstraße 29

D-60311 Frankfurt am Main Postanschrift Postfach 16 03 19

D-60066 Frankfurt am Main

Telefon +49 69 1344 0

Internet http://www.ecb.int

Fax +49 69 1344 6000

Telex 411 144 ecb d

Für die Erstellung dieses Monatsberichts ist das EZB-Direktorium verantwortlich. Die Übersetzungen werden von den nationalen Zentralbanken angefertigt und veröffentlicht (deutsche Fassung von der Deutschen Bundesbank und der Oesterreichischen Nationalbank). In Zweifelsfällen gilt der englische Originaltext.

Alle Rechte vorbehalten. Die Anfertigung von Fotokopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist gestattet, vorausgesetzt, die Quelle wird angegeben.

Der Redaktionsschluss für die in dieser Ausgabe enthaltenen Statistiken war am 3. Juli 2002.

ISSN 1561-0292

(4)

Inhalt

Editorial 5

Wirtschaftliche Entwicklungen im Euro-Währungsgebiet 7

Monetäre und finanzielle Entwicklung 7

Preisentwicklung 18

Produktions-, Nachfrage- und Arbeitsmarktentwicklung 26

Wechselkurs- und Zahlungsbilanzentwicklung 35

Kästen

1 Geldpolitische Geschäfte und Liquiditätsbedingungen in der

am 23. Juni 2002 abgelaufenen Mindestreserve-Erfüllungsperiode 13 2 Jüngste Entwicklungen in der subjektiven Inflationswahrnehmung

der Verbrauchere 19

3 Jüngste Entwicklungen bei den Dienstleistungspreisen im

Euro-Währungsgebiet 22

4 Die Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2002 30

Merkmale des Konjunkturzyklus im Euro-Währungsgebiet in den

Neunzigerjahren 41

Dialog des Eurosystems mit EU-Beitrittsländern 53 Entwicklung der Direktinvestitions- und Wertpapierströme zwischen

dem Euro-Währungsgebiet und Drittländern 69

Statistik des Euro-Währungsgebiets 1*

Chronik der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems 81*

Publikationen der Europäischen Zentralbank 87*

(5)

Abkürzungen

Länder

BE Belgien

DK Dänemark

DE Deutschland

GR Griechenland

ES Spanien

FR Frankreich

IE Irland

IT Italien

LU Luxemburg

NL Niederlande

AT Österreich

PT Portugal

FI Finnland

SE Schweden

UK Vereinigtes Königreich

JP Japan

US Vereinigte Staaten

Sonstige

BIP Bruttoinlandsprodukt

BIZ Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BPM5 Balance of Payments Manual des IWF (5. Auflage)

cif Einschließlich Kosten für Fracht und Versicherung bis zur Grenze des importierenden Landes

ECU Europäische Währungseinheit EPI Erzeugerpreisindex

ESVG 95 Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995 ESZB Europäisches System der Zentralbanken

EU Europäische Union

EUR Euro

EWI Europäisches Währungsinstitut EZB Europäische Zentralbank

fob Frei an Bord an der Grenze des exportierenden Landes HVPI Harmonisierter Verbraucherpreisindex

IAO Internationale Arbeitsorganisation IWF Internationaler Währungsfonds

LSK/VG Lohnstückkosten im verarbeitenden Gewerbe MFIs Monetäre Finanzinstitute

NACE Rev. 1 Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (1. Überarbeitung)

NZBen Nationale Zentralbanken

SITC Rev. 3 Internationales Warenverzeichnis für den Außenhandel (3. Überarbeitung) VPI Verbraucherpreisindex

Entsprechend der in der Gemeinschaft angewendeten Praxis werden die EU- Länder im Bericht in der alphabetischen Reihenfolge der Bezeichnung der Länder in den jeweiligen Nationalsprachen aufgeführt.

(6)

Editorial

Auf seiner Sitzung am 4. Juli 2002 beschloss der EZB-Rat, den Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosys- tems unverändert bei 3,25 % zu belassen. Die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazili- tät und die Einlagefazilität blieben ebenfalls unverändert bei 4,25 % bzw. 2,25 %.

Diese Beschlüsse stützten sich auf eine um- fassende Analyse der monetären, finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Euro- Währungsgebiet. Der EZB-Rat kam zu dem Ergebnis, dass die Risiken für die Preisstabili- tät auf mittlere Sicht zwar weiterhin nach oben tendieren, von den jüngsten Entwick- lungen jedoch gemischte Signale ausgegangen sind.

Was die Analyse im Rahmen der ersten Säule der geldpolitischen Strategie der EZB betrifft, so erhöhte sich der Dreimonatsdurchschnitt der Jahreswachstumsraten der Geldmenge M3 im Zeitraum von März bis Mai 2002 auf 7,5 %, gegenüber 7,4 % in der Zeit von Februar bis April. Während zu Beginn dieses Jahres noch eine gewisse Normalisierung des M3-Wachs- tums zu beobachten war, hat die Geldmenge M3 in letzter Zeit wieder verstärkt zugenom- men. Diese Entwicklung könnte teilweise er- neute Portfolioumschichtungen in M3-Instru- mente widerspiegeln, die mit der jüngsten Zunahme der Unsicherheit an den Finanz- märkten verbunden sind. Fundamentalere Fak- toren, wie etwa die niedrigen Opportunitäts- kosten der Geldhaltung und die konjunktu- relle Erholung im Eurogebiet, haben in den letzten Monaten offenbar ebenfalls zur Geld- mengenexpansion beigetragen. Diese Ansicht wird von der immer stärkeren Ausweitung der Geldmenge M1 und dem beschleunigten Wachstum der Kreditvergabe an den priva- ten Sektor gestützt. Bei der Interpretation der jüngsten monetären Entwicklung ist zwar Vorsicht geboten, jedoch gibt die Tatsache, dass im Euroraum deutlich mehr Liquidität vorhanden ist, als zur Finanzierung eines nach- haltigen inflationsfreien Wirtschaftswachstums benötigt würde, Anlass zur Besorgnis.

Was die zweite Säule betrifft, so bestätigten die jüngsten Daten eine allmähliche Erholung

des realen BIP-Wachstums im Euroraum. Um- fragedaten und vorlaufende Indikatoren für das verarbeitende Gewerbe und den Dienst- leistungssektor weisen für das zweite Quar- tal 2002 auf ein etwas höheres Wachstum des realen BIP als im ersten Quartal hin. In der Vorausschau ist ein weiteres Anziehen sowohl der Inlands- als auch der Auslands- nachfrage nach wie vor die wahrscheinlichste Entwicklung, wobei das reale BIP-Wachstum gegen Ende des Jahres wieder die Potenzial- wachstumsrate erreichen dürfte. Die Voraus- setzungen für eine zunehmende Konjunktur- belebung im Euro-Währungsgebiet bleiben durchaus bestehen. Es gibt keine größeren Ungleichgewichte im Euroraum, die Finanzie- rungsbedingungen sind sehr günstig, und ein Nachlassen des Preisauftriebs gegenüber dem hohen Niveau des ersten Quartals 2002 dürf- te eine Zunahme des real verfügbaren Ein- kommens und ein wieder höheres Wachstum der Konsumausgaben untermauern. Darüber hinaus ist die wirtschaftliche Erholung außer- halb des Euroraums im Gange. Allerdings hat die Unsicherheit über die Stärke des Kon- junkturaufschwungs – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Euroraums – in den ver- gangenen Wochen nicht abgenommen, wor- auf auch die Indikatoren zu den Konsumaus- gaben sowie die Entwicklungen auf den Fi- nanzmärkten hindeuten. Was Letztere betrifft, so verzeichneten die Aktienmärkte im Euro-Währungsgebiet und in den Verei- nigten Staaten nach einem seit März 2002 be- obachteten Abwärtstrend im Juni drastische Rückgänge, die mit zunehmender Volatilität einhergingen. Diese jüngsten Entwicklungen spiegeln Besorgnis hinsichtlich der Verläss- lichkeit von Bilanzdaten wider. Gleichzeitig trug die Portfolioumschichtung von Aktien in andere Anlageformen, die von der großen Unsicherheit an den Aktienmärkten ausge- löst wurde, zu einem beträchtlichen Rück- gang der Anleiherenditen im Euroraum bei.

Im Hinblick auf die Preisentwicklung ist die jährliche Teuerungsrate gemessen am HVPI nach einer ersten Eurostat-Schätzung von 2,0 % im Mai 2002 auf 1,7 % im Juni gesunken. Es ist jedoch noch zu früh, um diesen Rückgang als Indiz für einen nachlassenden Aufwärts-

(7)

druck auf die Preise zu interpretieren. Die am HVPI gemessene Teuerung ohne die vola- tileren Komponenten der Preise für Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel verharrt nämlich seit Jahresbeginn auf einem hohen Niveau, was insbesondere den Trend bei den Dienstleistungspreisen widerspiegelt. Zudem dürften die jährlichen HVPI-Steigerungsraten unter Berücksichtigung von Basiseffekten in den kommenden Monaten um 2 % schwan- ken.

Der Anstieg des Euro-Wechselkurses dürfte sich dämpfend auf die Inflation auswirken.

Allerdings ist es schwierig, die Größenord- nung und den Zeitpunkt dieses Effekts zu be- stimmen. Um die Preisstabilität auf mittlere Sicht zu gewährleisten, ist es von entschei- dender Bedeutung, dass die hohen Lohnstei- gerungen, die aus den jüngsten Tarifabschlüs- sen in einigen Regionen resultierten, nicht auf das gesamte Eurogebiet übergreifen, nicht zuletzt, weil dies negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit, das Beschäftigungs- wachstum und letztlich auch die Konsumaus- gaben hätte. In diesem Zusammenhang gibt der Umstand, dass die Nominallohnsteigerun- gen im Euroraum trotz des nur gedämpften Wirtschaftswachstums im Jahr 2001 und An- fang 2002 tendenziell zunahmen, Anlass zur Besorgnis.

Insgesamt gesehen dürfte zwar die Erholung des Euro-Wechselkurses zu einer geringeren Teuerungsrate beitragen, doch deuten ande- re Faktoren, insbesondere die Geldmengen- und die Lohnentwicklungen, nicht auf ein Nachlassen des längerfristigen Inflations- drucks hin. Die Geldpolitik muss daher die für die Gewährleistung der Preisstabilität auf mittlere Sicht ausschlaggebenden Faktoren weiterhin aufmerksam beobachten.

Im Hinblick auf die Finanzpolitik im Euroraum sind in den vergangenen Monaten Besorgnis erregende Entwicklungen festzustellen. Es ist daran zu erinnern, dass alle Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung nachkommen müssen, bis

2003/04 einen nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalt zu erzielen. In diesem Zusammenhang ist erneut zu betonen, dass die finanzpolitischen Ziel- setzungen hinreichend ehrgeizige Anstrengun- gen für eine strukturelle Konsolidierung vor- sehen und auf realistischen Wachstumsannah- men beruhen müssen. Der Versuchung, die aktuelle Haushaltsposition durch bilanztech- nische Maßnahmen künstlich zu verbessern, sollte keinesfalls nachgegeben werden. Die vollständige Transparenz der öffentlichen Haushalte muss gewährleistet sein. Nur eine entschlossene Umsetzung sämtlicher Elemen- te des Stabilitäts- und Wachstumspakts kann seine Glaubwürdigkeit sichern. Diese ist er- forderlich, um das Vertrauen in den stabili- tätsorientierten Handlungsrahmen des Euro- Währungsgebiets zu erhalten und weiter zu stärken. Ferner sollten die Regierungen nicht zögern, die Reformen im Zusammenhang mit dem Volumen und der Struktur der öffentli- chen Ausgaben und Einnahmen voranzutrei- ben, um so auch Spielraum für Steuersenkun- gen zu schaffen und die durch die alternde Bevölkerung bedingte Belastung der öffentli- chen Haushalte auffangen zu können.

In Bezug auf die Strukturreformen ist die vor kurzem erfolgte Verabschiedung der Grund- züge der Wirtschaftspolitik durch den EU- Rat zu begrüßen. Eine entschlossene Umset- zung der Strukturreformen wird dazu beitra- gen, das Potenzial des Euro-Währungsgebiets für inflationsfreies Wachstum auszuweiten und die hohe Arbeitslosigkeit im Euroraum zu reduzieren.

Diese Ausgabe des Monatsberichts enthält drei Artikel. Der erste analysiert die Merk- male des Konjunkturzyklus im Euro-Wäh- rungsgebiet in den Neunzigerjahren, der zwei- te befasst sich mit dem Dialog des Eurosys- tems mit EU-Beitrittsländern, und der dritte untersucht die Entwicklung der Direktinves- titions- und Wertpapierströme zwischen dem Euro-Währungsgebiet und Drittländern.

(8)

Wirtschaftliche Entwicklungen im Euro-Währungsgebiet

Abbildung 1

EZB-Zinssätze und Geldmarktsätze

(in % p.a.; Tageswerte)

Quellen: EZB und Reuters.

Spitzenrefinanzierungssatz Einlagesatz

----

Mindestbietungssatz

bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften Tagesgeldsatz (EONIA)

Marginaler Zuteilungssatz bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften

--- ---

---

---

Q3 Q4 Q1 Q2

2001 2002

1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0

1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0

1 Monetäre und finanzielle Entwicklung

Geldpolitische Beschlüsse des EZB-Rats Auf seiner Sitzung am 4. Juli beschloss der EZB-Rat, den Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte, die als Zins- tender durchgeführt werden, bei 3,25 % zu belassen. Die Zinssätze für die Spitzenrefi- nanzierungsfazilität und die Einlagefazilität blieben ebenfalls unverändert bei 4,25 % bzw.

2,25 % (siehe Abbildung 1).

Starkes Wachstum von M3 im Mai Im Mai 2002 weitete sich die Geldmenge M3 kräftig aus. So stieg die Jahreswachstumsrate von M3 auf 7,8 %, verglichen mit 7,4 % im Vormonat. Der Dreimonatsdurchschnitt der jährlichen Wachstumsraten von M3 erhöhte sich im Zeitraum von März bis Mai 2002 auf 7,5 %, gegenüber 7,4 % in der Zeit von Feb- ruar bis April (siehe Abbildung 2).

Die hohe Jahreswachstumsrate von M3 geht immer noch teilweise auf die Portfolioum-

schichtungen zugunsten von in M3 enthalte- nen Instrumenten im Herbst des vergange- nen Jahres zurück, als die Unsicherheit an den Finanzmärkten und die Ungewissheit hin- sichtlich der konjunkturellen Aussichten zu einer großen Nachfrage nach kurzfristigen liquiden Anlageformen geführt hatten. Im ers- ten Quartal 2002 schien die Entwicklung von M3 darauf hinzuweisen, dass die Wirtschafts- akteure ihre Spekulationsgelder nicht länger in M3-Instrumenten anlegten und sogar be- gannen, frühere Portfolioumschichtungen rückgängig zu machen. In der jüngsten Be- schleunigung des jährlichen Wachstums von M3 dürften sich jedoch teilweise erneute Portfolioumschichtungen in M3-Instrumente widerspiegeln, die möglicherweise auf die wieder gestiegene Unsicherheit an den Finanzmärkten zurückgeführt werden können.

Im Gegensatz zum vergangenen Herbst schei- nen in den letzten Monaten jedoch auch fun- damentalere Faktoren, etwa die niedrigen Kurzfristzinsen und die anhaltende konjunk-

Abbildung 2

M3-Wachstum und der Referenzwert

(bereinigt um Saison- und Kalendereffekte)

Quelle: EZB.

1999 2000 2001

2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0

2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0 M3 (Jahreswachstumsrate)

M3 (auf Jahresrate hochgerechnete Sechsmonatsrate)

M3 (zentrierter gleitender Dreimonatsdurchschnitt der Jahreswachstumsrate)

Referenzwert (41/2%)

(9)

1 Eine Beschreibung der realen und nominalen Geldlücke findet sich auf Seite 10 des Monatsberichts vom Juni 2002.

Tabelle 1

Tabellarische Übersicht monetärer Variablen für das Euro-Währungsgebiet

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Quartalsdurchschnitte)

2001 2001 2002 2002 2002 2002 2002

Q3 Q4 Q1 Febr. März April Mai

Bereinigt um Saison- und Kalendereffekte

M1 3,8 5,5 6,2 6,2 5,9 6,8 7,0

darunter: Bargeldumlauf -7,5 -18,5 -28,0 -28,4 -25,2 -21,8 -18,0

darunter: Täglich fällige Einlagen 6,1 10,4 13,0 13,1 12,1 12,4 11,8

M2–M1 (= sonstige kurzfristige Einlagen) 4,9 5,8 6,7 6,4 6,5 6,0 6,7

M2 4,4 5,7 6,4 6,3 6,2 6,4 6,8

M3–M2 (= marktfähige Finanzinstrumente) 16,4 20,7 15,7 14,7 14,0 13,5 13,8

M3 5,9 7,6 7,7 7,4 7,3 7,4 7,8

Nicht um Saison- und Kalendereffekte bereinigt Längerfristige finanzielle Verbindlichkeiten

(ohne Kapital und Rücklagen) 2,2 2,9 3,2 3,0 3,6 3,7 4,7

Kredite an Nicht-MFIs im

Euro-Währungsgebiet 5,6 5,2 5,1 5,1 4,9 4,4 4,5

Kredite an öffentliche Haushalte -1,9 -0,6 1,8 2,1 3,1 2,2 1,8

darunter: Buchkredite an öffentliche

Haushalte -1,5 -0,8 -0,7 -0,3 0,2 -1,1 -0,8

Kredite an sonstige Nicht-MFIs im

Euro-Währungsgebiet 7,8 6,9 6,1 6,0 5,4 5,1 5,3

darunter: Buchkredite an den privaten

Sektor 7,4 6,5 5,7 5,6 5,5 5,5 5,8

Quelle: EZB.

turelle Erholung im Eurogebiet, verstärkt auf das Geldmengenwachstum durchgeschlagen zu haben. Diese Vermutung wird durch das zunehmend starke Wachstum der Geldmen- ge M1 und die kräftigere Ausweitung der Kre- dite von MFIs an private Haushalte gestützt.

Infolge des starken M3-Wachstums im April und Mai 2002 hat sich sowohl die nominale als auch die reale Geldlücke wieder vergrö- ßert,1 was darauf hindeutet, dass im Euroge- biet reichlich Liquidität vorhanden ist.

Insgesamt weist die Analyse im Rahmen der ersten Säule zunehmend auf Aufwärtsrisiken für die künftige Preisstabilität hin. Sorge be- reitet, dass im Euroraum deutlich mehr Liqui- dität vorhanden ist, als zur Finanzierung eines nachhaltigen inflationsfreien Wirtschafts- wachstums benötigt würde. Insbesondere in Anbetracht der konjunkturellen Erholung im Euroraum besteht ein erhöhtes Risiko, dass die erhebliche Überschussliquidität in einen Inflationsdruck umschlägt.

Die Beschleunigung des Wachstums von M3 im Mai war auf eine kräftigere Ausweitung aller drei Hauptkomponenten zurückzufüh-

ren, nämlich des Geldmengenaggregats M1, der kurzfristigen Einlagen (ohne täglich fällige Einlagen) und der marktfähigen Finanzinstru- mente.

Die Jahreswachstumsrate des eng gefassten Geldmengenaggregats M1 erhöhte sich im Mai auf 7,0 %, gegenüber 6,8 % im Vormonat (sie- he Tabelle 1). Diese Entwicklung war auf ei- nen gemäßigteren jährlichen Rückgang des Bargeldumlaufs (-18,0 % im Berichtsmonat, verglichen mit -21,8 % im April) zurückzufüh- ren. Die saisonbereinigte monatliche Zunah- me des Bargeldumlaufs belief sich in den drei Monaten seit Ende des Parallelumlaufs der nationalen Währungen und des Euro jeweils auf rund 10 Mrd €. Die vorliegenden Daten, aus denen sich diese allmähliche Erholung des Bargeldumlaufs ableiten lässt, deuten darauf hin, dass sowohl innerhalb als auch außerhalb des Euroraums wieder Bargeldbestände auf- gebaut werden. Bei den täglich fälligen Einla- gen verringerte sich die Jahreswachstumsrate im Mai auf 11,8 %, gegenüber 12,4 % im Vor-

(10)

monat. Diese Entwicklung scheint in erster Linie mit der Umkehr vorangegangener Um- schichtungen von Bargeld hin zu täglich fälli- gen Einlagen (d. h. Umschichtungen innerhalb von M1) zusammenzuhängen. Das starke Wachstum von M1 insgesamt dürfte sowohl die niedrigen Opportunitätskosten der Hal- tung von Bargeld und täglich fälligen Einlagen als auch den Konjunkturaufschwung im Euro- Währungsgebiet widerspiegeln.

Bei den übrigen Komponenten von M3 er- höhte sich die Jahreswachstumsrate der kurz- fristigen Einlagen (ohne täglich fällige Einla- gen) im Mai auf 6,7 %, verglichen mit 6,0 % im Vormonat. Darin spiegelte sich eine Wachstumsbeschleunigung bei beiden Kom- ponenten dieser Position wider. Das jährli- che Wachstum der Einlagen mit einer verein- barten Laufzeit von bis zu zwei Jahren stieg von 2,4 % im April auf 3,8 % im Berichtsmo- nat, und die Jahresrate der Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten erhöhte sich im selben Zeitraum von 9,2 % auf 9,4 %.

Die Vorjahrsrate der marktfähigen Finanzin- strumente stieg im Mai 2002 auf 13,8 %, ver- glichen mit 13,5 % im Vormonat. Dieser An- stieg war ausschließlich auf eine deutliche Zu- nahme der Jahresrate der Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen mit einer Ur- sprungslaufzeit von bis zu zwei Jahren (von -6,5 % im April auf 5,2 % im Mai) zurückzu- führen. Die jährlichen Wachstumsraten der anderen beiden Komponenten der marktfähi- gen Finanzinstrumente hingegen gingen im Mai zurück, wobei sich die Jahresrate der Geld- marktfondsanteile von 29,1 % im April auf 26,6 % verringerte. Der anhaltend kräftige jährliche Zuwachs der marktfähigen Finanzin- strumente könnte ein Anzeichen dafür sein, dass die zuletzt wieder gestiegene Unsicher- heit an den Finanzmärkten zu erneuten Port- folioumschichtungen zugunsten kurzfristiger liquider Instrumente geführt hat. Im Gegen- satz zum Herbst 2001 ist jedoch angesichts der relativ steilen Zinsstrukturkurve im Eu- roraum anzunehmen, dass die Umschichtun- gen teilweise auch zugunsten von nicht in M3 enthaltenen, längerfristigen verzinslichen An-

lageformen stattfanden. Tatsächlich stieg auch die Nachfrage nach längerfristigen finanziel- len Verbindlichkeiten der MFIs im Mai 2002 deutlich an (siehe unten).

Steigende Jahreswachstumsrate der Kreditvergabe an den privaten Sektor Die jährliche Wachstumsrate der Kreditver- gabe an Nicht-MFIs im Euro-Währungsgebiet blieb im Mai mit 4,5 % weitgehend unverän- dert. Dahinter verbargen sich jedoch gegen- läufige Entwicklungen bei den beiden Haupt- komponenten dieser Position (siehe Abbil- dung 3). Während sich die Jahresrate der Kreditvergabe an den privaten Sektor von 5,1 % im April auf 5,3 % erhöhte, ging der jährliche Zuwachs der Kredite an die öffentli- chen Haushalte von 2,2 % im April auf 1,8 % zurück.

Der Anstieg der Jahresrate der Kreditverga- be an den privaten Sektor war in erster Linie auf die deutliche Wachstumsbeschleunigung bei den Buchkrediten zurückzuführen. Diese weiteten sich im Mai gegenüber dem entspre- chenden Vorjahrsmonat um 5,8 % aus, nach 5,5 % im März und April. Diese Entwicklung bestätigt frühere Anzeichen einer möglichen Kehrtwende des Trendwachstums der Buch- kreditvergabe an den privaten Sektor auf- grund der konjunkturellen Belebung und der anhaltend niedrigen Kreditzinsen im Kunden- geschäft der Banken im Euroraum.

Die Jahreswachstumsrate der längerfristigen fi- nanziellen Verbindlichkeiten der MFIs (ohne Ka- pital und Rücklagen) stieg im Mai auf 4,7 %, verglichen mit 3,7 % im April (siehe Tabelle 1).

Die allmähliche Zunahme dieser Verbindlichkei- ten seit August 2001 ist vor allem auf die stär- kere Nachfrage nach Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit von mehr als zwei Jah- ren zurückzuführen. Diese Entwicklung spiegelt wohl den steileren Verlauf der Zinsstrukturkur- ve im Jahr 2001 und Anfang 2002 wider. In den vergangenen Monaten könnte der Anstieg – wie bereits erwähnt – auch Portfolioumschichtun- gen im Zusammenhang mit der Unsicherheit an den Aktienmärkten weltweit zuzuschreiben sein.

(11)

Abbildung 3

Entwicklung der Geldmenge M3 und ihrer Gegenposten

(Veränderung gegen Vorjahr; Stand am Ende des Berichtszeit- raums; Mrd ; nicht um Saison- und Kalendereffekte bereinigt)

Quelle: EZB.

M3 = (1) + (2) + (3) - (4) + (5).

M3 Länger-

fristige finanzielle

Verbind- lichkeiten (ohne Kapital und Rück- lagen) (4) Kredite an

den privaten Sektor (1)

Kredite an öffentliche Haushalte (2)

Netto- forderungen

gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro- Währungs- gebiets (3)

Sonstige Gegenposten

(einschließ- lich Kapital und Rücklagen

(5)

-200 -100 0 100 200 300 400 500 600 700

-200 -100 0 100 200 300 400 500 600 700 Q4 2001

Q1 2002 April 2002 Mai 2002

Die Nettoforderungen des MFI-Sektors im Euro-Währungsgebiet gegenüber Gebiets- fremden stiegen im Mai 2002 stark an, und zwar um 35,2 Mrd € in nicht saisonbereinig- ten Zahlen. Im Zwölfmonatszeitraum bis Mai nahmen diese Forderungen um 153,5 Mrd € zu, verglichen mit einem Anstieg von 105,4 Mrd € in den zwölf Monaten bis April.

Wenngleich der allmähliche Anstieg des Zwölfmonatswerts zum Teil auf Basiseffekte zurückzuführen ist, hängt er offenbar auch damit zusammen, dass die Ansässigen im Euroraum weniger im Ausland investierten oder sogar Gelder repatriierten, wie aus der Zahlungsbilanz für den Monat April hervor- geht.

Im April rückläufiges Wachstum der Emission von Schuldverschreibungen Die Jahreswachstumsrate des Umlaufs an von Ansässigen im Eurogebiet begebenen Schuld- verschreibungen ging im April 2002 auf 7,0 % zurück, verglichen mit 7,3 % im Vormonat.

Diesem Rückgang lag eine leichte Verringe- rung der Jahreswachstumsrate des Umlaufs

an langfristigen Schuldverschreibungen um 0,1 Prozentpunkte auf 7,7 % im April 2002 sowie eine deutliche Verlangsamung des jähr- lichen Wachstums kurzfristiger Schuldver- schreibungen um 2,5 Prozentpunkte auf 0,8 % zugrunde (siehe Abbildung 4). Der anhalten- de Rückgang der Emission kurzfristiger Schuldverschreibungen hing offenbar auch da- mit zusammen, dass am unteren Ende des Bonitätsspektrums Bedenken hinsichtlich der Kreditrisiken aufkamen.

Die Aufgliederung nach Währungen zeigt, dass sich die Jahreswachstumsrate des Um- laufs an von Ansässigen im Euroraum begebe- nen Euro-Schuldverschreibungen von 6,9 % im März auf 6,7 % im April verringerte.

Gleichzeitig erhöhte sich der Anteil der Euro- Schuldverschreibungen am gesamten Brutto- absatz Gebietsansässiger von 92,7 % auf 93,7 %.

Aus der Aufschlüsselung der Emission von Euro-Schuldverschreibungen nach Emittenten- gruppen geht hervor, dass sich das jährliche Wachstum des Umlaufs an vom MFI-Sektor begebenen Schuldverschreibungen von 4,7 % im März 2002 auf 4,5 % im April verlangsam- te. Die Jahresrate des Umlaufs an von nicht- monetären finanziellen Kapitalgesellschaften begebenen Schuldverschreibungen war nach wie vor hoch und erhöhte sich leicht von 40,7 % im März auf 41,3 % im April. Die Jah- reswachstumsrate des Umlaufs an von nicht- finanziellen Kapitalgesellschaften begebenen Schuldverschreibungen ging leicht zurück; sie fiel von 14,7 % im März auf 14,5 % im April.

In jeder dieser Emittentengruppen waren un- terschiedliche Entwicklungen beim Umlauf von langfristigen und kurzfristigen Schuldver- schreibungen festzustellen: Die Wachstums- rate des Umlaufs an langfristigen Schuldver- schreibungen stieg im April 2002 in allen drei Emittentengruppen entweder an oder stabili- sierte sich, während das Wachstum der Emis- sion kurzfristiger Instrumente im Vergleich zum Vorjahr relativ stark einbrach. Die Jah- resänderungsrate der vom MFI-Sektor bege- benen kurzfristigen Schuldverschreibungen fiel von -2,1 % im März auf -4,7 % im Berichts- monat. Beim Umlauf an von nichtmonetären

(12)

Abbildung 4

Umlauf an Schuldverschreibungen von Ansässigen im Euro-Währungsgebiet

(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quelle: EZB.

Anmerkung: Seit Januar 2001 sind Angaben zu Griechenland enthalten. Aus Gründen der Vergleichbarkeit beziehen sich auch die Jahreswachstumsraten für die Zeit vor Januar 2001 auf das Euro-Währungsgebiet einschließlich Griechenlands.

2000 2001

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Insgesamt

Kurzfristige Schuldverschreibungen Langfristige Schuldverschreibungen

finanziellen Kapitalgesellschaften begebenen kurzfristigen Schuldverschreibungen war ein Rückgang der Jahresrate von -16,3 % auf - 23,6 % zu verzeichnen. Dies sollte jedoch vor dem Hintergrund der sehr geringen Emissi- onstätigkeit dieses Sektors bei den kurzfristi- gen Schuldverschreibungen gesehen werden.

Die Jahresänderungsrate des Umlaufs an von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften begebe- nen Schuldverschreibungen ging von 2,6 % im März auf -0,1 % im April zurück.

Was den Sektor der öffentlichen Haushalte anbelangt, so verlangsamte sich das jährliche Wachstum des Umlaufs an von diesen bege- benen Schuldverschreibungen von 4,9 % im März 2002 auf 4,7 % im April. Dies war dar- auf zurückzuführen, dass die Jahresrate des Umlaufs an von den Zentralstaaten begebe- nen Schuldverschreibungen von 4,3 % im März 2002 auf 4,0 % im April zurückging, während sich das Jahreswachstum des Umlaufs an von sonstigen öffentlichen Haushalten begebenen Schuldverschreibungen von 25,2 % im März 2002 auf 26,6 % im April beschleunigte.

Im Mai leichter Anstieg der Zinsen im Kundengeschäft der Banken

Bei den Kurzfristzinsen im Kundengeschäft der Banken war im Mai 2002 ein leichter Anstieg gegenüber dem Vormonat zu ver- zeichnen, worin sich die anhaltende allmähli- che Erhöhung der kurzfristigen Geldmarkt- zinsen in den vorangegangenen Monaten wi- derspiegelte (siehe Abbildung 5). Die durch- schnittlichen Zinssätze für Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu einem Jahr und kurzfristige Unternehmenskredite stie- gen im Mai 2002 im Vormonatsvergleich jeweils um rund 3 Basispunkte. Die übrigen Kurzfristzinsen im Kundengeschäft der Ban- ken blieben von April bis Mai nahezu unver- ändert.

Die langfristigen Zinsen im Kundengeschäft der Banken erhöhten sich im Mai 2002 ge- ringfügig gegenüber dem Vormonat (siehe Ab-

Abbildung 5

Kurzfristzinsen im Kundengeschäft der Banken und vergleichbarer Geldmarktsatz

(in % p.a.; Monatsdurchschnitte)

Quellen: EZB-Aggregation der nationalen Angaben und Reu- ters.

Anmerkung: Seit dem 1. Januar 2001 sind auch Angaben zu Griechenland enthalten.

Dreimonatsgeld

Unternehmenskredite mit einer Laufzeit von bis zu 1 Jahr

Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu 1 Jahr

Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten

Täglich fällige Einlagen

1999 2000 2001

0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0

0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0

(13)

Abbildung 6

Langfristzinsen im Kundengeschäft der Banken und vergleichbarer Kapitalmarktsatz

(in % p.a.; Monatsdurchschnitte)

Quellen: EZB-Aggregation der nationalen Angaben und Reu- ters.

Anmerkung: Seit dem 1. Januar 2001 sind auch Angaben zu Griechenland enthalten.

Wohnungsbaukredite an private Haushalte Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von mehr als 2 Jahren

Unternehmenskredite mit einer Laufzeit von mehr als 1 Jahr

Rendite fünfjähriger Staatsanleihen

1999 2000 2001

3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0

3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0

bildung 6). Blickt man etwas weiter zurück, so ist festzustellen, dass die langfristigen Zin- sen im Kundengeschäft von November 2001, als sie zu steigen begannen, bis Mai um 30 bis 50 Basispunkte zulegten, während die durch- schnittliche Rendite fünfjähriger Staatsanlei- hen um mehr als 90 Basispunkte stieg. Die Zinssätze im Kundengeschäft der Banken re- agieren in der Regel mit einer leichten zeitli- chen Verzögerung auf die Entwicklung der Geldmarktsätze. Daher ist es normal, dass sich die Abstände zwischen den Geldmarkt- zinsen und den Zinsen im Kundengeschäft der Banken vor allem dann deutlich ändern, wenn sich die Entwicklung der Geldmarktzin- sen plötzlich umkehrt, wie es in den vergan- genen Monaten der Fall war.

Im Juni leichter Rückgang der Geldmarktzinsen bei den längeren Laufzeiten

Die Geldmarktzinsen bei den längeren Lauf- zeiten waren im Juni leicht rückläufig, nach-

dem sie seit November 2001 meist gestiegen waren. Bei den kürzeren Laufzeiten waren sie weitgehend stabil, sodass sich die (positi- ve) Steigung der Zinsstrukturkurve am Geld- markt abflachte. Darüber hinaus war im Be- richtsmonat auch bei den Kurzfristzinsen, die in den Preisen für Terminkontrakte zum Aus- druck kommen, eine Abnahme zu verzeich- nen.

Der am EONIA gemessene Tagesgeldsatz be- wegte sich im Zeitraum zwischen Ende Mai und dem 3. Juli über weite Strecken inner- halb einer Bandbreite von 3,30 % und 3,36 %.

Er lag damit etwas über dem für die Hauptre- finanzierungsgeschäfte des Eurosystems gel- tenden Mindestbietungssatz von 3,25 % und spiegelte teilweise die Erwartungen der Marktteilnehmer wider, die von einem all- mählichen Anstieg der Geldmarktzinsen aus- gingen. Der EONIA stieg am 23. Juni 2002, dem Ende der Mindestreserve-Erfüllungsperi- ode, vorübergehend an (siehe Kasten 1). Die Zweiwochen-Geldmarktsätze blieben weitge- hend unverändert und bewegten sich zwi- schen Ende Mai und dem 3. Juli um ein Ni- veau von 3,34 %. Bei den im Juni und am

Abbildung 7

Kurzfristzinsen im Euro-Währungs- gebiet

(in % p.a.; Tageswerte)

Quelle: Reuters.

Einmonats-EURIBOR Dreimonats-EURIBOR Sechsmonats-EURIBOR Zwölfmonats-EURIBOR

Q3 Q4 Q1 Q2

2001 2002

2,8 3,2 3,6 4,0 4,4 4,8

2,8 3,2 3,6 4,0 4,4 4,8

(14)

Beiträge zur Liquidität des Bankensystems

(Mrd )

Tagesdurchschnitt während der Mindestreserve-Erfüllungsperiode vom 24. Mai bis 23. Juni 2002

Liquiditätszuführend Liquiditätsabschöpfend Nettobeitrag

(a) Geldpolitische Geschäfte des Eurosystems 173,1 0,4 +172,7

Hauptrefinanzierungsgeschäfte 112,6 - +112,6

Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte 60,0 - +60,0

Ständige Fazilitäten 0,5 0,4 +0,1

Sonstige Geschäfte - - 0,0

(b) Sonstige die Liquidität des Bankensystems

beeinflussende Faktoren 396,2 437,1 -40,9

Banknotenumlauf - 300,8 -300,8

Einlagen der öffentlichen Haushalte beim Eurosystem - 45,1 -45,1

Nettoposition des Eurosystems in Fremdwährung

(einschließlich Gold) 396,2 - +396,2

Sonstige Faktoren (netto) - 91,2 -91,2

(c) Guthaben der Kreditinstitute auf Girokonten

beim Eurosystem (a) + (b) 131,8

(d) Mindestreserve-Soll 131,0

Quelle: EZB.

Anmerkung: Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

Art des Abwicklungs- Fälligkeits- Bietungs- Zuteilungs- Verhältnis Teilnehmer- Mindest- Marginaler Gewichteter

Geschäfts tag tag aufkommen volumen Summe der zahl bietungs- Zuteilungs- Durch-

Gebote zum satz satz schnitts-

Zuteilungs- satz

volumen

HRG 29.05.2002 12.06.2002 114,2 48,0 2,4 386 3,25 3,34 3,35

HRG 05.06.2002 19.06.2002 114,3 65,0 1,8 328 3,25 3,33 3,34

HRG 12.06.2002 26.06.2002 97,5 42,0 2,3 325 3,25 3,31 3,32

HRG 19.06.2002 03.07.2002 112,2 70,0 1,6 339 3,25 3,32 3,33

LRG 30.05.2002 29.08.2002 37,6 20,0 1,9 198 - 3,45 3,47

Regelmäßige geldpolitische Geschäfte

(Mrd ; Zinssätze in % p.a.)

Quelle: EZB.

Kasten 1

Geldpolitische Geschäfte und Liquiditätsbedingungen in der am 23. Juni 2002 abgelaufenen Mindestreserve-Erfüllungsperiode

In der genannten Mindestreserve-Erfüllungsperiode wickelte das Eurosystem vier Hauptrefinanzierungs- geschäfte (HRG) und ein längerfristiges Refinanzierungsgeschäft (LRG) ab.

Bei den ersten drei Hauptrefinanzierungsgeschäften ging der marginale Zuteilungssatz allmählich von 3,34 % auf 3,31 % zurück und stieg beim letzten Geschäft wieder um 1 Basispunkt an. Der gewichtete Durchschnittssatz lag bei allen Hauptrefinanzierungsgeschäften 1 Basispunkt über dem entsprechenden marginalen Zuteilungssatz.

Der EONIA lag in der ersten Woche der Mindestreserve-Erfüllungsperiode zwischen 3,34 % und 3,35 % und stieg aufgrund des Ultimoeffekts am 31. Mai auf 3,36 % an. Vom 4. bis zum 10. Juni lag er unverändert bei 3,33 %. Danach ging er allmählich zurück und erreichte am 18. und 19. Juni 3,30 %. Am folgenden Tag stieg

(15)

er um 2 Basispunkte an und dann weiter bis auf 3,58 %, die er am Freitag, dem 21. Juni, dem letzten Geschäftstag der Mindestreserve-Erfüllungsperiode, erreichte. Diese endete mit einer Netto-Inanspruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfazilität in Höhe von 3,6 Mrd . Die tagesdurchschnittlichen Überschussreserven beliefen sich auf 0,8 Mrd (d. h. die Differenz zwischen den durchschnittlichen Guthaben auf Girokonten in Höhe von 131,8 Mrd und dem durchschnittlichen Mindestreserve-Soll in Höhe von 131,0 Mrd ). Die Überschussreserven lagen etwas höher als üblich, da die Mindestreserve-Erfüllungsperiode an einem Sonntag endete.

Die liquiditätsabschöpfende Wirkung der autonomen Faktoren, d. h. der nicht mit geldpolitischen Geschäften zusammenhängenden Faktoren, betrug per saldo durchschnittlich 40,9 Mrd (Posten (b) in der oben stehenden Tabelle). Die veröffentlichten Schätzungen des durchschnittlichen durch die autonomen Faktoren bedingten Liquiditätsbedarfs bewegten sich zwischen 37,6 Mrd und 44,1 Mrd . Die veröffentlichte Schätzung wich in der zweiten Woche der Mindestreserve-Erfüllungsperiode am stärksten von den Ist-Zahlen ab (um 1,3 Mrd ).

2. Juli dieses Jahres abgewickelten Hauptrefi- nanzierungsgeschäften des Eurosystems lagen der marginale und der durchschnittliche Zu- teilungssatz 6 bis 11 Basispunkte über dem Mindestbietungssatz.

Der Einmonats- und der Dreimonats- EURIBOR gingen zwischen Ende Mai und dem 3. Juli um 1 bzw. 6 Basispunkte zurück und lagen am 3. Juli bei 3,38 % bzw. 3,43 % (siehe Abbildung 7). Bei dem am 27. Juni abgewi- ckelten längerfristigen Refinanzierungsge- schäft des Eurosystems betrugen der margi- nale und der durchschnittliche Zuteilungssatz 3,38 % bzw. 3,41 % und entsprachen damit in etwa dem zu diesem Zeitpunkt verzeichne- ten Dreimonats-EURIBOR. Sie lagen somit 7 bzw. 6 Basispunkte unter den entsprechen- den Sätzen bei dem am 30. Mai abgewickel- ten längerfristigen Refinanzierungsgeschäft.

Am längeren Ende der Zinsstrukturkurve am Geldmarkt gingen die Zinssätze stärker zu- rück. Zwischen Ende Mai und dem 3. Juli fie- len der Sechsmonats- und der Zwölfmonats- EURIBOR um 12 bzw. 25 Basispunkte auf 3,52 % bzw. 3,71 %. Somit flachte die Stei- gung der Zinsstrukturkurve am Geldmarkt, gemessen als Differenz zwischen dem Zwölf- monats- und dem Einmonats-EURIBOR, im Be- richtszeitraum von 57 auf 33 Basispunkte ab.

Die Zinserwartungen für den Dreimonats-EU- RIBOR, die in den Preisen für Terminkon- trakte mit Fälligkeit im Jahr 2002 und An-

fang 2003 zum Ausdruck kommen, gingen im Juni ebenfalls zurück. Zwischen Ende Mai und dem 3. Juli fielen die Zinssätze, die in den Preisen für Terminkontrakte mit Fälligkeit im September und Dezember 2002 sowie im März 2003 zum Ausdruck kommen, um 31, 46 bzw. 54 Basispunkte auf einen Stand von 3,50 %, 3,71 % bzw. 3,85 %.

Renditen langfristiger Staatsanleihen im Juni rückläufig

Im Euro-Währungsgebiet und in den Verei- nigten Staaten gingen die Renditen zehnjähri- ger Staatsanleihen zwischen Ende Mai und dem 3. Juli 2002 um rund 20 bzw. 35 Basis- punkte auf 5,1 % bzw. 4,8 % zurück (siehe Abbildung 8). Infolgedessen vergrößerte sich der Renditeabstand zwischen zehnjährigen Staatsanleihen in den Vereinigten Staaten und im Euroraum in diesem Zeitraum um etwa 15 Basispunkte und betrug am 3. Juli annä- hernd -30 Basispunkte.

In den Vereinigten Staaten war im Juni bei den Renditen der Staatsanleihen über das ge- samte Laufzeitenspektrum hinweg eine star- ke Abnahme zu verzeichnen, die bei den kur- zen Laufzeiten am ausgeprägtesten war.

Hauptursache für den Rückgang der US-An- leiherenditen dürften die aus Sicherheitsüber- legungen vorgenommenen Portfolioumschich- tungen von den Aktienmärkten hin zu den

(16)

liquidesten festverzinslichen Staatsanleihen sein. Gleichzeitig blieben die Realrenditen der an Preisindizes gebundenen US-Anleihen im Zehnjahresbereich insgesamt weitgehend un- verändert, was darauf schließen lässt, dass die Marktteilnehmer im Großen und Ganzen an ihrer Einschätzung der durchschnittlichen langfristigen Wachstumsaussichten für die Vereinigten Staaten festhielten. Aufgrund die- ser Entwicklungen verringerte sich der Ren- diteabstand zwischen den nominalen und den indexgebundenen Anleihen im Zehnjahresbe- reich erheblich. Angesichts der derzeitigen Turbulenzen an den Aktienmärkten ist je- doch nicht davon auszugehen, dass sich in dieser Verringerung des Renditeabstands, d. h. der Breakeven-Inflationsrate, ein ebenso ausgeprägter Rückgang der langfristigen Infla- tionserwartungen widerspiegelt. Ausschlagge- bend hierfür dürfte vielmehr die geringere Liquidität der indexgebundenen Anleihen sein.

In Japan war zwischen Ende Mai und dem 3. Juli ein Rückgang der Rendite zehnjähriger

Abbildung 8

Renditen langfristiger Staatsanleihen im Euro-Währungsgebiet und in den Vereinigten Staaten

(in % p.a.; Tageswerte)

Quelle: Reuters.

Anmerkungen: Die Renditen langfristiger Staatsanleihen bezie- hen sich auf den Zehnjahresbereich bzw. die nächstliegenden Laufzeiten.

Euro-Währungsgebiet Vereinigte Staaten

April Mai Juni

2002 4,7

4,8 4,9 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6

4,7 4,8 4,9 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6

Staatsanleihen von fast 10 Basispunkten auf einen Stand von etwa 1,3 % am Ende dieses Zeitraums zu verzeichnen. Diese Abnahme der langfristigen Anleiherenditen, zu der es trotz einiger Anzeichen für eine Aufhellung der Konjunkturaussichten in der japanischen Wirtschaft kam, kann wohl auf die weltwei- ten Aktienmarktturbulenzen und die anhal- tende Aufwertung des japanischen Yen ge- genüber dem US-Dollar zurückgeführt wer- den.

Im Eurogebiet fielen die Staatsanleiherendi- ten im Juni über das gesamte Laufzeitenspek- trum hinweg um 20 bis 30 Basispunkte. Am 3. Juli erreichte die nominale Rendite zehn- jähriger Anleihen ihren niedrigsten Stand seit Ende 2001. Die Realrendite französischer (an den HVPI des Eurogebiets ohne Tabakwaren gekoppelter) zehnjähriger Anleihen ging hin- gegen zwischen Ende Mai und dem 3. Juli nur leicht zurück, worin die nahezu unveränder- ten Erwartungen der Marktteilnehmer hin- sichtlich der durchschnittlichen langfristigen Wachstumsaussichten für die Wirtschaft im Euroraum zum Ausdruck kommen. Infolge- dessen fiel die entsprechende Breakeven-In- flationsrate im gleichen Zeitraum um 15 Ba- sispunkte. Wie in den Vereinigten Staaten war dies wohl zum Großteil auf die Auswir- kungen von Portfolioumschichtungen von Ak- tien hin zu den liquidesten festverzinslichen Anleihen und weniger auf rückläufige Inflati- onserwartungen zurückzuführen.

Was die Entwicklung der Zinsstrukturkurve im Eurogebiet anbelangt, so beschrieb die implizite Terminzinsstrukturkurve für Tages- geld im kurzen und insbesondere im mittle- ren Laufzeitenbereich eine Abwärtsbewegung, während bei den langfristigen Laufzeiten im Vergleich zu Ende Mai wenig Veränderungen zu beobachten waren (siehe Abbildung 9). In der veränderten Verlaufsform der impliziten Terminzinsstrukturkurve dürften sich in ers- ter Linie die oben erwähnten Auswirkungen der Mittelumschichtungen in sichere Anlage- formen widerspiegeln, die sich am stärksten in den mittelfristigen Renditen niederschlu- gen.

(17)

Von Ende Mai bis zum 3. Juli stieg die implizi- te Volatilität am Anleihemarkt um rund 20 Basispunkte auf rund 4,7 %, worin eine erhöhte Unsicherheit unter den Marktteil- nehmern hinsichtlich der zukünftigen Ent- wicklung der Renditen langfristiger Anleihen im Euro-Währungsgebiet zum Ausdruck kam.

Damit lag das Niveau der impliziten Volatili- tät jedoch noch deutlich unter dem Durch- schnitt der letzten Jahre.

Weltweiter Rückgang der Aktienkurse im Juni

Vor dem Hintergrund schwacher Unterneh- mensgewinnausweise und anhaltender Beden- ken über die Zuverlässigkeit von Bilanzdaten waren die Aktienkursindizes in den wichtigs- ten Wirtschaftsräumen zwischen Ende Mai

Abbildung 9

Implizite Terminzinssätze für Tagesgeld im Euro-Währungsgebiet

(in % p.a.; Tageswerte)

Quelle: EZB-Schätzung.

Anmerkung: Die implizite, aus der am Markt beobachteten Zins- struktur abgeleitete Terminzinsstrukturkurve spiegelt die Markt- erwartungen hinsichtlich der künftigen Höhe der Kurzfristzinsen wider. Das Verfahren für die Berechnung dieser impliziten Ter- minzinsstrukturkurven wurde im Monatsbericht von Januar 1999 auf Seite 28 f. erläutert. Die in der Schätzung verwendeten Da- ten wurden von Swapkontrakten abgeleitet.

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5

3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 31. Mai 2002

3. Juli 2002

und dem 3. Juli 2002 deutlich rückläufig. So erlitten die Aktienkurse im Euro-Währungs- gebiet, den Vereinigten Staaten und in Japan drastische Einbrüche und erreichten fast die nach den Terroranschlägen in den Vereinig- ten Staaten vom September 2001 beobachte- ten Tiefstände. Die Aktienkurse des Euroge- biets waren, gemessen am marktbreiten Dow-Jones-Euro-STOXX-Index, bis zum 3. Juli gegenüber Ende Mai um 14 % gefallen, während sich der Rückgang des Standard-&- Poor’s-500-Index in den USA auf 11 % belief (siehe Abbildung 10). Insgesamt hatten die Aktienkurse im Euroraum und den Vereinig- ten Staaten seit ihrem letzten Höchststand von Mitte März dieses Jahres 22 % bzw. 18 % eingebüßt. In Japan sank der Nikkei 225 zwi- schen Ende Mai und dem 3. Juli um 8 %. Da- mit kehrte sich der zuvor in diesem Jahr be- obachtete Aufwärtstrend wieder um.

In den Vereinigten Staaten verschärfte sich angesichts vermeldeter niedriger Unterneh- menserträge im Juni der Abwärtstrend der

Quelle: Reuters.

Anmerkungen: Dow-Jones-Euro-STOXX-(Aktienkurs-)Gesamt- index für das Euro-Währungsgebiet, Standard & Poor’s 500 für die Vereinigten Staaten und Nikkei 225 für Japan.

Abbildung 10

Aktienkursindizes im Euro-

Währungsgebiet, in den Vereinigten Staaten und Japan

(Index: 1. April 2002 = 100; Tageswerte)

Euro-Währungsgebiet Vereinigte Staaten Japan

April Mai Juni

2002 75

80 85 90 95 100 105 110

75 80 85 90 95 100 105 110

(18)

Abbildung 11

Implizite Aktienkursvolatilität im Euro-Währungsgebiet, in den Vereinigten Staaten und Japan

(in % p.a.; Tageswerte)

Quelle: Bloomberg.

Anmerkung: Die implizite Volatilität stellt die erwartete Stan- dardabweichung der prozentualen Veränderungen der Aktien- kurse in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten dar, wie sie in den Preisen von Aktienindexoptionen impliziert wird. Die impliziten Volatilitäten beziehen sich auf die folgenden Aktienindizes: Dow-Jones-Euro-STOXX-50-Index für das Euro- Währungsgebiet, Standard & Poor’s 500 für die Vereinigten Staaten und Nikkei 225 für Japan.

Euro-Währungsgebiet Japan

Vereinigte Staaten

2002 10

15 20 25 30 35 40 45

April Mai Juni Juli10

15 20 25 30 35 40 45

marktbreiten Aktienkursindizes. Darüber hi- naus trübten zunehmende Bedenken über die Zuverlässigkeit der von den Unternehmen veröffentlichten Informationen und weitere Fälle mangelhafter Unternehmensführung die bereits verhaltene Stimmung am Markt wei- ter ein. Parallel zu den rückläufigen Aktien- kursen erhöhte sich die von Optionen auf den Standard-&-Poor’s-500-Index abgeleitete implizite Volatilität zwischen Ende Mai und dem 3. Juli um 9 Prozentpunkte (siehe Abbil- dung 11) und lag damit deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen zwei Jahre.

Obgleich sich der Rückgang der Aktienkurse auf die meisten Branchen erstreckte, war die Markteinschätzung im Hinblick auf die Wachs- tumsbranchen, wie zum Beispiel die Hoch- technologiesektoren, wo die Besorgnis über Bilanzierungsunregelmäßigkeiten am ausge- prägtesten war, besonders pessimistisch. Dies äußerte sich in einem 15-prozentigen Rück- gang des technologielastigen Nasdaq-Compo- site-Index im Zeitraum von Ende Mai bis zum 3. Juli.

In Japan fielen die Aktienkurse im Juni gemes- sen am Nikkei 225 auf ihren niedrigsten Stand seit Februar 2002, obwohl es Anhaltspunkte für sich verbessernde Wachstumsperspekti- ven der japanischen Wirtschaft gab. Ursäch- lich dafür waren offensichtlich in erster Linie Sogeffekte, in denen sich die Besorgnis über Bilanzierungsunregelmäßigkeiten in den Ver- einigten Staaten, insbesondere im Hochtech- nologiesektor, widerspiegelte. Wie an ande- ren wichtigen Märkten auch nahm die Unsi- cherheit, gemessen an der aus Optionen auf den Nikkei 225 abgeleiteten impliziten Vola- tilität, zwischen Ende Mai und dem 3. Juli zu und erreichte einen Stand, der nahezu dem Durchschnitt der vergangenen zwei Jahre ent- sprach.

Im Euro-Währungsgebiet wiesen die Aktien- kurse, gemessen am marktbreiten Dow- Jones-Euro-STOXX-Index, insgesamt ein ähn- liches Muster wie in den Vereinigten Staaten auf. Jedoch waren die Kursverluste im Euro- raum, wie bereits seit Beginn der weltweiten Kurskorrektur an den Aktienmärkten im

März 2000, größer als in den USA. Vor die- sem Hintergrund schnellte die aus Optionen auf den Dow-Jones-Euro-STOXX-Index ab- geleitete implizite Volatilität zwischen Ende Mai und dem 3. Juli um nahezu 16 Prozent- punkte in die Höhe. Ihr Niveau lag damit deutlich über dem Zweijahresdurchschnitt.

Diese Entwicklungen dürften hauptsächlich auf die aus den Bilanzierungsunregelmäßig- keiten in den Vereinigten Staaten resultie- rende Unsicherheit zurückzuführen sein so- wie auf niedriger als erhofft ausfallende Ge- winnmeldungen und Verkaufsprognosen – vor allem, jedoch nicht ausschließlich, in der hoch verschuldeten Telekommunikationsbranche.

Obgleich sich der Kursrückgang bei den Ak- tien im Euro-Währungsgebiet im Zeitraum von Ende Mai bis zum 3. Juli auf breiter Front vollzog und alle Branchen erfasste, waren die Telekommunikations- und Technologieberei- che sowie die Finanzwirtschaft am stärksten betroffen.

(19)

Tabelle 2

Preis- und Kostenentwicklung im Euro-Währungsgebiet

(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Eurostat, nationale Statistiken, Thomson Financial Datastream, Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) und EZB- Berechnungen.

Anmerkung: In den Angaben zum HVPI für die Zeit vor 2001 ist Griechenland nicht enthalten. In den übrigen Preis- und Kostenindi- katoren ist Griechenland für die Zeit vor 2001 enthalten.

1) Die Teuerungsrate nach dem HVPI im Juni 2002 bezieht sich auf die Vorausschätzung von Eurostat.

2) Ohne Baugewerbe.

3) Gesamtwirtschaft.

4) Gesamtwirtschaft (ohne Landwirtschaft, öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht, Gesundheitswesen sowie sonstige Dienstleistungen).

5) Brent Blend (für Terminlieferung in einem Monat).

6) Ohne Energie. Angaben in Euro; in ECU bis Dezember 1998. Gewichtet nach den Rohstoffimporten aus Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets.

1999 2000 2001 2001 2001 2002 2002 2002 2002 2002 2002 2002 2002 Q3 Q4 Q1 Q2 Jan. Febr. März April Mai Juni Harmonisierter

Verbraucherpreisindex (HVPI) und seine Komponenten

Gesamtindex 1) 1,1 2,3 2,5 2,4 2,1 2,6 . 2,7 2,5 2,5 2,4 2,0 1,7

darunter:

Waren 0,9 2,7 2,5 2,3 1,7 2,2 . 2,4 2,1 2,0 2,0 1,3 .

Nahrungsmittel 0,6 1,4 4,5 5,1 4,7 4,9 . 5,6 4,8 4,2 3,6 2,7 .

Verarbeitete Nahrungsmittel 0,9 1,1 2,8 3,3 3,5 3,5 . 3,8 3,3 3,3 3,2 3,1 . Unverarbeitete Nahrungsmittel 0,0 1,7 7,0 7,9 6,7 7,0 . 8,4 7,1 5,5 4,1 2,1 .

Industrieerzeugnisse 1,0 3,4 1,5 1,0 0,2 0,9 . 0,9 0,8 1,0 1,2 0,6 .

Industrieerzeugnisse

(ohne Energie) 0,7 0,7 1,1 0,9 1,6 1,8 . 1,7 1,9 1,8 1,8 1,7 .

Energie 2,4 13,3 2,7 1,1 -4,1 -2,0 . -1,8 -2,8 -1,5 -0,5 -2,9 .

Dienstleistungen 1,5 1,7 2,5 2,5 2,8 3,1 . 3,0 3,0 3,2 3,0 3,3 .

Weitere Preis- und Kostenindikatoren

Industrielle Erzeugerpreise 2) -0,4 5,5 2,1 1,4 -1,0 -0,9 . -0,8 -1,1 -0,8 -0,8 -0,9 .

Lohnstückkosten 3) 1,4 1,0 2,6 2,5 3,4 . . - - - - - -

Arbeitsproduktivität 3) 0,9 1,5 0,1 0,2 -0,5 -1,0 . - - - - - -

Arbeitnehmerentgelt

je Arbeitnehmer 3) 2,3 2,6 2,7 2,7 2,9 . . - - - - - -

Gesamtarbeitskosten pro Stunde 4) 2,3 3,2 3,4 3,7 3,3 3,7 . - - - - - -

Ölpreise ( je Barrel) 5) 17,1 31,0 27,8 29,0 22,4 24,6 27,8 22,6 23,5 27,9 29,3 28,1 25,8 Rohstoffpreise 6) -5,9 16,7 -7,6 -10,4 -15,6 -3,6 -5,5 -6,5 -4,0 -0,3 -1,4 -6,8 -8,4

2 Preisentwicklung

Geschätzter Rückgang der HVPI- Inflation im Juni 2002 auf unter 2,0 % Im Juni 2002 dürfte die HVPI-Inflation weiter zurückgegangen sein, wie aus der von Euro- stat veröffentlichten Vorausschätzung von 1,7 % hervorgeht (siehe Tabelle 2). Die nach- lassenden Ölpreise und die Aufwertung des Euro-Wechselkurses in diesem Monat (wo- durch die auf Euro lautenden Ölpreise im Juni gegenüber Mai 2002 um über 8 % fielen) dürfte zu diesem Rückgang beigetragen ha- ben. Auch das weitere Nachlassen des zu Beginn dieses Jahres beobachteten Anstiegs der Preise für unverarbeitete Nahrungsmittel

dürfte zu diesem Inflationsrückgang beigetra- gen haben. Genaue Angaben zur Entwicklung der HVPI-Komponenten im Juni liegen derzeit allerdings noch nicht vor.

Eine Beurteilung dessen, wie die Verbraucher in den vergangenen Monaten die Entwicklung der Inflation gemessen am HVPI empfunden haben (ersichtlich zum Beispiel aus den Er- gebnissen der Branchen- und Verbraucher- umfragen der Europäischen Kommission), fin- det sich in Kasten 2 „Jüngste Entwicklungen in der subjektiven Inflationswahrnehmung der Verbraucher“.

(20)

Kasten 2

Jüngste Entwicklungen in der subjektiven Inflationswahrnehmung der Verbraucher

Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass die Inflation von den Verbrauchern in den vergangenen zwei Jahren als höher wahrgenommen wurde, als sie tatsächlich war. Insbesondere im ersten Halbjahr 2002 sank die HVPI-Inflation insgesamt von 2,7 % im Januar auf 1,7 % im Juni (Vorausschätzung von Eurostat), während die Verbraucher offensichtlich unter dem Eindruck standen, dass sich der Preisanstieg verstärkt habe.

Eine derartige Situation könnte Anlass zur Sorge geben, sofern sie fortbesteht. Wenn die Konsumenten die aktuelle Preisentwicklung überschätzen, dann könnten sie die Entwicklung ihrer Realeinkommen und damit ihrer Kaufkraft unterschätzen. Dies könnte beispielsweise zu überzogenen Lohnforderungen und suboptimalen Konsumentscheidungen führen. In diesem Kasten wird zunächst ein Indikator für die „gefühlte Inflation“

vorgestellt, der aus der Verbraucherumfrage der Europäischen Kommission abgeleitet wird. Anschließend werden die jüngsten Entwicklungen analysiert, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf mögliche Erklärungen für die seit Mitte 2000 zu beobachtende Diskrepanz zwischen „gefühlter“ und tatsächlicher Inflation gelegt wird.

Indikator der „gefühlten Inflation“

Im Rahmen der Verbraucherumfrage der Kommission werden zwei Fragen zur Preisentwicklung im Euroraum gestellt. Die erste Frage zielt auf die Erwartungen der Verbraucher hinsichtlich der Preisentwicklung in einem Jahr ab. Demgegenüber geht es bei der zweiten Frage um die von den Verbrauchern in den vergangenen zwölf Monaten „gefühlte Inflation“. Die Umfrage wird monatlich auf nationaler Ebene durchgeführt. Den ungefähr 26 000 befragten Verbrauchern wird jeweils folgende Frage zu der von ihnen gefühlten aktuellen Inflation gestellt: Sind die Lebenshaltungskosten im Vergleich zu denen vor zwölf Monaten Ihrer Meinung nach jetzt (i) sehr viel höher, (ii) merklich höher, (iii) etwas höher, (iv) ungefähr gleich, (v) niedriger oder (vi) ich weiß nicht? Die Umfrageergebnisse werden von der Europäischen Kommission in Form eines „Saldos“ zusam- mengefasst, der als Differenz (in Prozentpunkten) zwischen dem Anteil der Befragten, die angaben, die Lebenshaltungskosten seien gestiegen, und dem Anteil derjenigen, die angaben, die Lebenshaltungskosten seien gesunken oder unverändert geblieben, berechnet wird. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Berechnungen qualitative Angaben über die subjektiv wahrgenommene Richtung der Inflationsentwicklung liefern, nicht aber die tatsächliche, quantitative Teuerungsrate widerspiegeln.

Trotz eines Rückgangs der tatsächlichen HVPI-Inflation im ersten Halbjahr 2002 hatten die Verbraucher den Eindruck eines Inflationsanstiegs

Die unten stehende Abbildung zeigt die von den Konsumenten „gefühlte Inflation“ in Relation zur tatsächlichen HVPI-Inflation in der Zeit von Januar 1991 bis Juni 2002. Es wird ersichtlich, dass die Verbraucher die tatsächliche Preisentwicklung bei ihrer Bewertung der zurückliegenden Inflationsentwicklung in diesem Zeitraum meist recht gut erfasst haben. Seit Mitte 2000 stimmt die Entwicklung des Indikators für die

„gefühlte Inflation“ allerdings nicht mehr mit der tatsächlichen Entwicklung des HVPI im Eurogebiet überein.

Diese Abweichung hat sich vor allem im Jahresverlauf 2002 weiter verstärkt, was einerseits den Rückgang der tatsächlichen Inflation und andererseits einen weiteren Anstieg des Indikators für die „gefühlte Inflation“

widerspiegelt.

Die plausibelste Erklärung für die divergierende Entwicklung der tatsächlichen und der „gefühlten Inflation“

in den vergangenen zwei Jahren liegt darin, dass die Verbraucher der Preisentwicklung bei den Waren und Dienstleistungen, die sie relativ häufig erwerben bzw. in Anspruch nehmen (Nahrungsmittel, Benzin usw.), beim Ausfüllen des Fragebogens ein sehr großes Gewicht beimessen. Wenn die Preisentwicklung dieser häufig erworbenen Güter und Dienstleistungen merklich von der der seltener gekauften Produkte (Autos, Kühlschränke, Kameras usw.) abweicht, bedeutet dies, dass die Verbraucher ein nicht repräsentatives Bild des

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Control variables left out are: lagged new lending (4 quarters), new lending of county specific and nationwide benchmark bank including their lags, share of maturing loans,

Wechselkursanbindung an den US-Dollar. 8 Das Wechselkursregime wurde in diesem Klassifizierung aufgehoben. 11 Das Land unterhält de facto eine Wechselkurs- Berichtszeitraum zweimal

system abhängig, so daß am Jahresende etwa 34 v. der Kredite der Geschäftsbanken an die Nichtbankenkundschaft vom Zentralbank- system refinanziert waren. Geld- und

When we first look at the German entities acquired by foreign firms, both in the manufacturing and, to a lesser extent, in the services sector they reveal positive productivity,

1. 1 Angaben bis 1959 enthalten Zuschätzungen für das Saarland und Berlin-West. Vor 1970 in konstanten Preisen, ab 1970 in Vorjahrespreisen. Ab 1991 Deutschland, davor

This table reports the analysis on whether the interactions between the PD and the ex post loan performance measures affect the probability of being added to securitized loan

Mill. Mai Juni Juli Aug. Mai Juni Juli Aug. Mai Juni Juli Aug. Mai Juni Juli Aug. Mai Juni Juli Aug. Mai Juni Juli Aug. Mai Juni Juli Aug. Mai Juni Juli

Zusammengefaßte statistische Bilanz aller Geldinstitute einschl.. Ge- genüber dem ersten Monat des Jahres, in dem das Kreditvolumen zwar nicht, wie saisonmäßig eigentlich